T 1152/97 () of 12.1.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T115297.20000112
Datum der Entscheidung: 12 Januar 2000
Aktenzeichen: T 1152/97
Anmeldenummer: 94911084.5
IPC-Klasse: B61L 23/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: OPTISCHE ROTTENWARNANLAGE
Name des Anmelders: EBS Eisenbahnsicherung AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
Schlagwörter: Klarheit der Ansprüche (verneint); Omnibus-Ansprüche
Entscheidung über die Beschwerde - Zurückweisung (verneint)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0010/93
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 94 911 084.5, die ursprünglich als internationale Anmeldung eingereicht und unter der Nummer WO 94/21504 veröffentlicht worden ist. Die Zurückweisung durch die Prüfungsabteilung ist auf mangelnde erfinderische Tätigkeit des Gegenstands der Ansprüche 1 bis 13 gegenüber dem mit folgenden Dokumenten nachgewiesenen Stand der Technik gestützt:

D1: SIGNAL & DRAHT, Bd. 79, Nr. 1-2, 1987; Darmstadt, DE; Seiten 31 - 39; LENGEMANN et al.: "Automatische Rottenwarnsysteme - von der kollektiven zur individuellen Warnanlage"

D2: US-A-3 411 036.

Als weiteren Grund für die Zurückweisung der Anmeldung führt die angefochtene Entscheidung einen Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ an, indem durch Änderung des ursprünglichen Anspruchs 1 das Merkmal gestrichen wurde, daß die Zentraleinheit mit "weithin wahrnehmbaren" Warnanzeigern für Störbetrieb versehen ist.

II. Die der angefochtenen wie auch der vorliegenden Entscheidung zugrundeliegenden unabhängigen Ansprüche 1, 10. und 14 haben folgenden Wortlaut:

1. "Vollautomatisierbare, tragbare, optische Rottenwarnanlage zur Warnung von in einem Gleis (AG, NG) beschäftigten Personen vor dem Herannahen eines Schienenfahrzeuges, umfassend

- mindestens eine externe Gebereinrichtung (E), zur Erfassung des herannahenden Schienenfahrzeuges,

- eine vom Stromnetz und/oder mit Akku beaufschlagbare Zentraleinheit (Z) mit einer Anlagensteuerungslogik für das Erfassen eines Gebersignales, zur Ansteuerung von Warnanzeigern für Regel- und Störbetrieb und zur Überwachung der Stromversorgung sowie

- Warnanzeigern (L, L1, L2, 1, 12, 17),

wobei die Zentraleinheit (Z) selbst mit Warnanzeigern für Störbetrieb, umfassend redundant ausgelegte Schallgeber (17) und mindestens eine Blitzleuchteinrichtung (1), versehen ist, die Regel-Warnanzeiger als Blitzleuchteinrichtungen (L, L1, L2, 12) ausgebildet und die Gebereinrichtungen (E), Zentraleinheit (Z) und Warnanzeiger, sowie gegebenenfalls ein externes, manuell bedienbares und mit der Zentraleinheit koppelbares Steuerpult, durch Kabel (14) miteinander verbunden sind, die wasserdichte Verbinder aufweisen."

10. "Verwendung einer Blitzleuchteinrichtung (L, L1, L2, 1, 12), umfassend ein wasserdichtes Leuchten-Gehäuse mit einer Blitzlampe und einer Funktionsüberwachungseinrichtung für die Blitzlampen und/oder eine bei Defekt einer ersten Lampe auslösbare Umschalteinrichtung für eine zweite Lampe im Leuchten-Gehäuse als Warnanzeiger für Rottenwarnanlagen."

14. "Anordnung, gekennzeichnet durch alle oder einzelne neue Merkmale oder eine Kombination offenbarter Merkmale."

III. Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerdebegründung im wesentlichen vorgebracht, daß D1 und D2 keine Blitzleuchteinrichtungen als (ausschließlich) optische Regel-Warnanzeiger für Rottenwarnanlagen nahelegten. D1 offenbare Drehleuchten in Verbindung mit akustischen Regelwarnanzeigern. D2 betreffe Blitzleuchten für Leuchttürme und wäre als gattungsfremder Stand der Technik vom Fachmann gar nicht in Betracht gezogen worden. Die angefochtene Entscheidung stütze sich außerdem auf eine unbewiesene und vom Beschwerdeführer bestrittene Behauptung, daß Blitzleuchten als Warnanzeiger an Bahnübergängen oder bei Straßenarbeiten allgemein bekannt gewesen seien.

Die vorliegende Anmeldung sei auch nicht unzulässig erweitert worden, da sich die strittige Änderung auf die ursprüngliche Beschreibung (Seite 6, Zeilen 1 und 2, sowie Seite 17, Zeilen 33 und 34 und Figur 7) stütze.

IV. Die Kammer hat in einer der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung auf die folgenden weiteren Dokumente verwiesen:

D3: ETR EISENBAHNTECHNISCHE RUNDSCHAU, 7-8/1992, Seiten 509 - 516, CAESPERLEIN et al. "Automatische Rottenwarnanlage ARW 5/2"

D4: DE-A-2 829 922

D5: DE-A-3 918 874.

In dieser Mitteilung ist die vorläufige Ansicht geäußert, daß D4 und D5 die Verwendung von Blitzleuchten als Warnanzeiger auf Baustellen und im Eisenbahnbereich belegen dürften und daß der Einsatz solcher Blitzleuchten für sich genommen nicht erfinderisch scheine. Ein im Sinne der Beschreibung eingeschränkter Gegenstand des Anspruchs 1 mit einer Notwarnfunktion der Blitzleuchteinrichtungen für Störbetrieb sei jedoch möglicherweise erfinderisch. Gleichzeitig hat die Mitteilung aber auch auf weitere Einwände hingewiesen, die einer Erteilung eines europäischen Patents mit den vorliegenden Ansprüchen entgegenstehen dürften, insbesondere die mangelnde Klarheit der Ansprüche 10, 14 und 5 sowie ein Einwand mangelnder Einheitlichkeit der Gegenstände der Ansprüche 1 und 10.

V. Nach Absendung dieser Mitteilung der Kammer hat ein Dritter mit Schreiben vom 26. August 1999 Einwendungen erhoben (Artikel 115 EPÜ), auf die Löschung des parallelen deutschen Gebrauchsmusters aufmerksam gemacht und eine Kopie des Beschlusses des Deutschen Patent- und Markenamtes Gbm 93 04 748 Lö I 169/97 eingereicht. Mit Schreiben vom 31. August 1999 hat der Dritte weiter ein Firmenprospekt eingereicht und die Ansicht vertreten, daß der in der Mitteilung der Kammer vorgeschlagene Gegenstand auch nicht erfinderisch sei.

VI. Mit Schreiben vom 16. November 1999 hat der Vertreter des Beschwerdeführers die Vertretung in dem anhängigen Verfahren niedergelegt. Der Beschwerdeführer hat zur Mitteilung der Kammer oder zu den Einwendungen des Dritten nicht Stellung genommen und ist auch zur mündlichen Verhandlung, die gemäß Ladung am 12. Januar 2000 stattgefunden hat, nicht erschienen.

VII. Nachdem den mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Anträgen des Beschwerdeführers auf mündliche Verhandlung und auf Hinweise der Kammer zu möglichen Anspruchsfassungen entsprochen worden ist, verbleiben die Anträge des Beschwerdeführers, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Anmeldung an die Prüfungsabteilung zur weiteren Bearbeitung zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Nach Artikel 111 (1) EPÜ liegt es im Ermessen der Beschwerdekammer, ob sie die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung zurückverweist oder ob sie im Rahmen der Zuständigkeit des Organs tätig wird, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Im Ex-parte-Verfahren geht es um die Voraussetzungen für die Erteilung eines Patents und die Beschwerdekammer ist dabei weder auf die Überprüfung der Gründe der angefochtenen Entscheidung noch auf die dieser Entscheidung zugrundeliegenden Tatsachen und Beweismittel beschränkt. Ob die Beschwerdekammer selbst entscheidet, hat sie nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (siehe G 10/93, ABl. EPA, 1995, 172, Punkte 3 bis 5).

3. Mit der Mitteilung der Kammer ist der Beschwerdeführer auf die mangelnde Klarheit der vorliegenden Ansprüche (Artikel 84 EPÜ) hingewiesen worden. In der vorläufigen Beurteilung der weiteren Patentierungsvoraussetzungen ist in der Mitteilung davon ausgegangen worden, daß diese Ansprüche im Sinne der Beschreibung klargestellt würden. Eine Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen für die Erteilung eines Patents gegeben sind, setzt jedoch eine deutliche Festlegung des Gegenstandes, für den Schutz begehrt wird, voraus. Dies ist zumindest für die Ansprüche 10 und 14 nicht der Fall.

3.1. Anspruch 10 ("und/oder") gibt nicht deutlich an, für welche Kombination von Merkmalen Schutz begehrt wird, da der Ausdruck "oder" in der gewählten Formulierung keine eindeutigen Alternativen festlegt. Es sind zumindest die folgenden Varianten möglich:

a) "umfassend ein wasserdichtes Leuchten-Gehäuse mit ... einer Funktionsüberwachungseinrichtung für die Blitzlampen oder eine .... Umschalteinrichtung", oder

b) "umfassend ein wasserdichtes Leuchten-Gehäuse mit ... einer Funktionsüberwachungseinrichtung ... oder eine ... Umschalteinrichtung" (Alternativen durch die Kammer in Fettdruck hervorgehoben).

Beide Varianten sind technisch sinnvoll, so daß Zweifel verbleiben, für welche der Varianten Schutz begehrt wird.

3.2. Anspruch 14 legt weder hinsichtlich der einzelnen Merkmale ("neue Merkmale", "offenbarter Merkmale") noch hinsichtlich der beanspruchten "Kombination" ("alle oder einzelne") deutlich fest, für welchen Gegenstand Schutz begehrt wird.

4. Da der Beschwerdeführer diese Mängel nicht beseitigt hat und die Kammer an die vom Anmelder vorgelegte oder gebilligte Fassung gebunden ist (Artikel 113 (2) EPÜ), sind die Voraussetzungen für die Erteilung eines Patents auch dann nicht gegeben, wenn die in der angefochtenen Entscheidung angeführten Zurückweisungsgründe nicht zuträfen. Eine Prüfung dieser oder weiterer Gründe, die einer Erteilung eines Patents entgegenstehen, erübrigt sich daher.

5. Da die Frage der Klarheit der schon der Prüfungsabteilung in dieser Fassung vorgelegten Ansprüche keiner weiterer Ermittlungen bedarf und da der Beschwerdeführer nichts unternommen hat, die Voraussetzungen für die Erteilung eines Patents zu erfüllen, entscheidet die Kammer in Ausübung ihres Ermessens selbst und weist die Beschwerde zurück.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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