T 0125/97 (Diagnostischer Testträger/ROCHE DIAGNOSTICS GMBH) of 18.12.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:T012597.20011218
Datum der Entscheidung: 18 Dezember 2001
Aktenzeichen: T 0125/97
Anmeldenummer: 88109827.1
IPC-Klasse: G01N 33/52
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Diagnostischer Testträger und Verfahren zu dessen Herstellung
Name des Anmelders: Roche Diagnostics GmbH
Name des Einsprechenden: Macherey - Nagel GmbH & Co. KG
Kammer: 3.3.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
Schlagwörter: Hauptantrag; Hilfsanträge 1 und 2: Neuheit (verneint)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
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Sachverhalt und Anträge

I. Auf die europäische Patentanmeldung 88 109 827.1 mit der Bezeichnung "Diagnostischer Testträger und Verfahren zu dessen Herstellung" wurde das europäische Patent Nr. 0 297 389 auf der Grundlage von zwölf Ansprüchen erteilt. Ansprüche 1 und 7 hatten folgenden Wortlaut:

"1. Diagnostischer Testträger mit mindestens zwei Schichten (2,5; 2,6), die mit Abstand zueinander befestigt sind, so daß ein Spalt (8) zwischen ihnen vorhanden ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Schichten (2,5; 2,6) durch eine Mehrzahl diskreter Schmelzkleberbereiche (7, 13, 14) miteinander verbunden sind, wobei die Dicke der Schmelzkleberbereiche (7, 13, 14) für die Breite des Spaltes (8) bestimmend ist, die Schmelzkleberbereiche auf der Verbindungsfläche zwischen den Schichten (2,5; 2,6) verteilt sind, zwischen den Schmelzkleberbereichen mehrere Zwischenräume (9) vorhanden sind, und ein Flüssigkeitstransport in dem Spalt (8) durch die Zwischenräume (9) zwischen den Schmelzkleberbereichen (7, 13, 14) hindurch möglich ist.

7. Verfahren zur Herstellung eines Testträgers nach einem der Ansprüche 1 - 6, dadurch gekennzeichnet, daß der Schmelzkleber in Form der diskreten Bereiche zwischen denen Zwischenräume vorhanden sind, auf ein erstes Schichtmaterial in einer Stärke, die größer als der gewünschte Spalt ist, aufgebracht wird und ein zweites Schichtmaterial, während der Schmelzkleber ausreichend heiß ist, um bindefähig zu sein, derartig gegen die Schmelzkleberbereiche gedrückt wird, daß es mit dem Schmelzkleber bindet, jedoch ein durch die Dicke der erstarrten Schmelzkleberbereiche bestimmter Abstand zwischen den Schichtmaterialien bestehen bleibt."

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 6 und 8 bis 12 betrafen weitere Merkmale des Testträgers gemäß Anspruch 1 bzw. des Verfahrens gemäß Anspruch 7.

II. Es wurde ein Einspruch eingelegt, mit dem der Widerruf des Patents unter Berufung auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und erfinderische Tätigkeit) beantragt wurde.

III. Mit Entscheidung vom 23. Dezember 1996 wies die Einspruchsabteilung den Einspruch zurück.

IV. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) legte gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung Beschwerde ein und begründete sie. Die Beschwerdegegnerin erwiderte die Beschwerdebegründung und reichte am 23. Oktober 1997 einen ersten Hilfsantrag ein, in dessen Hauptanspruch klargestellt wurde, daß der Spalt (8) ein Kapillarspalt ist. Gemäß eines 2. Hilfsantrags wurde das Wort "mindestens" in der Beschreibung in Spalte 5, Zeile 23 gestrichen. Die Ansprüche blieben unverändert.

V. Folgende Druckschriften werden in dieser Entscheidung zitiert:

(D1) EP-A-0 287 883;

(D2) EP-A-0 166 365;

(D3) US-A-4 582 684;

(D4) US-A-4 426 451;

(D5) Prospekt der Einsprechenden "Indikator- und Testpapiere" 1985, Seiten 22 und 23.

VI. Mit Eingabe vom 24. Oktober 2001 teilte die Beschwerdegegnerin mit, daß sie auf eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verzichte und den Antrag, sie durchzuführen, zurücknehme.

VII. Eine mündliche Verhandlung fand am 18. Dezember 2001 statt.

VIII. Die Argumente der Beschwerdeführerin werden wie folgt zusammengefaßt:

Hauptantrag Zur Neuheit Entgegenhaltung (D1)

- Entgegenhaltung (D1), die älteres europäisches Recht für das vorliegende Patent darstellt (Artikel 54 (3) EPÜ), offenbare einen Testträger, wobei die obere Schicht mittels Schmelzkleberpartikeln, die auch als Abstandselemente fungieren, auf der Trägerschicht befestigt sind. Somit sei das beanspruchte Analyseelement nicht mehr neu.

- Im Hinblick auf Spalte 6, Zeilen 44 ff. der Entgegenhaltung (D1) seien die Abstandselemente 3, 23, 23' (siehe Figuren 1 und 2) als Schmelzkleber zu betrachten.

- Wie die Figuren 1 und 4 des Streitpatents belegten, könne ein Zwischenraum (9) auch zwischen zwei im Randbereich liegenden Schmelzkleberbereichen (7, 14) liegen. Alleiniges Kriterium sei, daß ein Raum vorhanden sei, der sich zwischen zwei Schmelzkleberbereichen erstrecke. Dieses Kriterium sei ebenfalls bei dem Testträger gemäß Figur 2 von Entgegenhaltung (D1) erfüllt.

Entgegenhaltungen (D3) und (D4)

- Diese Entgegenhaltungen offenbarten ebenfalls einen Testträger, wobei die obere Schicht mittels Schmelzkleberpartikeln, die auch als Abstandselemente fungieren, auf der Trägerschicht befestigt sind.

Offenkundige Vorbenutzung

- Eine offenkundige Vorbenutzung eines Analyseelements gemäß Anspruch 1 ("Medi-Test") habe vor dem Prioritätstag des Streitpatents stattgefunden (siehe Entgegenhaltung (D5) und das mit Schreiben vom 19.11.93. eingereichte Beweisstück 1, d. h. eine Packung von Teststreifen "Medi-Test Combi-9" mit Ablaufdatum August 1984). Auf den am 18. Oktober 1995 von der Einsprechenden eingereichten Fotos sei ein Spalt zwischen der oberen Schicht und der Trägerschicht der Teststreifen "Medi-Test Combi-9" zu erkennen.

Zur erfinderischen Tätigkeit

- Beide Entgegenhaltungen (D3) und (D4) offenbarten Testträger, wobei die Reaktionsschicht im Abstand zur Trägerschicht angeordnet sei, um einen Flüssigkeitstransport in dem Spalt zu ermöglichen. Stelle der Fachmann fest, daß bei dem "Medi-Test"-Testträger der Flüssigkeitstransport ungenügend sei, liege die Lösung dieses Problems im Hinblick auf die Entgegenhaltungen (D3) und (D4) nahe. Im übrigen zeige Entgegenhaltung (D2) die Verwendung von punktförmig aufgetragenem Schmelzkleber, der die in den Entgegenhaltungen (D3) und (D4) beschriebenen Abstandsstücke ersetzen könne.

Hilfsanträge

- Die Präzisierung auf einen "Kapillarspalt" sei weder erforderlich, noch ändere sich etwas an der Feststellung, daß der Anspruch 1 nicht neu sei (1. Hilfsantrag).

- Die Streichung des Wortes "mindestens" in der Beschreibung in Spalte 5, Zeile 23, habe keinen Einfluß auf den Anspruch 1, in dem die Art der Verteilung der Schmelzkleberbereiche nicht festgelegt sei (Hilfsantrag 2).

IX. Die Argumente der Beschwerdegegnerin werden wie folgt zusammengefaßt:

Hauptantrag Zur Neuheit Entgegenhaltung (D1)

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich vom Testträger der Entgegenhaltung (D1) durch folgende Merkmale:

- Der in Figur 2 der Entgegenhaltung (D1) beschriebene Testträger weise keine über die Fläche zwischen den Schichten verteilten Kleberpartikel auf, sondern lediglich vier Abstandshalter, die sich ausschließlich an den Rändern der Verbindungsfläche befinden. Daher seien zwischen den Schmelzkleberbereichen nicht mehrere Zwischenräume, sondern nur ein einziger Zwischenraum vorhanden.

- Unter Berücksichtigung der Beschreibung und der Zeichnungen sei der Anspruch 1 des Streitpatents dagegen so zu verstehen, daß mindestens drei Schmelzkleberbereiche derartig angeordnet sein müssen, daß einer der Bereiche zwischen den beiden anderen liege. Daher sollen mindestens zwei Zwischenräume auf beiden Seiten des "dazwischenliegenden" Schmelzkleberbereiches vorhanden sein.

- Außerdem seien die Abstandselemente 23, 23' (siehe Figur 2 der Entgegenhaltung (D1)) aus folgenden Gründen kein Schmelzkleber:

- Die in Spalte 6, Zeilen 44 ff. der Entgegenhaltung (D1) erwähnten Polymeren können zwar als Bestandteil eines Schmelzklebers verwendet werden, sie seien jedoch nicht als Schmelzkleber geeignet.

- Aus der Verarbeitung im heißflüssigen Zustand gemäß der vorliegenden Erfindung resultiere bei der Abkühlung eine charakteristische Formgebung der Schmelzkleberbereiche mit gekrümmten Begrenzungsflächen. Dagegen wiesen die Abstandselemente der Entgegenhaltung (D1)) eine rechteckige Form auf.

Entgegenhaltungen (D3) und (D4)

- Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich vom Testträger der Entgegenhaltung (D3) und (D4) dadurch, daß in deren Vorrichtung der Abstand zwischen den Schichten durch das stets vorhandene Distanzstück (kein Schmelzkleber) sichergestellt werde. Darüber hinaus seien zwischen den Schmelzkleberbereichen nicht mehrere Zwischenräume, sondern nur ein einziger Zwischenraum vorhanden.

Offenkundige Vorbenutzung

- Bezüglich der offenkundigen Vorbenutzung des "Medi-Test"-Testträgers zeigten die vom Patentinhaber am 5. Juli 1994 eingereichten Fotos A bis D, daß kein Spalt vorhanden sei und daß kein Flüssigkeitstransport an der Trägerschicht stattfinde.

Zur erfinderischen Tätigkeit

- Die Lehren der Entgegenhaltungen (D3) und (D4) enthalten keine Anregung, die "Medi-Test"-Streifen so abzuwandeln, daß sie dem Anspruch 1 entsprächen.

Hilfsanträge

- Der Oberbegriff des erteilten Anspruchs 1 werde im Anspruch 1 des Hilfsantrags derart klargestellt, daß der Spalt (8) ein Kapillarspalt sei (1. Hilfsantrag).

- In Spalte 5, Zeile 23 der Beschreibung des Streitpatents werde das Wort "mindestens" gestrichen, um eine Ausführungsform auszuschließen, bei der sämtliche Klebstoffstreifen nahe den Rändern der zu verklebenden Schichten angeordnet sind. Eine solche Ausführungsform hätte nur einen Zwischenraum zwischen den Schmelzkleberbereichen, die in diesem Fall auch nicht auf der Verbindungsfläche verteilt wären und stünde somit im Gegensatz zu dem Anspruch 1 (Hilfsantrag 2).

X. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 297 389.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte schriftlich, die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag);

hilfsweise, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent aufrechtzuerhalten mit Anspruch 1, eingereicht am 23. Oktober 1997, und Ansprüchen 2 - 12 wie erteilt (1. Hilfsantrag);

ferner hilfsweise, auf der Basis wie erteilt mit gleichzeitiger Änderung der Beschreibung dadurch, daß in Spalte 5, Zeile 23 der EP 0 297 389 B1 das Wort "mindestens" gestrichen wird (Hilfsantrag 2).

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Hauptantrag Neuheit Entgegenhaltung (D1)

2. Zu entscheiden ist über die Neuheit des beanspruchten Gegenstands, d. h. eines diagnostischen Testträgers mit mindestens zwei Schichten, die im Abstand zueinander befestigt sind, so daß ein Spalt zwischen ihnen vorhanden ist. Der Testträger wird ferner dadurch gekennzeichnet, daß

i) die Schichten durch eine Mehrzahl diskreter Schmelzkleberbereiche miteinander verbunden sind, wobei die Dicke der Schmelzkleberbereiche für die Breite des Spaltes bestimmend ist,

ii) die Schmelzkleberbereiche auf der Verbindungsfläche zwischen den Schichten verteilt sind,

iii) zwischen den Schmelzkleberbereichen mehrere Zwischenräume vorhanden sind, und

iv) ein Flüssigkeitstransport in dem Spalt durch die Zwischenräume zwischen den Schmelzkleberbereichen hindurch möglich ist.

3. Zunächst besteht unter den Parteien Einigkeit darüber, daß die Figur 2 der Entgegenhaltung (D1) einen Testträger mit sämtlichen Merkmalen der vorstehenden Merkmalsanalyse offenbart, allerdings gemäß der Argumentation der Beschwerdegegnerin mit folgenden Ausnahmen:

A. Die Abstandselemente 23, 23' (siehe Figur 2 der Entgegenhaltung (D1)) seien kein Schmelzkleber.

B. Der in Figur 2 der Entgegenhaltung (D1) beschriebene Testträger weise keine über die Fläche zwischen den Schichten verteilten Kleberpartikel auf, sondern lediglich vier Abstandshalter, die sich ausschließlich an den Rändern der Verbindungsfläche befinden. Daher seien zwischen den Schmelzkleberbereichen nicht mehrere Zwischenräume, sondern nur ein einziger Zwischenraum vorhanden (Merkmale ii) und iii)).

4. Bezüglich des Merkmals A stimmt die Kammer zu, daß die Beschwerdegegnerin ein "melt adhesive" (siehe Entgegenhaltung (D3), z. B. Spalte 6, Zeile 16) einem Schmelzkleber gleichsetzt (siehe Eingabe vom 22.10.97, Seite 12: "Außerdem ist der bei der Literaturstelle [D3] eingesetzte Schmelzkleber"). Bei gleichem Maßstab einer Auslegung muß es sich aber bei einem "thermoplastic material which upon heating can be utilized to adhere the top layer 4 to the lower layer 2" (siehe Entgegenhaltung (D1), Spalte 6, Zeilen 45 - 47; diese Ausführungen gelten auch für die Kleberbereiche 23, 23' gemäß Figur 2) ebenfalls um einen Schmelzkleber handeln, wenn man berücksichtigt, daß die Klebfähigkeit ("adhere"; "adhesive") eines thermoplastichen ("Umformen durch die Hitze") Materials oder eines Schmelzklebers mit deren Schmelzfähigkeit ("melt"; "upon heating") einhergeht. Es folgt daraus, daß das Merkmal A der Entgegenhaltung (D1) zwar nicht wortwörtlich, jedoch implizit zu entnehmen ist.

5. Die Beschwerdegegnerin trägt vor, daß ein "thermoplastic material" kein Schmelzkleber sei, weil die in Spalte 6, Zeilen 44 ff. der Entgegenhaltung (D1) erwähnten Polymeren nicht als Schmelzkleber, sondern nur als Bestandteil eines Schmelzklebers geeignet seien. Die Kammer kann sich dieser Ausführung nicht anschließen, weil der oben genannte Absatz (z. B. "polyamides and copolymer thereof and the like") dem Fachmann dieselbe Lehre wie die von Spalte 2, Zeilen 46 - 47 des Streitpatents (z. B. "Auf Basis von Polyamiden") vermittelt, d. h. daß Polyamide als Bestandteile eines Schmelzklebers geeignet sind.

6. Es wurde von der Beschwerdegegnerin ferner betont, daß die Abstandselemente 23, 23' gemäß Figur 2 der Entgegenhaltung (D1) eine rechteckige Form aufweisen, im Gegensatz zu der gekrümmten Formgebung der Schmelzkleberbereiche gemäß der vorliegenden Erfindung. Die Kammer stellt jedoch fest, daß erstens dieses Merkmal nicht im Anspruch enthalten ist und zweitens die Begrenzungsflächen der Schmelzkleberbereiche der Entgegenhaltung (1) ebenfalls gekrümmt sein können (siehe Spalte 7, Zeile 31: "contoured in a curved shape"). Außerdem können die Schmelzkleberbereiche des vorliegenden Patents ebenfalls quadratische Punkte sein (siehe Spalte 5, Zeilen 40 - 41).

7. Bezüglich des verbleibenden Merkmals B vertritt die Beschwerdegegnerin die Auffassung, daß der Testträger gemäß Figur 2 der Entgegenhaltung (D1) nicht mehrere Zwischenräume zwischen den Schmelzkleberbereichen habe, da sich die vier Abstandhalter 23, 23' ausschließlich an den Rändern der Verbindungsfläche befinden.

Nach Auffassung der Kammer ist der Begriff "Zwischenraum" als Raum zwischen zwei punktförmigen (siehe Bezugsziffer 9 in Figuren 1, 2 und 4) oder zwischen zwei linearen (Figur 3) Schmelzkleberbereichen zu verstehen. Da die rechteckig gelegenen Abstandselemente 23, 23' gemäß Figur 2 von Entgegenhaltung (D1) sechs Zwischenräume bilden (4 Seiten + 2 Diagonalen), erfüllt der abgebildete Testträger das Merkmal B "zwischen den Schmelzkleberbereichen sind mehrere Zwischenräume (9) vorhanden" des vorliegenden Anspruchs 1.

8. Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin sei das Merkmal B unter Berücksichtigung der Beschreibung und der Zeichnungen so zu verstehen, daß mindestens drei Schmelzkleberbereiche derartig angeordnet sein müssen, daß einer der Bereiche zwischen den beiden anderen liege. Daher sollen mindestens zwei Zwischenräume auf beiden Seiten des "dazwischenliegenden" Schmelzkleberbereiches vorhanden sein.

Jedes Abstandselement 23, 23' gemäß Figur 2 von Entgegenhaltung (D1) bildet drei Zwischenräume mit den jeweils anderen. Somit ist nach Auffassung der Kammer dieses Kriterium auch erfüllt.

9. Aus alledem folgt, daß bei der Entgegenhaltung (D1) sämtliche Merkmale des beanspruchten Gegenstands explizit bzw. für den Fachmann unmittelbar und eindeutig implizit verwirklicht sind, weshalb der diagnostische Testträger nach Patentanspruch 1 gegenüber diesem Stand der Technik gemäß Artikel 54 (3) EPÜ nicht neu ist und damit dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin nicht stattgegeben werden kann.

10. Der Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags unterscheidet sich von dem des Hauptantrags durch die Präzisierung, daß der Spalt (8) ein Kapillarspalt ist. Da der Testträger gemäß Figur 2 der Entgegenhaltung (D1) ebenfalls einen Kapillarspalt aufweist (siehe z. B. Spalte 4, Zeile 12: "capillary gap device") ist auch dieser Anspruch nicht neu. Dem 1. Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin kann somit auch nicht stattgegeben werden.

11. Da im Hilfsantrag 2 derselbe Anspruch 1 enthalten ist wie im Hauptantrag, ist er aus denselben Gründen wie der Hauptantrag zurückzuweisen.

12. Unter diesen Umständen muß auf die Frage, ob der beanspruchte Testträger neu gegenüber den weiteren Entgegenhaltungen oder der offenkundigen Vorbenutzung ist, sowie auf die Frage der erfinderischen Tätigkeit nicht eingegangen werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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