T 0858/97 () of 7.6.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T085897.20020607
Datum der Entscheidung: 07 Juni 2002
Aktenzeichen: T 0858/97
Anmeldenummer: 90104847.0
IPC-Klasse: H01L 27/22
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Schaltungsanordnung und Vorrichtung zur kontaktlosen Sollwertvorgabe für einen mit nichtmagnetischen Werkstoff umhüllten integrierten Schaltkreis
Name des Anmelders: Infineon Technologies AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja, nach Änderungen)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Prüfungsabteilung hat mit Entscheidung vom 20. März 1997 die europäische Patentanmeldung Nr. 90 104 847.0 zurückgewiesen, weil der Gegenstand des Anspruchs 1 unter Berücksichtigung der Druckschrift

D1: US-A-3 596 114

nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Artikel 56 EPÜ).

II. Die ihr zugrundeliegende Fassung des einzigen unabhängigen Anspruchs 1 lautet wie folgt:

"1. Vorrichtung zur kontaktlosen Sollwertvorgabe enthaltend einen mit nichtmagnetischem Werkstoff (4) umhüllten integrierten Schaltkreis (3), der eine Schaltungseinheit enthält, deren Sollwert durch mindestens ein wertekontinuierliches Steuersignal gesteuert wird, gekennzeichnet durch einen in den integrierten Schaltkreis (3) mitintegrierten und mit weiteren Teilen des integrierten Schaltkreises (3) in Verbindung stehenden Hall-Sensor (1), der das Steuersignal wertekontinuierlich über einen beweglichen, auf den Hall-Sensor (1) einwirkenden Permanentmagneten (6, 8, 11) erzeugt."

Die Prüfungsabteilung hat geltend gemacht, der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von der aus der Druckschrift D1 bekannten Vorrichtung nur dadurch, daß der integrierte Schaltkreis mit einem nichtmagnetischen Werkstoff umhüllt sei. Diese Maßnahme sei aber naheliegend, da üblicherweise ein integrierter Schaltkreis durch eine Umhüllung vor unerwünschten Umwelteinflüssen geschützt würde und im vorliegenden Fall, in dem der integrierte Schaltkreis einem Magnetfeld ausgesetzt würde, nur ein nichtmagnetischer Werkstoff für die Umhüllung in Frage käme.

III. Der Anmelder hat am 9. April 1997, unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr, gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt und die Beschwerdebegründung am 18. Juli 1997 eingereicht.

IV. In der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer am 7. Juni 2002 hat der Beschwerdeführer den Antrag gestellt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent aufgrund folgender Unterlagen zu erteilen:

Beschreibung: Seiten 1 bis 4, eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 7. Juni 2002

Ansprüche: 1 bis 3, eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 7. Juni 2002

Zeichnungen: Blatt 1/1 wie ursprünglich eingereicht.

Der Wortlaut des einzigen unabhängigen Anspruchs 1 dieses Antrags lautet:

"1. Vorrichtung zur kontaktlosen Sollwertvorgabe für die Steuerung wertekontinuierlicher Größen mit

einem integrierten Schaltkreis (3), der sich innerhalb einer Umhüllung aus nichtmagnetischem Werkstoff (4) befindet,

einem in den integrierten Schaltkreis (3) mitintegrierten und mit weiteren Teilen des integrierten Schaltkreises (3) in Verbindung stehenden Hall-Sensor (1, 2) und

einem auf den Hall-Sensor (1, 2) magnetisch einwirkenden, außerhalb der Umhüllung angeordneten und in der Position relativ zum Hall-Sensor (1, 2) veränderbaren Permanentmagneten (6, 8, 11), wobei die Stärke des einfallenden Magnetfeldes und damit auch die Stärke des von dem Hall-Sensor (1, 2) abgegebenen Signals unterschiedlich ist und wobei ein drehbarer, ringförmiger Permanentmagnet mit Spalt (13) vorgesehen ist."

V. Zur Begründung seines Antrags trug der Beschwerdeführer folgendes vor:

Es seien zahlreiche integrierte Schaltkreise bekannt, denen kontinuierliche Sollwerte über externe, leitungsgebundene Betätigungselemente, wie z. B. Potentiometer, vorgegeben werden. Es sei Aufgabe der Erfindung, einen kontaklosen Ersatz für solche Betätigungselemente anzugeben. Aus der Druckschrift D1 sei eine Vorrichtung bekannt, in der eine Permanentmagnetanordnung auf einen Hall-Sensor einwirke, der in eine integrierte Schaltung mitintegriert sei. Die bekannte Magnetanordnung könne aber nur parallel zur Sensoroberfläche vorbeibewegt werden. Eine Drehbewegung des Betätigungelements zur Sollwertvorgabe, wie bei leitungsgebundenen Potentiometern, sei in der bekannten Vorrichtung nicht vorgesehen. Ein Fachmann könne dieser Druckschrift auch keine Anleitung zu solch einer Ausgestaltung entnehmen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

2.1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich im wesentlichen dadurch von Anspruch 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung, daß ein drehbarer, ringförmiger Permanentmagnet mit Spalt vorgesehen ist. Diese Ausgestaltungsform ist in den ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbart (vgl. Anspruch 3; Spalte 2, Zeile 52 bis Spalte 3, Zeile 4 der gedruckten Patentanmeldung und Figur 3).

2.2. Eine Differenzschaltung zweier Hall-Sensoren gemäß Anspruch 3 ist weiterhin in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen auf Seite 3, Zeilen 11 bis 13 offenbart.

2.3. Die Beschreibung wurde an die geänderten Ansprüche angepaßt, insbesondere wurden die in Zusammenhang mit den Figuren 1 und 2 beschriebenen Ausgestaltungsformen als nicht erfindungsgemäße Vorrichtungen gekennzeichnet.

2.4. Nach Ansicht der Kammer gehen daher die Änderungen der Beschreibung und der Ansprüche nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus und sind somit gewährbar (Artikel 123 (2) EPÜ).

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. Aus dem Stand der Technik ist bekannt, integrierten Schaltkreisen Sollwerte durch externe Betätigungselemente vorzugegeben. Zur Vorgabe kontinuierlicher Sollwerte werden üblicherweise leitungsgebundene Potentiometer verwendet (wie z. B. bei Lautstärkereglern). Die Verwendung von Potentiometern hat u. a. den Nachteil, daß zusätzliche Anschlüsse benötigt werden und daß ein mechanischer Verschleiß des Potentiometers durch Abnutzung des Schleifers stattfindet (vgl. Spalte 1, Zeilen 5 bis 21 der vorliegenden Anmeldung).

Die vorliegende Anmeldung offenbart eine Vorrichtung zur kontaktlosen, kontinuierlichen Sollwertvorgabe eines integrierten Schaltkreis, welche leitungsgebundene Potentiometer ersetzen kann.

Die Vorrichtung beinhaltet einen integrierten Schaltkreis und einen Hall-Sensor (10), der in den Schaltkreis mitintegriert ist. Das vom Hall-Sensor abgegebene kontinuierliche Signal wird durch ein auf den Sensor einwirkendes Magnetfeld erzeugt und für eine kontinuierliche Steuerung des integrierten Schaltkreises verwendet. Das Magnetfeld wird durch einen drehbaren, ringförmigen Permanentmagnet (11) mit einem Spalt (13) produziert, der sich außerhalb der Umhüllung des integrierten Schaltkreises befindet. Eine Drehung dieses Magnets erzeugt eine Magnetfeldänderung, die eine entsprechende kontinuierliche Änderung des Steuersignals hervorruft (vgl. Figur 3 der vorliegenden Patentanmeldung).

3.2. Aus der Entgegenhaltung D1 ist eine Vorrichtung zur kontaktlosen Sollwertvorgabe bekannt, die einen, in den integrierten Schaltkreis (11, 12) mitintegrierten, Hall-Sensor (10) beinhaltet (vgl. Fig. 1 und Spalte 2, Zeilen 56 bis 60). Ein auf den Hall-Sensor einwirkendes Magnetfeld wird durch eine Magnetvorrichtung erzeugt, die aus zwei Permanentmagneten (31, 32) und einem sie verbindenden, hufeisenförmigen Joch (30) besteht (vgl. Fig. 5 und Spalte 5, Zeilen 7 bis 25). Durch eine lineare Bewegung der Magnetvorrichtung parallel zur Chipoberfläche erzeugt der Hall-Sensor ein kontinuierliches Steuersignal (vgl. Fig. 6 und Spalte 5, Zeilen 25 bis 34). Dieses Signal wird zur Steuerung eines "Schmitt-Triggers" verwendet, der nur zwei bistabile Schaltzustände ("On/Off") ermöglicht (vgl. Fig. 2 und Spalte 3, Zeilen 26 bis 31 und 44 bis 63). Eine Steuerung einer wertekontinuierlichen Größe ist somit in dieser Entgegenhaltung nicht offenbart.

3.4. Die Vorrichtung des Anspruchs 1 der vorliegenden Anmeldung unterscheidet sich von der aus der Entgegenhaltung D1 bekannten Vorrichtung dadurch, daß

i) der integrierte Schaltkreis mit einem nichtmagnetischen Werkstoff umhüllt ist,

ii) das vom Hall-Sensor erzeugte Signal für eine Steuerung wertekontinuierlicher Größen verwendet wird, und

iii) ein drehbarer, ringförmiger Permanentmagnet mit einem Spalt als Magnetvorrichtung verwendet wird.

3.5. Bei einer Verwendung von herkömmlichen Potentiometern wird das Steuersignal durch Drehen eines Betätigungselements beeinflußt. Das Beibehalten dieser Betätigungsform bei einer kontaktlosen Steuervorrichtung ist die Voraussetzung für ein einfaches Austauschen der herkömmlichen Potentiometer durch diese Steuervorrichtung und wird durch die Verwendung eines drehbaren, ringförmigen Permanentmagnets ermöglicht.

In Anbetracht der Entgegenhaltung D1 ist die Aufgabe der Erfindung, eine Vorrichtung zur kontaktlosen Steuerung eines integrierten Schaltkreises anzugeben, die die Steuerung wertekontinuierlicher Größen ermöglicht und die die herkömmlichen Potentiometer in einfacher Weise ersetzen kann.

3.6. Wie in der vorliegenden Anmeldung offenbart, sind integrierte Schaltkreise im allgemeinen bekannt, die ein wertekontinuierliches Steuersignal benötigen. Obwohl in der Entgegenhaltung D1 das vom Hall-Sensor erzeugte Signal verwendet wird, um den integrierten Schaltkreis in einen von zwei möglichen Zuständen zu versetzen (da der integrierte Schaltkreis ein bistabiler "Schmitt-Trigger" ist), würde ein Fachmann es als naheliegend erachten, das Signal des Hall-Sensors (VH), welches an sich kontinuierlich und direkt proportional zum angelegten Magnetfeld ist (vgl. D1, Spalte 1, Zeile 71 bis Spalte 2, Zeile 5), auch für ein kontinuierliches Steuern einer Größe eines Schaltkreises zu verwenden.

Der Beschwerdeführer hat während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer geltend gemacht, daß ein Vorurteil gegen solch eine Anwendung bestehe, da das vom Hall-Sensor produzierte Signal sehr schwach und deshalb sehr rauschempfindlich sei. Die Kammer kann aber diesem Argument nicht zustimmen, da die vorliegende Anmeldung keine Maßnahmen offenbart, die diesen Nachteil überwinden. Die Kammer ist andererseits der Meinung, daß der technische Fortschritt, der zwischen der Erteilung des Patents D1 (27. Juli 1971) und dem Prioritätsdatum der vorliegenden Anmeldung (17. März 1989) stattgefunden hat, die Herstellung von Hall-Sensoren mit verbesserten Eigenschaften ermöglicht, die daher für eine kontinuierliche Anwendung geeignet wären.

3.7. Der Fachmann findet aber in der Entgegenhaltung D1 keinen Lösungsansatz, um ein konventionelles Potentiometer durch eine kontaktlose Vorrichtung, unter Beibehaltung des Drehens eines Betätigungselements, in einfacher Weise zu ersetzen, da die in dieser Entgegenhaltung offenbarte Magnetvorrichtung nur eine lineare Bewegung des Betätigungselements ermöglicht und für das Umsetzen einer Drehbewegung ungeeignet ist.

Die vorliegende Ausgestaltung der Magnetvorrichtung als ein drehbarer, ringförmiger Permanentmagnet mit einem Spalt ist auch nicht aus der im Prüfungsverfahren genannten Entgegenhaltung: Patent Abstracts of Japan, vol. 7, no. 272 (E-214)(1417), 3 Dezember 1983 & JP-A-58154 264 (= D2), bekannt.

3.8. Die Kammer kommt aufgrund dessen zu der Entscheidung, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 sich nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt und deshalb den Erfordernissen der Artikel 52 (1) und 56 EPÜ genügt.

Die Ansprüche 2 und 3, die auf besondere Ausführungsformen der Erfindung nach Anspruch 1 gerichtet sind, haben zusammen mit Anspruch 1 Bestand.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Verfahren wird an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

Beschreibung: Seiten 1 bis 4, eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 7. Juni 2002

Ansprüche: 1 bis 3, eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 7. Juni 2002

Zeichnungen: Blatt 1/1 wie ursprünglich eingereicht.

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