T 0748/97 (Trockenkonzentrate/HENKEL) of 20.11.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:T074897.20011120
Datum der Entscheidung: 20 November 2001
Aktenzeichen: T 0748/97
Anmeldenummer: 92900156.8
IPC-Klasse: C11D 17/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Leicht lösliche Trockenkonzentrate enthaltend Inhaltsstoffe von Waschmitteln
Name des Anmelders: Henkel Kommanditgesellschaft auf Aktien
Name des Einsprechenden: The Procter & Gamble Company
Kammer: 3.3.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 83
European Patent Convention 1973 Art 87
Schlagwörter: Zulässige Änderung (ja)
Ausführbarkeit (nein) - unzumutbarer Versuchsaufwand
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 0 566 583 widerrufen worden war, Beschwerde eingelegt. Das Patent war auf die internationale Anmeldung PCT/EP91/02366 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 8. Januar 1991 erteilt worden. Es betrifft leicht lösliche Preßlinge enthaltend Inhaltstoffe von Waschmitteln und ein Verfahren für deren Herstellung.

II. Mit dem Einspruch war das gesamte Patent wegen mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit, sowie aufgrund mangelnder Offenbarung und unzulässiger Erweiterung (Artikel 100 a), b) und c) EPÜ) angegriffen worden.

III. In ihrer Entscheidung war die Einspruchsabteilung zur Auffassung gelangt, daß die Gegenstände der erteilten unabhängigen Ansprüche 1 und 13 bzw. der geänderten unabhängigen Ansprüche 1 und 13 gemäß Hilfsantrag der Patentinhaberin nicht neu waren.

IV. Mit der Beschwerde beantragte die Beschwerdeführerin die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt (Hauptantrag).

Die zwei unabhängigen Ansprüche 1 und 13 des erteilten Patents lauten wie folgt:

"1. Rieselfähige und lagerbeständige grobkörnige Preßlinge, enthaltend Inhaltsstoffe von Wasch- und/oder

Reinigungsmitteln in konzentrierter Form, hergestellt durch formgebendes Verpressen eines wenigstens

weitgehend homogenisierten feinkörnigen Vorgemisches der Inhaltsstoffe, dem auch bei Raumtemperatur flüssige Komponenten in geringen Mengen zugesetzt sein können, dadurch gekennzeichnet, daß sie haftfest verbundene trockene Gemische mit Schüttgewichten von wenigstens 500g/l aus

a) feinkörnigen Inhaltsstoffen ohne ausgeprägte Haft- bzw. Klebereigenschaften mit

b) feinkörnigen Inhaltsstoffen mit Haft- bzw. Klebereigenschaften enthalten,

durch formgestaltendes Verpressen bei mäßig erhöhten Temperaturen, wobei Guttemperaturen von 80 C nicht überstiegen werden, ohne Einwirkung wesentlicher Scherkräfte, die zu einer substantiellen Verschmierung im Prinzip schmierfähiger Mischungsbestandteile führen könnten, auf das feinkörnige Gut hergestellt worden sind und

c) Luft in mikrodisperser Verteilung im Preßling enthalten und eine innere Oberfläche - bestimmt mittels Quecksilberporosimetrie - von wenigstens 1 m2/g aufweisen."

und

"13. Verfahren zur Herstellung der Preßlinge nach einem der Ansprüche 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, daß man die Komponenten a) und Kleberkomponente b) unter solchen Bedingungen wenigstens weitgehend homogen zu einem lockeren Vorgemisch vermischt, unter denen noch keine ausgeprägt verfestigende Kleberfunktion auftritt, dabei die gewünschtenfalls mitverwendeten Flüssigkomponenten einmischt und das Vorgemisch bei möglichst weitgehendem Ausschluß von Scherkräften auf dessen Hauptmasse unter Einschluß mikrodisperser Luft zu Preßlingen verpreßt, wobei eine innere Oberfläche - bestimmt mittels Quecksilberporosimetrie - von wenigstens 1 m2/g generiert und Schüttergewichte von wenigstens 500 g/l eingestellt werden."

Mit Schreiben vom 19. Oktober 2001 legte die Beschwerdeführerin vier neue Anspruchsätze als Hilfsanträge 1 bis 4 vor.

Der erste Hilfsantrag unterscheidet sich von dem erteilten Anspruchssatz hauptsächlich dadurch, daß das Merkmal "wenigstens 1 m2/g" in den beiden unabhängigen Ansprüchen 1 und 13 durch "wenigstens 1,5 m2/g" ersetzt wurde.

Der zweite Hilfsantrag unterscheidet sich von dem erteilten Anspruchssatz hauptsächlich dadurch, daß das Merkmal "wenigstens 1 m2/g" in den beiden unabhängigen Ansprüchen 1 und 13 durch "wenigstens 2 m2/g" ersetzt wurde.

Der dritte Hilfsantrag unterscheidet sich von dem erteilten Anspruchssatz hauptsächlich dadurch, daß das Merkmal "wenigstens 1 m2/g" in den beiden unabhängigen Ansprüchen 1 und 12 (entspricht Anspruch 13 des Hauptantrags) durch "im Bereich von etwa 3 - 5 m2/g" ersetzt wurde.

Der vierte Hilfsantrag unterscheidet sich von dem erteilten Anspruchssatz hauptsächlich dadurch, daß das Merkmal "wenigstens 1 m2/g" in den beiden unabhängigen Ansprüchen 1 und 13 durch "wenigstens 1,5 m2/g" ersetzt wurde und das Merkmal "b) feinkörnigen Inhaltsstoffen" im Anspruch 1 durch "b) feinkörnigen bei Raumtemperatur festen Tensidverbindungen" ersetzt wurde.

Die weiteren Änderungen in den Ansprüchen der Hilfsanträge 1 bis 4 sind lediglich redaktioneller Art und durch die vorstehenden im einzelnen aufgeführten Änderungen bedingt. Sie sind für das Verständnis dieser Entscheidung ohne Bedeutung.

V. Die Beschwerdeführerin hat im wesentlichen folgende Argumente schriftlich und mündlich vorgetragen:

- Anspruch 1 des Streitpatents entspreche den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ und definiere dieselbe Erfindung, die das Prioritätsdokument beschreibe; das Merkmal "die zu einer substantiellen Verschmierung im Prinzip schmierfähiger Mischungsbestandteile führen könnte" sei auf Seite 12 der ursprünglichen Anmeldung und auf Seite 13 des Prioritätsdokuments offenbart.

- Die im Anspruch 1 genannte Abwesenheit von "wesentlichen Scherkräften" und "substantieller Verschmierung" während der Verpressung sowie die Anwesenheit von "Luft in mikrodisperser Verteilung" in den hergestellten Preßlingen versuchen die angestrebte poröse Struktur der Preßlinge zu definieren.

- Die Beschreibung des Patents gäbe hilfreiche Hinweise auf die Einstellung des Verpressungsverfahrens. Fehlenden Anweisungen seien durch zumutbare Experimente zu ermitteln, wenn man Anspruch 1 in Zusammenhang mit der auf Seite 3 (Zeilen 1 bis 21) gegebenen Aufgabedefinition in Betracht ziehe.

- Die in den Ansprüchen 1 der Hilfsanträge 1 bis 4 definierten inneren Oberflächen seien so hoch, daß nur Preßlinge mit der gewünschten porösen Struktur solche große innere Oberflächen aufweisen.

- Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung insbesondere behauptet, die Erhaltung der mikroporösen Struktur sei sichergestellt, wenn man rieselfähige und lagerbeständige Preßlinge mit einer inneren Oberfläche von wenigstens 1 m2/g bzw. einem Schüttgewicht von wenigstens 500 g/l durch ein formgestaltendes Verpressungsverfahren herstelle, ohne daß die Guttemperaturen während des Verpressens 80. C übersteigen.

Auf den Einwand der Beschwerdekammer, auch die gemäß der den Stand der Technik repräsentierenden Vergleichsbeispiele 9 und 10 des Streitpatents durch ein formgestaltendes Verpressungsverfahren bei Guttemperaturen unterhalb 80 C hergestellten Preßlinge hätten eine innere Oberfläche von wenigstens 1 m2/g bzw. ein Schüttgewicht von wenigstens 500 g/l und müßten daher dieser Argumentation der Beschwerdeführerin zufolge auch die angestrebte poröse Struktur haben, führte die Beschwerdeführerin aus, die Preßlinge gemäß der Vergleichsbeispiele 9 und 10 des Streitpatents könnten keine Struktur ohne substantielle Verschmierung haben, da das in diesen Beispielen angewandte Verpressungsverfahren das wesentliche Merkmal "ohne Einwirkung wesentlicher Scherkräfte" nicht aufweise.

- Die Beschwerdeführerin war schließlich der Meinung, daß die angestrebte mikroporöse Struktur in den hergestellten Preßlingen sich z. B. durch Mikroskopie feststellen lasse.

VI. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) hat der Argumentationen der Beschwerdeführerin widersprochen und im wesentliche folgendes ausgeführt:

- Da weder das Prioritätsdokument noch die ursprüngliche Anmeldung alle im Anspruch 1 des Hauptantrags eingeführten Merkmale offenbarten, könne weder das beanspruchte Prioritätsdatum berücksichtigt werden, noch entspreche das Patent den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ.

- Viele Merkmale der unabhängigen Ansprüche (wie z. B. "weitgehend homogenisierte", "haftfest verbundene Gemische", "ohne Einwirkung wesentlicher Scherkräfte", "substantielle Verschmierung", "mikrodisperse Verteilung") seien entweder zu unklar, um unterscheidungskräftige technische Merkmale der Erfindung zu definieren oder nicht ausreichend erläutert, so daß die Ausführbarkeit der Erfindung nicht gegeben sei.

Da insbesondere den Verpressungsdruck nicht einmal in den Beispielen des Streitpatents genannt werde, sei die Offenbarung der Erfindung gemäß Hauptantrag mangelhaft.

- Desweiteren sei es nicht möglich, die angestrebte aber undefinierte Struktur der Preßlinge eindeutig durch Mikroskopie zu erkennen:

in Abwesenheit einer genauen Definition der mikroporösen Struktur wäre die Auswertung durch Mikroskopie hergestellten Bildern subjektiv; darüber hinaus käme es schon während der Vorbereitung der Mikroskopie-Probe unvermeidlich zu einer wesentlichen Verschmierung der Mischungsbestanteile wodurch eine Beurteilung der ursprünglichen Verschmierung der erhaltenen Preßlinge unmöglich werde.

VII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt oder gemäß eines der Hilfsanträge 1. bis 4.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

VIII. Am Ende der am 20. November 2001 abgehaltenen mündlichen Verhandlung verkündet der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag der Beschwerdeführerin

1.1. Artikel 87 und 123 (2) EPÜ

In Anspruch 1 der ursprünglichen Anmeldung sowie in Anspruch 1 des Prioritätsdokuments fehlt in Zusammenhang mit den zu vermeidenden "wesentlichen Scherkräften" in der zweiten Stufe des Herstellungsverfahrens (d. h. bei dem formgestaltenden Verpressen) der Satzteil:

", die zu einer substantiellen Verschmierung im Prinzip schmierfähiger Mischungsbestandteile führen könnten,".

Die Beschwerdegegnerin hat ausgeführt, diese in den erteilten Anspruch 1 eingeführte Passage sei in der ursprünglichen europäischen Anmeldung (Seite 9, Zeilen 24. - 27) sowie im Prioritätsdokument (Seite 10, Zeilen 23. - 27) nur in Zusammenhang mit den "wesentlichen Scherkräften" der ersten Stufe des Verfahrens zu finden.

Die Kammer kann dem nicht zustimmen, da die ursprüngliche europäische Anmeldung sowie das Prioritätsdokument auch in Zusammenhang mit der zweiten Stufe des Verfahrens beschreiben, daß wesentliche Scherkräfte und die dadurch verursachte Verschmierung zu vermeiden sind (siehe Seite 3, Zeilen 26 - 30 der Anmeldung sowie Seite 4, Zeilen 7 - 16 des Prioritätsdokuments "..Die Kompaktierung und Verpressung des Gutes soll unter möglichst weitgehender Einschränkung von Scherkräften auf das jeweilige Stoffgemisch möglich werden. Insbesondere soll ein Verschmieren der einzelnen Feststoffpartikel miteinander möglichst weitgehend verhindert werden.." und Seite 12, Zeilen 16 - 21 der Anmeldung sowie Seite 13, Zeilen 23. - 29 des Prioritätsdokuments "Die Verarbeitung des im ersten Arbeitsschritt homogenisierten Mehrstoffgemisches unter Ausschluß wesentlicher Scherkräfte führt aber auch zu weiteren Vorteilen. Die Einzelbestandteile des Mehrstoffgemisches liegen wie in einer Schüttung individualisiert nebeneinander, ein Verschmieren plastischer und/oder thermoplastischer Gutanteile über größere Bereiche benachbarter Oberflächen von Feststoffteilchen findet nicht statt.").

Der Fachmann hätte der o. g. Offenbarung in der ursprünglichen europäischen Anmeldung sowie im Prioritätsdokument entnommen, daß die in beiden Verfahrensstufen als "wesentlich" betrachteten Scherkräfte immer solche sind, die das Erreichen der gewünschten porösen Struktur der Preßlinge verhindern. Deshalb sind die mit unterschiedlichen Ausdrücken gegebenen Definitionen der unerwünschten Scherkräfte und unerwünschten Verschmierungen gleichbedeutend.

Anspruch 1 des Streitpatents ist daher durch die Offenbarung der ursprünglichen europäischen Anmeldung gestützt.

Damit entspricht der Anspruch 1 ebenso wie die andere Ansprüche des Hauptantrags den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ, und das beanspruchte Prioritätsrecht von 8. Januar 1991 kann gemäß Artikel 87 EPÜ anerkannt werden.

1.2. Artikel 83 EPÜ

1.2.1. Die beanspruchten Preßlinge gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags sind auch durch das im Patent offenbarte Verfahren zu ihrer Herstellung definiert.

Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, daß die im Anspruch 1 geforderte Abwesenheit von "wesentlichen Scherkräften" und "substantieller Verschmierung" während der Verpressung sowie die Anwesenheit von "Luft in mikrodisperser Verteilung" in den hergestellten Preßlingen die angestrebte mikroporöse Struktur der Preßlinge beschreiben.

Sie hat auch vorgetragen, lagerbeständige und rieselfähige Preßlinge wie die der Vergleichsbeispielen 9. und 10 des Streitpatents hätten trotz einer inneren Oberfläche von wenigstens 1 m2/g bzw. eines Schüttgewichts von wenigstens 500 g/l nicht die beanspruchte mikroporöse Struktur, da diese Preßlinge durch ein formgestaltendes Verpressen unter Einwirkung wesentlicher Scherkräfte hergestellt wurden.

1.2.2. Es wurde von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer auch eingeräumt, daß der anzuwendende Verpressungsdruck ganz wesentlich von anderen Parametern abhänge, z. B. von der chemischen Zusammensetzung (d. h. von den Komponenten a) und b)), den Gewichtsverhältnissen und der Korngröße der Mischungsbestandteile. Alle diese Faktoren hätten Einfluß auf die Mikrostruktur der hergestellten Preßlinge.

1.2.3. Daraus schließt die Kammer, daß eine spezifische Abstimmung der Parameter des Herstellungsverfahrens der beanspruchten Preßlinge - also der Verpressung - erforderlich ist, um nicht nur deren innere Oberfläche von wenigstens 1 m2/g bzw. ihr Schüttgewicht von wenigstens 500 g/l sicherzustellen, sondern auch deren angestrebte "mikroporöse" Struktur.

Weder die unabhängigen Ansprüche 1 und 13 noch die Beschreibung des Streitpatents enthalten aber Angaben, was bei der Einstellung aller dieser wesentlichen, oben im Punkt 1.2.2 genannten Parameter vom Fachmann zu beachten ist, damit die angestrebte mikroporöse Struktur der beanspruchten Preßlinge sicher erreicht wird.

1.2.4. Die Beschwerdeführerin hat behauptet, es ließe sich die Offenbarung der Erfindung gemäß Hauptantrag durch zumutbares Experimentieren in begrenztem Umfang ergänzen.

Um dem zustimmen zu können, müßten im vorliegenden Fall zwei Voraussetzungen gegeben sein:

Die eine Voraussetzung hierfür wäre (Voraussetzung A), daß die Beschreibung des Streitpatents und/oder das allgemeine Fachwissen eine brauchbare Anleitung lieferte, wie der Fachmann eindeutig erkennen kann, ob die gewünschte poröse Struktur vorhanden ist.

Die zweite Voraussetzung wäre (Voraussetzung B), daß die Beschreibung des Streitpatents und/oder das allgemeine Fachwissen eine brauchbare Anleitung lieferten, welche Verpressungsparameter wie zu ändern sind, um nach anfänglichen Fehlversuchen verläßlich die beanspruchten Preßlinge mit der gewünschten mikroporösen Struktur herstellen zu können.

Im Hinblick auf die obengenannten Voraussetzungen A und B hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, ein Fachmann könne anhand des allgemeinen Fachwissens das Vorhandensein der angestrebten Struktur durch Mikroskopie feststellen und es sei für den Fachmann einfach anhand der gesamten Offenbarung des Streitpatents, die richtigen Parameter des Herstellungsverfahrens zu ermitteln, um Preßlinge mit der gewünschten mikroporösen Struktur zu erhalten.

Insbesondere finde der Fachmann in der Beschreibung des Streitpatents auf Seite 4 (Zeilen 36 - 50), Seite 5 (Zeilen 19 - 30) und Seite 6 (Zeilen 3 - 20) alle notwendigen Hinweise auf viele Verpressungsparameter, und der geeignete Verpressungsdruck sei für den Fachmann durch wenige Versuche einfach zu finden.

1.2.5. Die Kammer kann dieser Argumentation nicht zustimmen.

Wie die Beschwerdegegnerin überzeugend dargelegt hat, muß die Auswertung der Porosität einer Struktur durch Mikroskopie in Abwesenheit einer präzisen Definition von "mikroporös" subjektiv bleiben. Außerdem werden bei der Herstellung der Probe für die mikroskopische Untersuchung unvermeidlich die schmierfähigen Bestandteile innerhalb der Preßlinge verschmiert, wodurch verläßliche Aussagen über die ursprüngliche Mikroporosität der untersuchten Preßlinge unmöglich werden.

Daher ist bereits die o. g. Voraussetzung A für die Ergänzung der Offenbarung der im Anspruch 1 des Hauptantrags definierten Erfindung durch zumutbares Experimentieren nicht erfüllt.

1.2.6. Aber auch wenn der Fachmann in der Lage wäre, was - wie vorstehend gezeigt - hier nicht der Fall ist, die gewünschte mikroporöse Struktur der Preßlinge zu erkennen, wüßte er nicht, wie die beanspruchten Preßlinge verläßlich herzustellen sind. Wie bereits ausgeführt, bedarf es einer spezifischen Abstimmung einer beträchtlichen Anzahl von Verfahrensparametern, um zum gewünschten Ergebnis zu gelangen (vgl. Punkte 1.2.2 und 1.2.3). Da das Streitpatent keine Anleitung enthält, wie eine solche Abstimmung zu erfolgen hat, kann der Fachmann allenfalls zufällig auf eine geeignete Kombination dieser Verfahrensparameter stoßen.

Im Falle anfänglicher Fehlversuche könnte er weder anhand des Streitpatents noch des allgemeinen Fachwissens feststellen, welche der zahlreichen Verfahrensparameter er wie abändern muß, um die gewünschten Preßlinge zu erhalten (o.g. Voraussetzung B).

Daraus folgt, daß der Fachmann nur nach umfangreichem Experimentieren feststellen könnte, welche Kombination spezieller Werte der vielen relevanten Verfahrensparameter zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führt.

Der Fachmann kann somit die Erfindung nicht nach wenigen klärenden Versuchen zielsicher ausführen, sondern muß de facto die Erfindung erst machen. Das Ausmaß zumutbarer Versuche ist damit aber eindeutig überschritten.

1.2.7. Somit entspricht die Offenbarung der Erfindung gemäß Hauptantrag nicht den Erfordernissen des Artikels 83 EPÜ.

2. Hilfsanträge 1 bis 4

2.1. Artikel 83 EPÜ

2.1.1. Selbst wenn die Behauptung der Beschwerdeführerin zuträfe, daß die in den Ansprüchen 1 der Hilfsanträge 1 bis 4 definierten inneren Oberflächen so hoch seien, daß nur Preßlinge mit der gewünschten porösen Struktur solche große innere Oberflächen aufweisen können, so wäre damit allenfalls Voraussetzung A für die Ergänzung der Offenbarung der Erfindung erfüllt.

2.1.2. Aber auch in diesem Fall, reicht die Beschreibung der Erfindung im Streitpatent nicht aus, um dem Fachmann ohne unzumutbaren experimentalen Aufwand die richtige Einstellung der Herstellungsparameter zu offenbaren:

d. h. auch für die Erfindungen gemäß der Hilfsanträge 1 bis 4 ist die obengenannte Voraussetzung B für die Ergänzung der Offenbarung der Erfindung nicht erfüllt (siehe oben, Punkte 1.2.6 und 1.2.7).

Daher entspricht die Offenbarung der Erfindungen gemäß der Hilfsanträge 1 bis 4 nicht den Erfordernissen des Artikels 83 EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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