European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1999:T046097.19990414 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 14 April 1999 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0460/97 | ||||||||
Anmeldenummer: | 90102180.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | G04C 11/02 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Kleine Funkuhr mit Antennenspule | ||||||||
Name des Anmelders: | Junghans Uhren GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Eta SA Fabriques d'Ebauches | ||||||||
Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Ausreichende Offenbarung (bejaht) Neuheit (bejaht) Erfinderische Tätigkeit (bejaht) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Der Patentinhaber hat Beschwerde eingelegt gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 382 130 widerrufen worden ist. Die Entscheidung begründete den Widerruf damit, daß die Gegenstände der Ansprüche 1 bis 4 in der geänderten Fassung gegenüber JP-A-57-132083 (Abstract und englische Übersetzung, im folgenden D1 genannt) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten.
II. Der Beschwerdeführer hat in Erwiderung eines Bescheids der Kammer und zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung mit Schreiben vom 12. Februar 1999 geänderte Patentunterlagen eingereicht.
III. Der Beschwerdegegner hat mit Schreiben vom 15. März 1999 zu den geänderten Unterlagen und zum Vorbringen des Beschwerdeführers Stellung genommen, hat aber mit Schreiben vom 25. März 1999 angekündigt, an der mündlichen Verhandlung nicht teilzunehmen.
IV. Die mündliche Verhandlung fand daher am 14. April 1999 in Abwesenheit des Beschwerdegegners statt. Der Beschwerdeführer hat in der mündlichen Verhandlung neue Patentunterlagen eingereicht, um Einwände der Kammer gegen die schriftlich eingereichten Unterlagen auszuräumen.
V. Die geltenden unabhängigen Ansprüche 1 und 3 haben folgenden Wortlaut:
"1. Kleine, insbesondere tragbare, Funkuhr (11) mit an ihrem Gehäuse (14) neben dem Zifferblatt (18) unmittelbar von einem Kern (16) getragener Antennenspule (17) für ihren Empfänger,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Antennenspule (17) von einem nach Maßgabe der Gehäusegestaltung geformten Kern (16) aus Ferritpulver oder Weichmagnetpartikeln getragen wird, der in Draufsicht O-förmig geschlossen ausgestaltet und in seiner äußeren Kontur gestalterischen Gehäusevorgaben angepaßt ist, wodurch das Uhr-Gehäuse (14) selbst als der Antennenkern (16) ausgelegt ist, in dessen Innenraum (20) unter dem Zifferblatt (18) das Uhrwerk (13) und der Funkuhren-Zeittelegramm-Empfänger angeordnet sind, und daß die Spule (17) um eine Kern-Verlängerung (22) im äußeren Gehäusebereich gewickelt ist."
"3. Kleine, insbesondere tragbare, Funkuhr (11) mit an ihrem Gehäuse (14) neben dem Zifferblatt (18) unmittelbar von einem Kern (16) getragener Antennenspule (17) für ihren Empfänger,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Antennenspule (17) von einem nach Maßgabe der Gehäusegestaltung geformten Kern (16) getragen wird, der in seiner äußeren Kontur gestalterischen Gehäusevorgaben angepaßt ist, wodurch das Uhr-Gehäuse (14) selbst als topfförmiger Antennenkern (16) ausgelegt ist, in dessen Innenraum (20) unter dem Zifferblatt (18) das Uhrwerk (13) und der Funkuhren-Zeittelegramm-Empfänger angeordnet sind, und daß die Spule (17) um eine auf einem Kern-Boden (19) stehende Wandung (24) gewickelt ist."
Die Ansprüche 2 und 4 sind von Anspruch 1 bzw. Anspruch 3 abhängig.
VI. Der Beschwerdeführer argumentiert im wesentlichen wie folgt:
i) In bekannten Funkuhren seien magnetische Antennen abseits des Uhrwerks im Inneren eines nicht metallischen Uhrgehäuse eingebaut, weil elektrische Signale und metallische Teile des Uhrwerks den Funkempfang störten. Die Fachwelt habe vor dem Prioritätstag bezweifelt, ob eine Funkuhr mit Langwellenempfänger als Armbanduhr mit ausreichender Empfangsqualität realisierbar sei.
ii) D1 offenbare eine Funkuhr mit Ferritstab mit etwa mittig angeordneter Spule außerhalb des eigentlichen metallischen Gehäuses. Eine Antenne innerhalb des metallischen Gehäuses wäre nämlich ebenso wie das Uhrwerk abgeschirmt (D1, Übersetzung, Seite 5, Zeilen 2 - 7 von unten). Das Gehäuse und die Antenne seien getrennt voneinander realisiert.
iii) Durch die Auslegung des Uhrgehäuses als Antennenkern werde die Ferritkernmasse und damit die Antennenempfindlichkeit vergrößert. Der Antennenkern umschließe das Uhrwerk und schirme es ab. Die Anordnung der Spule um eine Kern-Verlängerung oder um eine Wandung eines topfförmigen Kerns ermögliche eine geschlossene Ausführung des Gehäuses und verdecke das Zifferblatt nicht. Dabei sei es unerheblich, ob das Ferritgehäuse zusätzlich von einer Schutz- oder Dekorhülle umgeben werde. Die Erfindung bringe somit einen unterschiedlichen Gedanken zum Ausdruck, der durch kein Dokument nahegelegt werde.
VII. Der Beschwerdegegner argumentierte im wesentlichen wie folgt:
i) Es sei nicht ausreichend offenbart, daß die topfförmige Wandung (24, Figur 2 der Patentschrift) tatsächlich gemäß den Ansprüchen 3 und 4 die Seitenwände des Gehäuses bilde. Die Wandung müsse eher im Inneren des Gehäuses liegen, da die Antenne von einem Mittelteil-Glasreif ("carrure-lunette") umschlossen werde, an dem der Boden befestigt sei.
ii) Der Gegenstand insbesondere des mit Schreiben vom 12. Februar 1999 eingereichten Anspruchs 1 sei nicht neu, da er einen U-förmigen Kern umfasse. Die Darstellung der Figur 2 des Dokuments D1, insbesondere die Symmetrie bezüglich der Armbandachse und die Einbindung des Antennenkerns in die äußere Gestaltung, lasse erkennen, daß ein solcher Antennenkern Teil des Gehäuses sei. Das Uhrwerk und der Funkuhren-Zeittelegramm-Empfänger seien damit ebenfalls im Innenraum eines U-förmigen Antennenkerns angeordnet (D1, Figur 2 (b)). Die Antennenspule sei um eine Verlängerung des Kerns gewickelt, da der Kern länger als die Spulenausdehnung sei (Figur 3).
iii) Nichts hindere den Fachmann daran, den U-förmigen Antennenkern in Figur 2 (b) von D1 so auszuführen, daß er drei Seitenwände des Uhrgehäuses selbst bilde. Die Teile 5 und 6 in Figur 2 (b) würden in jedem Fall zusammen das Gehäuse bilden. Das Streitpatent schließe auch nicht aus, daß irgendwelche anderen, an die Gehäusevorgaben angepaßten Teile des Gehäuses den Antennenkern bildeten. Der Fachmann würde verschiedene Varianten zur Aufnahme des Uhrwerks und des Funkuhren-Zeittelegramm-Empfängers finden, ohne erfinderisch tätig zu werden.
VIII. Der Beschwerdeführer beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geändertem Umfang mit den in der mündlichen Verhandlung eingereichten Unterlagen aufrechtzuerhalten.
IX. Der Beschwerdegegner hielt in der schriftlichen Eingabe vom 15. März 1999 daran fest, daß die mit Schreiben vom 12. Februar 1999 eingereichten Ansprüche zumindest nicht erfinderisch und, bezüglich der Ansprüche 3 und 4, nicht deutlich und vollständig offenbart seien und daß die Beschwerde somit zurückzuweisen sei.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen (Art. 123 (2) und (3) EPÜ)
2.1. Die geltenden Ansprüche 1 und 3 beruhen auf den Ansprüchen 1 und 4 des erteilten Patents und weisen jeweils zusätzliche beschränkende Merkmale auf. Der Schutzbereich des Patents ist daher nicht erweitert.
2.2. Die zusätzlichen Merkmale der geltenden Ansprüche 1 und 3. bezüglich der Ausgestaltung des Kerns und der Anordnung der Wicklung sind in den ursprünglichen Unterlagen, Seite 2, Zeilen 10 - 14, Seite 4, Zeilen 1 - 18, in Verbindung mit den Figuren 4 und 5 offenbart. Die Merkmale der Ansprüche 2 und 4 sind auf Seite 4, Zeilen 9. - 18, der ursprünglich eingereichten Fassung offenbart. Die Beschreibung ist, im wesentlichen durch Streichen von Textstellen, an die geänderten Ansprüche angepaßt worden. Das vorliegende Patent ist daher nicht in unzulässiger Weise erweitert worden.
2.3. Die in der mündlichen Verhandlung hinzugefügten Änderungen (z. B. O-förmig geschlossener Kern, Spule im äußeren Gehäusebereich; Anspruch 1) sind lediglich weitere Klarstellungen und Einschränkungen der mit Schreiben vom 12. Februar 1999 eingereichten Ansprüche, zu denen sich der Beschwerdegegner schriftlich geäußert hat. Solche Änderungen haben vom ferngebliebenen Beschwerdegegner erwartet werden müssen und stellen somit keine neuen Tatsachen dar, zu denen ihm das rechtliche Gehör zustehen würde (vgl. T 133/92 vom 18. Oktober 1994, Punkt 7).
3. Ausführbarkeit der Erfindung (Art. 100 b) EPÜ)
Die Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung (Seite 2, Zeilen 1 - 6; Seite 3, Zeilen 11 - 15; Seite 4, Zeilen 1 - 18) offenbart die Gehäuseintegration des Antennenkerns als eine besonders interessante Alternative zu den nunmehr gestrichenen Varianten der Antenne innerhalb eines Gehäuses aus elektrisch nichtleitendem Material oder außerhalb eines (metallischen) Gehäuses. Wesentlich ist daher, daß der Fachmann einen O-förmigen oder topfförmigen Antennenkern (z. B. aus Ferritpulver) als Gehäuseteil ausführen kann, was vom Beschwerdegegner nicht bestritten wurde. Ob eine zusätzliche Abdeckung der Spule, z. B. durch einen Ring aus elektrisch nichtleitendem Material, vorgesehen wird, sieht die Kammer dagegen für die Ausführbarkeit der Erfindung nicht als wesentlich an. Daß die Anmeldung hierzu keine Ausführungen enthält, schadet der Ausführbarkeit der Erfindung somit nicht.
4. Neuheit (Art. 100 a) und 54 (2) EPÜ)
4.1. Die aus D1 bekannte Funkuhr weist die Merkmale des Oberbegriffs der Ansprüche 1 und 3 auf und wird übereinstimmend als nächstliegender Stand der Technik angesehen. Die Antenne (6) ist außerhalb eines normalerweise metallisch abschirmenden Gehäuses als gerader oder U-förmiger Stab angebracht (D1, Seite 5, Zeile 7 von unten bis Seite 6, Zeile 13 und Seite 8, Zeilen 5 - 9 der Übersetzung). Um die Effizienz der magnetischen Antenne zu verbessern, schlägt D1 (Seite 6, Zeilen 4 - 13, der Übersetzung) vor, das in das Innere des Uhrgehäuses geleitete elektrische Signal mittels einer Abstimmspule (3) zu verstärken. Die Teile Antenne (1) und Uhrgehäuse (5), obwohl räumlich angrenzend und aneinander angepaßt, sind funktionell separate Teile. Dieses Uhrgehäuse ist daher nicht selbst als O-förmig geschlossener oder topfförmiger, nach Maßgabe der Gehäusegestaltung geformter Antennenkern ausgeführt.
4.2. Keines der anderen vom Beschwerdegegner im Beschwerdeverfahren nicht mehr aufgegriffenen Dokumente des Einspruchsverfahrens zeigt alle Merkmale des Anspruchs 1 oder 3. Die Gegenstände dieser Ansprüche und der davon abhängigen Ansprüche 2 und 4 sind daher neu.
5. Erfinderische Tätigkeit (Art. 100 a) und 56 EPÜ)
5.1. Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 3 lösen die Aufgabe, die Empfangseigenschaften einer kleinen Funkuhr weiter zu verbessern (vgl. Spalte 2, Zeilen 43 - 47 der Patentschrift).
5.2. Beide Ansprüche legen Funkuhren fest, bei denen der Funkuhren-Zeittelegramm-Empfänger und das Uhrwerk im Inneren eines geschlossenen Antennenkerns angeordnet sind. Die Spule auf der Kernverlängerung oder der topfförmigen Wandung erfaßt dadurch den magnetischen Fluß in einem Antennenkern (Stab oder Rohr), der Gehäuseteile und gegebenenfalls magnetische Teile des Uhrwerks in deren Innenraum umschließt. Die Gehäuse- und Funkempfangsfunktionen sind also miteinander verknüpft. Gleichzeitig kann das Uhrwerk durch die Anordnung im Innenraum des magnetischen Kerns abgeschirmt werden.
5.3. Eine solche Verknüpfung der Gehäuse- und Empfangsfunktionen wird in D1 nicht in Betracht gezogen, da die Spule (5) etwa mittig um einen Antennenkern (2, 9) angeordnet ist, der den magnetischen Fluß am Gehäuserand konzentriert (D1, Figuren 2 und 3). Ein geschlossener Kern wäre bei dieser Anordnung der Spule für den Empfang von Funksignalen nicht geeignet.
5.4. D1 gibt dem Fachmann also keine Anregung, die Spule, wie in den Ansprüchen 1 oder 3 festgelegt, anzuordnen und Gehäuseteile, z. B. an sich bekannter, magnetisch abschirmender Uhrgehäuse, in den Antennenkern miteinzubeziehen.
5.5. Da auch kein anderer im Einspruchsverfahren vorgebrachter Stand der Technik einen solchen Hinweis gibt, ergeben sich die Gegenstände der Ansprüche 1 - 4 nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik und haben daher als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend zu gelten.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten mit:
den Ansprüchen 1 bis 4, der Beschreibung, Spalten 1 bis 4 und den Figuren 1 und 2, alles wie überreicht in der mündlichen Verhandlung.