European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2001:T034898.20010504 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 04 Mai 2001 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0348/98 | ||||||||
Anmeldenummer: | 93114217.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | H05K 7/20 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Anordnung mit einer Leiterplatte, mindestens einem Leistungsbauelement und einem Kühlkörper | ||||||||
Name des Anmelders: | ROBERT BOSCH GMBH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | VDO Adolf Schindling AG | ||||||||
Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Das europäische Patent 0 590 354 (Anmeldenummer 93. 114 217.8) wurde mit einem Satz von Ansprüchen erteilt, aus welchem Anspruch 1, der einzige unabhängige Anspruch, nach Ergänzung der Interpunktion zur besseren Lesbarkeit wie folgt lautet:
"Anordnung mit einer Leiterplatte (10), mindestens einem Leistungsbauelement (14), wobei das Leistungsbauelement (14) an einer ersten Hauptoberfläche der Leiterplatte (10) auf einer ersten großflächigen Leiterbahn (120), die von den übrigen, an dieser Hauptoberfläche befindlichen Leiterbahnen elektrisch isoliert ist, oberflächenmontiert ist, wobei auf der dem Leistungsbauelement (14) gegenüberliegenden zweiten Hauptoberfläche der Leiterplatte (10) sich eine zweite großflächige Leiterbahn (130) befindet, und die an der ersten Hauptoberfläche der Leiterplatte (10) angebrachte erste großflächige Leiterbahn (120) mit der an der zweiten Hauptoberfläche der Leiterplatte (10) angebrachten zweiten großflächigen Leiterbahn (130) über mindestens eine Durchkontaktierung (100), vorzugsweise über eine Vielzahl von Durchkontaktierungen (100), gut wärmeleitend verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, daß sich zwischen der an der zweiten Hauptoberfläche der Leiterplatte (10) angebrachten zweiten großflächigen Leiterbahn (130) und einem Kühlkörper (16) eine vorzugsweise aus Kupfer bestehende Metallschicht (18) angeordnet ist, und daß zur potentialmäßigen Trennung des mindestens einen Leistungsbauelements (14) von dem Kühlkörper (16) zwischen der an der zweiten Hauptoberfläche der Leiterplatte (10) angebrachten zweiten großflächigen Leiterbahn (130) und der Metallschicht (18) eine Glasgewebeschicht (17) angeordnet ist."
II. Der gegen das europäische Patent erhobene Einspruch wurde von der Einspruchsabteilung zurückgewiesen.
III. Die der vorliegenden Entscheidung zugrundeliegende Beschwerde des Beschwerdeführers (Einsprechenden) richtet sich gegen die Zurückweisung des Einspruchs.
IV. Eine mündliche Verhandlung fand am 4. Mai 2001 statt, bei der der Beschwerdegegner (Patentinhaber) gemäß seiner vorherigen Ankündigung nicht anwesend war. Der Inhalt folgender, bereits im Einspruchsverfahren geltend gemachten Druckschriften wurde in der mündlichen Verhandlung erörtert:
D3: US-A-4 941 067;
D10: DE-A-3 813 364;
D11: DE-A-3 538 933; und
D13: DE-A-3 930 858.
V. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Im schriftlichen Verfahren hatte der Beschwerdegegner die Zurückweisung der Beschwerde beantragt.
VI. Zur Begründung seines Antrags trug der Beschwerdeführer zunächst vor, der Begriff "Glasgewebeschicht" im Anspruch 1 könne nur eine Schicht bezeichnen, die aus einem in einem Kunstharz eingebetteten Glasgewebe bestehe. Ein Glasgewebe als solches weise bekanntlich keine ausreichende Stabilität auf, um im Sinne des Anspruchs mit einer Metallschicht (18) versehen zu werden.
Die Verwendung eines derartigen Kompositmaterials aus Glasgewebe und Kunststoff sei bei der Herstellung von Leiterplatten am Anmeldetag absolut üblich gewesen. Auch die Leiterplattenanordnung gemäß der Druckschrift D3, die den nächstkommenden Stand der Technik darstelle, weise einen Kern aus einem mit einem Glasgewebe verstärkten Kunstharz auf. Um bei dieser Anordnung eine potentialmäßige Trennung der auf der Leiterplatte montierten Leistungsbauelemente zu erzielen, würde der Fachmann daher in naheliegender Weise einfach das gleiche Material als elektrische Isolierung zwischen der Leiterplatte und dem darunterliegenden Kühlkörper anordnen, und in bekannter Weise mit einer weiteren Metallschicht zwischen der Isolierschicht und dem Kühlkörper versehen, um deren thermischen Kontakt zu verbessern.
Die Anordnung einer elektrischen Isolierschicht und einer Metallschicht zwischen einer Leistungsbauelemente tragenden Leiterplatte und einem darunterliegenden Kühlkörper sei nämlich bereits aus den Druckschriften D11 und D13 bekannt. Wenn auch bei diesen vorbekannten Anordnungen die elektrische Isolierschicht aus einem Keramikmaterial bestehe, würde dies den Fachmann nicht davon abhalten, ggf. aus Kostengründen oder in Verbindung mit weniger Wärme erzeugenden Leistungsbauelementen, stattdessen das bei der Herstellung von Leiterplatten weit verbreitete Glasgewebekompositmaterial zu verwenden.
VII. In seiner schriftlichen Eingabe wies der Beschwerdegegner insbesondere darauf hin, daß die Anordnung der Druckschrift D3 thermische Brückenelemente auf der Leiterplatte umfasse, deren Herstellung und Bestückung wesentlich aufwendiger und kostenintensiver sei, als die der beanspruchten Anordnung. Gerade die Verwendung solcher thermischen Brückenelemente dokumentiere, daß es zum Zeitpunkt der Erfindung durchaus nicht naheliegend war, zur potentialmäßigen Trennung der Leistungsbauelemente von dem Kühler eine Glasgewebeschicht zu verwenden.
Eine solche Glasgewebeschicht sei auch nicht durch die Druckschrift D13 nahegelegt worden, weil diese ein Halbleitermodul offenbare, zu dessen Herstellung Kupferschichten direkt mit Keramikschichten verbunden würden. Es sei also nicht möglich, wie beim Gegenstand des Streitpatents zunächst die Leiterplatte mit den darauf bestückten Bauelementen herzustellen und diese anschließend erst mit einer Glasgewebeschicht auf die Metallschicht aufzubringen. Im Gegensatz dazu könnten bei dem Halbleitermodul der Druckschrift D13 die Bauelemente immer erst nach der vollständigen Herstellung des Substrats auf dieses aufgebracht werden. An keiner Stelle offenbare die Druckschrift D13 eine Glasgewebeschicht oder Durchkontaktierungen.
Zu der von der Beschwerdekammer in der Anlage zur Ladung für die mündliche Verhandlung aufgeworfenen Frage der genauen Bedeutung des Begriffs "Glasgewebeschicht" im Anspruch 1 hat sich der Beschwerdegegner nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Bedeutung des Begriffs "Glasgewebeschicht" im Anspruch 1
Gemäß dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 weist die beanspruchte Anordnung eine Glasgewebeschicht auf, die zwischen der Leiterplatte und der an dem Kühlkörper angrenzenden Metallschicht angeordnet ist. In der Beschreibung wird die Beschaffenheit dieser Glasgewebeschicht, zu der lediglich erklärt wird, daß ihre Dicke größer als 50 Mikrometer ist (vgl. Spalte 3, Zeilen 5 bis 7), nicht erläutert.
Nach Auffassung des Beschwerdeführers weist ein Glasgewebe als solches keine ausreichende Eigenstabilität auf, um eine Metallschicht tragen zu können, so daß unter dem Begriff "Glasgewebeschicht" lediglich eine Schicht gemeint sein kann, die aus dem in der Herstellung von Leiterplatten üblichen Material, d. h. aus einem mit Kunststoff bzw. Kunstharz getränkten Glasgewebe, besteht.
Dieser Auslegung kann sich die Kammer umso mehr anschließen, als in der Beschreibung des angegriffenen Patents auch der Kern der Leiterplatte, der ein Netzwerk von Leiterbahnen und mehrere Leistungsbauelemente tragen soll, als "aus Glasgewebe bestehend" bezeichnet wird (vgl. Spalte 2, Zeilen 3 bis 8). Auch hier kann die Bezeichnung Glasgewebe nur das oben erwähnte gängige Leiterplattenmaterial bedeuten.
Der Beschwerdegegner hat zu der durch die Kammer in der Anlage zur Ladung vom 12. Februar 2001 für die mündliche Verhandlung aufgeworfenen Frage der genauen Bedeutung des Ausdrucks "Glasgewebeschicht" selbst nicht Stellung genommen.
3. Neuheit
Die Neuheit des beanspruchten Gegenstandes ist unbestritten.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1. Im Einklang mit den von den Parteien nicht widersprochenen Ausführungen der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung betrachtet die Kammer die Leiterplattenanordnung der Druckschrift D3, die auch in der Beschreibungseinleitung des angegriffenen Patents gewürdigt wird (vgl. Spalte 1, Zeilen 21 bis 24), als den nächstkommenden Stand der Technik.
Bei dieser bekannten Leiterplattenanordnung wird die in einem Leistungsbauelement 12 erzeugte Verlustleistung über Durchkontaktierungen 88, die großflächige Leiterbahnen 26' bzw. 36 an den beiden gegenüberliegenden Hauptoberflächen der Leiterplatte wärmeleitend verbinden, zu einem darunterliegenden Kühlkörper 37 abgeführt. Auch hier ist das Leistungsbauelement 12 auf eine großflächige Leiterbahn 66. oberflächenmontiert, die von den übrigen an der gleichen Hauptoberfläche der Leiterplatte befindlichen Leiterbahnen elektrisch isoliert ist (vgl. Figuren 6, 8 und 9 nebst Spalte 4, Zeile 18 bis Spalte 5, Zeile 38 der Beschreibung).
Bei dieser bekannten Anordnung liegen die Durchkontaktierungen 88 nicht unmittelbar an der großflächigen Leiterbahn 66, auf welcher das Leistungsbauelement oberflächenmontiert ist, sondern an einer danebenliegenden Leiterbahn 26', die mit der Leiterbahn 66 über wärmeleitende und elektrisch isolierende, aus Keramikmaterial bestehende Überbrückungselemente 80 ff. verbunden sind.
Somit unterscheidet sich die beanspruchte Anordnung von diesem nächstkommenden Stand der Technik dadurch, daß
a) die Durchkontaktierungen unmittelbar an der großflächigen Leiterbahn angeordnet sind, auf welcher das Leistungsbauelement oberflächenmontiert ist; und
b) zwischen der an der gegenüberliegenden Hauptoberfläche der Leiterplatte angebrachten großflächigen Leiterbahn und dem Kühlkörper eine Metallschicht angeordnet ist, und zur potentialmäßigen Trennung des Leistungsbauelements von dem Kühlkörper zwischen der großflächigen Leiterbahn und der Metallschicht noch eine Glasgewebeschicht angeordnet ist.
4.2. Durch das Unterscheidungsmerkmal a) wird sichergestellt, daß die im Leistungsbauelement erzeugte Verlustleistung unmittelbar unterhalb des Bauelements entnommen und auf die gegenüberliegende Seite der Leiterplatte abgeführt werden kann, wodurch die aus der Druckschrift D3 bekannten keramischen Überbrückungselemente 80 zu benachbarten Leiterbahnen entfallen können. Zumindest in dieser Hinsicht wird durch die beanspruchte Erfindung eine Vereinfachung der aus der Druckschrift D3 bekannten Leiterplattenanordnung erzielt, wie sie auch der Beschwerdegegner geltend machte.
An sich stellt das Bestreben nach konstruktiv und herstellungstechnisch einfacheren Lösungen eine für den Fachmann selbstverständliche Problemstellung dar, die die erforderliche erfinderische Tätigkeit nicht begründen kann.
4.3. Auch die Lösung gemäß dem Unterscheidungsmerkmal a) ist bereits aus der Druckschrift D10 bekannt (vgl. Figur 1 und Zusammenfassung). Die unmittelbare Übernahme dieses Merkmals in die Anordnung gemäß der Druckschrift D3 beruht nach Auffassung der Kammer umso weniger auf einer erfinderischen Tätigkeit, als die Druckschrift D10 sich ausdrücklich mit der Wärmeabfuhr von Bauelementen auf einer Leiterplatte befaßt (vgl. den Titel). Übrigens hat sich der Beschwerdegegner selbst zur Verteidigung seines Patents in keiner Weise auf das Unterscheidungsmerkmal a) berufen bzw. ihm irgendeine Bedeutung beigemessen.
Nach dem Wegfall der elektrisch isolierenden Überbrückungselemente 80 ff. der Druckschrift D3 und die Anordnung der Durchkontaktierungen unmittelbar unter dem Leistungsbauelement wird der Fachmann die dabei entfallende potentialmäßige Trennung des Leistungsbauelements von dem Kühlkörper wieder herstellen müssen. Eine solche Isolierung wird z. B. in den Druckschriften D11 und D13, die sich ebenfalls mit der Wärmeableitung aus einem auf einer Leiterplatte montierten Leistungsbauelement über einen darunterliegenden Kühlkörper befassen, durch die Anordnung einer elektrisch isolierenden Schicht zwischen der Leiterplatte und dem Kühlkörper erzielt, wobei der thermische Kontakt mit dem Kühlkörper über eine weitere Metallschicht verbessert wird (vgl. D11, Figur 1, Spalte 3, Zeilen 24 bis 27 und Spalte 4, Zeilen 24 bis 30; D13, Figur 1 und Spalte 3, Zeilen 44 bis 54).
Diese Isolierschicht besteht gemäß den Druckschriften D11 und D13 zwar aus einem keramischen Material, wie übrigens die gesamte Tragstruktur des Leistungsbauelements. Nachdem jedoch in der nächstkommenden Anordnung gemäß der Druckschrift D3 die Trägerplatte für das Leistungsbauelement aus dem üblichen glasfaserverstärkten Kunststoff besteht, der dort auch ausdrücklich als günstige Alternative zu den bekannten keramischen Materialien bezeichnet wird (vgl. Spalte 1, Zeilen 52 bis 55), liegt es nach Auffassung der Kammer für den Fachmann auf der Hand, dieses Material auch für die Isolierschicht zu verwenden, insbesondere im Falle einer niedrigeren Wärmestrahlung aus dem Leistungsbauelement bzw. in Anwendungen, bei welchen die zu erwartende niedrigere Wärmeleitfähigkeit dieses Materials im Vergleich zu einem keramischen Material durch eine geringere Dicke der Isolierschicht kompensiert werden kann.
Die Verwendung einer "Glasgewebeschicht" zur potentialmäßigen Trennung des Leistungsbauelements von dem Kühlkörper in der Anordnung gemäß der nächstkommenden Druckschrift D3 mit einer zwischen Glasgewebeschicht und Kühlkörper angeordneten, den Wärmekontakt verbessernden Metallschicht ergibt sich nach Auffassung der Kammer somit in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.
5. Aus diesen Gründen beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 auf keiner erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
Folglich steht der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ der Aufrechterhaltung des europäischen Patents entgegen (Artikel 102 (1) EPÜ).
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.