European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2001:T019797.20010504 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 04 Mai 2001 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0197/97 | ||||||||
Anmeldenummer: | 91106946.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | G07B 17/02 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Frankiermodul | ||||||||
Name des Anmelders: | Francotyp-Postalia Aktiengesellschaft & Co. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Pitney Bowes, Inc. | ||||||||
Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (ja) Erfinderische Tätigkeit (ja) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin hat gegen das europäische Patent Nr. 0 459 159 Einspruch eingelegt. Die genannten Einspruchsgründe waren Unausführbarkeit und fehlende erfinderische Tätigkeit. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs.
II. Im Beschwerdeverfahren ist auf die folgenden bereits im Einspruchsverfahren genannten Dokumente hingewiesen worden:
A1: US-A-4 524 426
A2: US-A-4 876 956
A3: WO-A-89/11692
A4: WO-A-88/10464.
Mit der Beschwerdebegründung bezog sich die Beschwerdeführerin zum ersten Mal auf folgende Dokumente:
A5: US-A-4 168 533
A6: US-A-4 506 344.
III. Anspruch 1 des Streitpatents lautet wie folgt:
"Frankiermodul zum Frankieren von Postgut, das ein Druckwerk und ein Prozessorsystem zum Steuern des Druckwerkes, zum Speichern der zu druckenden Information und zur Gebührenabrechnung enthält, dadurch gekennzeichnet, daß das Frankiermodul in einem Slot eines Laufwerkseinschubes eines Personalcomputers angeordnet ist und daß das Prozessorsystem des Frankiermoduls mit dem internen Informations- und Stromversorgungsnetz des Personalcomputers durch intern im Gehäuse des Personalcomputers geführte Leitungen verbunden ist."
Ansprüche 2 bis 12 sind von Anspruch 1 abhängig.
IV. Eine mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 4. Mai 2001 statt.
V. Die Beschwerdeführerin argumentierte im wesentlichen wie folgt:
Die Ausführbarkeit der Erfindung sei nicht mehr bestritten. Jedoch sei unklar, welche Merkmale der Begriff "Personalcomputer" im Streitpatent umfasse. Beispielsweise sei nicht klar, ob eine Festplatte und ein Diskettenlaufwerk dazugehörten. Es sei ebenfalls unklar, ob der in Anspruch 1 des Streitpatents erwähnte Personalcomputer ein zwingendes Merkmal darstelle, oder nicht.
Wäre Anspruch 1 auf ein "Frankiermodul" per se gerichtet, wäre sein Gegenstand nicht neu, weil die aus A1 oder A2 bekannten Frankiermodule von ihrer Größe her ebenfalls für die Anordnung in einem Slot eines Laufwerkseinschubes eines Personalcomputers geeignet seien (siehe insbesondere: A1, Spalte 4, Zeilen 35 bis 38. oder A2, Figur 2B). Der Anspruch gebe nicht an, daß das Frankiermodul exakt in den Slot passen müsse. Es brauche nur klein genug zu sein, um dort angeordnet zu werden.
Falls der Gegenstand des Anspruchs 1 als die Kombination eines Frankiermoduls und eines Personalcomputers zu verstehen sei, unterscheide er sich nicht, oder nur in einer naheliegenden Weise, von den aus A1 oder A2 bekannten Postbearbeitungsmaschinen, deren Basis als eine spezielle Art Personalcomputer betrachtet werden könne. A3 und A4 zeigten, daß es nicht erfinderisch sei, ein Erweiterungsmodul in einem Slot eines Personalcomputers anzuordnen.
Das Frankiermodul des Anspruchs 1 unterscheide sich von dem aus A1 bekannten Frankiermodul nur durch die Art der Schnittstelle für das Anschließen an die Basis der Postbearbeitungsmaschine. Dies sei nicht erfinderisch, weil das Ersetzen der optischen Schnittstelle gemäß A1 durch den in A3 gezeigten Steckverbinder naheliegend sei.
A5 und A6 zeigten, daß die Aufgabe, ein preiswertes Frankiermodul für Anwender mit geringem Postgutaufkommen zu entwickeln, bereits vorher bekannt war.
VI. Die Beschwerdegegnerin argumentierte im wesentlichen wie folgt:
Der Fachmann wisse, wie ein Personalcomputer aufgebaut sei. Gemäß Anspruch 1 solle das Frankiermodul in einem Slot eines Laufwerksschachts eines Personalcomputers angeordnet sein; dieses Merkmal gebe dem Fachmann eine klare Lehre hinsichtlich der Abmessungen des Moduls.
Der Fachmann kann aus A1 die Lehre entnehmen, ein Frankiermodul auf seine minimalen Funktionen zu beschränken. Alle andere Funktionen einer Frankiermaschine könnten dann von der Postbearbeitungsmaschine wahrgenommen werden. Damit sollten die Kosten für die Herstellung und die Wartung gesenkt werden. Die Wartungsfreundlichkeit und der Komfort für die Kunden seien erhöht. A1 sei von dem bei Postbearbeitungsmaschinen üblichen Sicherheitsdenken geprägt und offenbare keinen Personalcomputer.
Weil Frankiermaschinen aufgrund ihrer speziellen Funktion, "Geld zu drucken" ganz besonderen Anforderungen an die Betriebs- und Manipulationssicherheit unterlägen, wäre es für den Fachmann nicht denkbar, ein Frankiermodul mit einem elektrischen Gerät zu kombinieren, das nicht von einem autorisierten Frankiermaschinenhersteller stammen würde und an die speziellen Bedürfnisse einer Frankiermaschine angepaßt wäre. Um diese Hürde überspringen zu können, müßte sich der Fachmann von der für sein Gebiet gültigen Sicherheitsphilosophie lösen.
A3 sei auf einen Personalcomputer gerichtet, in dem Erweiterungsmodule verwendet würden, um die Funktionen des Computers zu erhöhen.
Im Frankiermodul gemäß Streitpatent könnten Sicherheitsprobleme durch entsprechende Softwaremaßnahmen verhindert werden.
VII. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
VIII. Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Neuheit
2.1. Unstreitig wird das aus der Druckschrift A1 bekannte Frankiermodul als nächstliegender Stand der Technik angesehen.
2.2. A1 beschreibt ein elektronisches Frankiermodul (postage meter 10), das durch eine Postbearbeitungsmaschine (mailing machine) oder eine externe Steuer- und Anzeigevorrichtung (operation control and display 13) steuerbar ist. Gemäß A1 soll das Frankiermodul nur jene Elemente einer Frankiermaschine enthalten, die gegen Manipulation gesichert werden müssen, nämlich ein Druckwerk (12, 60) und ein Prozessorsystem (25, 51) zum Steuern des Druckwerkes, zum Speichern der zu druckenden Information und zur Gebührenabrechnung (Figuren 1, 2 und Spalte 5, Zeilen 20 bis 33; Figur 3 und Spalte 6, Zeilen 3 bis 53). Alle anderen Funktionen einer herkömmlichen Frankiermaschine können von der externen Steuer- und Anzeigevorrichtung wahrgenommen werden. Gemäß den Figuren 2 und 3 weist diese Vorrichtung einen Mikroprozessor (20; 50), eine Anzeige (23; 72), eine Tastatur (22; 71), eine Speicheranlage (21; 70), eine Stromversorgung (17; 65) und eine optische Schnittstelle (14; 52, 53, 55) für den Anschluß des Frankiermoduls auf.
2.3. Somit offenbart D1 ein Frankiermodul gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1.
3. Nirgendwo in der A1 ist ein Personalcomputer explizit erwähnt oder suggeriert, aber die Beschwerdeführerin betrachtet die in A1 dargestellte Steuer- und Anzeige-vorrichtung als einen Personalcomputer.
3.1. Unter dem Begriff "Personalcomputer" im Kontext des vorliegenden Patents ist nicht irgendeine beliebige Rechenanlage mit Mikroprozessor zu verstehen, sondern ein "Mittel der PC-Rechentechnik", das einfach zu handhaben und weit verbreitet ist (siehe die Patentschrift, Seite 2, Zeilen 24 bis 27). Die in einem gewöhnlichen PC vorhandenen Funktionsgruppen wie Stromversorgung, internes Informationsnetz, Tastatur, Monitor und ein standardisiertes Slot für einen Laufwerkseinschub werden mitgenutzt (siehe Patentschrift, Seite 2, Zeilen 46 bis 57). Ein gewöhnlicher PC hat Anschlüsse, die üblicherweise als standardisierte Steckverbinder gebildet sind, und nicht als spezifische optische Schnittstellen wie in Figur 2 oder 3 von A1.
3.2. Gemäß A1 sollen die Kosten für die Herstellung und die Wartung von Frankiermaschinen gesenkt werden, indem Teile, die nicht sicherheitsrelevant sind, aus dem Frankiermodul als solchem in die restliche Postbearbeitungsmaschine verlagert werden. Somit sind alle Angaben und Aufgaben in A1, insbesondere die Steuer- und Anzeigevorrichtung, im Rahmen der Postbearbeitung zu verstehen.
3.3. Frankiermaschinen sind besondere Maschinen, die praktisch zum "Gelddrucken" geeignet sind und dementsprechend hohen Sicherheitsanforderungen genügen müssen. Postbearbeitungsmaschinen sind ebenfalls spezielle Maschinen, die wie Frankiermaschinen speziell für Bearbeitung von Postgut eingerichtet sind und nur für diesen Zweck verwendet werden können. Dagegen sind Personalcomputer flexibel in verschiedenen Anwendungsbereichen einsetzbar, vorwiegend im privaten und einfachen kommerziellen Bereich. Somit gehören Personalcomputer einem ganz anderen technischen Gebiet als die zweckgebundenen Frankier- und Postbearbeitungsmaschinen.
3.4. Obwohl er für einen breiten Anwendungsbereich geeignet ist, ist ein Personalcomputer - konstruktiv gesehen - nicht mit einem Mikrocomputer gleichzusetzen. Obwohl die in A1 offenbarte Steuer- und Anzeigevorrichtung nicht unbedingt eine Postbearbeitungsmaschine sein muß, kann nicht unmittelbar und eindeutig aus A1 entnommen werden, daß die Steuer- und Anzeigevorrichtung (13) auch ein Personalcomputer sein kann.
3.5. Die Merkmale gemäß dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 sind daher nicht in A1 offenbart.
4. Aus keinem der anderen vorliegenden Dokumente zum Stand der Technik ist ein Frankiermodul bekannt, das geeignet ist, in einem Slot eines Laufwerkseinschubes eines Personalcomputers angeordnet zu werden. In A2 wird lediglich ein Modul für den Einbau in einer Postbearbeitungsmaschine offenbart; dieses Modul enthält aber auch eine Tastatur und eine Anzeigevorrichtung und ist demnach nicht für die Anordnung in einem Slot eines Personalcomputers geeignet. Somit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik neu (Artikel 54 EPÜ).
5. Erfinderische Tätigkeit
5.1. Vom Stand der Technik nach A1 ausgehend liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, eine kostengunstigere Frankiermaschine zu schaffen, die einfach zu handhaben ist und sich besonders für Anwender mit geringerem Postgutaufkommen eignet.
5.2. Nach Anspruch 1 des Streitpatents wird diese Aufgabe durch die Idee gelöst, eine Frankiermaschine aus einem Frankiermodul und einem herkömmlichen üblichen Personalcomputer zu bilden. Das Frankiermodul unterscheidet sich von herkömmlichen Frankiermodulen dadurch, daß es in einem Slot eines Laufwerkseinschubes eines Personalcomputers angeordnet werden kann und für den Anschluß an das Informations- und Stromversorgungsnetz des Personalcomputers geeignet ist.
5.3. Gemäß der Erfindung ist es möglich, aus einem Frankiermodul, das nur jene Elemente enthalten soll, die gegen Manipulation gesichert werden müssen, nämlich die elektronische Abrechnungseinrichtung und das Druckwerk, und einem gängigen Personalcomputer eine Frankiermaschine zu bilden, ohne daß sich der Kunde eine spezielle Frankier- oder Postbearbeitungsmaschine kaufen muß. Dies ist ein neuer und grundsätzlich anderer Ansatz. A1 lehrt (supra 3.2), eine Postbearbeitungsmaschine aus Sicherheits- und Wartungsgründen in zwei Vorrichtungen zu teilen, nämlich ein Frankiermodul, das nur eine Abrechnungseinrichtung und ein Druckwerk enthält und eine Basismaschine, die alle andere Frankierfunktionen gewährleistet. Zwar entsprechen bestimmte Komponente der Vorrichtung gemäß A1, wie Tastatur, Anzeige, Rechenfunktionen und Stromversorgung, auch üblichen Komponenten oder Funktionseinheiten eines Personalcomputers, aber dies gibt dem Fachmann keine Anregung, eine Postbearbeitungsmaschine so zu verändern, daß das Frankiermodul in den Laufwerkseinschub eines Personalcomputers paßt und so das Prozessorsystem des Frankiermoduls mit dem internen Informations- und Stromversorgungsnetz des Personalcomputers zu verbinden. Um diesen Schritt zu tun, mußte sich der Frankiermaschinenfachmann erst von der bisher gültigen Sicherheitsphilosophie lösen, wonach Frankiermaschinen aufgrund ihrer speziellen Funktion ganz besonderen Anforderungen an die Betriebs- und Manipulationssicherheit unterliegen. Nach Auffassung der Kammer war es daher nicht naheliegend, ein Frankiermodul von einem elektronischen Gerät - insbesondere einem Personalcomputer - steuern zu lassen, das nicht von einem autorisierten Frankiermaschinenhersteller stammt und an die speziellen Bedürfnisse einer Frankiermaschine angepaßt war.
5.4. Aus A3 erhält der Fachmann die Lehre, Steckplatinen, die sonst an die Rückwand eines Personalcomputers gesteckt werden, aus Platzgründen und aus Gründen der leichteren Austauschbarkeit in einen freien Laufwerkseinschub eines Personalcomputers zu schieben. Dabei bleibt der Personalcomputer jedoch ein "multi-purpose computer". Somit legt A3 für den Fachmann nicht nahe, bestimmte Funktionen einer Frankiermaschine auf einen Personalcomputer zu übertragen. Der Fachmann hat also keinen Grund, die Lehren von A1 und A3 zu kombinieren.
5.5. Es versteht sich von selbst, daß ein Frankiermodul gemäß Anspruch 1 des Streitpatents nur von einem Personalcomputer gesteuert werden kann, der mit einer dafür geeigneten Software ausgerüstet ist. Ein möglicher Mißbrauch des Frankiermoduls und der Postgutinformationen kann daher durch Softwaremaßnahmen verhindert werden. Somit ist es möglich, einen Steckverbinder als Schnittstelle zu verwenden, ohne die Betriebs- und Manipulationssicherheit zu beeinträchtigen.
5.6. In Dokument A2 ist das Frankiermodul mit einer eigenen Tastatur und einer eigenen Anzeige versehen und besitzt alle Funktionen einer Frankiermaschine. Somit findet sich in A2 kein Hinweis darauf, das Frankiermaschinemodul so auszubilden, daß es in dem Laufwerkseinschub eines Personalcomputers paßt.
5.7. Folglich ist der Gegenstand des Anspruchs 1 weder durch eines der Dokumente A1 und A2 für sich noch durch eine Kombination dieser Dokumente mit A3 nahegelegt.
6. Dokument A4 wurde wegen verspäteten Vorbringens im Einspruchsverfahren nicht berücksichtigt. Die Kammer sieht keinen Grund, in diesem Punkt von der Auffassung der Einspruchsabteilung abzuweichen.
7. Die Dokumente A5 und A6 beschreiben eine Frankiermaschine im "Hosentaschenformat", d. h. als kleines tragbares Handgerät. Ein Frankiermodul, das ein Druckwerk und ein Prozessorsystem enthält und in einem Slot eines Laufwerkseinschubes eines Personalcomputers angeordnet wird, ist in diesen Dokumenten aber nicht offenbart.
8. Die Kammer kommt somit zu dem Schluß, daß der entgegenhaltene Stand der Technik das Frankiermodul gemäß Anspruch 1 des Streitpatents nicht nahelegt (Artikel 56 EPÜ). Dasselbe gilt für die davon abhängigen Ansprüche 2 bis 12. Die in Artikel 100 EPÜ genannten Einspruchsgründe stehen der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.