T 0264/97 () of 17.7.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:T026497.20010717
Datum der Entscheidung: 17 Juli 2001
Aktenzeichen: T 0264/97
Anmeldenummer: 90810166.0
IPC-Klasse: G07B 17/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Auffüllen des Wertvorgabespeichers einer Frankiermaschine und Frankiermaschine zur Ausführung des Verfahrens
Name des Anmelders: FRAMA AG
Name des Einsprechenden: Pitney Bowes Inc.
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 390 731 zurückzuweisen, hat die Einsprechende Beschwerde eingelegt.

II. In der Beschwerdebegründung bezog sich die Beschwerdeführerin nur auf eines der im Einspruchsverfahren bereits genannten Dokumente, nämlich

D2: US-A-4 807 139

und nannte erstmals das Dokument

R17: US-A-4 629 871.

III. Am 17. Juli 2001 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. In der mündlichen Verhandlung erwähnte die Beschwerdeführerin auch das schon im Einspruchsverfahren genannte Dokument

D1: US-A-3 792 446.

IV. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

V. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 7 des Patents lauten wie folgt:

"1. Verfahren zum Auffüllen des Wertvorgabespeichers (20) einer Frankiermaschine, deren Funktionsablauf durch eine zentrale elektronische Steuereinheit gesteuert wird, mit einem codierten Informationsaustausch zwischen einer autorisierenden, ortsfernen Zentrale und dem Benutzer der Frankiermaschine, wobei mittels der Steuereinheit der Frankiermaschine eine passende Zuordnung zwischen den ausgetauschten Informationen überprüft wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Erstellung der codierten Informationen und deren gegenseitige Zuordnung zur Bereitstellung von Informationspaaren für jede Frankiermaschine unabhängig, in Form von echten Zufallszahlen und regellos vorgenommen wird und dass die für die betreffende Frankiermaschine somit allein gültigen Informationen und Zuordnungen sowohl bei der Zentrale als auch in einem Speicher (21) der Frankiermaschine aufbewahrt werden, so dass die Informationspaare nur bei der Zentrale in lesbarer Form vorliegen, wobei das Auffüllen des Wertvorgabespeichers (20) der Frankiermaschine um eine vorgegebene Wertmenge erfolgt, nachdem aufgrund eines Programmes der Steuereinheit festgestellt worden ist, dass die von der Zentrale erhaltene und zum Auffüllen des Wertvorgabespeichers (20) in die Frankiermaschine als Eingabecode eingegebene Information in identischer Formulierung gespeichert in der Frankiermaschine bereits vorhanden ist und wobei ein Informationspaar aus diesem Eingabecode und einem für eine weitere Auffüllung der Zentrale mitzuteilenden Retourcode besteht."

"7. Frankiermaschine zur Ausführung des Verfahrens nach Anspruch 1, mit einer Rechner (32) und Speicher (20,21,33,34) aufweisenden elektronischen Steuereinheit, die mit einer Anzahl von Eingabetasten (2-6,13-17,8) und einem Anzeigefeld (7) verbunden ist, wobei einer der Speicher ein Wertvorgabespeicher (RAM, 20) für durch Frankieren zu verbrauchende Wertmengen ist, der durch codierten Informationsaustausch des Benutzers der Frankiermaschine mit einer autorisierenden, ortsfremden Zentrale auffüllbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die elektronische Steuereinheit der Frankiermaschine einen Festwertspeicher (ROM, 21) aufweist, in dem mehrere fest vorgegebene, aus einem Eingabecode und einem Retourcode bestehende Informationspaare gespeichert sind, wobei beide Codes aus echten Zufallszahlen bestehen, die ebenso wie ihre gegenseitige Zuordnung allein für die betreffende Frankiermaschine gültig sind, auf dem Anzeigefeld (7) ein der ortsfremden Zentrale zu übermittelnder Retourcode aufrufbar ist, durch die Eingabetasten (2-6, 13-17) ein von der ortsfremden Zentrale aufgrund des Retourcodes und eines gewünschten Auffüllbetrages erhaltener Eingabecode eingebbar ist, so dass die Steuereinheit mittels eines gespeicherten Programms überprüft, ob der eingegebene Code im Festwertspeicher (21) gespeichert ist, der Wertvorgabespeicher (20) nur dann um einen, durch den eingegebenen Code festgelegten, im Festwertspeicher (21) gespeicherten Betrag auffüllbar ist, wenn das Ergebnis der Ueberprüfung positiv ist und nach Auffüllung des Wertvorgabespeichers (20) der für seine nächste Auffüllung der ortsfremden Tentrale mitzuteilende neue Retourcode aus dem sonst nicht zugänglichen Festwertspeicher (21) freigegeben und auf dem Anzeigefeld (7) angezeigt wird."

VI. Die Beschwerdeführerin argumentierte im wesentlichen wie folgt:

D2 offenbare den nächstliegenden Stand der Technik. Der Eingabecode r2 von D2 entspreche dem Eingabecode beim Streitpatent. Der Wert k von D2, der später in der Frankiermaschine nach Eingabe des Codes r2 für den nächsten Auffüllvorgang erzeugt werde, entspreche dem Retourcode beim Patent. Nach D2 seien der Code r2 und der Wert k aus unabhängig voneinander erzeugten, echten Zufallszahlen i abgeleitet. Sie bilden also - wie die entsprechenden Codes beim Patent - Paare von regellos zugeordneten, echten Zufallszahlen. Anders als bei der im Patent beschriebenen Ausführungsform werde bei D2 für jede Auffüllung ein Retourcode neu erzeugt. Da aber Anspruch 1 des Patents nicht das gleichzeitige Vorhandensein von Eingabe- und Retourcode eines Paares vorschreibe, fehle dem Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick auf dem Stand der Technik nach D2 die Neuheit.

In D2 würden echte Zufallszahlen bei Bedarf erzeugt. Der Fachmann wisse aber, daß man stattdessen eine Liste von echten Zufallszahlen im voraus erzeugen und speichern könne, was die gleiche Sicherheit biete, aber eine größere Speicherkapazität erfordere (D1, Spalte 8, Zeilen 51 bis 68, oder R17, Spalte 10, Zeilen 38 bis 56). Es sei für den Fachmann naheliegend, dieses Wissen auf den Stand der Technik nach D2 anzuwenden. Der Fachmann würde aufgrund dieser naheliegenden Überlegungen zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Patents gelangen, auch wenn Anspruch 1 so ausgelegt werde, daß er die gleichzeitige Speicherung, sowohl in der Zentrale als auch in der Frankiermaschine, von beiden Codes eines Paares vorschreibe.

Aus den gleichen Gründen weise auch die Frankiermaschine nach Anspruch 7 des Patents keine erfinderische Tätigkeit auf.

VII. Die Beschwerdegegnerin argumentierte im wesentlichen wie folgt:

Anhand der Beschreibung sei klar zu erkennen, wie die Ansprüche auszulegen seien. Insbesondere sei klar, daß unter "regellos" verstanden werden sollte, daß zwischen beiden Zufallszahlen eines Paares kein Zusammenhang hergestellt werden könnte.

Dokument R17 sei verspätet genannt worden und auch nicht relevanter als die anderen sich im Verfahren befindlichen Dokumente. R17 sollte daher nicht berücksichtigt werden. Ferner beträfe R17 eine Frankiermaschine, die mit Hilfe einer Kreditkarte aufgefüllt werde, und somit eine ganz andere Art von Frankiermaschine als das Patent.

Die Entgegenhaltung D2 verwende keine Informationspaare, die mit denjenigen des Patents vergleichbar seien. In D2 sei der Eingabecode r2 aus einer der Zentrale mittels eines Wertes k vorher mitgeteilten Zufallszahl in-1 berechenbar. Daher folge die Paarung zwischen dem Wert k und dem Eingabecode r2 von D2 im Gegensatz zum Patent einer Regel, so daß der Eingabecode r2 von D2 nicht den Charakter einer echten Zufallszahl habe. Dies werde durch die in Figur 4 von D2 gezeigte Tabelle bestätigt. Zudem seien in der Frankiermaschine nach D2 keine Informationspaare aufbewahrt, die aus einem die Auffüllung eines Wertvorgabespeichers der Frankiermaschine bewirkenden Eingabecode und einem bei der nächsten Auffüllung der Zentrale mitzuteilenden Retourcode bestehen. Bei der Machine nach R17 werde nur eine Reihe von einzelnen Zufallszahlen erzeugt und gespeichert, die keine Informationspaare im Sinne des Patents bilden. Der Retourcode nach dem Patent ermögliche der Zentrale eine Überprüfung der Berechtigung zum Auffüllen, was bei D2 nicht möglich sei. Dies zeige, daß angebliche Übereinstimmungen zwischen D2 und der Erfindung nach dem Patent nur dank einer ex post Betrachtung gesehen werden könnten.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Das Dokument D2 beschreibt den am nächsten kommenden Stand der Technik, nämlich eine Frankiermaschine und ein Verfahren zum Auffüllen des Wertvorgabespeichers der Frankiermaschine. Ein Auffüllvorgang umfaßt folgende Schritte:

- zuerst (bei einem vorherigen Auffüllvorgang) wird eine echte Zufallszahl (in-1) durch einen Zufallszahlengenerator in der Frankiermaschine erzeugt, dort gespeichert und der Zentrale mitgeteilt

- danach (beim aktuellen Auffüllvorgang) teilt die Frankiermaschine der Zentrale einen Code (k) mit, der sich aus einer neuen echten Zufallszahl (in) für einen späteren Auffüllvorgang, einer Wertmenge (v) für den aktuellen Auffüllvorgang und der Identifikationsnummer der Frankiermaschine zusammensetzt

- die Zentrale berechnet dann mittels einer lesbaren Tabelle, die für alle Frankiermaschinen gilt, aus der früher mitgeteilten Zufallszahl (in-1), der Wertmenge (v) und der Identifikationnummer der Frankiermaschine einen Eingabecode (r2)

- dieser Eingabecode (r2) wird dem Benutzer der Frankiermaschine mitgeteilt und in die Frankiermaschine eingegeben

- eine mit dem erwarteten Eingabecode identische Formulierung (r1) wird in einer elektronischen Steuereinheit der Frankiermaschine durch Anwendung eines pseudo-zufälligen Algorithmus aus der gespeicherten Zufallszahl (in-1), der Wertmenge (v) und der Maschinenidentifikationsnummer berechnet und gespeichert

- ein Wertvorgabespeicher der Frankiermaschine wird um die vorgegebene Wertmenge (v) aufgefüllt, wenn ein Programm der Steuereinheit der Frankiermaschine feststellt, daß der von der Zentrale erhaltene Eingabecode (r2) der in der Frankiermaschine berechneten Formulierung (r1) entspricht.

3. Der Anspruch 1 des Patents sieht insbesondere vor, die auszutauschenden Informationen so zu erstellen, daß Informationspaare, die aus regellos zugeordneten echten Zufallszahlen gebildet sind, bereitgestellt werden und daß die entsprechenden Informationen und Zuordnungen sowohl bei der Zentrale als auch in einem Speicher der Frankiermaschine aufbewahrt werden. Dazu sieht Anspruch 1 noch vor, daß ein Informationspaar aus einem Eingabecode und einem für eine weitere Auffüllung der Zentrale mitzuteilenden Retourcode besteht.

Dagegen wird in D2 die Zufallszahl des Retourcodes, der bei der nächsten Auffüllung der Zentrale mitgeteilt wird, erst dann in der Frankiermaschine erzeugt, wenn der Eingabecode schon eingegeben und benützt worden ist. Eingabe- und Retourcodes von D2 sind daher nicht zu einem Paar miteinander verknüpft und werden auch nicht als Informationspaar in der Frankiermaschine aufbewahrt. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher neu (Artikel 54 (1), (2) EPÜ).

4. In D2 sind die der Zentrale mitzuteilenden Retourcodes nicht im voraus in der Zentrale gespeichert, so daß die Zentrale nicht in der Lage ist, einen Retourcode zu überprüfen. Nach Anspruch 1 des Patents sind dagegen die gültigen Informationspaare für jede Frankiermaschine schon in der Zentrale aufbewahrt, was die Möglichkeit eröffnet, einen Retourcode und somit die Berechtigung der Frankiermaschine zu einer Auffüllung in der Zentrale zu überprüfen.

Die von der Beschwerdeführerin zitierten Stellen in D1 und R17 scheinen es zwar nahezulegen, einen Zufallszahlengenerator durch eine gespeicherte Liste von vorher erzeugten Zufallszahlen zu ersetzen. Aber auch wenn der Zufallszahlengenerator von D2 durch eine gespeicherte Liste von echten Zufallszahlen ersetzt würde, würden noch keine Listen der jeder einzelnen Frankiermaschine zugeordneten Retourcodes in der Zentrale getrennt aufbewahrt. Daher wäre die Zentrale auch in diesem Fall nicht in der Lage, die Berechtigung einer bestimmten Frankiermaschine zu einer Auffüllung zu überprüfen. Um zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen, müßten bei der Zentrale getrennte Listen der Retourcodes für jede einzelne Frankiermaschine aufbewahrt werden, was vom Konzept von D2 radikal abweichen würde und - nach Auffassung der Kammer - ohne vorherige Kenntnis der Erfindung des Patents, d. h. ohne eine ex post Betrachtung, nicht naheliegend ist.

Aus diesen Gründen ist die Kammer zum Schluß gekommen, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht.

5. Der unabhängige Anspruch 7 definiert eine einzelne Frankiermaschine, die zur Ausführung des Verfahrens nach Anspruch 1 geeignet ist. Kraft der Rückbeziehung auf Anspruch 1 sieht Anspruch 7 insbesondere vor, daß mehrere fest vorgegebene, aus einem Eingabecode und einem für die nächste Auffüllung der Zentrale mitzuteilenden Retourcode bestehende Informationspaare in einem Festwertspeicher der Frankiermaschine aufbewahrt sind. Ferner wird nach Auffüllung des Wertvorgabespeichers der Frankiermaschine der für die nächste Auffüllung der Zentrale mitzuteilende Retourcode aus dem sonst nicht zugänglichen Festwertspeicher freigegeben und angezeigt.

Da keine fest vorgegebene Eingabecodes und keine fest vorgegebene Retourcodes in einem Festwertspeicher in der Frankiermaschine gemäß D2 aufbewahrt sind, ist der Gegenstand des Anspruchs 7 neu.

6. Bei D2 werden in der Frankiermaschine die mit den Eingabecodes (r2) identischen Formulierungen (r1) aus den durch den Zufallszahlengenerator erzeugten Zufallszahlen (in-1) berechnet. Obwohl es die von der Beschwerdeführerin zitierten Stellen in D1 und R17 nahezulegen scheinen, einen Zufallszahlengenerator durch eine gespeicherte Liste von vorher erzeugten Zufallszahlen zu ersetzen, würde der Austausch dieses Zufallszahlengenerators mit einer gespeicherten Liste von echten Zufallszahlen noch nicht zur Frankiermaschine gemäß Anspruch 7 des Patents führen, da dieser Anspruch die Speicherung von mehreren, fest vorgegebenen Informationspaaren vorsieht.

Ausgehend von D2 sind also mehrere Schritte notwendig, um zum Gegenstand des Anspruchs 7 zu gelangen. Ein weiterer dazu notwendiger Schritt, nämlich die gemäß D2 vorgenommene Berechnung der identischen Formulierungen (r1) in der Frankiermaschine durch eine gespeicherte Liste von Zufallszahlen und Zuordnungen zu ersetzen, wie es in Anspruch 7 des Patents angegeben ist, ist nicht durch D1 und/oder R17 nahegelegt. Dieser Schritt würde vielmehr vom Konzept der D2 radikal abweichen und wäre nach Auffassung der Kammer ohne vorherige Kenntnis der patentgemässen Erfindung, d. h. ohne eine ex post Betrachtung, nicht naheliegend. Der Gegenstand von Anspruch 7 gilt daher als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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