European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2001:T077897.20010110 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 10 Januar 2001 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0778/97 | ||||||||
Anmeldenummer: | 92112630.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | C23C 8/36 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Vakuumofen zur Plasmaaufkohlung metallischer Werkstücke | ||||||||
Name des Anmelders: | Ipsen International GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | ALD Vacuum Technologies | ||||||||
Kammer: | 3.2.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das europäische Patent Nr. 0 535 319 hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) Beschwerde eingelegt.
Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit) angegriffen worden.
II. In ihrer Beschwerdebegründung wies die Beschwerdeführerin neben den bereits in der angefochtenen Entscheidung herangezogenen Druckschriften
D1: DE-C-3 736 501
D2: US-A-4 906 182
D3: VDI-Z Band 122, Nr. 22, November 1980, Seiten 1021 bis 1028
noch auf die Druckschrift
D4: US-A-4 124 199
hin. Sie vertrat die Meinung, der Gegenstand von Anspruch 1 des Streitpatents ergebe sich in naheliegender Weise durch die Zusammenschau der Lehren der Druckschriften D4 und D1.
III. In ihrer Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 19. Mai 2000 wurde seitens der Kammer in einer vorläufigen Bewertung der Sachlage zusätzlich auf die im Europäischen Recherchenbericht genannte Druckschrift
D5: JP-A-01123059
hingewiesen. Die Lehre dieser Druckschrift betreffe - wie im übrigen auch Druckschrift D4 - einen Vakuumofen zur Plasmabehandlung metallischer Werkstücke und sei somit bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes von Anspruch 1 des Streitpatents möglicherweise in Betracht zu ziehen.
IV. Am 10. Januar 2001 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt, an deren Ende die Antragslage wie folgt war:
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte
- die Beschwerde zurückzuweisen oder
- die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geändertem Umfang auf der Basis der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsanträge (1 oder 2) aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patentes. Weiterhin wurde beantragt, die erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Hilfsanträge 1 und 2 als verspätet zu betrachten und somit vom weiteren Verfahren auszuschließen.
Anspruch 1 des Hauptantrags lautet:
"Vakuumofen zur Plasmaaufkohlung metallischer Werkstücke in einem künstlich erzeugten elektrischen Feld mittels eines kohlenstoffhaltigen Gases mit einer elektrischen Heizeinrichtung, einer Vakuumpumpe zur Erzeugung eines Vakuums in der Heizkammer sowie Gaseinlaßöffnungen, mittels derer von einem Gebläse gefördertes und über einen Wärmetauscher geführtes Kühlgas der Charge zugeführt wird,
dadurch gekennzeichnet,
daß das als Druckbehälter ausgebildete Ofengehäuse (1) hinsichtlich seiner zulässigen Druckbelastung sowie der Antrieb (4) des Gebläses (25) hinsichtlich des beim Kühlen der Charge (7) erreichbaren Gasdrucks auf einen Druck von mindestens 10 bar ausgelegt sind und die das Kühlgas führenden Gaseinlaßöffnungen (9) in der Heizkammer (6) angeordnet und auf die Charge (7) ausgerichtet sind."
Der kennzeichnende Teil von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet:
"1. ....dadurch gekennzeichnet, daß das als Druckbehälter ausgebildete Ofengehäuse (1) hinsichtlich seiner zulässigen Druckbelastung sowie der Antrieb (4) des Gebläses (25) hinsichtlich des beim Kühlen der Charge (7) erreichbaren Gasdrucks auf einen Druck von mindestens 10 bar ausgelegt sind, daß die Heizkammer (6) ringförmig von einer Verteilerkammer (10) zur Zuführung des Kühlgases zu den Gaseinlaßöffnungen (9) umschlossen ist, wobei die Verteilerkammer (10) von einem in dem Ofengehäuse (1) angeordneten Mantel (18) umschlossen ist und sich zwischen Mantel (18) und Ofengehäuse (1) ein Ringraum (26) zur Rückführung des Kühlgases befindet, und daß die das Kühlgas führenden Gaseinlaßöffnungen (9) in der Heizkammer (6) angeordnet und auf die Charge (7) ausgerichtet sind."
Der kennzeichnende Teil von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet:
"1. ....dadurch gekennzeichnet, daß das als Druckbehälter ausgebildete Ofengehäuse (1) hinsichtlich seiner zulässigen Druckbelastung sowie der Antrieb (4) des Gebläses (25) hinsichtlich des beim Kühlen der Charge (7) erreichbaren Gasdrucks auf einen Druck von mindestens 10 bar ausgelegt sind, daß die Heizkammer (6) ringförmig von einer Verteilerkammer (10) zur Zuführung des Kühlgases zu den Gaseinlaßöffnungen (9) umschlossen ist, wobei die Verteilerkammer (10) von einem in dem Ofengehäuse (1) angeordneten Mantel (18) umschlossen ist und sich zwischen Mantel (18) und Ofengehäuse (1) ein Ringraum (26) zur Rückführung des Kühlgases befindet, und daß die das Kühlgas führenden Gaseinlaßöffnungen (9) in der Heizkammer (6) angeordnet und auf die Charge (7) ausgerichtet sind und daß an der Innenwand des Ofengehäuses (1) den Mantel (18) durchdringende Chargenstützen (8) befestigt sind, wobei die Chargenstützen (8) zum Mantel (18) hin elektrisch isoliert sind und der kathodenseitige elektrische Anschluß durch mindestens eine der Chargenstützen (8) hindurch erfolgt."
V. Die Beschwerdeführerin hat folgende Argumente vorgetragen:
Da ausschließlich die Druckschriften D4 und D5 Vakuum-Wärmebehandlungsöfen mit der Möglichkeit zur Plasmabehandlung von metallischen Werkstücken vorsähen, bildeten diese den nächstkommenden Stand der Technik. Insbesondere Druckschrift D4 beschreibe einen Vakuumofen zum Plasmacarburieren von eisenhaltigen Metallteilen. Dieser Ofen weise eine elektrische Heizeinrichtung, eine Vakuumpumpe, einen Wärmetauscher und ein Gasgebläse auf, mit dem ein Kühlgas auf die heiße Charge geführt werden könne. Über eine Durchführung durch den Mantel sei die Charge mit einer Gleichstromquelle zur Erzeugung eines Plasmas verbunden, wobei der positive Pol am Gehäuse und an Erde liege. Alle Merkmale des Oberbegriffs von Anspruch 1 seien somit aus Druckschrift D4 bekannt. Nach dem Plasmanitrieren bzw. Plasmacarburieren könnten die Werkstücke entweder in ein in einer getrennten Kammer bereitstehendes flüssiges Kühlmedium getaucht und abgeschreckt werden oder aber mit Hilfe eines Kühlgases in der Behandlungskammer gekühlt werden. Allerdings sei nach Druckschrift D4 weder das Ofengehäuse noch der Kühlgebläsemotor für einen Kühlgasdruck von 10 bar oder höher ausgelegt. Sehe sich der Fachmann nun mit dem Problem konfrontiert, die Kühlwirkung bzw. die Abschreckintensität des Kühlgases erheblich zu steigern, um die gewünschte Abschreckgeschwindigkeit zu erreichen, so sei ihm z.B. aus D1 oder der allgemeinen Fachliteratur bekannt, daß eine beträchtliche Erhöhung der Kühlwirkung des Gases durch eine Druckerhöhung und/oder die Art des Kühlgases erreicht werden könne. Es sei somit für den Fachmann naheliegend gewesen, zur Lösung der gestellten Aufgabe den aus D4 bekannten Vakuum-Plasmawärmebehandlungsofen und die mit ihm verbundenen Bauteile wie Gebläse usw. für einen erhöhten Gasdruck auszulegen und Helium oder Wasserstoff als Kühlmedium zu wählen. Die intensivere Kühlwirkung von Gasen unter erhöhtem Druck zeigen z. B. die Druckschriften D1 oder D3. Im Falle der Wahl von Druckschrift D5 als nächstkommenden Stand der Technik ergebe sich die gleiche Bewertung der erfinderischen Tätigkeit. Die im Anspruch 1 der Hilfsanträge genannten zusätzlichen konstruktiven Merkmale des Vakuumofens seien aus Druckschrift D2, Figur 1, hinlänglich bekannt. Dort werde bereits darauf hingewiesen, daß die Kühlung der Charge auch bei erhöhten Kühlgasdrücken erfolgen kann. Somit beruhten die Gegenstände der Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 und 2 ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die Beschwerdegegnerin hat folgende Argumente vorgetragen:
Der Gegenstand von Anspruch 1 richte sich auf einen Vakuumofen zur Plasmaaufkohlung, wobei eine Ionisierung des kohlenstoffhaltigen Gases erzeuge und so eine schnellere Aufkohlung erreicht werde. Das Härten der aufgekohlten Bauteile erfordere ein schnelles Abschrecken. Es sei deshalb wesentlich, zwischen Abkühlen (cooling) und Härten (quenching) in den genannten Druckschriften zu unterscheiden, denn durch Abkühlen allein werde kein Härtungseffekt erzielt. Allein durch ein Hochdruck-Gasabschrecken werde ein Härten der aufgekohlten Bauteile erreicht. Der beanspruchte Vakuumofen sei deshalb konstruktiv so ausgelegt gewesen, daß er eine Vorrichtung zur Erzeugung eines Plasmas enthalte und einer Druckbelastung von mindestens 10 bar standhalte. Auch alle anderen gasführenden Bauteile wie der Antrieb des Gasgebläses, die Gas-Rohrleitungen innerhalb des Ofens und die Abdichtungen der Stromzuführungen durch den Ofenmantel zur Erzeugung des Plasmas seien an die erhöhte Druckbelastung konstruktiv angepaßt.
Weder der Vakuumofen nach Druckschrift D4 noch derjenige nach D5 eigne sich für eine erhöhte Druckbelastung, insbesondere nicht für Drücke von mehr als 10 bar. Der Ofen nach Druckschrift D5 sei allein zum Plasmanitrieren bei Normaldruck vorgesehen, denn die durch das Gas erzeugte Kühlwirkung reiche für eine Härtung nach dem Plasmacarburieren nicht aus. Aus diesem Grund empfehle auch Druckschrift D4 in Spalte 3, Zeilen 41 bis 43, die Charge nach dem Plasmacarburieren in eine zweite, getrennte Kammer zu bringen und dort mit einem flüssigen Kühlmedium abzuschrecken (quenching). Ferner seien bei der Ofenanlage nach D4 Aggregate wie Kühlgasgebläse, Wärmetauscher und Rohrleitungen außerhalb des Ofen angeordnet, was bei den vorgesehenen hohen Gasdrücken von 10 bis 20 bar oder höher zu erheblichen Rohrreibungswiderständen führe. Im Gegensatz dazu seien beim beanspruchten Vakuumofen diese Bauteile in den Ofen integriert und anstelle von Rohrleitungen seien für das Kühlgas eine Verteilerkammer und ein Ringraum zu dessen Rückführung vorgesehen. Druckschrift D1 - wie im übrigen auch Druckschrift D3 - beschreibe zwar das allgemeine Prinzip, daß durch einen hohen Gasdruck und durch die Wahl eines geeigneten Gases die Abschreckgeschwindigkeit nach der Behandlung in einem Vakuumofen gesteigert werden könne, jedoch werde das Kühlgas nach Verlassen des herkömmlichen Vakuumofens außerhalb in einem Wärmetauscher gekühlt und erneut der Charge zugeführt. Einen Hinweis, diese Technik auf einen baulich kompakten Vakuumofen zum Plasmacarburieren, wie ihn das Streitpatent gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags und insbesondere der Hilfsanträge beschreibe, anzuwenden, enthalte Druckschrift D1 jedoch nicht.
Zwar ähnele der in Druckschrift D2 beschriebene Vakuumofen baulich sehr dem beanspruchten Ofen, er eigne sich jedoch nicht für die beanspruchten hohen Gasdrücke und enthalte keine Vorrichtung zum Plasmacarburieren. Dies gelte auch für den Einkammerofen gemäß Druckschrift D3, der sich nur für Gasdrücke bis zu 5 bar eigne. Keine der genannten Druckschriften allein oder in Kombination mit anderen lege deshalb die nun beanspruchte Vakuumofenkonstruktion nahe. Eine erfinderische Tätigkeit sei mithin gegeben.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Nächster Stand der Technik
Gemäß der Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist es zur Ermittlung des nächstkommenden Standes der Technik oftmals zweckmäßig, die bereits im Patent angegebene Aufgabe in Betracht zu ziehen. Nach Spalte 1, Zeilen 52 bis 56 liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, einen Vakuumofen zur Plasmaaufkohlung metallischer Werkstücke bereitzustellen, der bei ähnlichem Einsatzbereich wesentlich kleiner aufgebaut ist und somit sehr viel weniger Raum zu seiner Aufstellung im Vergleich zu bekannten Vakuum-Aufkohlungsöfen erfordert.
Diese Aufgabe liegt auch dem aus Druckschrift D5 bekannten, platzsparenden Vakuumofen zur Plasmabehandlung metallischer Werkstücke zugrunde (siehe D5, insbesondere Figur und Zusammenfassung). Die Vakuum-Plasmabehandlung und die sich daran anschließende Kühlbehandlung der Werkstücke mit einem Kühlgas werden dabei in einer einzigen Behandlungskammer innerhalb des Ofens durchgeführt, wobei der Wärmetauscher 51 als auch der Lüfter 61 und der dazugehörige Antriebsmotor 62 in das Ofengehäuse integriert bzw. gasdicht angeflanscht sind. Die Kühlgasdüsen 73 sind in der Heizkammer 32 angeordnet und auf die zu behandelnde Charge A ausgerichtet. Die zur Plasmaerzeugung notwendige elektrische Gleichspannung wird über die durch den Ofenmantel reichenden Zuleitungen und Stützen 93, 92 mit Hilfe der Spannungsquelle 94 aufgebaut. Die im Streitpatent angestrebte platzsparende und kompakte Bauweise ist somit bereits in dem Vakuumofen nach Druckschrift D5 verwirklicht.
Auch Druckschrift D4 zeigt einen Vakuum-Plasmawärmebehandlungsofen zum Plasmacarburieren und Plasmanitrieren (siehe insbesondere Figuren 1 und 3). Allerdings sind der Wärmetauscher 51 sowie das Kühlgasgebläse 54 außerhalb des Vakuumofens angeordnet und mit diesem über Rohrleitungen 56, 59 verbunden. Weiterhin scheinen die Kühlgasdüsen 58 außerhalb der im wesentlichen durch die Heizelemente 24 gebildeten Heizkammer angeordnet zu sein.
Die übrigen Druckschriften betreffen übliche Vakuumbehandlungsöfen ohne eine Einrichtung zur Erzeugung eines Plasmas.
Aufgrund diesen Überlegungen wird Druckschrift D5 als nächstkommender Stand der Technik angesehen.
3. Aufgabe und Lösung
Der beanspruchte Vakuumofen unterscheidet sich von dem in Druckschrift D5 gezeigten Ofen somit entscheidend dadurch, daß er als Druckkammer konstruiert ist und infolgedessen Kühlgasdrücke von mehr als 10 bar erlaubt. Ein weiterer Unterschied könnte darin gesehen werden, daß Druckschrift D5 das Plasmacarburieren nicht ausdrücklich erwähnt, sondern allgemein von einer "Plasmabehandlung der Werkstücke" spricht. Auch wenn der Fachmann darunter ein Plasmacarburieren, -nitrieren oder -carbonitrieren versteht und der Ofen nach D5 sich dafür grundsätzlich auch eignet, so ist sich der Fachmann doch bewußt, daß nach einem Plasmacarburieren die in der Regel zur Härtung erforderliche Abschreckgeschwindigkeit mittels einer Gaskühlung bei Normaldruck nicht zu erreichen ist und somit der Plasma-Vakuumofen nach D5 lediglich zum Plasmanitrieren, das keine hohen Abschreckgeschwindigkeiten von der Behandlungstemperatur erfordert, einsetzbar ist.
Ausgehend von Druckschrift D5 bestand die dem angefochtenen Patent zugrundeliegende Aufgabe mithin darin, einen Plasma-Vakuumofen zu schaffen, der eine wesentlich intensivere Abkühlung der metallischen Werkstücke ermöglicht und der sich somit auch zum Härten metallischer Werkstücke nach dem Aufkohlen im Plasma eignet.
Als Lösung dieser Aufgabe sieht das Streitpatent vor, zur Steigerung der Kühlintensität den Druck des Kühlgases im Ofen auf mindestens 10 bar zu erhöhen und infolgedessen das Ofengehäuse als Druckbehälter auszubilden sowie die damit verbundenen Aggregate wie den Gebläsemotor auf diese Druckbelastung auszulegen.
4. Erfinderische Tätigkeit
Es gehört zum allgemeinen Wissen des auf dem Gebiet des Härtereiwesens tätigen Fachmanns, daß die Abschreckgeschwindigkeit eines Werkstücks mit Gas als Kühlmedium entscheidend von der Gasart, dem Druck und der Umwälzgeschwindigkeit des Gases abhängen. Zum Belegen dieses Fachwissens wird auf den Übersichtsartikel "Neue Entwicklungen bei der Wärmebehandlung im Vakuum" (Druckschrift D3), Punkte 2, 2.2. und 3 sowie Bild 7 hingewiesen, wo die Kühlwirkung von Gasen bei erhöhten Drücken beschrieben wird. Bei der Lösung der oben genannten Aufgabe war dem Fachmann somit bewußt, daß unter der Beibehaltung von Gas als Kühlmedium in dem aus Druckschrift D5 bekannten Vakuumofen die hohe Abschreckintensität - wie sie nach dem Plasmacarburieren erforderlich ist - nur mit einem erhöhten Druck eines optimalen Kühlgases erreichbar ist. Dies bestätigen auch die Abkühlungskurven in Bild 7 von Druckschrift D3. Es war somit für ihn naheliegend, das Gehäuse des Plasmavakuumofens von D5 als Druckbehälter zu gestalten und die für die Gasumwälzung erforderlichen Bauteile konstruktiv für hohe Gasdrücke auszulegen, sodaß der Ofen den Einsatz höherer Kühlgasdrücke gestattete. Zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist es dabei von untergeordneter Bedeutung, ob das Gehäuse und die Bauteile für Drücke von 5 bar, 10 bar oder gar 20 bar ausgelegt werden, denn entscheidend ist das Prinzip der Anwendung eines erhöhten Drucks.
Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
5. Hilfsanträge
5.1. Zulassung der Hilfsanträge
Der erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgelegte geänderte Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ergibt sich aus einer Zusammenfassung der Gegenstände der erteilten Ansprüche 1, 7 und 8 und derjenige gemäß Hilfsantrag 2 aus den Gegenständen der erteilten Ansprüche 1, 7, 8 und 10. Da die Beschwerdeführerin im Schreiben vom 15. Juli 1997 den Widerruf des Patents in vollem Umfang beantragt hat, ist davon auszugehen, daß sie bei der Abfassung der Beschwerdeschrift die technischen Merkmale aller Ansprüche 1 bis 11 recherchiert und bewertet hat und infolgedessen damit vertraut ist. Die Vorlage eines geänderten Anspruch 1 basierend auf dem erteilten Anspruch 1 und weiteren in den abhängigen Ansprüchen genannten technischen Merkmalen bedeutet deshalb für die Beschwerdeführerin keine überraschende neue Sachlage, mit der sie unvorbereitet konfrontiert wird. Eine Beschränkung des Gegenstandes von Patentanspruch 1 durch die Aufnahme technischer Merkmale, die in einer überschaubaren Anzahl von abhängigen Ansprüchen (im vorliegenden Fall: 10) genannt werden, kann unter den gegebenen Umständen auch nicht als Verfahrensmißbrauch gewertet werden. Die in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgelegten Hilfsanträge 1 und 2 sind somit zuzulassen.
5.2. Erfinderische Tätigkeit
Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 enthält zusätzlich die technischen Merkmale, daß
- die Heizkammer ringförmig von einer Verteilerkammer zur Zuführung des Kühlgases zu den Gaseinlaßöffnungen umschlossen ist und
- die Rückführung des Kühlgases aus der Heizkammer über einen weiteren Ringraum zwischen Ofengehäuse und Ofenmantel erfolgt.
Eine solche Anordnung der Kühlgasführung findet sich in Druckschrift D2 (vgl. insbesondere Figur 1), die allerdings einen Vakuumofen ohne Plasmaerzeugungseinrichtung offenbart. Die Baugleichheit des beanspruchten Vakuumofens mit demjenigen nach D2 ist auch von der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten worden. Allerdings ist ihrer Ansicht nach der Ofen nach Druckschrift D2 nicht für erhöhte Gasdrücke geeignet. Dieser Bewertung kann jedoch nicht gefolgt werden, denn mehrere Aussagen in Druckschrift D2 deuten darauf hin, daß ein erhöhter Kühlgasdruck auch dort bereits in Erwägung gezogen wurde. So besagt Spalte 1, Zeilen 52 bis 56, daß das Gebläse das rezirkulierte Kühlgas mit erhöhtem Druck und Strömungsgeschwindigkeit in die Bereiche der Kühldüsen drückt. Weiterhin wird in Spalte 4, Zeilen 32 bis 35 ausgeführt, daß ein Druckgasvorratsbehälter vorgesehen ist, um das Prozeßgas bei Drücken oberhalb des Atmosphärendrucks (at pressures well above atmospheric pressure) in die Anlage einzuführen. Ferner wird in Druckschrift D2, Spalte 4, Zeilen 49 bis 52 auf die gegenüber herkömmlichen Öfen platzsparende Bauweise des Ofens hingewiesen. Es war deshalb naheliegend, die vorteilhaften Eigenschaften des Ofens nach Druckschrift D2 auch für eine Hochdruckgaskühlung zu nutzen und diesen mit einer Plasmaerzeugungseinrichtung auszustatten, wie dies der Ofen nach Druckschrift D5 vorsieht.
Anspruch 1 von Hilfsantrag 2 sieht als weiteres technisches Merkmal vor, daß an der Innenwand des Ofengehäuses den Mantel durchdringende Chargenstützen befestigt sind, welche zum Mantel hin elektrisch isoliert sind und der elektrische Anschluß durch mindestens eine der Chargenstützen hindurch erfolgt. Eine solche Bauweise ist bereits bei dem aus Druckschrift D5 bekannten Plasma-Vakuumofen verwirklicht (siehe Bild): die Charge A ruht auf einem Sockel, getragen von den Stützen 92, 93, durch die auch der elektrische Anschluß an die Gleichspannungsquelle 94 erfolgt.
Die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 und 2 enthalten somit keine technischen Merkmale, die eine erfinderische Tätigkeit gegenüber dem bekannten Stand der Technik D5 und D2 in Verbindung mit dem allgemeinen Wissen des Fachmanns rechtfertigen könnten.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.