European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2001:T040598.20010619 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 19 Juni 2001 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0405/98 | ||||||||
Anmeldenummer: | 91905064.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | A01G 9/10 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Herstellung von Torfersatz, Anlage zur Durchführung dieses Verfahrens, Anwendung des Verfahrens und nach diesem Verfahren hergestellter Torfersatz | ||||||||
Name des Anmelders: | INTERTORESA AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | (I) UWAS Umweltservice Gesellschaft für Abfallverwertung und Recycling m.b.H. (II) ENECO AG (III) ASB Grünland Helmut Aurenz GmbH & Co. |
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Kammer: | 3.2.04 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (ja) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf den Gegenstand der europäischen Patentanmeldung Nr. 91 905 064.1 wurde das europäische Patent Nr. 472 684 erteilt. Gegen dieses Patent wurden drei Einsprüche eingelegt je mit dem Antrag, das Patent zu widerrufen. Mit der am 9. Februar 1998 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung wurde das Patent widerrufen.
Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß das Patent aufgrund der mangelden Neuheit des beanspruchten Gegenstandes gegenüber der Druckschrift EP-A-324 689 (D1) bzw. der fehlenden Klarheit der vorgenommenen Änderungen nicht aufrechterhalten werden konnte.
Die von den Einsprechenden I und II während des Einspruchsverfahrens geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen wurden nicht berücksichtigt.
II. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Patentinhaberin (nachstehend Beschwerdeführerin) am 19. März 1998 unter gleichzeitiger Bezahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt und diese am 17. Juni 1998 begründet.
III. Mit einer der Ladung für die mündliche Verhandlung beigefügten Mitteilung (Artikel 11, Absatz 2 der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern) wies die Kammer u. a. auf die Möglichkeit hin, die Angelegenheit zur weiteren Prüfung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen (Artikel 111 (1) EPÜ).
IV. Die Einsprechenden II und III zogen mit Schreiben vom 22. Mai bzw. 6. Juni 2001 ihre Einsprüche zurück.
V. Am 19. Juni 2001 wurde mündlich verhandelt.
Die Einsprechende I (nachstehend Beschwerdegegnerin), die ordnungsgemäß geladen worden war, erschien nicht. Mit ihrem Schreiben vom 11. Juni 2001 hatte sie die Absicht mitgeteilt, an der mündlichen Verhandlung nicht teilzunehmen. Gemäß Regel 71 (2) EPÜ wurde das Verfahren ohne sie fortgesetzt.
Während der mündlichen Verhandlung legte die Beschwerdeführerin die unabhängigen Ansprüche 1, 10, 12 und 13 vor, die wie folgt lauten:
"1. Verfahren zur Herstellung von Torfersatz aus organischem, faserhaltigem Material, dem Hilfsstoffe beigemengt sind, dadurch gekennzeichnet, daß das organische faserhaltige Material in einer Aufbereitungsanlage (6) aufgeschlossen wird, wobei diesem Material vor dem Einbringen in die Anlage oder auch direkt mit dem aufzuschließenden Material laufend am Eintritt der Anlage die Hilfsstoffe zugeführt bzw. zugemischt werden und dieses Hilfsstoffe enthaltende Material in der Aufbereitungsanlage (6) unter hohem Druck und vorzugsweise Erhitzung zerquetscht, aufgefasert, verrieben und physikalisch aufgeschlossen wird, wobei gleichzeitig eine gleichmäßige und äußerst intensive Imprägnierung mit Hilfsstoffen erfolgt, um eine dauerhafte Verbindung der Rohstoffe mit den Hilfsstoffen zu erzielen, die dem Produkt torfähnliche Eigenschaften und auch ohne Kompostierung gute pflanzenbauliche Eignung verleiht."
"10. Anlage zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 oder 2, die eine Thermo-Schneckenpresse (TSP) (6) aufweist, gekennzeichnet durch eine vorgeschaltete Misch- und Dosierstation (2) zur Zugabe von Hilfsstoffen zum organischen Material, die mit einem oder mehreren der folgenden Anlageteile kombiniert ist:
a) eine vorgeschaltete Vortrocknungs-, Sortier- und/oder Zerkleinerungsvorrichtung zur Bestimmung der Abmessungen der aufzuschließenden Materialstücke,
b) eine nachgeschaltete Vorrichtung zur Nacherhitzung bzw. Sterilisation des aufgeschlossenen Materials,
c) eine nachgeschaltete Sortier- und Ausdampfungsvorrichtung (Vortrocknen), z. B. ein Schwingsieb (Sieben) oder Zyklon, zur Ausscheidung zu grober Materialstücke und zur Rückführung derselben zur TSP oder anderweitigen Verwendung,
d) eine nachgeschaltete Trockenvorrichtung (9) zum Trocknen des aufgeschlossenen Materials auf einen bestimmten Feuchtigkeitsgehalt."
"12. Anwendung des Verfahrens nach Anspruch 1 oder 2 zur Veredlung von schwach strukturiertem Torf, insbesondere Schwarztorf, dadurch gekennzeichnet, daß der Torf nach dem Aufschließen mit dem imprägnierten Fasermaterial vermischt wird und anschließend getrocknet werden kann."
"13. Torfersatz, herstellbar nach einem Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche 1 - 9, bestehend aus unter Druck durch Quetschung aufgeschlossenem, fasrigen Holz oder verholztem, vorzugsweise sterilen Material, dessen Fasern mehrheitlich eine Länge von 5 bis 30 mm aufweisen, wobei das aufgeschlossene, fasrige Holz oder verholzte Material mit Hilfsstoffen gleichmäßig und äußerst intensiv imprägniert ist, um eine dauerhafte Verbindung der Rohstoffe mit den Hilfsstoffen zu erzielen und dem Produkt torfähnliche Eigenschaften und auch ohne Kompostierung gute pflanzenbauliche Eignung zu verleihen."
VI. Die Beschwerdeführerin hat im wesentlichen vorgetragen, daß die Druckschrift D1 die Neuheit der beanspruchten Gegenstände nicht vorwegnehme.
VII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf Basis der Ansprüche 1 bis 15, eingereicht während der mündlichen Verhandlung.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Zu den beanspruchten Gegenständen
2.1. Der Anspruch 1 ist auf ein Verfahren gerichtet, mit folgenden Merkmalen:
A) Das Verfahren eignet sich zur Herstellung von Torfersatz aus organischem faserhaltigem Material,
B) dem Material sind Hilfsstoffe beigemengt,
C) das organische faserhaltige Material wird in einer Aufbereitungsanlage (6) aufgeschlossen,
B1) die Hilfsstoffe werden vor dem Einbringen in die Anlage oder auch direkt mit dem aufzuschließenden Material laufend am Eintritt der Anlage zugeführt bzw. zugemischt,
E) das Hilfsstoffe enthaltende Material wird in der Aufbereitungsanlage (6) unter hohem Druck und vorzugsweise mit Erhitzung zerquetscht, aufgefasert, verrieben und physikalisch aufgeschlossen,
E1) wobei eine Imprägnierung mit Hilfsstoffen erfolgt,
E11) die Imprägnierung ist gleichmäßig und äußerst intensiv,
E111) die Imprägnierung bezweckt, eine dauerhafte Verbindung der Rohstoffe mit den Hilfsstoffen zu erzielen,
E12) die Imprägnierung verleiht dem Produkt torfähnliche Eigenschaften und auch ohne Kompostierung gute pflanzenbauliche Eignung.
2.1.1. Unter "Torfersatz" ist ein Produkt zu verstehen, dem aufgrund des Verarbeitungsprozesses eines Gemisches aus Roh- und Hilfsstoffen torfähnliche Eigenschaften und auch ohne Kompostierung gute pflanzenbauliche Eignung verliehen werden. Die torfähnlichen Eigenschaften sind in der Beschreibung des Patentes angegeben, siehe Spalte 1, Zeilen 20 bis 29. Unter "Hilfsstoffe" sind Zusatzstoffe zu verstehen, die den Rohstoffen beigemengt werden, um dem herzustellenden Produkt torfähnliche Eigenschaften zu verleihen. Es ist also die Kombination der Roh- und Hilfsstoffe, die den Torfersatz ausmachen, nachdem das Verfahren durchgeführt worden ist.
Der Torfersatz ist somit im wesentlichen ein loses Produkt, d. h. eine lockere Vermischung von Fasern. Diese Auslegung steht insofern im Einklang mit der Beschreibung und der Zeichnung des angefochtenen Patentes, als sie sich auf ein Schwingsieb 7 (siehe Spalte 3, Zeilen 29 bis 36; Figur) und eine Absackanlage 21. (siehe Spalte 4, Zeilen 28 bis 31) beziehen, durch die das lose Produkt befördert bzw. in Säcke verpackt wird.
2.1.2. Unter "Rohstoff" oder "Rohmaterial" ist ein organisches, faserhaltiges Material zu verstehen, wie z. B. Holzschnitzel oder Strauchschnitt (siehe die Beschreibung des Patentes: Spalte 4, Zeilen 38 bis 42). Aus diesem Material alleine - selbst nach Durchführung des Verfahrens - könnte kein Torfersatz entstehen, weil ihm - ohne Hilfsstoffe - keine torfähnliche Eigenschaften verliehen werden können.
2.1.3. Unter "Eintritt der Anlage" ist die Öffnung zu verstehen, durch die das Rohmaterial der Aufbereitungsanlage zugeführt wird.
2.2. Der Anspruch 13 ist auf ein Produkt gerichtet, das nach dem Verfahren gemäß dem Anspruch 1 herstellbar ist. Dieses Produkt, das als Torfersatz bezeichnet ist, weist die folgenden Merkmale auf:
F) Es besteht aus unter Druck durch Quetschung aufgeschlossenem, faserigen Holz oder verholztem Material,
F1) die Fasern des Materials weisen mehrheitlich eine Länge von 5 bis 30 mm auf,
G) das aufgeschlossene Material ist mit Hilfsstoffen gleichmäßig und äußerst intensiv imprägniert,
wobei die Imprägnierung bezweckt,
G1) eine dauerhafte Verbindung der Rohstoffe mit den Hilfsstoffen zu erzielen und
G2) dem Produkt torfähnliche Eigenschaften und auch ohne Kompostierung gute pflanzenbauliche Eignung zu verleihen.
2.3. Der Anspruch 10 ist auf eine Anlage zur Durchführung des Verfahrens gerichtet, d. h. auf eine Anlage, die sich zur Durchführung des Verfahrens eignet.
2.4. Der Anspruch 12 ist auf die Anwendung des Verfahrens nach Anspruch 1 oder 2 zur Veredlung von schwach strukturiertem Torf gerichtet. Dieser Anspruch stellt eine Fortsetzung des Verfahrens nach Anspruch 1 oder 2 dar.
3. Zu den Änderungen
3.1. Der Anspruch 1 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 im wesentlichen dadurch, daß die Merkmale B1, E11 und E111 hinzugefügt worden sind. Diese Merkmale können eindeutig den folgenden Stellen der Beschreibung der ursprünglich eingereichten Patentanmeldung (WO-A-91/14358) entnommen werden:
i) Seite 12, 2. Absatz, 1. Satz in bezug auf das Merkmal B1;
ii) Seite 8, 2. Absatz, 4. und 5. Satz in Verbindung mit Seite 11, 2. Absatz, 6. Satz in bezug auf die Merkmale E11 und E111.
3.2. Der Anspruch 13 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 13 durch das Hinzufügen der Merkmale G1 und G2 und des Ausdruckes "gleichmäßig und äußerst intensiv" im Merkmal G, sowie dadurch, daß der Ausdruck "Hilfsstoffe" den Ausdruck "Wirkstoffe" ersetzt hat.
Die die Merkmale G und G1 betreffenden Änderungen können aus der oben genannten Stelle 3.1.ii) abgeleitet werden. Das Merkmal G2 hat eine Basis im ursprünglichen Anspruch 1.
Durch die den Ausdruck "Hilfsstoffe" betreffende Änderung wird die Terminologie in den Ansprüchen einheitlich. Hinsichtlich dieser Änderung ist festzustellen, daß in der Beschreibung des Patentes bzw. der ursprünglichen Anmeldung die Worte "Hilfsstoffe", "Wirkstoffe" und "Zusatzstoffe" mit derselben Bedeutung verwendet werden.
3.3. Bezüglich der weiteren Änderungen bestehen keine Bedenken.
3.4. Die vorgenommenen Änderungen verletzen die Erfordernisse des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ nicht.
4. Neuheit
4.1. Die Neuheit wurde nur im Zusammenhang mit der Druckschrift D1 bestritten.
Diese Druckschrift beschreibt ein Verfahren zur Herstellung eines Verbundproduktes aus organischem faserhaltigem Material (nämlich aus Holzspänen oder aus einem holzzellulosehaltigen Material) mit folgenden Merkmalen:
- Dem Material sind ein Bindemittel und eventuell Zusatzstoffe (siehe Seite 6, Zeilen 2 bis 5) beigemengt,
- das organische faserhaltige Material wird in einer Aufbereitungsanlage aufgeschlossen,
- das Bindemittel wird in die Aufbereitungsanlage durch eine Öffnung 16 zugeführt und dem Material zugemischt,
- die Zusatzstoffe können durch die Öffnung 16 oder durch andere Öffnungen in die Aufbereitungsanlage zugeführt werden,
- das das Bindemittel und die Zusatzstoffe enthaltende Material wird in der Aufbereitungsanlage unter Druck und mit Erhitzung zerquetscht, aufgefasert, verrieben und physikalisch aufgeschlossen, wobei eine Imprägnierung mit dem Bindemittel und den Zusatzstoffen erfolgt,
- durch die Verarbeitung des das Bindemittel und die Zusatzstoffe enthaltenden Materials in der Aufbereitungsanlage kann eine dauerhafte Verbindung der Rohstoffe mit dem Bindemittel und den Zusatzstoffen erzielt werden,
- die Vermischung der Zusatzstoffe mit dem Material kann dem Produkt gewünschte Eigenschaften verleihen (es ist z. B. möglich, Mikroorganismen bzw. Befeuchtungsstoffe zuzuführen, die sich an die Fasern des Materials anlagern und dem Produkt eine gute pflanzenbauliche Eignung bzw. eine bessere Wasserrückhaltung verleihen, siehe Seite 6, Zeilen 2 bis 5),
- zur Herstellung von Bepflanzungsträgern wird das das Bindemittel und eventuell die Zusatzstoffe enthaltende Produkt einer Formgebungsanlage zugeführt, in welcher die Aushärtung des Bindemittels stattfindet.
4.1.1. In der Druckschrift D1 wird weder der Begriff "Torf" noch der Begriff "Torfersatz" erwähnt. In dieser Druckschrift wird aber angegeben, daß das am Ausgang der Aufbereitungsanlage erhaltene Produkt (d. h. ein das Bindemittel und eventuell die Zusatzstoffe enthaltende Produkt) in demselben Zustand (d. h. im losen Zustand) verwendet bzw. abgepackt werden kann, siehe die Sätze auf Seite 3, Zeile 10 ("La matière défibrée ainsi réalisée pourrait être utilisée telle quelle") und auf Seite 6, Zeilen 15 und 16 ("Le produit ainsi obtenu à la sortie de la machine pourrait être simplement conditionné en lots utilisables tels quels"). Es stellt sich daher die Frage, ob diese Sätze die Verwendung dieses Produktes als Torfersatz implizit offenbaren.
In bezug auf die Auslegung dieser Angaben hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, daß durch diese Sätze lediglich ein zweistufiges Verfahren offenbart sei, d. h. ein Verfahren, bei dem die Aushärtung des Bindemittels in einem späteren Zeitpunkt und eventuell in einer separaten Formgebungsanlage stattfindet. Das am Ausgang der Aufbereitungsanlage erhaltene Produkt sei daher ein Zwischenprodukt, aus dem Bepflanzungsträger später hergestellt werden.
Aus den folgenden Gründen hält die Kammer diese Auslegung für richtig:
- Jedem der oben genannten Sätze folgt ein Satz, der mit dem Wort "jedoch" ("cependant") beginnt und darauf hinweist, daß es vorteilhaft ist, die Formgebungsanlage unmittelbar am Ausgang der Aufbereitungsanlage (d. h. unmittelbar nach der Entfaserung) zu haben (siehe Seite 3, Zeilen 10 bis 13. und Seite 6, Zeilen 16 bis 18). Es ist daher davon auszugehen, daß die oben genannten Sätze sich auf ein Verfahren beziehen, bei dem die Formgebung und die Aushärtung des Bindemittels nicht unmittelbar nach der Entfaserung stattfinden. Dies wird dadurch bestätigt, daß der Anspruch 1 der Druckschrift D1 sich auf ein Verfahren bezieht, bei dem die Aushärtung des Bindemittels so verzögert wird, daß sie nur nach dem Austritt aus der Aufbereitungsanlage geschieht. Mit anderen Worten, aus dem Wortlaut des Anspruchs 1 geht implizit hervor, daß die Aushärtung des Bindemittels irgendwann bzw. irgendwo stattfinden wird.
- Die Druckschrift D1 enthält Ansprüche verschiedener Kategorien (Verfahrens-, Vorrichtungs- und Produktansprüche). Einerseits sind die unabhängigen Ansprüche 1 und 11 auf ein Verfahren zur Herstellung eines Verbundproduktes bzw. auf eine Anlage zur Herstellung eines Verbundproduktes, gerichtet, das sich für die Fertigung eines Bepflanzungsträgers eignet, wobei weder der Anspruch 1 noch der Anspruch 11 Merkmale enthalten, die sich auf die Formgebung des Bepflanzungsträgers und auf die Aushärtung des Bindemittels beziehen (solche Merkmale sind in den abhängigen Ansprüchen 9 bzw. 16 und 22). Andererseits ist der unabhängige Anspruch 23 auf einen Bepflanzungsträger gerichtet und nicht auf ein Verbundprodukt, das sich für die Fertigung des Bepflanzungsträgers eignet. Es ist somit davon auszugehen, daß das Verfahren nach Anspruch 1 bzw. die Vorrichtung nach Anspruch 11 mit dem Zweck durchgeführt bzw. verwendet wird, einen Bepflanzungsträger herzustellen.
Die oben genannten Sätze beziehen sich somit nicht auf ein Verbundprodukt, das als loses Produkt (wie Torf) verwendet werden kann, sondern auf ein Verbundprodukt, aus dem ein relativ steifer Bepflanzungsträger zu fertigen ist.
4.1.2. Es geht darüber hinaus eindeutig aus der Druckschrift D1 hervor, daß bei der Zuführung des Bindemittels in die Aufbereitungsanlage die Menge des Bindemittels derart geregelt wird, daß es sich im noch weiter aufzuschließenden Material diskontinuierlich verteilt. Mit anderen Worten, zur Erzielung einer ungleichmäßigen Verteilung des Bindemittels müssen spezielle Maßnahmen ausgeführt werden. Die diskontinuierliche Verteilung des Bindemittels dient dazu, daß Bepflanzungsträger hergestellt werden, die die Entwicklung der Wurzeln und die Luftzirkulation ermöglichen.
Es geht aus der Druckschrift D1 auch nicht hervor, daß die Zuführung von weiteren Zusatzstoffen (z. B. Befeuchtungsstoffe) derart erfolgt, daß eine gleichmäßige Verteilung der Zusatzstoffe auf die Fasern erfolgt.
Darüber hinaus offenbart die Druckschrift D1 nicht die Lehre, daß die Imprägnierung mit den Zusatzstoffen den Zweck hat, dem herzustellenden Produkt torfähnliche Eigenschaften zu verleihen. Auch die Zuführung des Bindemittels kann nicht zu torfähnlichen Eigenschaften führen. Dies ist weder explizit angegeben noch implizit suggeriert.
4.1.3. Es geht aus der Druckschrift D1 auch nicht hervor, daß die Zuführung der Zusatzstoffe durch die Eintrittsöffnung des faserhaltigen Materials erfolgt.
4.2. Angesichts der obigen Ausführungen ist die Kammer zu folgenden Ergebnissen gekommen:
i) Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich vom Inhalt der Druckschrift D1 durch die Merkmale A, B1, E11, E111 sowie dadurch, daß die Imprägnierung dem Produkt torfähnliche Eigenschaften verleiht;
ii) der Gegenstand des Anspruchs 13 unterscheidet sich vom Inhalt der Druckschrift D1 dadurch, daß er auf einen Torfersatz gerichtet ist, daß die Imprägnierung mit den Hilfsstoffen gleichmäßig und äußerst intensiv ist, und daß die Imprägnierung dem Produkt torfähnliche Eigenschaften verleiht;
iii) der Gegenstand des Anspruchs 10 unterscheidet sich vom Inhalt der Druckschrift D1 durch eine vorgeschaltete Misch- und Dosierstation zur Zugabe von Hilfsstoffen.
4.3. Daher sind die Gegenstande der Ansprüche 1, 10 und 13 neu gegenüber der Druckschrift D1.
Durch die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 wird die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 12 impliziert.
5. Artikel 111 (1) EPÜ
In der angefochtenen Entscheidung wird der Widerruf des Patentes aufgrund der mangelnden Neuheit seines Gegenstandes gegenüber der Druckschrift D1 begründet. Daher befaßt sich die angefochtene Entscheidung nicht mit der Frage der erfinderischen Tätigkeit.
Außerdem wurden die von der Beschwerdegegnerin während des Einspruchsverfahrens geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen durch die Einspruchsabteilung nicht berücksichtigt.
Die Beschwerdegegnerin hatte in ihrem Schreiben vom 4. November 1998 beantragt, "hilfsweise insbesondere wegen der Einvernahme der angebotenen Zeugen eine mündliche Verhandlung nach EPA [sic] Art. 116 anzuberaumen" (siehe Seite 1).
Diesbezüglich hatte die Kammer mit ihrer der Ladung für die mündliche Verhandlung beigefügten Mitteilung (Seite 7, Abschnitt 5) darauf hingewiesen, daß die Angelegenheit zur weiteren Prüfung an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen werden konnte (Artikel 111 (1) EPÜ).
Deshalb weist die Kammer in Ausübung ihres Ermessens die Angelegenheit nach Artikel 111 (1) EPÜ an die Einspruchsabteilung zurück, damit diese eventuell über die Neuheit gegenüber weitere sich im Verfahren befindlichen Druckschriften, über die erfinderische Tätigkeit und über die von der Beschwerdegegnerin geltend gemachten Vorbenutzungen entscheidet.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.