T 0264/98 (Bindemittelmischung/HEIDELBERGER ZEMENT) of 20.6.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:T026498.20010620
Datum der Entscheidung: 20 Juni 2001
Aktenzeichen: T 0264/98
Anmeldenummer: 93106270.7
IPC-Klasse: C04B 28/08
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Bindemittelmischung zur einstufigen Herstellung von Dichtwänden
Name des Anmelders: Heidelberger Zement AG
Name des Einsprechenden: Dyckerhoff AG
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 52(1)
European Patent Convention 1973 Art 54(1)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Implizite Offenbarung (nein)
Neuheit (ja)
Nicht naheliegende Verbesserung der Anwendungseigenschaften einer Mischung
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent 0 567 025 unverändert aufrechtzuerhalten, wurde von der Einsprechenden Beschwerde eingelegt. Der einzige unabhängige Anspruch 1 des Streitpatents hat folgenden Wortlaut:

"Bindemittelmischung zur einstufigen Herstellung von Dichtwänden mit hohem spezifischem Schadstoff-Adsorptions/Absorptionsvermögen enthaltend Hüttensand, Anreger für den Hüttensand, Tonminerale und verbessernde Zusätze, gekennzeichnet durch einen Gehalt an

a) 30,0 bis 83,3 Masse-% Hüttensand

b) 2,0 bis 10,0 Masse-% eines hydroxylionenbildenden Anregers

c) 15,0 bis 65,0 Masse-% Tonminerale

d) 0,1 bis 10,0 Masse-% Zeolith

e) 0,1 bis 2,5 Masse-% Soda

f) 0,1 bis 20,0 Masse-% Füller."

II. Der Einspruch war mit mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit begründet worden.

In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung sieben Dokumente berücksichtigt, insbesondere

D1: AT-B-394 037

D2: EP-A-0 375 653 und

D5: EP-A-0 262 302.

Die Einspruchsabteilung kam zu dem Schluß, daß der Gegenstand der Ansprüche gegenüber D2 und D5 neu sei. Gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik D5 würden mit der erfindungsgemäßen Mischung eine Anzahl von Vorteilen erzielt. D1 und D2 offenbarten zwar die Verwendung von Zeolithen in Bindemittelmischungen, allerdings seien die Lehren dieser Dokumente zu unterschiedlich, um ohne weiteres auf D5 zu übertragen zu werden. Der Gegenstand des Streitpatents sei demnach nicht naheliegend.

III. Mit ihrer Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin die folgenden Dokumente eingereicht:

Anlage 1: Forschungsbericht des Landes Nordrhein-Westfalen (Auszug), Nr. 1441, 1965, Seite 17

Anlage 2: Diplomarbeit (Auszug) von P. Jandausch, "Aufbau und Entstehung des Traß-Profils in der Grube Meurin/Eifel", Bochum, 1980

Anlage 3: Sammlung geologischer Führer, Band 56, 1976, Seiten 130 bis 137

Anlage 4: Diplomarbeit (Auszug) von V. Rudert, "Untersuchungen am Palagonittuff von Kempenich in der Eifel", Köln, 1966

Anlage 5: Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie, 4. Aufl., 1977, Bd. 13, Seiten 281 bis 283, 292 und 293.

IV. Am 20. Juni 2001 wurde mündlich verhandelt.

Während der mündlichen Verhandlung verwies die Beschwerdegegnerin bezüglich der Bedeutung des Begriffs Traß auf das Dokument

D8: Römpp Chemie Lexikon, 9.Aufl. 1992, Band 6, Seite 4683, Stichwort "Traß".

Eine Kopie des Dokuments wurde der Beschwerdeführerin durch die Kammer überreicht.

V. Das schriftliche und mündliche Vorbringen der Parteien läßt sich wie folgt zusammenfassen:

Die Beschwerdeführerin wies darauf hin, daß bei dem maximalen in Anspruch 1 angegebenen Hüttensandanteil von 83,3 Masse-% die Summe der Anteile aller Komponenten mindestens 100,6 Masse-% betrage. Die Bereichsangaben für die Komponentenanteile seien demnach unbestimmt und nicht zur Abgrenzung gegen den Stand der Technik geeignet, insbesondere da der Fehler von 0,6 Masse-% größer sei als die Minimalanteile der Komponenten d), e) und f). Im Extremfall seien demnach auch zeolith-freie Mischungen von Anspruch 1 umfaßt.

Zur Neuheit gegenüber D5 führte die Beschwerdeführerin unter Berufung auf die Anlagen 1 bis 4 aus, daß industriell verwendeter - insbesondere Rheinischer - Traß stets Zeolith enthalte, und daß der Fachmann bei der Lektüre von D5 (Spalte 3, Zeile 44 bis Spalte 5, Zeile 4, Anspruch 6) unter dem dort verwendeten Begriff Traß nur ein zeolith-haltiges Material verstehen würde. Daher sei in D5 zwangsläufig eine unter Anspruch 1 fallende Mischung offenbart, welche auch Zeolith im dort angegebenen, unbestimmten Prozentbereich enthalte. Im speziellen Fall des Nördlinger (oder auch Bayerischen) Traß sei allerdings aufgrund seiner unterschiedlichen geologischen Entstehungsgeschichte keine Zeolithbildung erfolgt. Der Nördlinger Traß sei jedoch ein Spezialfall, an den der Fachmann bei der Lektüre von D5 nicht denken würde. Ferner sei dieser spezielle Traß nicht latent hydraulisch.

Die erfinderische Tätigkeit betreffend führte die Beschwerdeführerin aus, daß die schadstoff- bzw. calciumionen-bindende Wirkung von Zeolithen bekannt gewesen sei, sowohl allgemein, z. B. aus der Anlage 5, als auch im Zusammenhang mit hydraulischen Dichtungsmassen aus D1 und D2. Sie verwies auf die Bindemittelmischungen gemäß den Ansprüchen 1, 3, 6, 7 und 10 der D1, sowie auf die dort angesprochene Verwendung von 1 - 30 % Zeolith zur Erhöhung der Undurchlässigkeit des Dichtmaterials gegenüber umweltrelevanten Flüssigkeiten. Ausgehend von den Mischungen gemäß D5 sei das Zusetzen von Zeolith zur Schadstoffadsorption durch D1 nahegelegt. Auch D2 offenbare das Zusetzen von Zeolith im Mengen von 1. - 50 % zur Einbindung von Schadstoffen in hydraulische Bindemittelmischungen und lege daher einen derartigen Zusatz zu den Mischungen von D5 ebenfalls nahe.

Die Beschwerdegegnerin führte aus, daß der Fehler in den Prozentangaben von geringer Bedeutung sei, und daß der Fachmann die Prozentangaben in Anspruch 1 ohne Schwierigkeiten auf eine Summe von 100 % umrechnen könne, wodurch sich lediglich sehr geringe Änderungen in den Bereichsangaben ergeben würden.

D5 enthalte keinen ausdrücklichen bzw. unmittelbaren und eindeutigen Hinweis auf die Verwendung von Zeolith. Aus der allgemein angesprochenen Verwendung von Traß ergebe sich nicht automatisch ein Hinweis auf Zeolithe. Die nachgereichten Anlagen 1 bis 4 vermögen nicht, ein zwingendes Vorliegen von Zeolith in jedem beliebigen Traß, insbesondere in bestimmten Mengenverhältnissen, aufzuzeigen. Im Hinblick auf die in D8 enthaltenen Informationen sei die von der Beschwerdeführerin vorgenommene Interpretation des Dokuments D5 nicht zutreffend.

Bezüglich der erfinderischen Tätigkeit berief sich die Beschwerdegegnerin im wesentlichen auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung. Der Gegenstand des Streitpatents weise gegenüber den Bindemittelmischungen gemäß D5 eine Vielzahl von Vorteilen auf und sei demnach gegenüber der Offenbarung von D5 erfinderisch. D1 betreffe im Gegensatz zum Streitpatent die Herstellung einer Dichtungsschicht mittels einer angefeuchteten Trockenmischung und könne daher den Gegenstand des Streitpatents nicht nahelegen. D2 betreffe nicht die Herstellung von Dicht- oder Schlitzwänden und sei demnach gattungsfremd. Folglich könne D2 weder die Neuheit noch die erfinderische Tätigkeit in Frage stellen.

VI. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Auslegung von Anspruch 1

Die Prozentangaben in Anspruch 1 sind im Grenzfall der Verwendung der Maximalmenge an Hüttensand (83,3 Masse-%) offensichtlich leicht fehlerhaft. In diesem Fall können nicht von allen übrigen Komponenten die angegebenen Mindestmengen vorhanden sein, da sonst für die Gesamtmischung 100,6 Masse-% resultieren würden. Die Kammer ist jedoch in Übereinstimmung mit der Beschwerdegegnerin der Auffassung, daß eine Abweichung von 0,6 Masse-% bei der Bildung der Gesamtmenge im Fall der hier vorliegenden technischen Gemische innerhalb üblicher Einwaage-Fehlergrenzen liegt. Die notwendigen Korrekturen sind zwar aus den ursprünglichen Unterlagen nicht eindeutig herleitbar; die Bereichsangaben sind jedoch deshalb nicht völlig unbestimmt. Für den Fachmann ist vielmehr klar, daß alle Komponenten a) bis f) in der Mischung vorhanden sein müssen, auch wenn die Randwerte der Bereiche mit geringfügigen Unsicherheiten behaftet sind. Insbesondere ist die Kammer der Auffassung, daß die als erfindungswesentlich dargestellte Zeolithkomponente unter Berücksichtigung üblicher Fehlergrenzen in den beanspruchten Mengen in der Mischung enthalten ist.

2. Neuheit

2.1. Es ist nicht strittig, daß D5 eine Bindemittelmischung gemäß Oberbegriff von Anspruch 1 offenbart, welche auch die Komponenten a), b), c), e) und f) in den gemäß Anspruch 1 erforderlichen Mengen enthält (siehe D5, Anspruch 1), und daß somit lediglich die Zeolithkomponente d) in D5 nicht ausdrücklich erwähnt wird.

Die von der Beschwerdeführerin nachgereichten Anlagen 1 bis 4 belegen zwar unstrittig, daß Rheinischer Traß Zeolith in variierenden Mengen enthalten kann. Für die Behauptung, daß auch die in anderen Ländern für deren industrielle Verwendung abgebauten Traß-Sorten stets Zeolithe enthalten, wurde von der Beschwerdeführerin jedoch kein Nachweis erbracht. Aus D8, einem Dokument lexikalischer Natur, welches 1992 veröffentlicht wurde, und das die Kammer daher als Beweismittel für das allgemeine Fachwissen am Prioritätstag wertet, ergibt sich, daß Traß "häufig" - also nicht zwangsläufig - Zeolithe enthält (Stichwort "Traß", Zeilen 7 bis 8). Ferner ergibt sich aus D8, daß - im Gegensatz zu den ohne Untermauerung durch druckschriftliches Material aufgestellten Behautungen der Beschwerdeführerin - die Bezeichnung "Traß" im Bereich der Baustoffindustrie auch für den Nördlinger bzw. Bayerischen Traß verwendet wurde, daß dieser Traß in der Zementindustrie zum Einsatz kam und daß er in Mörtel- und Beton-Zusammensetzungen als hydraulische Komponente wirkt (Stichwort "Traß", Zeilen 9 bis 15).

Im Hinblick auf die Angaben in D8 ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, daß der Fachmann bei der Lektüre von D5 den Begriff "Traß" nicht zwingend im Sinne von zeolith-haltig verstehen würde, bzw. daß der Fachmann die Verwendung von zeolithfreiem (z. B. Nördlinger) Traß nicht zwingend ausschließen würde. D5 enthält demnach keine unmittelbare und eindeutige bzw. implizite Offenbarung einer zeolith-haltigen Bindemittelmischung.

2.2. Die Kammer hat sich davon überzeugt, daß weder D2 noch die anderen im Verfahren befindlichen Dokumente eine Mischung der Komponenten a) bis f) in den in Anspruch 1 angegebenen Mengenverhältnissen offenbaren.

2.3. Der Gegenstand der Ansprüche des Streitpatents ist demnach neu.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. Nächstliegender Stand der Technik

Die Kammer stimmt mit den Parteien darin überein, daß die in D5 offenbarten Bindemittelmischungen zur einstufigen Herstellung von Dichtwänden den nächstliegenden Stand der Technik darstellen.

3.2. Technische Aufgabe

Ausgehend vom dem bereits in der ursprünglichen Anmeldung gewürdigten Stand der Technik gemäß D5 bestand laut Streitpatent die Aufgabe darin, "eine Bindemittelmischung zur einstufigen Herstellung von Dichtwänden zu entwickeln, die neben einer geringen hydraulischen Durchlässigkeit und einer hohen Erosionsbeständigkeit über ein hohes spezifisches Schadstoff-Adsorptions/Absorptionsvermögen verfügt und auf diese Weise den diffusiven Schadstofftransport hemmt" (Seite 3, Zeilen 15 bis 18).

Die Beispiele des Streitpatents belegen, daß im Vergleich zu zeolithfreien Mischungen, welche unter Anspruch 1 von D5 fallen, durch die zeolith-haltige Mischung gemäß Anspruch 1 des Streitpatents verbesserte Durchlässigkeitsbeiwerte und eine verbesserte Schadstoffrückhaltung erzielt werden. Ferner ergibt sich aus den Beispielen auch, daß die anwendungstechnischen Eigenschaften derartiger Mischungen (Marsh-Zeit, Filtratwasser, Fließgrenze) sowie die einaxiale Druckfestigkeit der hergestellten Dichtwände durch die Zugabe von Zeolith nicht beeinträchtigt werden.

Andere im Verlauf des Verfahrens angesprochene Vorteile der anspruchsgemäßen Mischung waren, wie auch der Schadstoff-Rückhaltemechanismus selbst (Durchflußhemmung bzw. Hemmung der Schadstoff-Diffusion), teils strittig, teils nicht belegt worden.

Im Hinblick auf die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit kann die durch den Gegenstand des Streitpatents gelöste technische Aufgabe daher in der Bereitstellung einer Bindemittelmischung für die einstufige Herstellung von Dichtwänden gesehen werden, welche ohne Verschlechterung der Verarbeitungseigenschaften der Mischung und der Druckfestigkeit der hergestellten Wand zu Wänden mit einer gegenüber den nach D5 herstellbaren Wänden verbesserten Wasser- bzw. Schadstoffdichtheit führt.

3.3. Die im Streitpatent vorgeschlagene Lösung dieser technischen Aufgabe, d. h. das Ersetzen eines Teils der Mischungskomponenten durch Zeolith, wird durch den vorliegenden Stand der Technik nicht nahegelegt:

i) Der D5 läßt sich entnehmen, daß die dort beschriebenen, als Dichtwandmassen bezeichneten Bindemittelmischungen ganz speziellen Anforderungen genügen müssen. Insbesondere müssen sie in einer einzigen Verarbeitungsstufe zu einer thixotropen Masse verarbeitbar sein, die sich zur Herstellung von Dichtwänden im Einphasenverfahren eignet (Spalte 1, Zeilen 22 bis 28, Spalte 2, Zeilen 34 bis 40). Dies gelingt nur mit der in D5 offenbarten speziellen Zusammensetzung der fein gemahlenen Feststoffe (Spalte 3, Zeilen 5 bis 8).

D5 erwähnt als Maßnahme zur Verbesserung der Abdichtungswerte lediglich die Erhöhung der (Gesamt-) Feststoffmengen in kg/m3 Dichtwandmasse (Spalte 4, Zeile 58 bis Spalte 5, Zeile 8). Der Hinweis auf Traß als latent hydraulische Komponente (Spalte 3, Zeilen 45 bis 47) bzw. auf Traßzement als Anreger-Komponente (Spalte 4, Zeile 2) ist im Hinblick auf obigen Punkt 2.1 nicht als implizite Offenbarung der Verwendung von zeolith-haltigen Komponenten zu werten. Da der mögliche Traßgehalt nicht im direkten Zusammenhang mit dem Aspekt der Dichtheit der Wand angesprochen wird, kann D5 für sich genommen auch nicht zur Verwendung von bestimmten Mengen an Zeolith bzw. an zeolith-haltigem Traß als Lösung der hier bestehenden Aufgabe anregen.

ii) D1 offenbart die Herstellung von Dichtungsschichten, welche auch vertikal angeordnet sein können, mit Hilfe von hydraulisch härtenden Bindemittelmischungen (Seite 2, Zeilen 1 bis 32). Die Bindemittelmischung wird mit möglichst wenig Wasser bzw. trocken eingebracht, und erhärtet erst nach dem Einbringen im Lauf der Zeit durch Zutritt von Feuchtigkeit (Seite 2, Zeilen 33 bis 42 und Seite 4, Zeilen 7 bis 12). Die eingesetzten Mischungen enthalten zumindest ein hydraulisch härtendes Bindemittel und können gegebenenfalls quellfähige Tonmineralien und/oder inerte Zuschläge und/oder Grobzuschläge enthalten (Seite 2, Zeilen 33 bis 42 und Seite 3, Zeilen 10 bis 13). Zur Erhöhung der Undurchlässigkeit des Dichtungsmaterials gegen umweltrelevante Flüssigkeiten können die Bindemittelmischungen ferner unter anderem folgende Zuschläge enthalten (Seite 3, Zeilen 22 bis 35):

- Hochofenschlacke oder ähnliche latent-hydraulische Stoffe und/oder puzzolanische Stoffe, und/oder

- Strukturmaterialien, vorzugsweise Zeolithe, und/oder

- Stoffe mit hoher Oberfläche und/oder

- organische bzw. anorganische Ionentauscher, und/oder

- durch Reaktion mit dem Bindemittel quellende Zusätze.

Sofern die Mischungen gemäß D1 diese Komponenten enthalten, sollen bevorzugt relativ geringere Mengen an quellenden Tonmineralen und relativ größere Mengen an inerten Füllstoffen (Seite 3, Zeilen 2 bis 15 und Ansprüche 3 bis 10) als gemäß Anspruch 1 des Streitpatents zum Einsatz kommen.

Selbst wenn man zugunsten der Beschwerdeführerin unterstellt, daß der mit der bestehenden Aufgabe konfrontierte Fachmann D1 trotz der unterschiedlichen Verarbeitungstechnik (relativ trockenes Einbringen) und der deshalb unterschiedlichen Zusammensetzung der Massen (mehr Inertstoffe, weniger Tonmineral) in Betracht ziehen würde, kann D1 keinen Hinweis darauf liefern, daß das Ersetzen eines kleinen Teils der Komponenten der Mischung gemäß D5 durch Zeolith zu einer Lösung dieser Aufgabe führen würde:

Aus den Beispielen 2 und 3 der D1 ist zwar ersichtlich, daß die Zement und inerten Füllstoff enthaltenden Massen unter anderem durch Zugabe von zunehmenden Mengen an Bentonit oder Zeolith in zunehmenden Maße dichter gegenüber gelösten Schwermetallen werden (siehe Tabellen 2 und 3). Eine Mischung der Komponenten a) bis f) gemäß Streitpatent wird in D1 jedoch nicht konkret offenbart. Insbesondere wird keine Mischung konkret beschrieben, welche ein quellfähiges Tonmineral und Zeolith enthält. Außerdem werden latent hydraulische Stoffe wie Hochofenschlacke, Strukturmineralien wie Zeolithe, anorganische Ionentauscher und quellende Zusätze - neben zahlreichen anderen Zuschlägen - als für die Erhöhung der Undurchlässigkeit gleichermaßen geeignete Zuschlagsstoff-Alternativen dargestellt. In Anbetracht der Tatsache, daß einerseits gemäß D1 bereits bei Bentonit-Gehalten von 14 % in Kombination mit 22 % Hochofenzement eine sehr gute Schwermetall-Rückhaltung erreicht wird (siehe Tabelle 2), und daß andererseits die Mischungen gemäß D5 wesentlich mehr, nämlich mindestens 20 % Bentonit und mindestens 20 % Hüttensand (Hochofenschlacke) enthalten, ist die Kammer der Überzeugung, daß der Fachmann durch D1 nicht dazu angeregt werden konnte, den speziellen Mischungen gemäß Anspruch 1 von D5 zusätzlich Zeolith beizumischen, um eine weitere Verbesserung der Dichtheit der erhaltenen Wände bei unveränderten anwendungstechnischen Eigenschaften zu erzielen.

iii) Dokument D2 betrifft ein Verfahren zur Abfallbehandlung, bei dem eine Mischung aus Abfallstoffen und einem hydraulischen Bindemittel hergestellt wird, welche anschließend zu Formkörpern verarbeitet wird. Die verwendeten Bindemittel können gegebenenfalls Zusätze enthalten. Zur Erhöhung der Dichtigkeit werden oberflächenaktive Mittel und/oder Kunststoffe vorgeschlagen (Seite 3, Zeilen 22 bis 29 sowie Zeilen 50 bis 57). Zur Herabsetzung der Diffusion von Schadstoffen wird der Zusatz von Traß - ohne Erwähnung eines eventuellen Zeolithgehalts - bzw. von Flugasche angeregt (Seite 3, Zeilen 39 bis 44). Hochofenschlacke wird sowohl im Zusammenhang mit einer erwünschten Einbindung von Schwermetallen in den Zement, als auch im Hinblick auf ein pH-erhöhendes Alkalidepot zur Verringerung der Löslichkeit der Schwermetalle erwähnt (Seite 4, Zeilen 2 bis 10 und Zeilen 17 bis 26). Zur weiteren Erhöhung des Einbindevermögens von Schwermetallen wird die Verwendung von Strukturmineralien wie Zeolith und/oder von Ionentauschern vorgeschlagen (Seite 4, Zeilen 34 bis 37). Zur Vermeidung des störenden Einflusses gelöster Ca-Ionen können Alkalicarbonate zugesetzt werden (Seite 4, Zeilen 5 bis 16). Der Zusatz von Tonen wie Bentonit wird lediglich allgemein und ohne Zweckangabe erwähnt (Anspruch 1). D2 betrifft, wie von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt wurde, andere Anwendungsverfahren von hydraulischen Bindemittelmassen. Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdegegnerin, daß die Bemerkung in D2 (Seite 5, Zeilen 34 bis 36), wonach "bestehende Altdeponien, die einer Sanierung unterworfen werden müssen", unter anderem "mit Dichtwänden, Schmalwänden oder Schlitzwänden umfaßt werden können", nicht so zu interpretieren ist, daß diese Wände mit den in D2 zu einem anderen Zweck beschriebenen Bindemittelmischungen erstellt werden sollen. Dem unterschiedlichen Anwendungszweck der beschriebenen Massen entsprechend, findet sich in D2 kein Beispiel betreffend die Verwendung von Tonen wie Bentonit. D2 liegt demnach noch weiter vom betroffenen Fachgebiet entfernt als D1. Unterstellt man dennoch auch hier zugunsten der Beschwerdeführerin, daß der mit der hier bestehenden, sehr speziellen Aufgabe konfrontierte Fachmann D2 in Betracht ziehen würde, kann D2 keinen Hinweis darauf liefern, daß das Ersetzen eines kleinen Teils der Komponenten der Mischung gemäß D5 durch Zeolith zu einer Lösung dieser Aufgabe führen würde. Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung auf Befragen durch die Kammer eingeräumt, daß D2 diesbezüglich nicht mehr Information enthalte als D1. Trotz der unstrittig allgemein bekannten Verwendung von Zeolithen als Ionentauscher bzw. zur Schwermetalladsorption wird auch in D2 die Verwendung von Strukturmaterialien wie Zeolithen als gleichwertige Alternative zur Verwendung von Ionentauschern dargestellt. Zieht man trotz der nur bedingten Vergleichbarkeit der Dichtheit einer Wand gegenüber Schwermetall-Lösungen und der Elution von Schwermetallen aus einem Formkörper die entsprechenden Beispiele 7 und 8 von D2 in Betracht, so ergibt sich aus den dort angegebenen Tabellen, daß brauchbare, aber immer noch relativ unbefriedigende Elutionswerte nur bei Kombination relativ hoher Zeolithgehalte mit einem Ionentauscherzusatz erreicht werden können. Auch bezüglich D2 ist die Kammer demnach zu der Auffassung gelangt, daß der Fachmann aus diesem Dokument nichts entnehmen konnte, was zur Beimischung von Zeolith zu den speziellen Mischungen gemäß Anspruch 1 von D5 zum Zwecke einer weiteren Verbesserung der Dichtheit der erhaltenen Wände bei unveränderten anwendungstechnischen Eigenschaften anregen könnte.

3.4. Die Kammer hat sich davon überzeugt, daß die anderen im Verfahren befindlichen Dokumente dem Erfindungsgegenstand nicht näher kommen und keinen Hinweis auf die erfindungsgemäße Lösung enthalten. Dies hat die Beschwerdeführerin nicht bestritten.

3.5. Die Bindemittelmischung gemäß den Ansprüchen des Streitpatents beruht demnach auf einer erfinderischen Tätigkeit.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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