T 0928/97 (Formelnahrung/MILUPA) of 7.3.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T092897.20020307
Datum der Entscheidung: 07 März 2002
Aktenzeichen: T 0928/97
Anmeldenummer: 90111558.4
IPC-Klasse: A23C 11/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: B
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Fettmischung, Verfahren zu deren Herstellung und deren Verwendung
Name des Anmelders: MILUPA GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: Stichting Behartiging Octrooibelangen
Martek Bioscience Corp.
N.V. Verenigde Bedrijven Nutricia
Ehemaliger Einsprechender:
Milchwerke Westfalen eG
Kammer: 3.3.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54(1)
Schlagwörter: Haupt- und zweiter Hilfsantrag - Verletzung des Verbotes der reformatio in peius
Erster- und dritter Hilfsantrag - Neuheit - nein - Unabhängig von den Wortformulierungen schließt die beanspruchte Zusammensetzung der Formelnahrung die der Frauenmilch nicht aus
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 90 111 558.4 betreffend "Fettmischung, Verfahren zu deren Herstellung und deren Verwendung" wurde das europäische Patent Nr. 0 404 058 auf der Grundlage von zehn Ansprüchen erteilt.

II. Gegen das erteilte Patent hatten die Beschwerdeführerinnen unter Hinweis auf die Artikel 100 a), b) und c) EPÜ wegen mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit des Gegenstandes des Streitpatents, wegen mangelnder Offenbarung der dem Streitpatent zugrundeliegenden Erfindung sowie dem Einwand, daß der Gegenstand des Streitpatents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht, Einspruch eingelegt und zur Stützung des Einspruches unter anderem auf die Entgegenhaltung

(1) Journal of Pediatric Gastroenterology and Nutrition, 2t Suppl. (1983) Seiten S16 bis S41,

Bezug genommen.

III. Die Einspruchsabteilung hat mit der am 3. Juli 1997 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung nach Artikel 106 (3) EPÜ das Patent im Rahmen von Artikel 102 (3) EPÜ in geändertem Umfang aufrechterhalten.

Anspruch 1 in der geänderten Fassung lautet wie folgt:

"Formelnahrung mit Ausnahme von Humanmilch enthaltend eine Fettmischung auf Basis von für Nahrungsmittelzwecke geeigneten Fetten und Ölen tierischen und pflanzlichen Ursprungs, dadurch gekennzeichnet, daß die w6-Fettsäuren gamma-Linolensäure, di-homo-gamma-Linolensäure und Arachidonsäure 0,20 bis 2,6 Gew.-% und die w3-Fettsäuren Octadecatetraensäure, Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure 0,05 bis 2,0 Gew.-% der in der Fettmischung vorhandenen Fettsäuren ausmachen, wobei alle der genannten w3-Fettsäuren und der w6-Fettsäuren vorhanden sind, daß die genannten w6-Fettsäuren zusammen mit den genannten w3-Fettsäuren 0,25 bis 4,6 Gew.-% der in der Fettmischung vorhandenen Fettsäuren ausmachen und daß das Gewichtsverhältnis der Summe der genannten w6-Fettsäuren zur Summe der genannten w3-Fettsäuren 0,1 : 1,0 bis 5,0 : 1 beträgt, wobei die Fettmischung die Arachidonsäure und die Docosahexaensäure nicht in solchen Mengen enthält, daß das Gewichtsverhältnis von Arachidonsäure zu Docosahexaensäure 2,0 : 1 bis 3,0 : 1 beträgt."

Die Einspruchsabteilung begründete ihre Entscheidung u. a. damit, daß dem Gegenstand des Patentes, das in der erteilten Fassung auch Humanmilch mit umfasse, gegenüber dem genannten Stand der Technik, u. a. der Entgegenhaltung (1), die Neuheit nicht zuerkannt werden könne.

Da es der Patentinhaberin aber, wie der Gesamtoffenbarungsgehalt des Streitpatentes zeige, nie darum gegangen sei, Humanmilch zu patentieren, sei die in den genannten Entgegenhaltungen beschriebene Humanmilch lediglich als Zufallsoffenbarung anzusehen, die einen Disclaimer demgegenüber rechtfertige.

Somit sei die Neuheit der Produktansprüche und der hierauf rückbezogenen Verfahrensansprüche nicht mehr in Frage gestellt.

Gleichfalls hat die Einspruchsabteilung festgestellt, daß die beanspruchte Formelnahrung enthaltend eine Fettmischung im Lichte des Offenbarungsgehaltes des genannten Standes der Technik den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ genüge. IV. Die Beschwerdeführerinnen (Einsprechende 01 bis 03) haben gegen diese Entscheidung Beschwerde erhoben. Die Einsprechende 02 hat mit Schriftsatz datiert vom 12. Februar 1998 ihren Einspruch zurückgenommen und sich in der Folge nicht mehr am Verfahren beteiligt. Die Einsprechende 04 hatte bereits am 27. November 1995 im Verfahren vor der ersten Instanz den Einspruch zurückgenommen.

Die Beschwerdegegnerin (Inhaberin des Streitpatents) hat zuletzt im schriftlichen Verfahren als Hauptantrag das Streitpatent in der erteilten Fassung weiterverfolgt und auf die von der Einspruchsabteilung geändert aufrechterhaltene Anspruchsfassung einen ersten Hilfsantrag gerichtet sowie einen zweiten Hilfsantrag eingereicht, dessen Anspruch 1 sich von Anspruch 1 des ersten Hilfsantrages durch folgenden Wortlaut im einleitenden Teil unterscheidet:

"Formelnahrung enthaltend eine Fettmischung auf Basis von für Nahrungsmittelzwecke geeigneten Fetten und Ölen tierischen und pflanzlichen Ursprungs, wobei es sich bei den Fetten tierischen Ursprungs um solche von Fischen und Schlachttieren einschließlich Butterfett handelt, dadurch gekennzeichnet ..."

V. Am 7. März 2002 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden, in deren Verlauf die Beschwerdegegnerin einen dritten Hilfsantrag eingereicht hat, der ausschließlich die Verwendung der Formelnahrung gemäß Streitpatent mit folgendem zum Produktanspruch unterschiedlichen Wortlaut zum Gegenstand hat:

"Verwendung einer Fettmischung auf Basis von für Nahrungsmittelzwecke geeigneten Fetten und Ölen tierischen und pflanzlichen Ursprungs, wobei die w6-Fettsäuren gamma-Linolensäure, ..., daß das Gewichtsverhältnis von Arachidonsäure zu Docosahexaensäure 2,0 : 1 bis 3,0 : 1 beträgt, für die Zubereitung von Säuglings- und Frühgeborenennahrungen."

VI. Die Beschwerdeführerinnen haben schriftlich und mündlich u. a. vorgetragen, daß durch die von der nicht beschwerdeführenden Inhaberin des Streitpatents im Rahmen ihrer Stellung lediglich als Beschwerdegegnerin vorgenommene Streichung der Einfügung "mit Ausnahme von Humanmilch" in Anspruch 1 gegenüber dem Gegenstand gemäß der erteilten Anspruchsfassung das Verbot der reformatio in peius verletzt sei.

Unabhängig von diesem Sachverhalt seien die auf eine Formelnahrung gerichteten Produktansprüche aller Anträge gegenüber einem Präparat aus rekonstituierter sprühgetrockneter Frauenmilch bzw. den Angaben zur Fettsäurezusammensetzung der Frauenmilch, wie sie in Tabelle 4 auf Seite S36 der Entgegenhaltung (1) zu finden seien, nicht mehr neu.

Schließlich sei bei bekannter Zusammensetzung der Humanmilch der auf eine Verwendung einer solchen Fettmischung für die Zubereitung von Säuglingsnahrung gerichtete Gegenstand des dritten Hilfsantrages gegenüber der unmittelbaren Nahrungsaufnahme des Säuglings an der in der Mutterbrust gebildeten Frauenmilch nicht mehr neu.

VII. Die Beschwerdegegnerin hat dem widersprochen und u. a. geltend gemacht, daß gegenüber der erteilten Anspruchsfassung die zusätzliche Angabe "Formelnahrung mit Ausnahme von Humanmilch" lediglich als Klarstellung dahingehend aufzufassen sei, daß die Formelnahrung als synthetisches Produkt aus geeigneten Fetten und Ölen tierischen und pflanzlichen Ursprungs hergestellt werde, wie auch der Gesamtoffenbarungsgehalt des Streitpatentes zeige und nicht die natürliche Muttermilch beansprucht werde. Eine Verletzung des Verbotes der reformatio in peius könne somit nicht vorliegen, da mit und ohne besagte Klarstellung der beanspruchte Gegenstand ausschließlich synthetische Formelnahrungen umfasse.

Aus diesem Grunde sei auch die Neuheit der beanspruchten Formelnahrung mit und ohne der zusätzlichen Angabe "mit Ausnahme von Humanmilch" gegenüber allen Entgegenhaltungen, die die Zusammensetzung der natürlichen Muttermilch beträfen, zwangsläufig gegeben.

In jedem Falle sei durch die Angabe Fette und Öle tierischen und pflanzlichen Ursprungs Humanfett ausgeschlossen, da, entgegen dem angelsächsischem Sprachgebrauch die deutsche Sprache eindeutig zwischen Tieren und Menschen begriffsmäßig unterscheide und Humanöle überhaupt nicht existierten sondern nur Fischöle als tierische Quelle für Öle als Basis für die Fettmischung zur Verfügung stünden. Darüber hinaus sei für den Fachmann unmittelbar entscheidbar, ob die beanspruchte Fettmischung Fette und Öle tierischen und pflanzlichen Ursprungs oder Humanfette enthalte, da die Fettsäurereste jeweils unterschiedliche Veresterungen aufwiesen und somit in jedem Fall anders strukturiert seien.

Es werde nicht bestritten, daß die natürliche Zusammensetzung der Frauenmilch an w3- und w6-Fettsäuren, wobei die Betonung auf dem Naturprodukt liege, z. B. aus der Entgegenhaltungen (1) bekannt sei. Da gemäß Streitpatent aber ausschließlich ein Substitut für Muttermilch beansprucht werde, stelle sich diese Problematik der Übereinstimmung einzelner Fettsäuren im Naturprodukt und im synthetischen Substitut bei der Beurteilung der Neuheitsfrage erst gar nicht.

Mittels der weiteren Präzisierung des tierischen und pflanzlichen Ursprungs der Fettmischung nach dem zweiten Hilfsantrag sei noch deutlicher Human- bzw. Frauenmilch als Naturprodukt vom Anspruchsbegehren ausgeschlossen. Gleiches gelte für den Ausschluß der Humanmilch im dritten Hilfsantrag, der eindeutig auf die Verwendung einer Formelnahrung als künstliche bzw. synthetische Nahrung für Säuglinge und Frühgeborene gerichtet sei.

Schließlich sei hervorzuheben, daß die moderne Analytik auch erlaube, Spurengehalte zu detektieren, was in jedem Fall eine Unterscheidbarkeit des w3- und w6-Fettsäuregehaltes aus natürlicher Frauenmilch gegenüber denen pflanzlichen und tierischen Ursprungs gewährleiste.

IX. Die Beschwerdeführerinnen beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Streitpatents.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerden zurückzuweisen sowie Aufrechterhaltung des Patents im erteilten Umfang als Hauptantrag, hilfsweise Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis der mit Schriftsatz vom 7. Februar 2002 eingereichten Hilfsanträge 1 oder 2 oder Hilfsantrag 3 überreicht in der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerden sind zulässig.

2. Die Kammer vermag der Argumentation der Beschwerdegegnerin insoweit zu folgen, daß gegenüber der erteilten Anspruchsfassung die zusätzliche Angabe "Formelnahrung mit Ausnahme von Humanmilch" lediglich als Klarstellung dahingehend aufgefaßt werden kann, daß mittels des Begriffes Formelnahrung das Naturprodukt Frauenmilch als Ganzes ausgeschlossen sein soll.

Gleichfalls kann aber auch die Angabe "Formelnahrung mit Ausnahme von Humanmilch", wie von der Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung berücksichtigt, dahingehend gedeutet werden, daß die konkrete w3- und w6-Zusammensetzung der Humanmilch ausgeschlossen sein soll.

Unter diesen Umständen der Ambivalenz der Bedeutung der Angabe "Formelnahrung mit Ausnahme von Humanmilch", die zumindest in einer Leseart des Anspruchswortlautes als Einschränkung der Formelnahrung als beanspruchter Gegenstand gesehen werden muß, vermag die Kammer jedoch nur so zu entscheiden, daß die Weglassung besagter Angabe in Anspruch 1 des geltenden Hauptantrages und des zweiten Hilfsantrages zu einer Verletzung des Verbotes der reformatio in peius führt. An dieser Beurteilung ändert nichts, daß gemäß zweitem Hilfsantrag der tierische und pflanzliche Ursprung der Zusammensetzung der Fettmilch weiter spezifiziert ist.

Aus diesen Gründen können der Hauptantrag und der zweite Hilfsantrag keinen Bestand haben.

3. Anspruch 1 des ersten Hilfsantrages, der auf eine Formelnahrung enthaltend eine Fettmischung gerichtet ist, also einen Produktanspruch darstellt, definiert im kennzeichnenden Teil (vgl. voranstehend Abschnitt III.) die Fettmischung durch explizite Nennung jeweils dreier w3- und w6-Fettsäuren sowie die jeweiligen summarischen Prozentanteile der w3- und w6-Fettsäuren, die Gesamtprozentanteile der Fettsäuren ergänzt durch das Gewichtsverhältnis der jeweiligen Summe der Fettsäuren, wobei zwei explizit genannte Fettsäuren nicht in einem bestimmten Gewichtsverhältnis enthalten sein dürfen.

3.1. Der Wortlaut dieses Anspruches 1 bringt eindeutig zum Ausdruck, daß alle im kennzeichnenden Teil aufgeführten Definitionen der Fettmischung einschließlich der strukturellen Angaben sich auf das beanspruchte Endprodukt beziehen.

Demgegenüber charakterisiert der einleitende Teil des Anspruches 1 die in der Formelnahrung enthaltene Fettmischung als eine solche auf Basis von für Nahrungsmittelzwecke geeigneten Fetten und Ölen tierischen und pflanzlichen Ursprungs. Diese Angaben lassen keinen anderen Schluß zu, als daß einzig als obligatorisches Anspruchsmerkmal des einleitenden Teils die Ausgangsmaterialien für die Herstellung der Fettmischung zwingend für Nahrungsmittelzwecke geeignete Fette und Öle tierischen und pflanzlichen Ursprungs sein müssen.

Obwohl die Kammer keine Bedenken hat, daß letztere Merkmalsangaben, die sich einzig auf die Verfahrensweise zur Herstellung des beanspruchten Produktes beziehen, im Rahmen einer sogenannten "product-by-process" Anspruchsfassung auch zur Teilcharakterisierung eines Produktes in Kombination mit strukturellen Stoffmerkmalen als zulässig herangezogen werden können, läßt der Wortlaut des Anspruchs 1 entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin vollkommen offen, ob und wie die genannten Ausgangsmaterialien zum Endprodukt weiterverarbeitet werden.

3.2. In diesem Zusammenhang soll die Angabe Formelnahrung mit Ausnahme von Humanmilch im Rahmen der Patentfähigkeitsprüfung unter Artikel 52 EPÜ, wie von der Beschwerdegegnerin geltendgemacht und auch nach Auffassung der Kammer, so verstanden werden, daß die natürliche Frauenmilch als solche unmittelbar als Endprodukt nicht beansprucht wird.

3.3. Ferner kann die Kammer dem Vortrag der Beschwerdegegnerin zustimmen, daß die im Anspruch genannten w3- und w6-Fettsäuren in der kompletten Molekülstruktur z. B. als veresterte Triglyceride und Phospholipide in Mischung durch physikalisch-chemische Methoden einzeln trennbar und analytisch unterscheidbar sind und die kompletten Fettsäuremoleküle eindeutig jeweils denen der Humanmilch und denen pflanzlichen und tierischen Ursprungs zuzuordnen sind und somit die Ausgangsmaterialien der beanspruchten Fettmischung eindeutig von der natürlichen Frauenmilch unterscheidbar sind.

3.4. Im Hinblick auf den voranstehend aufgeführten Sachverhalt und bei Berücksichtigung des Umstandes, daß der Wortlaut des Anspruchs 1 vollkommen offen läßt, ob und wie die genannten Ausgangsmaterialien zum Endprodukt weiterverarbeitet werden und eine Definition der kompletten Fettsäuremoleküle im Endprodukt einschließlich der konkreten triglyceridischen und phospholipidischen Veresterungen in Anspruch 1 nicht enthalten ist, kann die Kammer aber nur feststellen, daß die beanspruchte Formelnahrung als patentrechtlicher Gegenstand die Fettsäurezusammensetzung der natürlichen Frauenmilch, wie sie z. B. in der Entgegenhaltung (1), Seite S35, letzter Absatz in Verbindung mit Tabelle 4 auf Seite S36 beschrieben ist, nicht ausschließt, und nach Anspruch 1 die Festsäureester im beanspruchten Endprodukt nicht mit denen des Ausgangsproduktes identisch sein müssen (siehe nachstehend Punkt 3.6).

3.5. Die Beschwerdeführerin 01 (Einsprechende 01) hat in ihrer Beschwerdebegründung vom 13. November 1997 diesen Neuheitsmangel des Gegenstandes des Streitpatents gegenüber der Entgegenhaltung (1), der bereits in der ersten Instanz geltend gemacht wurde, wieder aufgegriffen und hat als Anhang zur Beschwerdebegründung ihren Einspruchsschriftsatz vom 24. Juli 1995 nochmals eingereicht, der auf Seite 3 eine detaillierte Berechnung anhand der Daten besagter Tabelle 4 enthält.

Die Kammer hat diese Berechnung nachvollzogen und kommt gleichfalls zum Schluß, daß alle Fettsäurezusammensetzungsdaten der Frauenmilch, wie sie in Tabelle 4 der Entgegenhaltung (1) durch eine Eintagesnahrungsaufnahme eines Frühgeborenen repräsentiert sind, die in Anspruch 1 des ersten Hilfsantrages genannte Zusammensetzung bezüglich der obligatorischen Fettsäuren auch zahlenmäßig vorbeschreibt.

3.6. Anspruch 1 des ersten Hilfsantrages läßt jedenfalls, wie voranstehend aufgezeigt, vollständig offen, welche Fettsäureester im beanspruchten Endprodukt vorhanden sein sollen, so daß aufgrund des Umstandes, daß durch die vorliegende Anspruchsformulierung, die zwar einen product-by-process bezüglich der Ausgangsprodukte zur Stoffcharakterisierung einschließt, aber Umesterungs- und Verseifungsprozesse nicht ausschließt, die gesamte Argumentation der Beschwerdegegnerin, die sich zur Neuheitsbegründung indirekt auf das Vorhandensein identischer Veresterungsprodukte im Ausgangs- und Endprodukt bezieht, nicht greifen kann.

Mit anderen Worten ausgedrückt, nach den obligatorischen Merkmalen des Anspruches 1 bleibt es dem Fachmann völlig selbst überlassen, wie er vom Ausgangsprodukt zum Endprodukt gelangt.

Anspruch 1 des ersten Hilfsantrages erfüllt somit nicht die Erfordernisse des Artikels 54 (1) EPÜ.

3.7. Die Beschwerdegegnerin hat mehrmals versucht zu argumentieren, daß mit dem Wortlaut der verschiedenen Anträge die Absicht zum Ausdruck gebracht werden soll nicht nur Humanmilch als Naturprodukt von dem beanspruchten Gegenstand auszuschließen, sondern auch die Humanmilch als solche in der Zusammensetzung. Hierzu muß betont werden, daß für die Patentierung eines Gegenstandes es nicht um die Absicht einer Wortlautformulierung geht, sondern um den Gegenstand wie konkret beschrieben.

3.8. Da Anspruch 1 des dritten Hilfsantrages die Verwendung einer Fettmischung auf Basis von für Nahrungsmittelzwecke geeigneten Fetten und Ölen tierischen und pflanzlichen Ursprungs mit dem Wortlaut nach allen Produktmerkmalen des Anspruches 1 des ersten Hilfsantrages, also die Verwendung einer nicht mehr neuen Fettmischung für die Zubereitung von Säuglingsnahrung betrifft und die Entgegenhaltung (1) zweifelsfrei dort die Zusammensetzung gemäß Tabelle 4 als Säuglingsnahrung beschreibt (siehe voranstehend Punkt 3.1.5) erfüllt Anspruch 1 des dritten Hilfsantrages gleichfalls nicht die Erfordernisse des Artikels 54 (1) EPÜ.

Bei dieser Sachlage konnte keinem der geltenden Anträge stattgegeben werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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