T 0443/98 (Zusammenwirken zweier Merkmale/SIEMENS AG) of 21.9.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T044398.20000921
Datum der Entscheidung: 21 September 2000
Aktenzeichen: T 0443/98
Anmeldenummer: 89902025.9
IPC-Klasse: B23K 1/00
B05C 1/08
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Beleimen und Beloten eines metallischen Katalysator-Trägerkörpers
Name des Anmelders: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
Name des Einsprechenden: Nippon Steel Corporation
VAW Vereinigte Aluminium-werke AG, Berlin und Bonn
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 123
Schlagwörter: Änderungen - Erweiterung (verneint)
Neuheit (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit - nach Änderung - (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Das auf die Anmeldung Nr. 89 902 025.9 erteilte europäische Patent Nr. 0 422 000 wurde mit der am 2. März 1998 zur Post gegebenen Entscheidung von der Einspruchsabteilung widerrufen mit der Begründung, der Gegenstand des Anspruchs 1 des Patents nach dem Hauptantrag oder den beiden Hilfsanträgen (alle gerichtet auf Aufrechterhaltung in geänderter Fassung) sei nicht erfinderisch gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik nach

D1: US-A-3 479 731

in Zusammenschau mit der Lehre der

D2: DE-A-2 924 592.

II. Am 16. April 1998 legte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) unter gleichzeitiger Zahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde gegen diese Entscheidung ein. Die Beschwerdebegründung wurde am 13. Juli 1998 eingereicht.

III. In einer der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung nach Artikel 11 (2) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern hat die Kammer darauf hingewiesen, daß nach ihrer vorläufigen Meinung die Neuheit des Gegenstandes des erteilten Anspruchs 1 gegeben sei. Ausgehend von dem Dokument D2 als nächstliegendem Stand der Technik dürfte es allerdings naheliegend sein, das Verfahren nach D1 anzuwenden. Damit komme der Fachmann ohne erfinderische Zutun zum Gegenstand des Anspruchs 1 des geltenden Hauptantrags und der beiden vorliegenden Hilfsanträge.

IV. Eine mündliche Verhandlung hat am 21. September 2000 stattgefunden.

Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Basis der folgenden während der mündlichen Verhandlung eingereichten Unterlagen aufrechtzuhalten:

Beschreibung: Spalten 1-4 und Einfügungsseite 1a,

Ansprüche: Ansprüche 1-7 und

Figuren 1 und 2 in der erteilten Fassung.

V. Die Beschwerdegegnerinnen beantragten, die Beschwerde zurückzuweisen.

VI. Anspruch 1 nach dem einzigen Antrag der Beschwerdeführerin lautet:

"Verfahren zum Herstellen eines aus Lagen strukturierter Bleche (1, 2) gewickelten oder geschichteten Katalysator-Trägerkörpers (8) für Kraftfahrzeuge mit vielen für ein Fluid durchlässigen Kanälen (9) mit folgenden Merkmalen:

a) vor dem Wickeln oder Schichten werden die strukturierten Bleche (1, 2) in den später zu belotenden und zu verlötenden Bereichen (3; 4; 5; 6; 7) mit einem Kleber oder Binder beschichtet, wobei ein Teil der Kuppen der Wellungen auf der gesamten Länge (6) und ein anderer Teil der Kuppen der Wellungen nur in Teilbereichen (7) mit Kleber oder Binder beschichtet wird;

b) die Bleche (1, 2) werden zu dem Katalysator-Trägerkörper (8) gewickelt oder geschichtet;

c) der gewickelte oder geschichtete Körper (8) wird mit Lotpulver beaufschlagt, so daß dieses alle beschichteten Stellen (3; 4; 5; 6; 7) erreicht und dort haften bleibt;

d) überschüssiges Lotpulver wird aus dem Katalysator-Trägerkörper (8) entfernt, vorzugsweise herausgeschüttelt oder -geblasen;

e) der Katalysator-Trägerkörper wird durch Aufschmelzen des Lotpulvers verlötet; und

f) der Katalysator-Trägerkörper wird mit katalytisch aktivem Material versehen."

VII. Die Argumente der Beschwerdeführerin zur Stützung ihres Antrags lassen sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

Die Diskussion gehe nur um die Frage der erfinderischen Tätigkeit. Als nächstliegender Stand der Technik müsse D2 gelten, weil diese Druckschrift auch Herstellungsverfahren für Katalysator-Trägerkörper betreffe. Ausgehend davon werde der Fachmann nicht die Lehre des Dokuments D1 heranziehen. Denn der Umstand, daß weder das europäische Patentamt in Bezug auf das Streitpatent, noch das japanische Patentamt in Bezug auf die spätere, mit dem Streitpatent weitgehend übereinstimmende, japanische Anmeldung JP-B2-93-45297 dieses Dokument gefunden haben, zeige, daß das Dokument D1 schwer auffindbar sei.

Auch wenn dem Fachmann dieses Dokument bekannt wäre, würde er die darin enthaltene Lehre nicht anwenden, weil die technischen Probleme bei den in diesem Dokument offenbarten Wärmetauschern ganz andere seien als die in Katalysator-Trägerkörpern. Für letztere brauche er eine mehr flexible Verbindung zwischen den Blechen. Außerdem, wenn er die Lehre dieses Dokuments heranziehen würde, würde er nicht zum Gegenstand des jetzigen Anspruchs 1 gelangen, weil das Dokument keinen Hinweis enthalte, nur einen Teil der Kuppen der Wellungen auf der gesamten Länge und einen anderen Teil nur in Teilbereichen mit Kleber zu versehen. Es enthalte gerade Hinweise in der entgegengesetzten Richtung, nämlich die Verlötung der Bleche über die gesamte Länge der Kuppen der Wellungen. Auch D2 für sich genommen führe nicht zur beanspruchten Lösung, weil es keinen Hinweis auf diese spezielle Lösung enthalte. Der Versuch, aus den vielen verschiedenen in diesem Dokument gebotenen Möglichkeiten die jetzt beanspruchte Lösung herzuleiten, sei ein klarer Fall einer Ex-Post-Facto Betrachtung.

VIII. Die Beschwerdegegnerinnen führten im wesentlichen aus:

Die Neuheit werde nach den in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Änderungen im Anspruch 1 nicht mehr in Frage gestellt.

Die Tatsache, daß bestimmte Patentämter das Dokument D1 in ihren Recherchen nicht gefunden hätten, sei unbeachtlich für die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit. Was gelte, sei die objektive öffentliche Verfügbarkeit der Lehre der D1, die außer Zweifel stehe. Übrigens habe das USPTO bei den Recherchen für die Schwesterpatente der D2 (US-A-4 381 590 und US-A-4 521 947) ohne Schwierigkeiten das Dokument D1 gefunden.

Das Dokument D1 betreffe wohl von dem Fachmann zu berücksichtigenden Stand der Technik, weil es sich nicht auf Wärmetauscher beschränke, sondern ganz allgemein Lötverfahren für Wabenkörper betreffe, wobei die Qualität der Lötverbindungen verbessert werden solle, genauso wie im Streitpatent. Ein Indiz dafür sei auch die Lötverfahren betreffende internationale Patentklassifikation dieses Dokuments, die mit der Klassifikation des Streitpatents übereinstimme.

Im allgemeinen werde ein Fachmann bestrebt sein, so wenig Lotpulver und Kleber wie möglich zu verwenden. Dabei werde er ohne erfinderisches Zutun auf die beanspruchte Lösung kommen, zumal in den Figuren 3 und 4 der D2 die Belotung sowohl auf der gesamten Länge als auch von Teilbereichen der Kuppen der Wellungen offenbart werde. Dazu komme noch, das am Ende der Beschreibung der D2, Seite 17, der Fachmann darauf hingewiesen werde, daß Teil- und Unterkombinationen der gezeigten Möglichkeiten umfaßt seien.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen (Artikel 123(2) und (3) EPÜ)

2.1. Die Änderungen in Anspruch 1 gegenüber Anspruch 1 in der erteilten Fassung betreffen folgende Merkmale:

- Das Ersetzen des Merkmals "Wabenkörper" durch "Katalysator-Trägerkörper für Kraftfahrzeuge" ist eine zulässige Änderung, weil Katalysator-Trägerkörper eine spezifische Ausführung von Wabenkörpern sind und die ursprünglich als Ergebnis des Verfahrens beanspruchten Wabenkörper jetzt auf Katalysator-Trägerkörper beschränkt wurden. Siehe auch Seite 4, 2. Absatz der ursprünglich eingereichten Beschreibung für die Grundlage der Änderung.

- Das Merkmal "Verfahren zum Beleimen und Beloten" wurde ersetzt durch "Verfahren zum Herstellen .... mittels Beschichten mit einem Kleber oder Binder, Wickeln, Beloten, Aufschmelzen und mit Katalysatormaterial versehen". Dies betrifft eine Einschränkung des beanspruchten Verfahrens durch die zusätzlichen Schritte des Aufschmelzen des Lots und des Versehens mit Katalysatormaterial. Die ursprüngliche Offenbarung des erstgenannten Merkmals entnimmt ein Fachmann der Seite 1, Zeile 34 der ursprünglichen Beschreibung. Das zweitgenannte Merkmal folgt aus der Tatsache, daß es bei der Herstellung eines Katalysator-Trägerkörpers zwei Möglichkeiten gibt, Katalysatormaterial aufzutragen. Entweder sind die Bleche vor dem Beleimen bereits mit Katalysatormaterial versehen, wie es die D2 lehrt, oder das Katalysatormaterial wird erst nach dem Löten aufgebracht. Im erteilten Anspruch 1 wurde nichts zur Auftragung des Katalysatormaterials gesagt, d.h. beide Möglichkeiten waren im Schutzumfang enthalten. Im jetzigen Anspruch 1 wird nur die zweite Möglichkeit beansprucht, zu der es einen Hinweis in der ursprünglichen Beschreibung, Seite 3, Zeilen 19-21, gibt.

- Das Merkmal "die Bleche werden in den später zu belotenden und zu verlötenden Bereichen mit Kleber oder Binder beschichtet" wurde dadurch eingeschränkt, daß diese Bereiche spezifiziert wurden mit "wobei ein Teil der Kuppen der Wellungen auf der gesamten Länge und ein Teil der Kuppen der Wellungen nur in Teilbereichen mit Kleber oder Binder beschichtet wird". Die ursprüngliche Offenbarung dafür findet man auf Seite 3, 2. Absatz, Seite 4, 2. Absatz und Figur 1.

Nachdem die geänderten Merkmale sowohl eine Grundlage in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen haben als auch den Anspruchsgegenstand gegenüber dem in der erteilten Fassung weiter einschränken, sind die Erfordernisse des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ durch den Anspruch 1 erfüllt.

2.2. Die Änderungen in den abhängigen Ansprüchen 4-7 gehen auf Seite 3, 2. Absatz und Seite 4, 2. Absatz in Verbindung mit Figur 1 zurück. Weil es abhängige Ansprüche sind, die den Gegenstand des Anspruchs 1 weiter spezifizieren, wird der Schutzumfang des Patents nicht erweitert.

Die Änderungen in der Beschreibung betreffen die Erfüllung der Erfordernisse der Regel 27 (1) b) EPÜ (Abhandlung der Druckschrift D1 als relevanter Stand der Technik) und des Artikels 84 EPÜ (die Beschreibung wurde in Einklang mit den Ansprüchen gebracht). Sie schränken dabei den bereits bestehenden Offenbarungsgehalt des Patents auf den Gegenstand des jetzigen Anspruchs 1 ein.

Die sonstigen Unterlagen des Patents geben somit keinen Anlaß zu Beanstandungen.

3. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

Die Neuheit des Gegenstandes des jetzigen Anspruchs 1 wurde im Beschwerdeverfahren nicht bestritten. Sie folgt schon daraus, daß keines der ermittelten Dokumente die Kombination der aufeinanderfolgenden Verfahrensschritte Beleimen-Wickeln oder Schichten-Beloten und der Beleimung eines Teils der Kuppen der Wellungen auf der gesamten Länge und die eines anderen Teils der Kuppen der Wellungen nur in Teilbereichen aufweist.

4. Nächstliegender Stand der Technik

4.1. Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer kommt es bei der Wahl des nächstliegenden Standes der Technik zunächst darauf an, daß er auf den gleichen Zweck bzw. dieselbe Wirkung gerichtet ist wie die Erfindung. Andernfalls kann er den Fachmann nicht in naheliegender Weise zu der beanspruchten Erfindung hinführen.

4.2. Die Kammer ist der Auffassung, daß unter den oben genannten Voraussetzungen D2 als nächstliegender Stand der Technik gelten soll. Dieses Dokument (in Figur 5 und den dazu gehörenden Textstellen der Seite 13, Zeilen 3-18) offenbart nämlich ein Verfahren zur Herstellung von KFZ-Katalysator-Trägerkörper. Dabei wird vor dem Wickeln der bereits mit einem Katalysatormaterial versehenen strukturierten Bleche in den später zu belotenden und verlötenden Stellen ein Kleber aufgebracht und sodann auf den Kleber Lotpulver gestreut. Danach werden die strukturierten Bleche aufgerollt und der so entstandene Katalysator-Trägerkörper durch Aufschmelzen des Lotpulvers verlötet.

4.3. Beim Beloten vor dem Wickeln oder Schichten liegen Lotkörner zwischen den einzelnen Blechlagen, so daß beim Aufschmelzen der Lotkörner unerwünschte Abstände und Verschiebungen der Bleche untereinander auftreten können. Es hat sich weiter erwiesen, daß die Stabilität eines auf diese Weise gelöteten Trägerkörpers bei motornahem Einsatz nicht den Erwartungen entspricht.

Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist ein Verfahren, welches die genannten Nachteile vermeidet und einen schnellen Fertigungsablauf bei hoher Qualität der späteren Lötverbindungen ermöglicht. Der Katalysator-Trägerkörper soll außerdem hohen thermischen Belastungen, insbesondere bei motornahem Einbau, standhalten können (vgl. Spalte 1, Zeilen 49-54 und Spalte 4, Zeilen 11-14 des angefochtenen Patents).

5. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

5.1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von dem in D2 offenbarten Verfahren dadurch, daß:

- die strukturierten Bleche nach der Beschichtung der später zu belotenden und verlötenden Bereiche mit Kleber oder Binder aufgerollt und erst dann mit Lotpulver beaufschlagt werden,

- bei der Beschichtung ein Teil der Kuppen der Wellungen auf der gesamten Länge und ein anderer Teil der Kuppen der Wellungen nur in Teilbereichen mit Kleber oder Binder beschichtet wird und

- der Katalysator-Trägerkörper erst nach seiner Verlötung mit katalytisch aktivem Material versehen wird.

5.2. Das erste Merkmal ist mit dem zweiten Merkmal in dem Sinne verknüpft, daß durch den Verfahrensschritt, die strukturierten Bleche direkt nach der Beschichtung mit Kleber oder Binder aufzuwickeln, die Kuppen der Wellungen näher an das gegenüberliegende Blech herankommen und somit die Qualität der Lotverbindungen bereits verbessert wird, weil keine Lücken auftreten können. Gleichzeitig wird damit die Stabilität des gelöteten Katalysatorkörpers positiv beeinflußt und Lotpulver eingespart. Durch die Beschichtung der Kuppen der Wellungen, die zum Teil auf ihrer gesamten Länge und zu einem anderen Teil nur in Teilbereichen stattfindet, wird ebenfalls Lotpulver eingespart und unter Beibehaltung der Stabilität die Flexibilität des Katalysator-Trägerkörpers unter hohen thermischen Belastungen verbessert. Dadurch kann vorzeitiger Ausfall vermieden werden.

Die Loteinsparungen verringern das Risiko späterer Erosionen im Betrieb durch Auflegieren des Grundmaterials mit dem Lot (vgl. Spalte 2, Zeilen 40-42). Der erste Verfahrensschritt ermöglicht sowohl einen schnelleren Fertigungsablauf ohne Einbuße der Qualität als auch den zweiten Verfahrensschritt, wobei nur bestimmte Bereiche für die Lötung ausgewählt werden. Dadurch wird die gewünschte Flexibilität des gelöteten Katalysator-Trägerkörpers erreicht.

Die nachträgliche Beschichtung des Katalysators ermöglicht es zuletzt, die katalytisch aktive Oberfläche des Katalysators zu optimieren, indem auch die Lötstellen mit Katalysatormaterial bedeckt werden. So wird die Effizienz des Katalysators erhöht.

5.3. Zur Lösung der gestellten Aufgaben bildet das Dokument D1 relevanten Stand der Technik, weil es sich mit der Lötproblematik von Wabenkörpern mit kleinen, dicht aneinander liegenden Kanälen befaßt und eine bessere Qualität der Lötstellen verspricht. Daß auch das Streitpatent sich mit einer solchen Problematik befaßt, ist seiner Beschreibung, Spalte 1, Zeilen 49-53 zu entnehmen.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dieses Dokument beschränke sich nur auf Wärmetauscher und werde deshalb nicht durch den Fachmann auf dem Gebiet der Herstellung von Katalysator-Trägerkörper für Kraftfahrzeuge in betracht gezogen, kann nicht überzeugen. Der Fachmann weiß, daß es sich um ein Lötproblem handelt und wird deshalb die Lösung auf dem allgemeinen Gebiet der Lötverfahren, d.h. dem Gebiet mit der internationalen Klassifikation B23K 1/00 und Untergruppen, suchen. In diesem Gebiet ist auch das Dokument D1 eingeordnet, nämlich in der Gruppe B23K 1/04.

5.4. Die Beschwerdeführerin hat zu diesem Dokument noch ausgeführt, daß zwei der drei wichtigsten Patentämter bei ihren Recherchen für Anmeldungen, die das in Anspruch 1 beanspruchte Verfahren oder ein sehr ähnliches Verfahren betreffen, das Dokument D1 nicht zitiert hätten. Dies spreche dafür, daß die Lehre der D1 dem Fachmann nicht zur Verfügung gestanden habe.

Bei der Frage, ob eine Offenbarung zum Stand der Technik gehört, geht es nicht darum, ob das Publikum von dieser Offenbarung tatsächlich Kenntnis erlangt hat, sondern ob sie objektiv dem Publikum zugänglich war. Letztere hat mit der Erteilung des Patents D1 und dessen Offenbarung am 25. November 1969 durch das USPTO stattgefunden.

5.5. In D1 (siehe Spalte 2, Zeilen 20-39, insbesondere Zeilen 35-39) wird die gleiche allgemeine Aufgabe wie die des Streitpatents besprochen, und zwar wohl auch in Bezug auf die bekannten Lötverfahren, in denen Lot vor dem Wickeln aufgebracht wird und dann zu unzulänglichen Lötstellen führt. Die Lösung, nur die zu lötenden Stellen zunächst mit Kleber zu versehen, die strukturierten Bleche dann zu wickeln und erst dann mit Lotpulver zu beaufschlagen, ist diesem Dokument auch zu entnehmen, siehe Spalte 4, Zeilen 14-72 und Spalte 5, Zeilen 31-35.

Somit kann das erste Merkmal, allein für sich, die erfinderische Tätigkeit nicht begründen.

5.6. Die zwei ersten unterscheidenden Merkmale haben jedoch, wie bereits unter Punkt 5.2 dargelegt, einen funktionellen Zusammenhang und müssen daher bei der Frage, ob eine erfinderische Tätigkeit nötig war, um zum beanspruchten Verfahren zu gelangen, als funktionelle Einheit berücksichtigt werden.

Wo das Dokument D1 für das erstgenannte Merkmal relevanten Stand der Technik bildet, bietet es für das zweite (und auch das dritte) Merkmal überhaupt keine Hinweise. Das wesentliche in der Offenbarung der D1 ist, die Kuppen der Wellungen ausschließlich über ihre gesamte Länge mit Kleber zu beschichten, mit Lotpulver zu beloten und somit eine fehlerfrei Lötstelle über die gesamte Länge zu bewirken. Dies ist für die in diesem Dokument genannten Wärmetauscher von wesentlicher Bedeutung, um deren leckfreie Funktion zu gewährleisten (siehe D1, Spalte 2, Zeilen 31-34).

5.7. Auch das Dokument D2 bietet dem Fachmann keine direkten Hinweise, einen Teil der Kuppen der Wellungen auf der gesamten Länge und einen anderen Teil der Kuppen der Wellungen nur in Teilbereichen mit Kleber zu beschichten.

5.7.1. Es trifft zu, daß in den Figuren 3 bzw. 4 eine Beschichtung auf der gesamten Länge der Kuppen der Wellungen bzw. in Teilbereichen gezeigt wird. Dies betrifft allerdings eine direkte Belotung, ohne Verwendung von Kleber oder Binder, und enthält keinen Hinweis, beide unterschiedlichen Möglichkeiten zu kombinieren. Wo in dem betreffenden Passus der Beschreibung die Rede ist von "einem Ausführungsbeispiel nach Figur 3 und 4" betrifft dies nicht eine Ausführungsform, bei der die verschiedenen Lotauftragungen gleichzeitig vorkommen, sondern die Tatsache, daß in dem in diesen Figuren gezeigten Verfahren nur die Kuppen der gewellten Bleche benetzt werden im Gegensatz zum anderen, in den Figuren 1 und 2 gezeigten Ausführungsbeispiel, in dem das flache Blech ganz oder streifenweise mit flüssigem Lot versehen wird.

5.7.2. Das mit dem Anspruchsgegenstand nächstliegenden Verfahren, das als Ausgangspunkt der Diskussion über die erfinderische Tätigkeit zu nehmen ist, ist in Figur 5 der D2 gezeigt. Dabei werden die Kuppen der Wellungen über ihre gesamte Länge mit Kleber beschichtet und mit Lotpulver versehen. Eine teilweise Beschichtung und Belotung der Kuppen der Wellungen ist weder dargestellt noch als Alternative dazu gegeben. Auch wenn man annehmen würde, daß der Fachmann diese Ausführungsform nach der Ausführungsform der Figur 4 gestalten würde, würde dies ausschließlich zu einer teilweisen Beschichtung und Belotung der Kuppen der Wellungen, jedoch nicht zur Kombination von einerseits teilweiser Beschichtung und andererseits ganzer Beschichtung der Kuppen der Wellungen führen.

5.7.3. Die Beschwerdegegnerin I hat noch geltend gemacht, daß es für den Anspruchsgegenstand ausreiche, nur die Kuppe einer einzigen Wellung auf der gesamten Länge und alle andere Kuppen der Wellungen in Teilbereichen zu beschichten. Eine solche Vorgehensweise sei bei der Herstellung von gewickelten Wabenkörpern üblich, weil die letzte Wellung über seine ganze Länge mit dem Körper verbunden sein solle, ähnlich wie bei einer Klosettpapierrolle vorgegangen werde.

Abgesehen davon, daß für diese Behauptung keine Beweismittel vorgelegt wurden, ist auch nicht einzusehen, daß ein solches Verfahren bei KFZ-Katalysator-Trägerkörper notwendig wäre, weil diese, in Gegensatz zu Klosettpapierrollen, nicht gegen Entrollen geschützt werden müssen. Denn sie werden bei der Herstellung im Anschluß an das Aufrollen in einen zylindrischen Mantel geschoben und erst danach gelötet, (siehe den zweiten und den letzten Absatz der Seite 12 der D2).

5.7.4. Schließlich führten die Beschwerdegegnerinnen noch aus, daß der letzte Absatz der Seite 17 von D2 den Fachmann darauf hinweise, beliebige Kombinationen der besprochenen Ausführungsformen vorzunehmen.

Die Tatsache, daß üblicherweise in jedem Patentdokument ein solcher Schlußsatz aufgenommen ist, ist schon ein Zeichen dafür, daß dem Inhalt eines solchen Satzes kaum noch eine technische Bedeutung beigemessen werden kann. Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit geht es darum, welche einen technischen Sinn machenden Hinweise der Fachmann einem Dokument entnimmt und wodurch er einen bestimmten technischen Schritt machen wird, dagegen nicht, welchen Schritt er machen könnte.

In diesem Zusammenhang ist weiter zu beachten, daß die D2 keine Anregungen enthält, durch die Kombination von einer Beschichtung eines Teils der Kuppen der Wellungen auf der gesamten Länge und eines anderen Teils nur in Teilbereichen eine spezifisch gewählte Flexibilität zu erzielen.

5.7.5. Die Beschwerdegegnerin II argumentierte noch, daß die gesamte Lehre der D2 darauf gerichtet sei, so wenig wie möglich Kleber und Lot zu verwenden. Demnach solle es für den Fachmann klar sein, eine Kombination der teilweisen und gesamtlängigen Beschichtung vorzunehmen.

Für eine solche Kombination gibt es jedoch in D2 in Bezug auf die der Erfindung nächstliegende Ausführungsform der Figur 5, nach der zuerst mit Kleber beschichtet und dann mit Lotpulver belotet wird, keine Hinweise. Die technische Anordnung der Beschichtung und Belotung müßte dafür auch noch erheblich geändert werden. Dazu würde der Fachmann, ohne expliziten Hinweis auf eventuell zu erreichende Vorteile, nicht übergehen.

5.8. Zusammenfassend kommt die Kammer zur Schlußfolgerung, daß zumindest die Kombination der ersten zwei Merkmale (siehe Punkt 5.2) sich nicht in naheliegender Weise aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik ergibt und daher auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Aus diesem Grund erübrigt es sich, noch auf die mit dem letzten Merkmal erzielte erhöhte Katalysatoreffizienz einzugehen.

5.9. Die abhängigen Ansprüche 2-7 betreffen bevorzugte Ausführungsformen des Verfahrens nach Anspruch 1 (Regel 29 (3) EPÜ) und haben somit ebenfalls Bestand.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückverwiesen, das Patent mit den folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

Beschreibung:

Spalten: 1-4 mit Einfügung der Extraseite 1a, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 21. September 2000

Ansprüche:

Nr. 1-7, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 21. September 2000

Figuren:

Nr. 1 und 2, in der erteilten Fassung.

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