T 0826/97 (Düngerstreuer/AMAZONEN-WERKE) of 13.4.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T082697.20000413
Datum der Entscheidung: 13 April 2000
Aktenzeichen: T 0826/97
Anmeldenummer: 92902550.0
IPC-Klasse: A01C 17/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zur Ermittlung der für eine gewünschte Streubreite und Streumenge benötigten Einstellwerte eines Düngerstreuers für eine Düngersorte
Name des Anmelders: Amazonen-Werke H. Dreyer GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: Rauch Landmaschinenfabrik GmbH
Massland N.V.
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 123
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen das europäische Patent Nr. 0 567 495 wurden zwei Einsprüche eingelegt mit dem Antrag, das Patent zu widerrufen. Mit der am 11. Juli 1997 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung wurde das Patent in geänderter Fassung aufrechterhalten.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende II) am 18. Juli 1997 unter gleichzeitiger Bezahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt und diese am 7. November 1997 begründet.

Mit der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin die folgenden Druckschriften eingereicht:

E7: DIPANKAR DE, Flow Behaviour of Chemical Fertilizers as Affected by their Properties, herausgegeben von The British Society for Research in Agricultural Engineering, 1989, Seiten 235 bis 249;

E8: ISO Norm 5690/1, 1985 (E), Equipment for distributing fertilizers - Test methods - Part 1: Full width fertilizer distributors, 3 Frontseiten und Seiten 1 bis 9;

E9: Prüfrahmen für eine gemeinsame deutsch-dänisch-niederländische Prüfung von Mineraldüngerstreuern, DLG-Prüfungs-Abteilung, Dezember 1990, Seiten 1 bis 14.

III. Am 13. April 2000 ist mündlich verhandelt worden, wobei für die weitere Beteiligte (Einsprechende I), die am 15. August 1997 erklärt hatte, auf alle weitere Zustellungen im Beschwerdeverfahren zu verzichten (siehe Blatt 10 der Beschwerdeakte), niemand erschien. Während der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) geänderte Ansprüche 1. und 6 vorgelegt, die wie folgt lauten:

"1. Verfahren zur Ermittlung der für eine gewünschte Streubreite und Streumenge benötigten Einstellwerte eines Düngerstreuers (2) für eine Düngersorte, gekennzeichnet durch die folgenden Schritte:

1. es werden zunächst im Großversuch mit einem Düngerstreuer (2) für verschiedene Düngersorten die für verschiedene Streu- und/oder Arbeitsbreiten und Streumengen erforderlichen Einstellwerte dieses Düngerstreuers ermittelt und auf einem Datenträger festgehalten;

2. es werden gleichzeitig mit mengenmäßig wesentlich kleineren, Gramm/Kilogramm-Bereich, Proben der jeweiligen Düngersorte wenigstens zwei düngerspezifische Werte nämlich das Reibrollverhalten (B) und als weiterer wenigstens einer der folgenden Werte Schwebegeschwindigkeit (G), Reindichte (C), Schüttdichte (E), Korngrößenspektrum (D) und/oder Schüttwinkel (f) ermittelt und

3. es werden dann diesen düngerspezifischen Werten (B, C, D, E, F, G) den im parallelen Großversuch für diese Sorte ermittelten Einstellwerten zugeordnet und auf einem Datenträger festgehalten;

4. es werden dann bei Vorlage einer hinsichtlich ihrer physikalischen Eigenschaften unbekannten Düngersorte anhand von Proben, entsprechend Schritt 2. dieser Sorte die wenigstens zwei düngerspezifischen Werte entsprechend Schritt 2. für diese Sorte ermittelt und

5. es werden dann für die unter 4. ermittelten düngerspezifischen Werte die zugehörenden auf dem Datenträger festgehaltenen Einstellwerte für den Düngerstreuer entnommen."

"6. Vorrichtung zur Ermittlung der für eine gewünschte Streubreite und Streumenge benötigten Einstellwerte, eines Düngerstreuers

gekennzeichnet durch

1. einen Datenträger, auf dem für einen Düngerstreuer im Großversuch für verschiedene Düngersorten ermittelte Einstellwerte und dazugehörige anhand von kleinen Proben dieser Düngersorte ermittelte düngerspezifische Werte festgehalten sind, durch

2. wenigsten zwei Meßvorrichtungen, (11,19,30,34,46,48,56) mit denen anhand von mengenmäßig kleinen Proben, Gramm/Kilogramm-Bereich, wenigstens zwei düngerspezifische Werte nämlich das Reibrollverhalten (B), und als weiterer wenigstens einer der folgenden Werte Schwebegeschwindigkeit (G), Reindichte (C), Schüttdichte (E), Korngrößenspektrum (D), und/oder Schüttwinkel (F) ermittelbar sind und durch

3. Mittel, mit denen für die ermittelten düngerspezifischen Werte die zugehörenden auf dem Datenträger festgehaltenen Einstellwerte entnehmbar sind."

IV. Während der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin ihre Argumente in Bezug auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit nur auf die folgenden Druckschriften gestützt:

E1: LELY Druckschrift "Streutabellen zum Centerliner CB/CB-S (A-HD.004.06.90)", zwölf Blätter;

E2: Lely Druckschrift "Duengerklassen, in Verbindung mit Streumengentabellen (A-HD.004.0590) für Centerliner CB/CB.S" (DSM-Bruchteilmessgeraet), zwei Blätter;

E6: Artikel von M. Brübach, Mineraldüngerstreuer - Bewährtes und Neues, in Landtechnik 14, Mitte Juli 1972, Seiten 327, 328, 330 und 331;

und erklärt, sie lasse die Argumente fallen, die sie während der schriftlichen Phase des Beschwerdeverfahrens in Verbindung mit den Druckschrift DE-A-3 641 080 (E5) vorgebracht hatte.

V. Insgesamt hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen vorgetragen, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 6 über den Inhalt der ursprünglichen Patentanmeldung hinausgehe und daß dieser Gegenstand ausgehend vom Stand der Technik, der sich aus den Druckschriften E1 und E2 ergibt, und im Hinblick auf die Druckschrift E6 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

VI. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf Basis der folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche: 1 bis 7, in der letzten, in der mündlichen Verhandlung am 13. April 2000 überreichten Fassung;

- Beschreibung, Spalten 1, 2 und 5 bis 13 wie erteilt; Spalten 3 und 4 wie überreicht in der mündlichen Verhandlung am 13. April 2000;

- Zeichnungen, Figuren 1 bis 11 wie erteilt.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Beanspruchter Gegenstand und Änderungen

2.1. Anspruch 1 ist auf ein Verfahren zur Ermittlung der für die gewünschte Streubreite und Streumenge benötigten Einstellwerte eines Düngerstreuers für eine Düngersorte gerichtet.

2.1.1. Unter Einstellwerten sind z.B. die Anbauhöhe oder der Anbauwinkel des Düngerstreuers, die Winkeleinstellung der Schaufeln, die Schaufellänge oder die Auswahl der Schleuderscheiben oder deren Drehzahl zu verstehen (siehe die Beschreibung des Patentes: Spalte 5, Zeilen 20. bis 29; Spalte 6, Zeilen 43 bis 47). Mit anderen Worten, die Einstellwerte sind diejenigen Einstelldaten eines bestimmten Düngerstreuers, die es ermöglichen, eine gleichmäßige Düngerverteilung über die gewünschte Arbeitsbreite für einen bestimmten Düngertyp zu erreichen.

2.1.2. Das Verfahren nach Anspruch 1 ist durch fünf Schritte gekennzeichnet:

Mit dem ersten Schritt werden im Großversuch, d.h. mit sehr großen Mengen Dünger, für verschiedene Düngersorten die für verschiedene Streubreiten und Streumengen jeweils erforderlichen Einstellwerte ermittelt und auf einem Datenträger festgehalten (siehe Beschreibung des Patentes, Spalte 5, Zeilen 18 bis 34). Dieser Schritt entspricht im wesentlichen der Erstellung der von den Maschinenherstellern herausgegebenen Streutabellen.

In einem zweiten Schritt werden gleichzeitig mit kleineren Proben der jeweiligen Düngersorten, mit denen der erste Schritt durchgeführt wurde, für jede Düngersorte mindestens zwei physikalische Werte ermittelt. Einer dieser Werte muß das Reibrollverhalten sein. Der oder die weitere(n) Wert)e) ist/sind aus fünf düngerspezifischen Eigenschaften auszuwählen, nämlich der Schwebegeschwindigkeit, der Reindichte, der Schüttdichte, dem Körngrößenspektrum und/oder dem Schüttwinkel.

Der zweite Schritt ist dem ersten insofern zugeordnet, als für jede der zur Ermittlung der Einstellwerte gemäß dem ersten Schritt im Großversuch verwendete Düngersorte eine kleinere Probe entnommen wird und für jede dieser kleineren Proben die vorgenannten düngerspezifischen Werte ermittelt werden.

Mit dem dritten Schritt wird über einen Datenträger für jede Düngersorte eine Zuordnung zwischen den gemäß dem ersten Schritt ermittelten Einstellwerten und den gemäß dem zweiten Schritt ermittelten düngerspezifischen Werten geschaffen.

Mit dem vierten Schritt werden für eine Düngersorte, deren physikalische Eigenschaften noch unbekannt sind, anhand von Proben die düngerspezifischen Werte entsprechend dem zweiten Schritt ermittelt.

Mit dem fünften Schritt werden aufgrund der durch den vierten Schritt ermittelten Eigenschaften der Düngersorte - dank der durch den dritten Schritt geschaffenen Zuordnung - die für diese Düngersorte erforderlichen Einstellwerte des Düngerstreuers entnommen. Mit anderen Worten, die Eigenschaften der Düngersorte werden den nach dem zweiten Schritt ermittelten Eigenschaften verschiedener anderer Düngersorten gegenübergestellt und daraus die Einstellwerte für die untersuchte Düngersorte abgeleitet.

2.2. Der Anspruch 6 ist auf eine Vorrichtung gerichtet, die mit einem Datenträger, auf dem die gemäß den Verfahrensschritten 1 bis 3 ermittelten Informationen festgehalten sind (siehe das Merkmal 1), und Mitteln, die sich zur Durchführung der Verfahrensschritte 4 und 5 eignen (siehe die Merkmale 2 und 3), versehen ist.

2.3. Die Änderungen der Ansprüche 1 und 6 bestehen im wesentlichen darin, daß die Merkmale im erteilten Anspruch 1 bzw. 6

a) "es wird gleichzeitig ... wenigstens ein düngerspezifischer Wert, wie Reibrollenverhalten (B), Schwebegeschwindigkeit (G), Reindichte (C), Schüttdichte (E), Korngrößenspektrum (D), Fließverhalten (A) und/oder Schüttwinkel (F) ermittelt"

bzw.

b) "wenigstens eine Meßvorrichtung, mit der ... wenigstens ein düngerspezifischer Wert, wie Reibrollenverhalten (B), Schwebegeschwindigkeit (G), Reindichte (C), Schüttdichte (E), Korngrößenspektrum (D), Fließverhalten (A) und/oder Schüttwinkel (F) ermittelbar ist"

durch die folgenden Merkmale ersetzt werden:

a') "es werden gleichzeitig ... wenigstens zwei düngerspezifische Werte, nämlich das Reibrollverhalten (B) und als weiterer wenigstens einen der folgenden Werte, Schwebegeschwindigkeit (G), Reindichte (C), Schüttdichte (E), Korngrößenspektrum (D), und/oder Schüttwinkel (F) ermittelt"

bzw.

b') "wenigstens zwei Meßvorrichtungen, mit denen ... wenigstens zwei düngerspezifische Werte, nämlich das Reibrollverhalten (B) und als weiterer wenigstens einen der folgenden Werte, Schwebegeschwindigkeit (G), Reindichte (C), Schüttdichte (E), Korngrößenspektrum (D), und/oder Schüttwinkel (F) ermittelbar sind".

2.3.1. Durch diese Änderung wird zum einen bestimmt, daß die Ermittlung vom mindestens zwei düngerspezifischen Werten erforderlich ist, zum anderen festgelegt, daß die Ermittlung des Reibrollverhaltens unbedingt erforderlich ist, und schließlich werden die düngerspezifischen Werte angegeben, aus welchen der weitere Wert bzw. die weiteren Werte auszuwählen ist bzw. sind. Die düngerspezifischen Werte sind aufgrund der Änderung eindeutig und abschließend definiert, wobei der Wert "Fließverhalten" gestrichen worden ist.

Durch diese Änderung wird der Schutzbereich (Artikel 123 (3) EPÜ) gegenüber der erteilten Fassung eingeschränkt.

2.3.2. Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, aus den ursprünglichen Patentunterlagen gehe nicht hervor, daß die Ermittlung des Reibrollverhaltens unbedingt erforderlich sei. Daher seien die Ansprüche 1 und 6 so geändert worden, daß ihr Gegenstand über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinausgehe (Artikel 123 (2) EPÜ).

Dazu möchte die Kammer auf folgendes hinweisen:

- Es geht aus der Beschreibung der ursprünglich eingereichten Anmeldung eindeutig hervor (siehe WO-A-92/12620, Seite 16, letzter Absatz bis Seite 17, erste Zeile), daß es auch über "einige der charakteristischen Düngereigenschaften" möglich ist, auf die Einstellwerte des Düngerstreuers zu schließen.

- Die Ansprüche 1 und 6 in der ursprünglich eingereichten Fassung beziehen sich auf die Ermittlung wenigstens eines düngerspezifischen Wertes und geben nach dem Ausdruck "wie" sieben verschiedene Parameter (Reibrollverhalten, Schwebegeschwindigkeit, Reindichte, Schüttdichte, Korngrößenspektrum, Fließverhalten und Schüttwinkel) an, aus welchen "mindestens ein ... Wert" auszuwählen ist. Bei der Auflistung dieser Parameter in den Ansprüchen sowie in der Beschreibung (WO.A-92/12620, Seite 6, 2. Absatz) in ihrer ursprünglichen Fassung ist das Reibrollenverhalten regelmäßig an erster Stelle angeführt.

- Darüber hinaus wird schon in der ursprünglichen Fassung der Beschreibung angegeben (siehe WO-A-92/12620, Seite 7, letzte Zeile bis Seite 8, dritte Zeile; Seite 17, Zeilen 1 bis 10), daß insbesondere Reibrollverhalten, Reindichte und Korngrößenspektrum (in dieser Reihenfolge) eindeutige Aussagen über die Streueigenschaften eines Düngers erlauben.

Die ursprünglichen Unterlagen enthalten somit nicht nur die Angabe, daß die Ermittlung eines düngerspezifischen Wertes an sich genügt, sondern auch die Information, daß das Reibrollverhalten als düngerspezifischer Wert ermittelt werden kann und daß dem Reibrollverhalten eine besondere Bedeutung zukommt. Deswegen kann ein Fachmann aus den ursprünglichen Unterlagen herleiten, daß das Reibrollverhalten zusammen mit anderen düngerspezifischen Werten als Vergleichsbasis genommen werden kann.

Daher kann die Kammer der gegenteilige Argumentation der Beschwerdeführerin nicht folgen.

2.3.3. Die weiteren Änderungen an den Ansprüche 1 und 6 sowie die Streichung des erteilten Anspruchs 8 bezwecken die Anpassung der Ansprüche an die vorgenommenen Änderungen (2.3 oben), sowie die Beseitigung einiger sprachlich bedingter Unklarheiten.

Die Beschreibung wurde lediglich an die geänderten Ansprüche angepaßt.

2.3.4. Die vorgenommenen Änderungen verstoßen deshalb nicht gegen die Erfordernisse des Artikels 123 EPÜ.

3. Neuheit

Der Gegenstand der während der mündlichen Verhandlung vorgelegten Ansprüche 1 und 6 ist neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ. Dies wurde auch nicht bestritten.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Aus der Druckschrift E1, die sich auf die Streutabellen für den Düngerstreuer des Typs "Centerliner CB/CB-S" der Firma Lely bezieht, ist ein Verfahren zur Ermittlung der für eine gewünschte Streubreite und Streumenge benötigten Einstellwerten dieses Düngerstreuers für bestimmte Düngersorten bekannt.

Es ist davon auszugehen, daß zur Erstellung solcher Streutabellen die für verschiedene Streubreiten und Streumengen erforderlichen Einstellwerte im Großversuch für verschiedene Düngersorte ermittelt werden. Die Tabellen beziehen sich auf fünf verschiedene Düngertypen, nämlich "Grobkörner" (4. und 5. Blatt), "Mittelgrobkörner" (6. und 7. Blatt), "Feinkörner" (8. Blatt), "Kali 60 - Grobkörner" (9. und 10. Blatt) und "Kali 60 - Mittelgrobkörner" (11 und 12. Blatt). Ausgehend von der gewünschten Streubreite und Streumenge können mittels dieser Streutabelle Einstellwerte des Düngerstreuers, z.B. die Schieberstellung, die Schrägstellung und die zu montierende Zahnradkombination (siehe 2. Blatt) bestimmt werden.

4.2. Hinsichtlich der Druckschrift E1 hat die Beschwerdeführerin wie folgt argumentiert:

Die Bezeichnung "Kali 60" vermittle dem Fachmann die Information, daß es sich dabei um einen Dünger handelt, der eckige Körner hat (Dies wurde von der Beschwerdegegnerin nicht betritten). Daher offenbare die Druckschrift E1 in impliziter Weise die Ermittlung eines ersten düngerspezifischen Wertes, der sich insofern auf die Kornform bezieht, als der fachkundige Leser der Streutabellen die Düngersorten mit "eckigen" Körnern ("Kali 60 - Grobkörner" und "Kali 60 - Mittelgrobkörner") von den Düngersorten mit sphärischen, d.h. "nicht eckigen" Körnern ("Grobkörner", "Mittelgrobkörner" und "Feinkörner") unterscheiden kann.

Außerdem enthalte die Druckschrift E1 eine Fototabelle für Kunstdüngerarten, die sich auf "Grobkörner", "Mittelgrobkörner" und "Feinkörner" bezieht (siehe 3. Blatt). Daher offenbare die Druckschrift E1 auch die Ermittlung eines zweiten düngerspezifischen Wertes, der sich auf die Korngröße bezieht. Diese zwei düngerspezifischen Werten seien somit den im Großversuch ermittelten Einstellwerten zugeordnet.

Der Benutzer eines Düngerstreuers, auf welchen sich die Streutabellen beziehen, würde bei einer unbekannten Düngersorte anhand einer mengenmäßigen kleinen Probe feststellen, ob es sich sowohl um "eckige" bzw. "nicht-eckige" als auch "grobe", "mittelgrobe" oder "feine" Körner handelt. Er würde zuerst die zwei oben genannten düngerspezifische Werte für die unbekannte Sorte ermitteln und dann für diese düngerspezifischen Werte die zugehörenden auf den Streutabellen angegebenen Einstellwerte entnehmen.

Die Druckschrift E1 stelle einen Datenträger dar, auf dem die im Großversuch für verschiedene Düngersorten ermittelten Einstellwerte und die dazugehörigen ermittelten düngerspezifischen Werte festgehalten sind. Aufgrund der in dieser Druckschrift enthaltenen Informationen könne der Benutzer eines Düngersteuers zwei düngerspezifische Werte ermitteln. Darüber hinaus offenbare die Druckschrift E2, die sich auch auf den Düngerstreuers des Typs "Centerliner CB/CB-S" bezieht, eine Meßvorrichtung, mit der anhand von mengenmäßigen Proben die Korngröße ermittelbar ist.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 6 unterscheide sich von diesem Stand der Technik im wesentlichen dadurch, daß einer der zwei düngerspezifischen Werte das Reibrollverhalten ist bzw. daß eine Meßvorrichtung zur Ermittlung des Reibrollverhalten vorgesehen ist.

Die Wahl des Reibrollverhaltens als entscheidender Parameter anstatt der Kornform (wie in der Druckschrift E1) sei für einen Fachmann im Hinblick auf die Druckschrift E6 naheliegend. In dieser Druckschrift (siehe Seite 327) werden nämlich mehrere Düngereigenschaften aufgelistet, die für die Ausbringung des Düngers von großen Einfluß sind. Unter diesen gebe es neben der Korngröße und der Kornform auch das Reibungsverhalten.

Es sei daher für den Fachmann naheliegend, zu den beanspruchten Gegenständen zu gelangen.

4.3. Die Kammer kann den obigen Argumenten der Beschwerdeführerin aus den nachstehenden Gründen nicht folgen:

4.3.1. Die Druckschrift E6 (siehe Seite 327, rechte Spalte) enthält die sich auf die physikalischen Eigenschaften des Düngemittels beziehende Angabe:

"Insbesondere können folgende Eigenschaften für Lagerung und Ausbringung von großem Einfluß sein:

1. Korngrößenzusammensetzung

2. Kornform

3. Kornfestigkeit gegen mechanische Beanspruchung

4. Kornstabilität gegen Umwelteinflüsse

5. Korndichte

6. Schüttdichte

7. Reibungsverhalten

8. Schwebegeschwindigkeit" (Hervorhebung hinzugefügt).

Es wird aber in dieser Druckschrift nicht definiert, was unter dem Ausdruck "Reibungsverhalten" zu verstehen ist.

Die Beschwerdegegnerin hat vorgetragen, daß das Reibungsverhalten sich auf die "interne" Reibung, d.h. die Reibung der Körner untereinander bezieht, die für den sogenannten Schüttwinkel maßgebend ist. Angesichts der Tatsache, daß der Ausdruck "Schüttwinkel" in der oben genannten Auflistung der physikalischen Eigenschaften nicht enthalten ist, erscheint dieser Vortrag der Beschwerdegegnerin glaubhaft. Es ist auch zu bemerken, daß die Beschwerdeführerin nicht bewiesen hat, daß das in der Druckschrift E6 erwähnte "Reibungsverhalten" mit dem "Reibrollverhalten" gemäß dem angefochtenen Patent gleichzustellen ist, welches das Verhalten des Düngers auf der Schleuderscheibe und in der Wurfschaufel feststellt.

Man kann daher nicht davon ausgehen, daß die Druckschrift E6 auf die Bedeutung des Reibrollverhaltens hinweist.

4.3.2. Ohne Zweifel ist der Druckschrift E1 (siehe insbesondere Fototabelle auf Seite 2, die auf "Grobkörner", "Mittelgrobkörner" und "Feinkörner" abstellt) zu entnehmen, daß anhand einer kleinen Probe ein düngerspezifischer Wert (nämlich die Körnergröße) ermittelt werden kann. Darüber hinaus kann man jedoch dieser Druckschrift nicht auch den Hinweis entnehmen, daß gleichzeitig zu den Großversuchen, bei welchen die Streutabellen für die verschiedenen Düngersorte erstellt wurden, anhand von Proben der jeweiligen Düngersorten die Körnergröße (als düngerspezifischer Wert) ermittelt wurde. Mit anderen Worten: Es geht aus der Druckschrift E1 nicht hervor, daß jede der zur Erstellung der Streutabellen im Großversuch abgestreuten Düngersorten auch auf der Fototabelle (als Datenträger) abgebildet ist. Es ist in diesem Zusammenhang zu bemerken, daß die Druckschrift E1 Streutabellen für fünf verschiedene Düngertypen ("Grobkörner", "Mittelgrobkörner", "Feinkörner", "Kali 60 - Grobkörner" und "Kali 60 - Mittelgrobkörner") enthält, während die Fototabelle nur drei Bilder ("Grobkörner", "Mittelgrobkörner", "Feinkörner") aufweist.

4.4. Angesichts der Ausführungen im vorstehenden Abschnitt 4.3.1. vermittelt die Druckschrift E6 dem Fachmann nicht die Lehre, daß das Reibrollverhalten einen einflußreichen charakterischen Wert des Düngers darstellt, aufgrund dessen die Einstellwerte für eine unbekannte Düngersorte ermittelt werden könnten.

4.5. Es ist auch festzustellen, daß in den Druckschriften E7 bis E9 mehrere physikalische Eigenschaften des Düngers erwähnt werden (in E7: Körnergröße, "segregation", Kornfestigkeit, "caking", Feuchtigkeitgehalt, Schüttdichte und Schüttwinkel, siehe Seiten 236 bis 242; in E8: Körnergröße, Schüttdichte, Feuchtigkeitgehalt und Schüttwinkel, siehe Seite 2, Abschnitt 4.2.2; in E9: Schüttdichte, Korngrößenspektrum, Feuchtegehalt und Schüttwinkel, siehe Seite 6, Abschnitt 2.2), nicht aber das Reibrollverhalten.

4.6. Der Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 6 basiert auf der Idee, das Reibrollverhalten als maßgebenden charakterischen Wert auszuwählen und aufgrund der Ermittlung dieses düngerspezifischen Wertes und eines weiteren Wertes die Einstellwerte für den Düngerstreuer zu bestimmen.

Im Hinblick auf die obige Ausführung kann diese Idee dem vorliegenden Stand der Technik nicht entnommen werden.

Daher ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 6 für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik (Artikel 56 EPÜ).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten;

- Ansprüche 1 - 7 gemäß letzter, in der mündlichen Verhandlung überreichten Fassung,

- Beschreibung: Spalten 1, 2 und 5 - 13 wie erteilt; Spalten 3 und 4 wie überreicht in der mündlichen Verhandlung,

- Figuren 1 - 11 wie erteilt.

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