T 0408/98 () of 25.5.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T040898.20000525
Datum der Entscheidung: 25 Mai 2000
Aktenzeichen: T 0408/98
Anmeldenummer: 94117559.8
IPC-Klasse: B65G 65/42
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kastenbeschicker
Name des Anmelders: Hässler, Andreas
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - nach Änderung (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer (Anmelder) hat gegen die am 26. September 1997 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der Anmeldung Nr. 94 117 559.8 die am 4. November 1997 eingegangene Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 29. Januar 1998 eingegangen.

II. Im Prüfungsverfahren wurden folgende Druckschriften zum Stand der Technik berücksichtigt:

D1: DE-B-1 213 345

D2: DE-C- 821 624

D3: DE-U-88 14 821

D4: DE-U-83 00 674

III. Auf einen Bescheid der Beschwerdekammer hin reichte der Beschwerdeführer neue Unterlagen ein.

Am 25. Mai 2000 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt, während der der Beschwerdeführer neue Ansprüche 1 bis 7 und eine neue Beschreibungsseite vorlegte.

IV. Der geltende Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Kastenbeschicker für die Beschickung mit und/oder die Lagerung von Ton, mit einem oben offenen Gehäuse (1), das zwei Längsseitenwände (1a und 1b) aufweist und eine rückseitige Stirnwand (1c) und im Frontbereich eine Austragsöffnung (1d) für das Schüttgut (12) sowie einen längsbeweglich angetriebenen Boden aus quer sich bis unter die Längsseitenwände erstreckenden Lamellen (3), wobei die Lamellen (3) als umlaufendes Trum angeordnet und unterhalb des den Boden bildenden Obertrums (3a) in Gegenrichtung über Umlenkorgane zurückgeführt sind,

dadurch gekennzeichnet,

daß der Antrieb durch mindestens eine am Obertrum (3a) angreifende, Schub erzeugende Antriebseinheit gebildet ist, und die Umlenkorgane nicht angetriebene Umlenkbereiche sind, wobei die Antriebseinheit eine taktweise arbeitende Kolben-Zylinder-Einheit (6; 7) aufweist, welche an Antriebsstangen (8; 9; 10; 11) angreift, welche Mitnehmer (8a, 9a; 10a, 11a) tragen, die im Vorwärtstakt formschlüssig mit den Lamellen (3) oder Lamellenhaltern in Eingriff und im Rückwärtstakt außer Eingriff gelangen, wobei die Antriebsstangen parallel zum Boden und unterhalb desselben angeordnet sind."

V. Im Rahmen von Formulierungsversuchen des Anspruches 1 wurde die Frage der Zulässigkeit von Änderungen besprochen, vor allem, ob die Zuordnung von nur einer Antriebsstange zu einer Kolben-Zylinder-Einheit in den ursprünglich eingereichten Unterlagen eindeutig offenbart ist.

Im gültigen Anspruch 1 geht der Beschwerdeführer von einem Kastenbeschicker aus, wie er in der Beschreibungseinleitung angegeben ist und von dem dort gesagt wird, daß er zum Stand der Technik gehört. Der Beschwerdeführer trägt vor, die Druckschrift D4 enthalte keine weitergehende Offenbarung als sie durch die Bildung des Oberbegriffes bereits berücksichtigt ist.

Übereinstimmend mit dem Arbeitsprinzip gemäß der Druckschrift D4 werde bei der Transporteinrichtung nach der Druckschrift D1 die Antriebskraft in die Antriebsketten eingeleitet, wodurch die Antriebsketten stark belastet seien. Bei dem Kastenbeschicker nach Anspruch 1 der Erfindung dagegen seien die Ketten keine Antriebsketten im eigentlichen Sinne mehr, sondern nur noch Verbindungsorgane. Dadurch sei die Abnutzung verringert und es träten keine Kettenlängungen mehr auf.

Zu Anspruch 4 der vorliegenden Anmeldung führte der Beschwerdeführer aus, daß danach die Umlenkbereiche ortsfest ausgebildet seien. Diese ortsfesten Umlenkbereiche seien üblicherweise Gleitbereiche im Gegensatz zu nach Anspruch 1 ebenfalls möglichen Umlenkrädern, die jedoch nicht angetrieben sein dürften.

VI. Der Beschwerdeführer beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche: 1 bis 7 eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 25. Mai 2000,

8. und 9 eingereicht mit Schreiben vom 12. April 2000;

Beschreibung: Seiten 1, 2a und 3 eingereicht mit Schreiben vom 18. März 2000,

Seite 2 eingereicht mit Schreiben vom 12. April 2000, Seite 4 eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 25. Mai 2000;

Zeichnungen: Figuren 1 bis 3 wie ursprünglich eingereicht.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Zulässigkeit der Änderungen

2.1. Anspruch 1

Die Merkmale des Oberbegriffes des Anspruches 1 und die ersten beiden Merkmale des kennzeichnenden Teiles sind im ursprünglich eingereichten Anspruch 1 angegeben. Das weitere Merkmal "wobei die Antriebseinheit eine taktweise arbeitende Kolben-Zylinder-Einheit (6; 7) aufweist" und das folgende, letzte Merkmal des Anspruches 1 sind in den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 2 und 6 offenbart.

2.2. Ansprüche 2 bis 9

Die Merkmale der Ansprüche 2 bis 9 sind in den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 3 bis 5 und 8 bis 12. offenbart.

2.3. Beschreibung

Die Änderungen der Beschreibung betreffen die Angabe des relevanten Standes der Technik und die Korrektur offensichtlicher Fehler. Zum besseren Verständnis der Anmeldung wurden die Teile der ursprünglichen Unterlagen beibehalten, die sich auf Gegenstände beziehen, für die kein Schutz mehr beansprucht wird.

2.4. Die Änderungen der Unterlagen verstoßen daher nicht gegen Artikel 123 (2) EPÜ oder Artikel 84 EPÜ.

2.5. Zu den Unterlagen ist noch folgendes festzustellen: In den ursprünglichen Patentansprüchen, der Beschreibung und den Zeichnungen ist in Hinblick auf die Ausführung, für die Schutz beansprucht wird, lediglich eine Ausführungsform explizit offenbart, bei der eine Mehrzahl von Antriebsstangen pro Kolben-Zylinder-Einheit vorhanden ist. Der Beschwerdeführer hat sich zunächst darauf berufen, daß für den Fachmann ohne weiteres ersichtlich sei, daß die gleiche Wirkung mit nur einer Antriebsstange pro Kolben-Zylinder-Einheit erzielt werden könne. Es mag zwar sein, daß der Fachmann für bestimmte Fälle eine solche Alternative nach näherem Nachdenken unter Berücksichtigung der technischen Zusammenhänge als äquivalente Ausführungsform auffinden kann, doch kann sich die Beschwerdekammer der Ansicht des Beschwerdeführers, daß eine solche Ausführungsform aus den ursprünglichen Unterlagen ohne näheres Nachdenken zu entnehmen und somit implizit in den ursprünglichen Unterlagen enthalten sei, nicht anschließen. Dieser Auffassung trägt Anspruch 1 nach dem zuletzt gestellten Antrag Rechnung.

3. Neuheit

Keine der zum Stand der Technik genannten Druckschriften offenbart einen Kastenbeschicker mit sämtlichen Merkmalen des Anspruches 1. Der Gegenstand des Anspruches 1 ist daher neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ.

4. Nächstkommender Stand der Technik

Als nächstkommender druckschriftlich vorveröffentlichter Stand der Technik wird der Kastenbeschicker nach der Druckschrift D4 in Betracht gezogen, der die Merkmale des Oberbegriffes des Anspruches 1 aufweist. Bei diesem Kastenbeschicker wird offensichtlich die Antriebskraft über Antriebsräder direkt in die Ketten eingeleitet. Nähere Angaben über die Ausbildung der Antriebsvorrichtung sind in dieser Druckschrift D4 nicht enthalten. Dieser Stand der Technik geht nicht über denjenigen hinaus, wie er in der Beschreibungseinleitung der Anmeldung angegeben ist.

5. Aufgabe und Lösung

5.1. Aufgabe

Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen Kastenbeschicker der als bekannt vorausgesetzten Art so zu gestalten, daß er für große Lagervolumina und große Füllhöhen besonders geeignet ist. Derartige besonders große Kastenbeschicker sind beispielsweise bei modernen großen Ziegelwerken erforderlich.

5.2. Lösung

Durch die vorgesehenen schuberzeugenden Kolben-Zylinder-Einheiten, welche über Antriebsstangen und Mitnehmer im Vorwärtstakt formschlüssig mit den Lamellen oder Lamellenhaltern in Eingriff und im Rückwärtstakt außer Eingriff gelangen, können große Fördermengen mit beachtlichem Gewicht gefördert werden, ohne daß mit einem hohen Verschleiß und einer Längung von Ketten zu rechnen ist, da dadurch der direkte Eingriff der Antriebseinheit in Ketten vermieden wird.

6. Erfinderische Tätigkeit

6.1. Bei dem bekannten Kastenbeschicker, wie er im Oberbegriff des Anspruches 1 vorausgesetzt ist, erfolgt der Antrieb der Lamellen über zwei zueinander parallele seitliche, umlaufende Ketten, zwischen denen sich die Lamellen erstrecken, die an beiden Ketten gehaltert sind. Der Antrieb der beiden Bodenketten erfolgt über eine vordere Antriebswelle mit einem Paar von vorderen Kettenantriebsrädern. Im rückwärtigen Umlenkbereich laufen die parallelen Ketten ebenfalls über Kettenräder, die auf einer nicht angetriebenen Umlenk- und Spannachse sitzen (vgl. Beschreibung des Standes der Technik in der vorliegenden Anmeldung Seite 1, zweiter Absatz).

Bei dem aus der Druckschrift D4 bekannten Kastenbeschicker ist als Fördereinrichtung ein Plattenbandförderer (5) vorgesehen, der über eine Antriebseinrichtung (7) mit regelbarer Geschwindigkeit entsprechend dem betrieblichen Bedarf angetrieben wird. Der Plattenbandförderer ist jedoch nicht näher beschrieben. Wie aus den Figuren 1 und 3 zu erkennen ist, werden die Antriebskräfte offensichtlich über umlaufende Organe direkt in die Antriebsketten eingeleitet und von dort auf das Plattenband übertragen. Jedenfalls geht aus der Druckschrift D4 nicht hervor, daß die Antriebseinheit Kolben-Zylinder-Einheiten aufweist, welche an parallel zum Boden und unterhalb desselben sich erstreckenden Antriebsstangen angreifen, welche Mitnehmer tragen, die im Vorwärtstakt formschlüssig mit den Lamellen oder Lamellenhaltern am Obertrum in Eingriff und im Rückwärtstakt außer Eingriff gelangen.

6.2. Eine Fördereinrichtung, bei der die Antriebseinheit taktweise arbeitende Kolben-Zylinder-Einheiten aufweist, ist zwar aus der Druckschrift D1 bekannt, doch werden auch dort die Antriebskräfte in die Antriebsketten direkt eingeleitet. Die Druckschrift D1 betrifft einen hydraulischen Kettenbandantrieb für taktweise arbeitende Schwertransportbänder, wie Blechbundtransportbänder oder dergleichen, mit einem Antriebswagen (3), der von einem Hydraulikzylinder (5) in der Kettenebene zwangsgeführt wird und einen oder mehrere Schubhaken (4) trägt, die im Vorwärtstakt in die Antriebsketten am Obertrum direkt eingreifen und im Rückwärtstakt außer Eingriff gelangen. Die Umlenkorgane sind nicht angetrieben. Da keine Längswände und ein längsbeweglicher Boden mit quer angeordneten Lamellen vorgesehen sind, ist diese Fördereinrichtung nicht zum Transport von Schüttgütern geeignet.

Wenn der Fachmann diesen bekannten, für Schwertransportanlagen ausgelegten Taktantrieb als Antrieb für einen Kastenbeschicker verwenden würde, käme er allenfalls dazu, die Antriebskräfte wiederum direkt in eine Antriebskette einzuleiten, so wie dies bereits bei den bekannten Kastenbeschickern vorgesehen ist. Zu einer Ausgestaltung, bei der im Vorwärtstakt Mitnehmer, die an Antriebsstangen angeordnet sind, formschlüssig in Lamellen oder Lamellenhaltern eines Kastenbeschickerbodens eingreifen, ist jedenfalls aus der Druckschrift D1 keine Anregung zu entnehmen.

Die Druckschrift D1 kann daher auch nicht in Verbindung mit den bekannten Kastenbeschickern zum Gegenstand des Anspruches 1 führen.

6.3. Die Druckschrift D2 betrifft eine Austragsvorrichtung, insbesondere für Getreidesilos, bei der zwei Ketten (44a und 44b), die mit dem Obertrum an einem aus Bodenleisten (50) gebildeten falschen Boden (17) anliegen, von einem Elektromotor über einen Kurbelantrieb intermittierend bewegt werden. Dabei greifen zwei mit dem Kurbelantrieb verbundene Haken in die Kettenbolzen ein. Zwischen den Bodenleisten kann das Schüttgut nach unten fallen. Abgesehen davon, daß ein Kurbelantrieb für schwere Schüttgüter und große Fördervolumina nicht geeignet ist, würde dieser Stand der Technik wiederum dazu führen, die Ketten direkt anzutreiben. Auch bei Berücksichtigung der Druckschrift D2 kann der Fachmann daher nicht in naheliegender Weise zum Kastenbeschicker nach Anspruch 1 gelangen.

6.4. Die Druckschrift D3 betrifft einen Bandbunker für faseriges Schüttgut (Holzspäne in Holzspanplatten-Industrie, Hausmüll usw.). Der Bandbunker kann als dosierender Vorratsbehälter verwendet werden. In einem kanalförmigen Bandbunker (1) mit Vorder-, Rück- und Seitenwänden liegt das Schüttgut auf einem umlaufenden Band (3) auf, das von unten über Auflagen (4) abgestützt wird. Die Auflagen sind als mehrere parallele Streifen ausgebildet und können über Rollen (5) auf festen Auflagen (6) durch Hydraulikzylinder (7) in Längsrichtung hin und her bewegt werden. Wenn die Auflagen (4) vom Eintragsende (9) zum Austragsende (10) des Bandbunkers bewegt werden, wird sowohl das auf den Auflagen (4) umlaufende Band (3) als auch das auf dem Band (3) liegende Schüttgut gleitend mitgenommen. Nach diesem periodischen Vorschub des Schüttgutes (2) in Richtung zum Austragsende (10) werden die Auflagen (4) unter dem feststehenden Schüttgut (2) und dem feststehenden Band (3) einzeln zurückbewegt und gleiten dabei unter dem Band (3) in Richtung zum Eintragsende (9) des Bandbunkers. Die Umlenkrollen brauchen dabei nicht angetrieben zu werden. Diese Fördervorrichtung ist jedoch für schwere Schüttgüter nicht geeignet und der Fachmann würde sie hierfür auch nicht in Betracht ziehen, da bei einer schweren Last eine Rückbewegung der Auflagen nicht ohne weiteres möglich wäre. Überdies muß der Antriebsstößel des Hydraulikkolbens mit der entsprechenden streifenförmigen Auflage auch bei der Rückbewegung verbunden sein, so daß daraus keine Anregung entnommen werden kann, die Vorrichtung so auszubilden, daß Mitnehmer von Antriebsstangen im Vorwärtstakt formschlüssig mit den Lamellen in Eingriff und im Rückwärtsgang außer Eingriff gelangen. Auch die Druckschrift D3 kann daher nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruches 1 führen.

6.5. Der Kastenbeschicker des Anspruches 1 weist daher eine erfinderische Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ auf.

7. Die geänderten Unterlagen erfüllen somit die Voraussetzungen des EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

Patentansprüche: 1 bis 7 eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 25. Mai 2000, 8. und 9 eingereicht mit Schreiben vom 12. April 2000;

Beschreibung: Seiten 1, 2a und 3 eingereicht mit Schreiben vom 18. März 2000, Seite 2 eingereicht mit Schreiben vom 12. April 2000, Seite 4 eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 25. Mai 2000;

Zeichnungen: Figuren 1 bis 3 wie ursprünglich eingereicht.

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