European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2001:T067397.20010323 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 23 März 2001 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0673/97 | ||||||||
Anmeldenummer: | 90906179.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | B01F 7/04 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zum Herstellen von Pulvermischprodukten | ||||||||
Name des Anmelders: | Henkel Kommanditgesellschaft auf Aktien | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Gebrüder Lödige Maschinenbaugesellschaft mbH | ||||||||
Kammer: | 3.3.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - ja: nicht nahegelegte Alternative | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der dem Antrag der Patentinhaberin auf unveränderte Aufrechterhaltung des europäischen Patents 0 469 016 nicht stattgegeben wurde, hat letztere Beschwerde eingelegt.
II. Der einzige unabhängige Anspruch 1 des Streitpatents hat folgenden Wortlaut:
"Verfahren zum Herstellen von Pulvermischprodukten in einem Mischer mit zylindrischer Wandung durch Mischen mindestens eines pulverförmigen Ausgangsproduktes mit mindestens einer Flüssigkeit, die auf das in einem Mischer mit Mischwerkzeugen rotierende pulverförmige Ausgangsprodukt im wesentlichen tangential und in Drehrichtung aufgesprüht wird, dadurch gekennzeichnet, daß der Mischer bei einer Froude-Zahl zwischen 1 und 10 betrieben wird, so daß das pulverförmige Ausgangsprodukt sich in Form einer Wolke im gesamten Innenraum des Mischers befindet, und die Flüssigkeit in den vom pulverförmigen Mischgut erfüllten Raum gesprüht wird."
III. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens wurden folgende Dokumente genannt:
D1 = DE-A-35 02 446
D2 = DE-C-22 19 352
D3 = DE-C-26 25 923
D4 = Dissertation R. Holzmüller
D5 = Sonderdruck aus SÖFW Nr.5 vom 05. März 1969
D6 = Lieferschein Nr. 15266 der Gebr. Lödige GmbH vom 22. Oktober 1970
D6' = dazugehörige Aufbauzeichnung
D7 = P.J. Sherrington, R. Oliver, "Granulation", S. 60-66 und 87-90
D8 = Sonderdruck aus Aufbereitungstechnik, Jahrgang 16 (1975), Heft 12, S.652-655
D9 = Sonderdruck aus chemie-anlagen + verfahren, Heft 11/1976, S.119-123
Bei ihrer negativen Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist die Einspruchsabteilung von den in den Dokumenten D2' = DE-A-22 19 352 bzw. D3' = DE-A-26 25 923 (den D2 und D3 entsprechenden Offenlegungsschriften) offenbarten Mischverfahren als nächstliegendem Stand der Technik ausgegangen. Sie kam zu dem Schluß, das beanspruchte Verfahren unterscheide sich von diesem Stand der Technik lediglich dadurch, daß der Mischer bei Froude-Zahlen betrieben werde, die zu einer Mischgutwolke und nicht zu einem Mischgutring führen. D9 offenbare das Granulieren von Waschmittelpulvern durch Einsprühen von Flüssigkeit in einen - bei entsprechender Drehzahl - im Wirbelschicht-Modus betriebenen Mischer gleichen Typs. Das Einsetzen der technischen Lehre von D9 in den Mischverfahren gemäß D2' oder D3', d. h. die Senkung der in D2' bzw. D3' offenbarten Mischer-Drehzahl, sei demnach nicht erfinderisch. Das Sprühen in Drehrichtung sei in D2' und D3' offenbart, während das in D9 und D7 offenbarte Einsprühen in die Gegenrichtung mit dem Einsatz und der Positionierung eines Messerkopfes zusammenhänge.
IV. In ihrer Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin ausgeführt, daß D2 und D3 aufgrund mehrerer Unterschiede gegenüber dem Streitpatent nicht den nächstliegenden Stand der Technik darstellen können. Auch sei die den Vorrichtungen gemäß D2 und D3 zugrunde liegende Aufgabe eine andere. Bezüglich der verwendeten Terminologie (Düse, Rohr) verwies sie auf Auszüge aus diversen Lexika. Abbildung 6 der D9 offenbare nicht die tangentiale Eindüsung in Drehrichtung. Das bloße Weglassen der Messerkränze im Mischer gemäß Abbildung 6 lege die Lehre des angegriffenen Patents in keinster Weise nahe. Weder D9 per se noch eine Kombination von D2 oder D3 mit D9 könne ohne erfinderische Tätigkeit zum Verfahren gemäß Anspruch 1 führen.
V. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) hat in ihrem Antwortschreiben ausgeführt, daß auch gemäß D2 und D3 die grundlegende technische Aufgabe in der möglichst gleichmäßigen Befeuchtung des Mischguts zu sehen sei. Abbildung 6 von D9 zeige alle Merkmale von Anspruch 1 bis auf das Merkmal "in Drehrichtung". Die Anordnung und Lage der Düse sei ausschließlich eine handwerkliche Optimierung. Dies gelte auch für den in D6 gezeigten Mischer. Aufgrund der Vergleichbarkeit der Mischer gemäß D2 bzw. D3 und jener gemäß D9 sei der Gegenstand von Anspruch 1 im Hinblick auf diese Dokumente nicht erfinderisch.
VI. In Vorbereitung der mündlichen Verhandlung teilte die Kammer den Parteien unter anderem mit,
- daß, die in den Dokumenten D5 bis D9 offenbarten Verfahren möglicherweise einen für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit geeigneteren Ausgangspunkt darstellen als die in D2 bzw. D3 beschriebenen, und
- daß bezüglich der in der Anmeldung und im Stand der Technik verwendeten Terminologie (Düse, verdüsen, Lanze, Strahl, Zufuhrröhrchen) das Dokument D0 = DE-A-2 304 298 (Lödige) relevante Angaben enthalten könnte.
VII. Während der mündlichen Verhandlung am 23. März 2001 hat die Beschwerdeführerin ausgeführt, daß das Einsprühen von Flüssigkeit gemäß Anspruch 1, im Gegensatz zum drucklosen Einbringen als Flüssigkeitsstrahl, als gleichwertig mit einem Eindüsen zu sehen sei, wobei eine sehr feine Flüssigkeitsverteilung erreicht werde. Dies ergebe sich auch aus D0. Ein derartiges Einsprühen sei in D2' und D3' nicht offenbart, dort werde die Flüssigkeit lediglich durch das bewegte Gut und die Mischwerkzeuge verteilt. Auch seien die Strömungsverhältnisse in einem relativ dichten Mischgutring nicht mit jenen in einer Mischgutwolke vergleichbar. Der Stand der Technik gemäß D5, D8 bzw. D9 komme dem Erfindungsgegenstand näher als jener gemäß D2' oder D3', D7 sei zu allgemein und der Lieferschein gemäß D6 sei von geringer Aussagekraft. Bezüglich der Nachteile des bekannten Standes der Technik und der durch den Erfindungsgegenstand gelösten technischen Aufgabe verwies sie auf Spalte 1, Zeile 41 bis Spalte 2, Zeile 13 des Streitpatents. Ein tangentiales Einsprühen in Drehrichtung, sowie die entsprechenden Vorteile, können weder aus dem allgemeinen Fachwissen noch aus dem genannten Stand der Technik in naheliegender Weise abgeleitet werden.
Die Beschwerdegegnerin erachtete die Offenbarung von D6 als nächstliegenden Stand der Technik, wobei sie bezüglich der Bedeutung des Begriffs "Lödige-Mischer nach Schleuder- und Wirbelverfahren" auf D5 verwies. Das einzige durch D6 nicht offenbarte Merkmal sei in der Orientierung der Einsprühung in Drehrichtung zu sehen. Das Umkehren der Einsprührichtung sei eine für den Fachmann im Hinblick auf das allgemeine Fachwissen bzw. auf die Dokumente D1, D2', D3', D4, D5, D7, D8 und D9 naheliegende Maßnahme. Bezüglich der Lage und Orientierung der Düse könne der Fachmann, ohne erfinderisch tätig zu werden, aus einem breiten Spektrum an Möglichkeiten wählen. Dabei werde er stets darauf achten, die Düse so anzuordnen, daß Anbackungen an den Mischerteilen vermieden werden und eine möglichst feine und gleichmäßige Verteilung der Flüssigkeit erhalten werde. Auch bei einer Anordnung der Düse in Drehrichtung käme es aufgrund der abreinigenden Wirkung des bewegten Guts nicht zu Ablagerungen an der Düse. Die Möglichkeit einer Verbesserung der Flüssigkeitsverteilung durch Einsprühen in Drehrichtung werde nicht grundsätzlich bestritten, allerdings hänge das Erreichen einer derartigen Verbesserung wesentlich von der Natur des Mischguts und der genauen Anordnung der Düse innerhalb des Mischers ab. Anspruch 1 enthalte jedoch keine entsprechenden Angaben, folglich könne die Möglichkeit einer derartigen Verbesserung bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht berücksichtigt werden.
VIII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
1. Nächstliegender Stand der Technik
Der Lieferschein D6 belegt, daß ein Mischer des Typs FM 130 D / 1 MZ entsprechend der Aufbauzeichnung D6' unter der Auftragsnummer 5666 vor dem Prioritätstag an die Beschwerdeführerin verkauft und geliefert wurde. Laut Beschwerdegegnerin bestand keine Geheimhaltungsverpflichtung. Dies ist glaubhaft und von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten worden.
Bei der gelieferten Maschine handelte es sich um einen "Lödige-Mischer nach dem Schleuder- und Wirbelverfahren". Derartige Maschinen und deren Wirkweise waren am Anmeldetag des Streitpatents seit Jahren allgemein bekannt (siehe z. B. D5, insbesondere dessen Titel, Seite 3, linke Spalte, mittlerer Absatz, oder auch D7, Fig. 47 und den entsprechenden Text auf Seiten 88 bis 89). Aus der auf dem Lieferschein angegebenen Bezeichnung der Maschine ergibt sich daher für den die Lieferung empfangenden Fachmann eindeutig, daß der Mischer für einen Betrieb bei solchen Froude-Zahlen vorgesehen ist, bei denen das Gut als Wolke den gesamten Innenraum des Mischers ausfüllt. Laut D6 weist der Mischer einen Flüssigkeitszugabestutzen mit Zulaufrohr und Düse auf. Aus der Zeichnung D6 ist ersichtlich, daß das Zulaufrohr derart in das Innere des Mischers geführt ist, daß die Düse im wesentlichen tangential zur Drehbewegung der Mischwerkzeuge (siehe entsprechenden Pfeil in D6') angeordnet ist. Dies ist in der mündlichen Verhandlung nicht mehr bestritten worden. Wie die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben hat, ist das Merkmal "Düse" auf dem betroffenen technischen Gebiet gleichwertig mit dem Merkmal "aufsprühen". Daß mit der Düse Flüssigkeit auf fluidisiertes pulveriges Gut aufgesprüht werden soll, ist für den die Lieferung empfangenden Fachmann im Hinblick auf den derartige Mischer betreffenden allgemeinen Wissensstand nach Auffassung der Kammer ebenfalls eindeutig. Siehe z. B. die oben erwähnten Passagen von D5 und D7, aber auch D9, Abschnitt 3.1 und Abbildung 6, und D8 (in D9 erwähnt), Seite 3, Abschnitt "Die Anlage" und Seite 4.
Die Kammer teilt daher die Auffassung der Beschwerdegegnerin, wonach die Lieferung des Mischers gemäß D6 an die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Angabe der vorgesehenen Verwendung desselben und im Hinblick auf die allgemein bekannten Verwendungsmöglichkeiten und Betriebsweisen derartiger Mischer, der Öffentlichkeit implizit ein Verfahren zugänglich gemacht hat, welches alle Merkmale des Verfahrens nach Anspruch 1 des Streitpatents aufweist, ausgenommen das Merkmal des Aufsprühens der Flüssigkeit in Drehrichtung. In Übereinstimmung mit der Beschwerdegegnerin sieht die Kammer das öffentlich zugänglich gemachte Verfahren, d. h. die Wirbelbett-Befeuchtung und -Durchmischung eines Ausgangsproduktes, daß "schleuder- und wirbelbett"-fähig, also pulverförmig sein soll, mittels in die Vorrichtung gemäß D6' eingesprühter Flüssigkeit, als nächstliegenden Stand der Technik an. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 unterscheidet sich somit von dem Verfahren des nächstliegenden Standes der Technik lediglich durch das Aufsprühen der Flüssigkeit in Drehrichtung.
2. Technische Aufgabe
Der Beschreibung des Streitpatents (Spalte 1, Zeile 41 bis Spalte 2, Zeile 13) ist zu entnehmen, daß mit Hilfe der Erfindung eine gegenüber dem bekannten Stand der Technik gleichmäßigere Flüssigkeitsverteilung und bessere Entstaubung erreicht werden soll, und zwar ohne daß ein Messerkranz zwingend notwendig sei, und ohne ein Ankleben des Guts an der Düse, den Mischwerkzeugen oder der Mischerwandung. Allerdings werden die dort von der Beschwerdeführerin erwähnten Vorteile gegenüber einem ohne Angabe von Fundstellen referierten Stand der Technik ("Düse im Bereich schnell laufender Messerkränze", Spalte 1, Zeilen 35 bis 37) geltend gemacht, welcher dem Anspruchsgegenstand nicht so nahe kommt wie das Verfahren nach D6. Insbesondere bleibt offen, in welche Richtung (mit oder gegen die Drehrichtung)und in welchem Winkel (tangential oder nicht) eingesprüht wird. Ob derartige Verbesserungen aufgrund der gegenüber dem durch D6 offenbarten Verfahren umgekehrten Einsprührichtung zwingend für beliebige Mischgüter, Flüssigkeiten und Düsenanordnungen zu erwarten seien, war bis zuletzt strittig. Nach Auffassung der Kammer kann es jedoch dahingestellt bleiben, ob eine Umkehr der Einsprührichtung zwingend zu den besagten Verbesserungen führt oder nicht. Jedenfalls kann die technische Aufgabe in der Bereitstellung eines weiteren Verfahrens zur Befeuchtung eines Pulvers in einem mechanisch erzeugten Wirbelbett, unter Verwendung eines Mischers des in D6 gezeigten Typs mit tangentialer Einsprühung der Flüssigkeit, gesehen werden.
3. Das Streitpatent schlägt als Lösung dieser Aufgabe das Verfahren nach Anspruch 1 vor. Die technische Realisierbarkeit dieser Lösung ist nicht bestritten worden. Ausgehend von dem nächstliegenden Stand der Technik gemäß D6 war die vorgeschlagene Lösung, d. h. die Änderung der Einsprührichtung in die Drehrichtung jedoch nicht naheliegend:
3.1. Die Lieferung gemäß D6 enthält für sich genommen keinerlei Anregung, an der gelieferten Maschine irgendwelche Änderungen vorzunehmen.
3.2. Die Dokumente D5, D7, D8 und D9 offenbaren alle das Aufbringen einer Flüssigkeit auf pulverförmiges Gut in Wirbelbett-Mischern.
i) D5 offenbart nach dem Schleuder- und Wirbelverfahren arbeitende Mischer (siehe Titel), welche mit verschiedenen Einrichtungen zur Zufuhr einer flüssigen Komponente versehen sein können. In D5 wird auch die Möglichkeit angesprochen, einen zuschaltbaren Messerkopf zu verwenden, welcher die Aufgabe hat, eine Agglomeration der Partikel zu lösen bzw. zu verhindern. Ferner soll dieser Messerkopf auch die zugegebene Flüssigkeit gleichmäßig "verteilen" (siehe Seite 3, rechte Spalte, erster Absatz). Ein Versprühen der Flüssigkeit mittels des Messerkopfs wird nicht angesprochen. In D5 wird eindeutig zwischen der mechanischen Verteilung der Flüssigkeit durch den Messerkopf und deren Versprühung durch Düsen unterschieden (Seite 5, rechte Spalte, 2. Absatz und letzter Absatz). Mehrfach wird in D5 betont, daß bei Anwesenheit eines Messerkopfes auf das Eindüsen der Flüssigkeit verzichtet werden kann, und daß in diesen Fällen die Zudosierung der Flüssigkeit im geschlossenen Strahl erfolgen kann (Seite 3, rechte Spalte, 1. Absatz, Seite 4, linke Spalte, vollständiger Satz unterhalb von Abbildung 4 und rechte Spalte, Mitte der Spalte beginnender Absatz). In diesen Passagen wird keine konkrete Anordnung der Flüssigkeitszufuhr oder einer eventuell vorhandenen Düse angesprochen. Für die Befeuchtung von mechanisch empfindlichen Gütern ohne Verwendung eines Messerkopfes wird vielmehr eine modifizierte Bauform für die Mischtrommel und das Einsprühen der Flüssigkeit von oben aus dem Mischerdom, also im wesentlichen quer zur Drehrichtung, vorgeschlagen (siehe Seite 5, letzter Absatz und Abbildung 5).
ii) D7 offenbart in Wirbelbett-Fahrweise betriebene Lödige-Mischer mit Zufuhr der Flüssigkeit über eine Lanze auf einen Messerkopf, oder, als Alternative dazu, mit Einsprühung über eine Düse von oben, also im wesentlichen quer zur Drehrichtung. Siehe Figur 47 und den entsprechenden Text auf Seite 88, letzter Absatz bis Seite 89, erster Absatz.
iii) D9 beschreibt unter anderem die Granulation von Pulvern in einem Wirbelschichtmischer unter Zugabe eines Bindemittels. Auch in D9 sind Düsen generell als Alternativen zu Lanzen offenbart. Der Einsatz eines Messerkopfes zur Steuerung der Eigenschaften des Granulats ist optional. Siehe insbesondere zweite Seite, rechte Spalte, letzter Absatz. In Abbildung 6 ist ein im wesentlichen tangential angeordnetes, aber gegen die Drehrichtung und auf einen Messerkopf gerichtetes Zufuhrrohr gezeigt, wobei offen bleibt, ob die Zufuhrvorrichtung als Düse oder als Lanze anzusehen ist. Der Vergleich der Abbildung 6 mit der sehr ähnlichen Figur 47 von D7 spricht eher für die zweite Möglichkeit. Anders geartete Anordnungen von Düsen sind weder dargestellt noch angesprochen. Selbst wenn man zugunsten der Beschwerdegegnerin unterstellt, daß in Abbildung 6. eine Düse dargestellt ist, so offenbart D9 dennoch nicht mehr als D6.
iv) D8 offenbart das Aufsprühen von Wasser auf Stäube in einem Pflugscharmischer unter starker Verwirbelung und Teilfluidisierung der Stäube (siehe Seite 3, linke Spalte, 1. Absatz und rechte Spalte, letzter vollständiger Absatz). D8 enthält überhaupt keine konkreten Informationen zur Lage der Düsen. Aus Figur 2 scheint sich vielmehr zu ergeben, daß die Flüssigkeit von oben, also quer zur Drehrichtung eingedüst wird.
In keinem der nächstkommenden Dokumente D5, D7, D8 und D9 ist also eine Anordnung beschrieben, bei der die Flüssigkeit in Drehrichtung auf das Pulver aufgebracht wird. Konkret offenbart ist lediglich das Einspeisen der Flüssigkeit gegen die Drehrichtung, gegebenenfalls in Verbindung mit einem Messerkopf, bzw. das Aufsprühen von oben, also quer zur Drehrichtung. Die Aufgabe der dargestellten Messerköpfe ist die Zerkleinerung bzw. Verhinderung von Agglomeraten und die mechanische Verteilung der Flüssigkeit im Gut. Ein (geschwindigkeitsabhängiges) Versprühen der eingespeisten Flüssigkeit durch den rotierenden Messerkopf, welches zwangsläufig in alle Richtungen, also auch quer zur Drehrichtung erfolgen würde, ist in den Dokumenten nicht angesprochen. Auch eine Kombination der Offenbarung von D6 mit den Merkmalen der Verfahren gemäß D5, D7, D8 oder D9 kann demnach nicht zum Verfahren nach Anspruch 1 führen. Die Tatsache, daß das Wirbelschichtmischen von Pulvern und Flüssigkeiten zum Anmeldetag aus D5, D7, D8 und D9 seit Jahren bekannt war, daß die Beschwerdegegnerin ein bedeutender Hersteller der dazu notwendigen Vorrichtungen ist, und daß dennoch alle von ihr bezüglich dieser Mischtechnik angezogenen Druckschriften eine Flüssigkeitszugabe gegen die bzw. quer zur Drehrichtung vorschlagen, wertet die Kammer als Anzeichen dafür, daß es eben nicht trivial bzw. naheliegend war, das durch D6 offenbarte Verfahren derart abzuändern, daß in Drehrichtung eingesprüht wird. An Hand des durch die Gesamtoffenbarung von D5, D7, D8 und D9 repräsentierten Fachwissen konnte der Fachmann in Unkenntnis der Erfindung daher nicht durch rein routinemäßiges Handeln zum Gegenstand der Erfindung gelangen.
3.3. D2' und D3' offenbaren Verfahren zum Mischen von pulverigem Material mit Flüssigkeit, wobei die Mischer bei derartigen Drehzahlen betrieben werden, daß sich ein Mischgutring ausbildet. Die Flüssigkeit wird jeweils über "Zufuhrröhrchen" bzw. "-rohre" im wesentlichen tangential und in Drehrichtung eingespeist Siehe D2', Anspruch 1, Figuren 2 und 3, sowie D3', Anspruch 1, Figur 1a. Von einem Einsprühen der Flüssigkeit ist an keiner Stelle die Rede, auch nicht implizit, und selbst dann nicht, wenn man im Sinne der Beschwerdegegnerin unterstellt, daß auf dem betroffenen Fachgebiet das Merkmal des "Aufsprühens" nicht zwingend eine - in Anspruch 1 des Streitpatents nicht angesprochene - "Düse" voraussetzt. Aus Dokument D0 (einer Anmeldung der Beschwerdegegnerin, welche in D3 angeführt ist) geht vielmehr hervor, daß ein Fachmann, und insbesondere die Beschwerdegegnerin, klar zwischen einer Flüssigkeitszufuhr mittels Zufuhrröhrchen und einem Einsprühen mittels einer Düse unterscheidet. Zufuhrröhrchen speisen die Flüssigkeit im wesentlichen drucklos und als Strahl in den Mischer ein, während zur Zerstäubung der Flüssigkeit andere Maßnahmen erforderlich sind, gemäß D0 eine Verdüsung unter erhöhtem Druck (siehe Seite 3, 2. Absatz bis Seite 4, 2. Absatz). Die eingebrachte Flüssigkeit mag zwar, wie von der Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt wurde, aufgrund der Bewegung der Mischwerkzeuge und des Guts, und des dadurch bewirkten "Ansaugeffekts" in einem hohen Maße und sehr gleichmäßig dispergiert werden. Dies alleine rechtfertigt jedoch nicht, bei den Verfahren gemäß D2' und D3' den Verfahrensschritt des Versprühens (Bildung eines Tröpfchennebels) zu implizieren, insbesondere aufgrund der im Inneren eines relativ dichten, rotierenden Mischgutrings herrschenden Strömungsverhältnisse, welche sich von jenen in einem relativ lockeren Wirbelbett deutlich unterscheiden.
Die in D2' und D3' beschriebenen Ring-Mischverfahren unterscheiden sich daher grundsätzlich von einem Wirbelbett-Mischverfahren wie jenem nach Anspruch 1 des Streitpatents. Die Mischer gemäß D2' und D3' könnten lediglich theoretisch - vorbehaltlich einer Möglichkeit zur Reduzierung der Drehzahl und geeigneter Mischarmausformungen - auch bei Froude-Zahlen betrieben werden, welche zu einer Mischgutwolke im Sinne von Anspruch 1 des Streitpatents führen. Diese Möglichkeit wird jedoch, ebenso wie ein Versprühen der Flüssigkeit, in D2' und D3' nicht erwähnt. Daher ist die Kammer der Überzeugung, daß diese hypothetische Möglichkeit nicht ausreicht, den mit der bestehenden technischen Aufgabe konfrontierten Fachmann dazu zu veranlassen, in den Dokumenten D2' oder D3' Anregungen zu einer Lösung dieser technischen Aufgabe zu erkennen.
Gemäß D2' und D3' ist die Orientierung der Zufuhrröhrchen in Drehrichtung vorteilhaft bezüglich des Mischeffekts im Mischgutring (siehe D2', Seite 3, Zeilen 16. bis 19). Dies bedeutet nach Auffassung der Kammer jedoch nicht, daß der Fachmann aus diesen Dokumenten die Anregung erhält, die Sprühdüsen in einem Wirbelbettverfahren gemäß D6 umzukehren, insbesondere da bei einer Versprühung im Sinne der Erfindung keine "Ansaugwirkung" nötig ist. Die in D2' und D3' gezeigten Verfahren konnten daher den Fachmann - sofern er sie trotz der angesprochenen Unterschiede für die Lösung der gestellten Aufgabe überhaupt in Betracht gezogen hätte - auch nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand von Anspruch 1 führen.
3.4. Die Dokumente D1 und D4 liegen nach Auffassung der Kammer noch weiter vom Erfindungsgegenstand entfernt und können daher das beanspruchte Verfahren umso weniger nahelegen:
i) Ob sich bei dem in D1 beschrieben Verfahren bei Froude-Zahlen von 3 bis 6 ein Pulver-Wolke bildet kann dahingestellt bleiben, da gemäß D1 das Wasser dem Mischer gemäß D1 nicht in flüssiger Form sondern als Dampf zugeführt wird. Ein Einsprühen von Flüssigkeit ist demnach nicht offenbart. Ferner ist - was unstrittig ist - die Lage der Dampf-Zufuhrdüsen 18. nicht genau beschrieben (siehe die Zeichnung und Seite 5, Zeile 1).
ii) In der Abhandlung D4 ist ein Einsprühen von Flüssigkeiten nicht explizit angesprochen. Im detaillierten experimentellen Teil von D4 wird lediglich das Wirbelbett-Mischen zweier Feststoffe - ohne Flüssigkeitszugabe - in einem Lödige-Pflugscharmischer beschrieben (siehe z. B. Seiten 81 und 82). Die Möglichkeit des Vermischens von Feststoffen mit Flüssigkeiten in derartigen Mischern wird nur ganz allgemein erwähnt (Seite 120). Hinweise auf geeignete Maßnahmen zum Einbringen einer Flüssigkeit sind in D4 nicht enthalten.
4. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 8 betreffen besondere Ausführungsformen des Verfahrens nach Anspruch 1. Ihre Gegenstände sind demnach ebenfalls neu und erfinderisch.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird aufrechterhalten wie erteilt.