T 1229/97 () of 4.7.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:T122997.20010704
Datum der Entscheidung: 04 Juli 2001
Aktenzeichen: T 1229/97
Anmeldenummer: 88108468.5
IPC-Klasse: B22C 15/02
B22C 15/08
B22C 15/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zum Verdichten von Formstoff in Gießerei-Formmaschinen
Name des Anmelders: BMD Badische Maschinenfabrik Durlach GmbH
Name des Einsprechenden: Diplombetriebswirt Bernd Wetjen als Verwalter im
Insolvenzverfahren der Dieball GmbH Anlagen- und Maschinenbau
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
European Patent Convention 1973 R 67
Schlagwörter: Entscheidung über die Beschwerde-Zurückverweisung (bejaht)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1178/04

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die am 27. Mai 1988 eingereichte Patentanmeldung Nr. 88 108 468.5 wurde am 15. Januar 1992 das europäische Patent Nr. 0 295 472 erteilt. Gegen dieses Patent hat die Firma Künkel-Wagner GmbH & Co KG einen Einspruch eingelegt, der von der Einspruchsabteilung mit Entscheidung vom 25. Juli 1997 gemäß Artikel 102 (2) EPÜ zurückgewiesen wurde.

II. Mit Schreiben vom 18. August 1995 hatte die Vertreterin der Einsprechenden beantragt, "den Einsprechenden zu ändern, der ... die Dieball GmbH geworden ist ...". Mit der "Entscheidung über die Zurückweisung eines Antrages" vom 16. Mai 1997 war festgestellt worden, "daß die Firma Dieball ... nicht als Einsprechende an dem Einspruchsverfahren gegen das europäische Patent 0. 295 472 beteiligt ist."

III. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde der Firma Dieball GmbH - Aktenzeichen T 0799/97 - 3.2.3 - führte zu dem Ergebnis, daß die Kammer feststellte:

"daß die Einsprechendenstellung von der ursprünglich Einsprechenden Künkel-Wagner GmbH & Co.KG auf die Dieball GmbH übergegangen ist."

IV. Gegen die Entscheidung über die Zurückweisung des Einspruchs gemäß vorstehendem Abschnitt I hat die Dieball GmbH am 26. September 1997 Beschwerde eingelegt und die Gebühr am 29. September 1997 entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 4. Dezember 1997 eingereicht und ausgeführt, daß die Gegenstände der Ansprüche 1, 11, 23 und 26 nicht patentfähig seien.

V. Im Lauf des Beschwerdeverfahrens wurde die Diaball GmbH insolvent. Am 1. Februar 1999 wurde Herr Bernd Wetjen vom Amtsgericht Hildesheim zum Konkursverwalter bestellt. Er führt das Verfahren mit den bisherigen zugelassenen Vertretern der Dieball GmbH weiter, eine entsprechende Vollmacht ist eingereicht worden.

VI. Nach vorbereitender Mitteilung der Kammer fand am 4. Juli 2001 eine mündliche Verhandlung statt, an der die Patentinhaberin - nachfolgend Beschwerdegegnerin - wie mit Schreiben vom 11. Mai 2001 angekündigt, nicht teilnahm.

VII. Der Beschwerdeführer führte in der mündlichen Verhandlung folgendes aus:

- dadurch, daß einerseits die Dieball GmbH in der ersten Instanz nicht als Rechtsnachfolgerin der ursprünglich Einsprechenden anerkannt worden sei, andererseits aber die ursprünglich Einsprechende nicht mehr existiert habe, habe in der ersten Instanz keine umfassende Diskussion der geltend gemachten Einspruchsgründe stattgefunden; deshalb wäre es nicht gerechtfertigt, dem Beschwerdeführer nunmehr, nachdem der Übergang der Einsprechendenstellung auf die Dieball GmbH rechtskräftig durch die Entscheidung T 0799/97 vom 4. Juli 2001 festgestellt worden sei, die erste Instanz zu verwehren; im vorliegenden Fall biete sich somit eine Zurückverweisung an.

- die Einspruchsabteilung habe die Rechtskraft der Entscheidung über die Einsprechendenstellung vom 16. Mai 1997 nicht abgewartet und damit einen wesentlichen Verfahrensfehler begangen.

VIII. Die Beschwerdegegnerin hat einerseits mitgeteilt, daß der Erfindungsgegenstand keine wirtschaftliche Bedeutung mehr habe, hat aber im Hinblick auf die Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung ihr Einverständnis erklärt, Rückbeziehungen von Unteransprüchen zu beschränken oder einzelne Ansprüche zu streichen, falls dies die Kammer für notwendig erachte.

IX. Der Beschwerdeführer stellte folgende Anträge:

a) Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und

b) Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz sowie

c) die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.

X. Die Beschwerdegegnerin hat schriftlich beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Beschwerde

1.1. Gemäß Artikel 107 Satz 1 EPÜ steht die Beschwerde denjenigen zu, die an dem Verfahren beteiligt waren, das zu der Entscheidung geführt hat, soweit sie durch die Entscheidung beschwert sind. Die Dieball GmbH war durch die erste Entscheidung der Einspruchsabteilung von weiteren Einspruchsverfahren ausgeschlossen worden, die zweite Entscheidung erging somit formell nicht mehr gegen sie, so daß sich hier das Problem der Verfahrensbeteiligung im Hinblick auf das weitere Einspruchsverfahren stellt.

1.2. Dadurch, daß die erste Entscheidung der Einspruchsabteilung von der Dieball GmbH angefochten worden ist, bewirkt die Beschwerde aufgrund des Suspensiveffekts, daß die Wirksamkeit der Entscheidung solange gehemmt ist, bis über die Beschwerde entschieden worden ist. Dies führt dazu, daß die Dieball GmbH materiell-rechtlich nach wie vor am weiteren Verfahren vor der Einspruchsabteilung beteiligt war, selbst wenn die Entscheidung formell nicht gegen sie ergangen ist.

1.3. Sie ist somit auch als Verfahrensbeteiligte für das weitere Verfahren anzusehen, das zur Zurückweisung des Einspruchs geführt hat, und sie ist durch diese Entscheidung auch beschwert.

1.4. Die Beschwerde ist somit zulässig, da die übrigen Zulässigkeitserfordernisse gemäß Artikel 108 EPÜ ebenfalls erfüllt sind.

2. Zurückverweisung an die erste Instanz

2.1. Gemäß Artikel 111(1), Satz 2 EPÜ wird die Beschwerdekammer entweder im Rahmen der Zuständigkeit des Organs tätig, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, oder verweist die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an dieses Organ zurück.

2.2. Zwar hat die Einspruchsabteilung in einem umfänglichen Bescheid vom 25. März 1994 sowie in der angegriffenen Entscheidung vom 25. Juli 1997 ihre Beurteilung der Bestandfähigkeit des Streitpatents dargelegt, so daß für die Kammer insofern kein Grund für eine Zurückverweisung bestünde. Hinzu kommt die nicht unbeträchtliche Dauer des Verfahrens sowie der Umstand, daß die Patentinhaberin nach ihrer Einlassung vom 11. Mai 2001 dem Streitpatent keine wirtschaftliche Bedeutung mehr zumißt.

2.3. Andererseits ist das Begehren des Beschwerdeführers als dem neuen Einsprechenden, die Gründe, die aus seiner Sicht gegen das Patent sprechen, zunächst der Einspruchsabteilung vorzutragen, durchaus nachvollziehbar. Denn diese Instanz wäre sowieso zuständig gewesen, wenn die Einspruchsabteilung ordnungsgemäß die Rechtskraft ihrer Entscheidung vom 16. Mai 1997 betreffend die Zurückweisung des Antrags auf Übergang der Einsprechendenstellung abgewartet hätte, wozu sie verpflichtet gewesen wäre. Dann wäre nämlich das erstinstanzliche Verfahren mit der Dieball GmbH als Rechtsnachfolgerin der ursprünglich Einsprechenden weitergeführt worden.

2.4. Die Kammer sieht daher im vorliegenden Fall eine Zurückverweisung als angemessen an und hat keine Bedenken, dem Antrag des Beschwerdeführers zu entsprechen.

3. Rückzahlung der Beschwerdegebühr

3.1. Gemäß Regel 67 EPÜ ist die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen, wenn ihr durch die Beschwerdekammer stattgegeben wird und die Rückzahlung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit entspricht.

3.2. Das erste Erfordernis - Stattgabe der Beschwerde - ist hier erfüllt, denn die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben, und dem Antrag auf Zurückverweisung wird entsprochen.

3.3. Auch das zweite Kriterium - Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels - muß im vorliegenden Fall bejaht werden.

Es ist zwar nicht bereits darin zu sehen, daß die Einspruchsabteilung zwei Entscheidungen getroffen hat, statt in einer Entscheidung über die Rechtsnachfolge und den eingelegten Einspruch zu urteilen. Es trifft zu, daß dadurch die unterlegene Partei zur Erhebung von zwei Beschwerden gezwungen war. Aber aus der Sicht der Einspruchsabteilung konnte es Gründe geben, den Dritten, der nach deren Ansicht nicht in die Stellung der Einsprechenden eingetreten war, vorab vom weiteren Verfahren auszuschließen. Hierbei handelt es sich um eine Entscheidung, die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen ist, und die Kammer sieht keine Anzeichen, die darauf hindeuten, daß die Einspruchsabteilung hiervon abgewichen ist.

Allerdings liegt der wesentliche Verfahrensmangel darin begründet, daß die Einspruchsabteilung es versäumt hat, die Rechtskraft ihrer ersten Entscheidung abzuwarten, bevor sie die zweite Entscheidung erließ, dies umsomehr als zum Zeitpunkt des Erlasses der zweiten Entscheidung die Beschwerde gegen die erste Entscheidung bereits eingelegt war.

Denn die rechtskräftige Klärung der Frage, ob eine Rechtsnachfolge stattgefunden hatte oder nicht, war für die zweite Entscheidung vorgreiflich, d. h. von der Entscheidung dieser Frage hing es ab, wer im weiteren Einspruchsverfahren Verfahrensbeteiligter war und damit gegen wen die zweite Entscheidung zu ergehen hatte.

Dadurch, daß die Einspruchsabteilung diesen Umstand nicht beachtet hat, hat sie die Dieball GmbH der Möglichkeit beraubt, weiter am erstinstanzlichen Einspruchsverfahren teilzunehmen.

3.4. Ebenso entspricht die Rückzahlung wegen dieses Mangels der Billigkeit. Denn auf Grund dieses wesentlichen Verfahrensmangels verlor der Beschwerdeführer eine Instanz, so daß der Mangel durch die Zurückverweisung behoben werden mußte.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.

3. Dem Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird stattgegeben.

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