European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2001:T030198.20010313 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 13 März 2001 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0301/98 | ||||||||
Anmeldenummer: | 92111475.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | F16L 37/56 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Schnellkupplung zum jeweils gleichzeitigen Herstellen oder Lösen der Verbindungen mehrerer Kupplungen und/oder Anschlußstecker, insbesondere Kupplungsblock für Anbaufrontlader an Fahrzeugen | ||||||||
Name des Anmelders: | FASTER S.r.l. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Voswinkel GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Änderung - Erweiterung (verneint) Auslegung der Ansprüche Erfinderische Tätigkeit (bejaht) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 92 111 475.7 wurde das europäische Patent Nr. 0 522 493 erteilt.
II. Der von der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) eingelegte, auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ (fehlende erfinderische Tätigkeit) und Artikel 100 c) EPÜ (unzulässige Änderungen) gestützte Einspruch, in dem zum Stand der Technik u. a. auf die im Beschwerdeverfahren wieder aufgegriffenen Druckschriften
D1: DE-A/B-1 256 006
D2: DE-A-3 918 250
D4: DE-U-7 421 926
verwiesen wurde, wurde von der Einspruchsabteilung mit der am 26. Februar 1998 zur Post gegebenen Entscheidung zurückgewiesen.
III. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr am 11. März 1998 Beschwerde ein. Die Beschwerdebegründung ist am 27. Juni 1998 eingegangen.
IV. In der Anlage zur Ladung für die mündliche Verhandlung wies die Beschwerdekammer u. a. darauf hin, daß die in den erstmals im Beschwerdeverfahren genannten Druckschriften
D10: Prospektblatt der Firma Römheld, F9.430 Ausgabe 2-90, "Einschraub-Kuppelelemente"
D11: Prospekt "Automatisches Kupplungssystem" der Firma Römheld, F.9426 Ausgabe 7.88
beschriebene Anordnung von Flachdichtkupplungen dem beanspruchten Gegenstand näher kommen dürfte als der übrige Stand der Technik und deshalb gemäß Artikel 114 (1) EPÜ ins Verfahren eingeführt werde.
Am 13. März 2001 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, das Patent auf der Basis der überreichten Unterlagen zusammen mit den erteilten Ansprüchen 2 bis 12 und den erteilten Zeichnungen aufrechtzuerhalten.
V. Der geltende Anspruch 1 lautet wie folgt:
"Schnellkupplung zum jeweils gleichzeitigen Herstellen oder Lösen der Verbindungen mehrerer Kupplungen und/oder Anschlußstecker mit ineinandergreifenden Muffen- und Steckerteilen von Hydraulik-, Pneumatik- und/oder elektrischen Energieübertragungseinrichtungen als Kupplungsblock für hydraulisch betriebene Anbaugeräte an Fahrzeugen,
wobei die Muffenteile (2) und die Steckerteile (3) an zwei Tragplatten (4, 5) sitzen, die durch miteinander verbundene Spannhebel (6, 7), die die Tragplatten (4, 5) an deren Rändern von außen her übergreifen, gegeneinander bewegbar und in der Kupplungsstellung aneinander festlegbar sind,
wobei die Steckerteile (3) an der einen Tragplatte (5) starr befestigt sind und von dieser hervorstehen und die andere Tragplatte (4) mit den Muffenteilen (2) an einem Fahrzeug fest montierbar ist,
und wobei die Spannhebel (6, 7) um koaxiale Drehlagerzapfen (8, 9) an einer der beiden Tragplatten (4, 5) schwenkbar sind und kurvenförmige Eingriffsschlitze (10) aufweisen, mit denen sie von gegenüberliegenden Rändern an der anderen Tragplatte koaxial zueinander und parallel zu den Drehlagerzapfen (8, 9) hervorstehende Spannzapfen (11, 12) übergreifen, dadurch gekennzeichnet,
daß die Hydraulikkupplungen federbelastete selbstdichtende Flachdichtkupplungen (1) sind, deren Muffen- und Steckerteile (2, 3) ohne Sperrkugelverriegelungen ineinandergreifen, wobei das Muffenteil (2) einen verschiebbaren Ventilsitz und einen starren Ventilkörper (47) und das zugehörige Steckerteil (3) einen starren Ventilsitz und einen verschiebbaren Ventilkörper (43) aufweisen,
wobei die Schließlage der verschiebbaren Ventilteile (43, 46, 48) derart federbelastet und durch Anschläge bestimmt ist, daß bei jeder Ventilanordnung eine stirnseitige Ventilkörper-Kreisfläche und eine diese umgebende ventilsitzseitige Ringfläche übergangslos in einer gemeinsamen Verschlußebene liegen, so daß der Ventilkörper und die Ventilsitze von Muffen- und Steckerteil (2, 3) bei dem den Flüssigkeitsdurchtritt freigebenden Kupplungsvorgang einander wechselseitig zwangsläufig in die Ventil-Öffnungsstellung hineinbewegen und ebenso eine leckfreie Trennung ermöglichen,
daß das Muffenteil (2) jeder Flachdichtkupplung mit einem gegenüber einem Gewindeabschnitt (13), mit dem jedes Muffenteil (2) in der Tragplatte (4) verschraubt ist, radial nach außen hervorspringenden Umfangsflansch (14) in einer entsprechenden Umfangsnut (15) an einer Montageöffnung für das Muffenteil (2) an der fest montierbaren Tragplatte (4) derart versenkt befestigt ist, daß es mit seiner flachen Stirnseite (17) in einer gemeinsamen Ebene mit der Kupplungsseite (18) der Tragplatte (4) abschließt
und daß die Steckerteile (3) der Flachdichtkupplungen von der beweglichen Tragplatte (5) so weit hervorstehen, daß die beiden Tragplatten (4, 5) in der Kupplungsstellung der Flachdichtkupplungen dicht aneinanderliegen."
VI. Die Beschwerdeführerin begründete ihren Antrag wie folgt:
Im dritten und vierten Absatz des Kennzeichens des Anspruchs 1 würden aufgrund der Worte "derart" und "so daß" konstruktive Umstände beansprucht, wie sie ursprünglich nicht offenbart waren. Der Anspruch 1 sei schon allein aus diesem Grunde nicht zulässig.
Aus der Druckschrift D1 seien die wesentlichen Merkmale aus dem Oberbegriff des Anspruchs 1 bekannt. Dabei stelle die dort weiter angegebene Verwendung der Schnellkupplung für hydraulisch betriebene Anbaugeräte an Fahrzeugen keine Beschränkung für die beanspruchte Konstruktion dar. Im übrigen werde die Kupplung nach dem Streitpatent von der Beschwerdegegnerin nicht nur als Anbaugerät an Fahrzeugen angeboten, sondern auch als Multikupplung für die Industrie und den Maschinen- und Anlagebau, wie dies der überreichten "Programmübersicht Schnellverschlußkupplungen" zu entnehmen sei. Die im Kennzeichen des Anspruchs 1 aufgeführten Merkmale seien durch die Römheld-Kupplung nach den Druckschriften D10/D11 bekannt. Diese Kupplung mache infolge der flachdichtenden, in Tragteile eingebauten Kupplungselemente mit gemeinsamer Verschlußebene eine einfache Reinigung der Dichtflächen möglich. Was den inneren Aufbau der Ventilanordnungen nach D10/D11 betreffe, so handle es sich dabei um eine allgemein bekannte Konstruktion, wie sie in D12 "Technische Informationsunterlagen der Firma Römheld: Automatische Kupplungssysteme für die flexible Fertigung" erläutert werde. Diese Druckschrift trage zwar kein Veröffentlichungsdatum, jedoch handle es sich dabei um einen Ventilaufbau, wie er bei den Druckschriften D10/D11 zur Anwendung komme, was mit dem auch in Verbindung mit der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung dieser Kupplung angebotenen Zeugenbeweis belegt werden könne. Da der Fachmann den inneren Ventilaufbau von selbstdichtenden Flachdichtkupplungen kenne, sei ihm infolge der bildlichen Darstellungen in D10 und D11 und der Aufbaubeschreibung gemäß D11 auch der innere Aufbau der Kupplungsventile hinreichend offenbart. Der Fachmann wisse demnach auch, welche Ventilteile starr und welche beweglich seien. Zudem sei ihm auch die im Anspruch 1 des Streitpatents angegebene Verwendung solcher Kupplungen als Anbaugerät an Fahrzeugen bekannt, wie dies z. B. die D4 zeige. Der Stand der Technik nach der D1 und der Römheld-Kupplung gemäß D10/D11 führe somit unter Berücksichtigung der Tatsache, daß auch die beanspruchte Anwendung der in Rede stehenden Kupplung schon allgemein bekannt war, unmittelbar zur beanspruchten Vorrichtung.
Zu diesem Ergebnis komme man auch, wenn man vom Stand der Technik nach der D4 ausgehe, die neben den wesentlichen Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 (Muffenteile und Steckerteile an zwei Tragplatten sitzend, Spannhebelbetätigung und Verwendung im Zusammenhang mit Anbaugeräten an Fahrzeugen) auch die letzten beiden Merkmalsgruppen aus dem Anspruch 1 des Streitpatents offenbare. Wenn sich der Fachmann dann vor die Aufgabe gestellt sehe, die ventillose Kupplung gemäß D4 auch bei geöffnetem Zustand gegen Leckagen abzusichern, dann sei es für ihn naheliegend, zu der selbstdichtenden Kupplungsart gemäß D10/D11 zu greifen. Im übrigen stehe die Verriegelung der Kupplungshälften mittels eines Spannhebels, wie dies im Oberbegriff des Anspruchs 1 angegeben sei, in keinem funktionellen Zusammenhang mit der konstruktiven Gestaltung der Ventilanordnungen der Kupplung. Was die beanspruchten Ventilanordnungen betreffe, so seien diese nicht nur aus der D10/D11, sondern auch aus der D2 bzw. dem Katalog der Firma Bruning, Catalog 8404, "Hydraulic Quick Action Couplers" aus dem Jahr 1984 (Druckschrift D8) bekannt. Der Fachmann komme somit, unter Zugrundelegung der Teilaufgabe, Vermeidung von Verlust von Hydraulikflüssigkeit, auch ausgehend von der D4 notwendig zur beanspruchten Schnellkupplung. Der beanspruchten Vorrichtung mangele es demnach an erfinderischer Tätigkeit.
VII. Die Beschwerdegegnerin argumentierte wie folgt:
Was die beanstandete Textstelle "derart federbelastet" im Wortlaut des Anspruchs 1 betreffe, so sei es für einen fachmännischen Leser des Anspruchs selbstverständlich, daß ein federbelastetes Ventilelement - wie nunmehr beansprucht - einen Anschlag haben müsse, um eine definierte Verschlußposition sicherzustellen. Die weitere beanstandete Textstelle "so daß der Ventilkörper und die Ventilsitze..." stelle lediglich eine sprachliche Ungenauigkeit dar und sei im Sinne des Wortes "wobei..." zu verstehen. Dies erkenne der fachmännische Leser aufgrund des weiteren Inhalts des Streitpatents. Der Anspruch 1 sei demnach auf die ursprüngliche Offenbarung gestützt und sei auch hinreichend klar.
Das Kupplungssystem nach der D10/D11 beziehe sich auf das Anwendungsgebiet der Werkzeugmaschinen. Der Anspruch 1 des Streitpatents sei hingegen auf die Anwendung der Schnellkupplung für Anbaugeräte an Fahrzeugen beschränkt, wobei das Kuppeln bzw. Entkuppeln über einen Spannhebel von Hand, wie bei der D1, durchgeführt werde. Die Kupplung gemäß D10/D11 sei für sehr hohe Betriebsdrücke und geringe Fördermengen ausgelegt, während beim beanspruchten Anwendungsgebiet relativ niedrige Drücke bei hohen Fördermengen gefragt seien. Außerdem sei der bei Werkzeugmaschinenkupplungen auftretende Verschmutzungsgrad wesentlich niedriger als bei Anbaugeräten von Fahrzeugen. Hieraus folge, daß der Fachmann sich bei Anbaugeräten an anderen Gestaltungsmaßnahmen orientiere als bei Kupplungen von Werkzeugmaschinen und demnach solche nicht in Betracht ziehen würde. Weiterhin gehe aus den Druckschriften D10/D11 der Innenaufbau der Kupplungen nicht hervor und der fachmännische Betrachter könne nicht erkennen, welche Ventilteile im Innern angeordnet seien. In der "Programmübersicht Schnellverschlußkupplungen" seien die Flachdichtventile nach dem Streitpatent ebenfalls nicht bezüglich ihres inneren Aufbaus erkennbar. Weiterhin bedeuteten die Hinweise auf Maschinen- und Anlagenbau nicht zwangsläufig, daß die im Streitpatent beanspruchten Kupplungsanordnungen mit unveränderter Bauweise auch bei anderen, im Streitpatent nicht beanspruchten Fachgebieten zur Anwendung kommen. Der Stand der Technik gemäß D10/D11 vermöge demnach in Verbindung mit der gattungsgemäßen Druckschrift D1 einem Fachmann die beanspruchte Schnellkupplung nicht nahezulegen.
Die D4 offenbare eine einfache Sammelkupplung ohne Ventilelemente. Auch sei in der D4 nur ganz allgemein auf die zur Durchführung des Kuppelvorganges nötigen Verschlußelemente verwiesen. Es gebe folglich in der D4 keinen unmittelbaren Hinweis auf die Verwendung von Schnellverschlüssen gemäß D1. Die D4 liege demnach dem Streitpatent ferner als die D1. Bei der beanspruchten Schnellkupplung sei die Art der Kupplungsverspannung gemäß D1 bewußt gewählt worden, um bei der Handbedienung eine hohe Effektivität zu erreichen. Im übrigen gebe der Offenbarungsinhalt gemäß D10/D11 Anlaß zur Vermutung, daß die nicht gezeigten Ventilelemente anders aufgebaut sind als beim Streitpatent. Der Stand der Technik führe demnach nicht zur Lehre nach Anspruch 1 des Streitpatents, selbst wenn davon ausgegangen werde, daß Flachdichtventile der im Anspruch 1 definierten Art im Prinzip schon bekannt waren.
Der Gegenstand nach dem Anspruch 1 beruhe demnach auf erfinderischer Tätigkeit.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie den Regeln 1 (1) und 64 EPÜ; sie ist zulässig.
2. Zulässigkeit der Änderungen
2.1. Im folgenden wird der kennzeichnende Teil des Anspruchs 1 bei unverändertem Wortlaut unterteilt:
"dadurch gekennzeichnet, daß
6. die Hydraulikkupplungen federbelastete selbstdichtende Flachdichtkupplungen (1) sind,
6.1. deren Muffen- und Steckerteile (2, 3) ohne Sperrkugelverriegelungen ineinandergreifen,
6.2. wobei das Muffenteil (2) einen verschiebbaren Ventilsitz und einen starren Ventilkörper (47) und das zugehörige Steckerteil (3) einen starren Ventilsitz und einen verschiebbaren Ventilkörper (43) aufweisen,
6.3. wobei die Schließlage der verschiebbaren Ventilteile (43, 46, 48) derart federbelastet und durch Anschläge bestimmt ist, daß bei jeder Ventilanordnung eine stirnseitige Ventilkörper-Kreisfläche und eine diese umgebende ventilsitzseitige Ringfläche übergangslos in einer gemeinsamen Verschlußebene liegen,
6.4. so daß der Ventilkörper und die Ventilsitze von Muffen- und Steckerteil (2, 3) bei dem den Flüssigkeitsdurchtritt freigebenden Kupplungsvorgang einander wechselseitig zwangsläufig in die Ventil-Öffnungsstellung hineinbewegen und ebenso eine leckfreie Trennung ermöglichen,
7. daß das Muffenteil (2) jeder Flachdichtkupplung mit einem gegenüber einem Gewindeabschnitt (13), mit dem jedes Muffenteil (2) in der Tragplatte (4) verschraubt ist, radial nach außen hervorspringenden Umfangsflansch (14) in einer entsprechenden Umfangsnut (15) an einer Montageöffnung für das Muffenteil (2) an der fest montierbaren Tragplatte (4) derart versenkt befestigt ist, daß es mit seiner flachen Stirnseite (17) in einer gemeinsamen Ebene mit der Kupplungsseite (18) der Tragplatte (4) abschließt
8. und daß die Steckerteile (3) der Flachdichtkupplungen von der beweglichen Tragplatte (5) so weit hervorstehen, daß die beiden Tragplatten (4, 5) in der Kupplungsstellung der Flachdichtkupplungen dicht aneinanderliegen."
2.2. Artikel 123 (2) EPÜ (ursprüngliche Offenbarung), Artikel 84 EPÜ (Klarheit)
2.2.1. Der Inhalt des Oberbegriffs des Anspruchs 1 und die Teilmerkmale 6, 6.1, 7 und 8 aus dem Anspruchskennzeichen sind mit Ausnahme des Wortes "selbstdichtende" (aus dem Teilmerkmal 6) und der Wortfolge (Teilmerkmal 7) "gegenüber einem Gewindeabschnitt (13), mit dem jedes Muffenteil (2) in der Tragplatte (4) verschraubt ist, radial" im ursprünglichen Anspruch 1 enthalten.
Daß es sich bei den in Rede stehenden Flachdichtkupplungen um "selbstdichtende Flachdichtkupplungen" handelt, ergibt sich für einen Fachmann aus dem Längsschnitt gemäß Figur 8 des Streitpatents, in dem die Ventilteile in ihrer selbstdichtenden Stellung erkennbar sind.
Die Verschraubung des Muffenteils (2) mit der Tragplatte (4) mittels eines Gewindeabschnittes (13) und der "radial" nach außen vorspringende Umfangsflansch (14) sind den Längsschnitten gemäß Figuren 8 bis 10 des Streitpatents zu entnehmen.
Die in den Merkmalsgruppen 6.2 bis 6.4 enthaltenen konstruktiven und funktionellen Merkmale sind von der ursprünglichen Beschreibung, Seite 13, letzter Absatz bis Seite 15 (EP-A-522 493, Seite 5, Zeile 49 bis Seite 6, Zeile 16) in Verbindung mit den Längsschnitten gemäß Figuren 8 bis 10 abzuleiten. Für einen fachmännischen Betrachter der Figuren 8 bis 10 ist deutlich erkennbar, daß die verschiebbaren Ventilteile (46, 48) den verschiebbaren Ventilsitz für den starren Ventilkörper (47) des Muffenteils darstellen und daß im Steckerteil (3) das Ventilgehäuse (44) einen starren Ventilsitz für den verschiebbaren Ventilkörper (43) bildet. Die unter 6.4 erläuterte Funktion der Kupplungsventile ist ebenfalls aus den Figuren 8 bis 10 und ihrer Beschreibung zu entnehmen.
2.2.2. Die Beschwerdeführerin hat das Teilmerkmal 6.4 im Zusammenhang mit den in ihm enthaltenen Wörtern "so daß" dahingehend beanstandet, daß diese Wörter eine kausale Rückbeziehung angäben, wie sie den ursprünglichen Unterlagen nicht zu entnehmen und in technischer Hinsicht unklar sei. Es sei in technischer Hinsicht nicht zutreffend, daß die im Teilmerkmal 6.4 angegebene Funktionsweise eine Folge der "gemeinsamen Verschlußebene" gemäß Teilmerkmal 6.3 sei, was jedoch durch die Verknüpfung der Teilmerkmale 6.3 und 6.4 durch die Wörter "so daß" gefordert werde.
2.2.3. Die beanstandeten Wörter "so daß" könnten bei isolierter Betrachtung des Wortlauts des Patentanspruchs aufgrund des durch sie bedingten kausalen Zusammenhangs zunächst zu der von der Beschwerdeführerin beanstandeten Auslegung führen. Diese kausale Verknüpfung wäre technisch sinnlos, da die gemeinsame Verschlußfläche offensichtlich keine Voraussetzung für die beschriebene Funktion ist. Nach Artikel 69 EPÜ und dem "Protokoll über die Auslegung des Artikels 69 des Übereinkommens" ist zur Behebung etwaiger Unklarheiten in den Patentansprüchen der Inhalt der Beschreibung und der Zeichnungen heranzuziehen. In diesem Sinne ist bezüglich des Teilmerkmals 6.3 aus den Figuren 8 bis 10 des Streitpatents unbestritten klar erkennbar, daß die Schließposition der verschiebbaren Ventilteile (43 bzw. 46, 48) durch zusätzliche Anschläge festgelegt wird, was für alle federbelasteten Schließventile gilt. Das Teilmerkmal 6.3 des Anspruchs 1 des Streitpatents war demnach auch ohne den in den geltenden Anspruch 1 aufgenommenen Hinweis auf diese Anschläge schon immer in diesem Sinne zu verstehen. Die das Teilmerkmal 6.4 einleitenden Worte "so daß" sind dabei offensichtlich im Sinne des Wortes "wobei" zu verstehen, da das Merkmal 6.3. für den Fachmann ersichtlich keine Voraussetzung für das Merkmal 6.4 ist.
2.2.4. Der Inhalt des Anspruchs 1 ist demnach durch die ursprünglichen Unterlagen gestützt und entspricht den Anforderungen gemäß Artikel 123 (2) EPÜ.
Darüber hinaus ist sein Inhalt vor dem Hintergrund der Beschreibung und der Zeichnung im Sinne von Artikel 84 ausreichend klar.
2.3. Artikel 123 (3) EPÜ
Der geltende Anspruch 1 ist gegenüber dem erteilten Anspruch 1 durch die Beschränkung auf Anbaugeräte an Fahrzeugen und durch die Ergänzung in den Teilmerkmalen 6.2. und 6.3 (Angabe der verschiebbar bzw. starr angeordneten Ventilelemente) in seinem Schutzbereich eindeutig eingeschränkt und somit nicht erweitert. Demnach erfüllt er auch die Anforderungen gemäß Artikel 123 (3) EPÜ.
3. Neuheit
Die Schnellkupplung nach der D1 offenbart die im Oberbegriff des Anspruchs 1 aufgeführten Merkmale bezüglich der Anordnung und Ausbildung der Spannhebel, welche die Muffen- und Steckerteile tragenden Tragplatten gegeneinander bewegen. Die bekannte Schnellkupplung enthält jedoch keine federbelasteten, selbstdichtenden Flachdichtkupplungen und die Stirnseite des Muffenteils 10' schließt nicht in einer gemeinsamen Ebene mit der Kupplungsseite der Tragplatte 162 ab, sondern steht weit hervor. Des weiteren liegen in der Kupplungsstellung die Tragplatten nicht dicht aneinander, wie dies gemäß Teilmerkmal 8 des Anspruchs 1 gefordert ist. Die Schnellkupplung nach dem Anspruch 1 des Streitpatents unterscheidet sich von der Kupplung gemäß D1 durch die im Kennzeichen des Anspruchs aufgeführten Merkmale.
Aus der D4 ist eine Schnellkupplung bekannt, die einen Teil der Merkmale aus dem Oberbegriff des Anspruchs 1 des Streitpatents sowie die Teilmerkmale 7 und 8 aus dem Kennzeichen zeigt. In der D4 wird jedoch nur pauschal auf die alternative Verwendung von Schnellverschlüssen verwiesen, so daß die im Oberbegriff des Anspruchs 1 enthaltenen konstruktiven Merkmale des Spannhebels aus ihr nicht unmittelbar bekannt sind. Weiterhin fehlen bei dieser bekannten Schnellkupplung offensichtlich auch die Teilmerkmale 6 bis 6.4 nach dem Anspruch 1.
Die weiteren Entgegenhaltungen betreffen zumindest keine Kupplungen der gattungsgemäßen Art mit Spannhebelbetätigung.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist im Vergleich zum aufgedeckten Stand der Technik unbestritten neu.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1. Die Römheld-Einschraubkupplungen nach den Druckschriften D10 und D11 weisen stirnseitig glatte und ebene Dichtflächen auf, die im entkuppelten Zustand leicht gereinigt werden können. Die Kupplungshälften sollen gemäß D10 in einen Werkstückträger bzw. eine Grundplatte eingeschraubt werden, deren Verschiebebewegungen das Einkuppeln und die leitungslose hydraulische Verbindung dieser Teile bewirken. Hieraus kann der Schluß gezogen werden, daß es sich bei diesen Kupplungen um solche mit selbstdichtenden Muffen- und Steckerteilen handelt. Den Druckschriften D10 und D11 ist jedoch nichts darüber zu entnehmen, wie die Kupplungsventile konstruktiv und funktionstechnisch ausgebildet sind.
Die Beschwerdeführerin hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß die in D10 und D11 beschriebenen Kupplungen mit den Kupplungen und Ventilteilen nach den als D12 vorgelegten, jedoch nicht als vorveröffentlicht belegten technischen Informationsunterlagen der Firma Römheld "Automatische Kupplungssysteme für die flexible Fertigung" übereinstimmten und hat hierfür sowie für die angebliche offenkundige Vorbenutzung solcher Kupplungen Zeugenbeweis angeboten.
4.2. Es mag jedoch dahingestellt bleiben, ob die in der Kupplung gemäß D10/D11 angeblich verwendeten Ventilteile die in der D12 gezeigte Konstruktion aufweisen und solche Kupplungen zum Stand der Technik gehören, denn die auf Seite 4 der D12 enthaltene Schnittzeichnung "gekuppelter Zustand - entkuppelter Zustand" offenbart (in der rechten Bildhälfte) einen als "Kupplungseinheit" bezeichneten Muffenteil, dessen ringförmiger als "Kupplungskolben" bezeichneter verschiebbarer Ventilsitz einen zentralen Ventilkörper aufweist, der im Gegensatz zum Teilmerkmal 6.2 des Streitpatents nicht starr, sondern verschiebbar angeordnet ist. Vgl. die gegenüber dem entkuppelten Zustand erkennbare Axialverschiebung des zentralen Ventilkörpers im gekuppelten Zustand.
Des weiteren liegen bei dem als "Einstecknippel" bezeichneten Steckerteil dessen stirnseitige Ventilkörper-Kreisfläche und die diese umgebende, kegelförmig ausgebildete, ventilsitzseitige Ringfläche (starrer Ventilsitz) offensichtlich nicht übergangslos in einer gemeinsamen Verschlußebene, wie aus der unteren Schnittdarstellung des links im Bild gezeigten Steckerteils deutlich erkennbar ist. Demnach erfüllt die Kupplung gemäß D12 steckerseitig nicht das Teilmerkmal 6.3. des Anspruchs 1 des Streitpatents.
Die in der Kupplung gemäß D10/D11 angeblich verwendeten und in D12 im Längsschnitt gezeigten Ventilelemente entsprechen demnach nicht im vollen Umfang den in den Anspruchsmerkmalen 6.2 und 6.3 angegebenen Merkmalen des Streitpatents.
Die Ausstattung der Römheld-Kupplung (D10/D11) mit Ventilteilen gemäß D12 würde demnach nicht zu einer Schnellkupplung nach dem Anspruch 1 des Streitpatents führen.
Die vorstehende Folgerung gilt offensichtlich auch für den von der Beschwerdeführerin genannten Gegenstand der angeblichen offenkundigen Vorbenutzung, die im übrigen aufgrund der nicht genannten Vorbenutzungskriterien (wann und wo fand die Vorbenutzung statt, durch welche Umstände wurde sie offenkundig?) nicht ausreichend substantiiert ist.
4.3. Die Beschwerdeführerin hat des weiteren zur Begründung der nach ihrer Meinung mangelnden erfinderischen Tätigkeit auch vorgebracht, daß es für einen Fachmann nahegelegen habe, bei der mit Hebelverschluß versehenen, ventillosen Schnellkupplung nach der D4 die an sich bekannten, selbstdichtenden Kupplungsventile anzuwenden.
Die D4 offenbart mit den bereits unter Punkt 3 genannten Einschränkungen die Merkmale des Oberbegriffs und die Teilmerkmale 7 und 8 des Anspruchs 1 des Streitpatents. Um, ausgehend von der Kupplung nach der D4, die in den letzten Zeilen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 detaillierte Spannhebelbetätigungsvorrichtung zu verwirklichen, hätte es noch der Anwendung der in der D1 offenbarten Konstruktion für die Spannhebelvorrichtung bedurft, wobei es dann aufgrund der im eingekuppelten Zustand voneinander beabstandeten Tragplatten bei der D1 und folglich der für die Anlenkung des Spannhebels unterschiedlichen Bedingungen noch weiterer Abwandlungen bedurft hätte, um zur gattungsgemäßen Kupplungsbetätigung zu kommen.
Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob das Auffinden der im Oberbegriff definierten Spannhebelgestaltung einen Beitrag zum Nachweis der erfinderischen Tätigkeit zu liefern vermag, denn auch die Ausstattung einer die Merkmale des Oberbegriffs und die Kennzeichenmerkmale 7 und 8 aufweisenden Schnellkupplung mit selbstdichtenden Kupplungsventilen, wie sie aus der D10/D11 (in Verbindung mit D12) bzw. der D2 bzw. der erstmals im Beschwerdeverfahren genannten D8 (Katalog der Firma Bruning, Catalog 8404, "Hydraulic Quick Action Couplers" aus dem Jahr 1984, insbesondere Seite 10) bekannt waren, hätte noch nicht unmittelbar zur beanspruchten Kupplung geführt, wie im folgenden dargelegt wird.
4.3.1. Die Römheld-Kupplung gemäß D10/D11 und D12 wurde bereits unter 4.1 und 4.2 erläutert. Daraus folgt, daß auch diese Kupplung aufgrund ihrer unterschiedlichen Gestaltung im Hinblick auf die Anspruchsmerkmale 6.2 und 6.3. zusammen mit der aus D1 und D4 kombinierten Spannhebelvorrichtung nicht den beanspruchten Gegenstand verwirklicht hätte.
4.3.2. Die D2 offenbart u. a. eine selbstdichtende Vielfach-Anschlußkupplung in Form einer Flachdichtkupplung, deren Steckerteile und/oder Muffenteile im Gegensatz zum Teilmerkmal 7 des Streitpatents in den Tragplatten nicht verschraubt oder fest montiert, sondern mit seitlichem Spiel S schwimmend gelagert sind, vgl. den Text Spalte 2, Zeilen 23 bis 36 sowie die Figur 2. Die Forderung in der D2 nach einer schwimmenden Lagerung für das selbstdichtende Muffen- und/oder Steckerteil steht im Widerspruch zu der geforderten Verschraubung gemäß Teilmerkmal 7 des Streitpatents. Die Verwendung der in der D2 (Spalte 2, Zeilen 24, 25) pauschal erwähnten äußeren Verschlüsse, z. B. Kniehebelverschlüsse bzw. der Spannhebelbetätigung gemäß D1 hätte aufgrund der spezifischen Bauform der D2 mit der stirnseitig weit vorgezogenen Muffenhülse zwangsläufig zu einer Gesamtanordnung mit im eingekuppelten Zustand voneinander beabstandeten Tragplatten und aus der Muffentragplatte vorstehenden Muffenhülsen geführt.
Die ventillose Kupplungseinrichtung mit in gekuppeltem Zustand dicht aneinanderliegenden Tragplatten nach der D4 hätte andererseits dem Fachmann keine Anregung geben können, die durch D1 und D2 vorgegebenen Bauformen mit im gekuppelten Zustand beabstandeten Tragplatten zu verlassen und die Kupplungseinrichtung nach D2 im Sinne der im Streitpatent beanspruchten Schnellkupplung abzuwandeln.
4.3.3. Die sogenannte "Bruning-Kupplung" gemäß D8 mit selbstdichtenden, federbelasteten, muffen- und steckerseitigen Ventilanordnungen weist zum Zwecke der gegenseitigen Halterung der Muffen- und Steckerteile im eingekuppelten Zustand eine Sperrkugelverriegelung auf, die naturgemäß keine Spannhebel als Kupplungsverrastungseinrichtung benötigt. Außerdem sind die aufgrund ihrer Verriegelungsvorrichtung notwendig von ihren Halteplatten vorragenden Muffen- und Steckerteile gemäß D8 offensichtlich für ein Kupplungsprinzip mit im eingerückten Zustand aneinanderliegenden Tragplatten gemäß D4 ungeeignet.
4.4. Es hätte demnach mehrerer nicht ohne weiteres naheliegender Abwandlungsschritte für die Kupplungen nach den Druckschriften D10/D11 bzw. D2 bzw. D8 bedurft, um in Kombination mit einer Spannhebelbetätigung gemäß D1 einen Verschlußzustand mit aneinanderliegenden Tragplatten, wie dies allein bei einer ventillosen Kupplung nach der D4 gezeigt ist, zu verwirklichen und zum Gegenstand nach dem Anspruch 1 des Streitpatents zu gelangen.
5. Die Kammer kommt folglich zu dem Ergebnis, daß sich der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt und somit als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend anzusehen ist (Artikel 56 EPÜ). Das Patent ist daher auf der Basis der geltenden geänderten Unterlagen aufrechtzuerhalten.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Anspruch 1 und Beschreibung, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung,
Ansprüche 2 bis 12 und Zeichnungen, wie erteilt.