European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1999:T003897.19990921 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 21 September 1999 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0038/97 | ||||||||
Anmeldenummer: | 89112035.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | C08J 9/14 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Herstellung von zellhaltigen Kunststoffen nach dem Polyisocyanat-Polyadditionsverfahren mittels lagerstabiler, treibmittelhaltiger Emulsion und diese Emulsionen | ||||||||
Name des Anmelders: | BASF Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Imperial Chemical Industries PLC | ||||||||
Kammer: | 3.3.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuer Einspruchsgrund (nein) - keine Zustimmung Neuheit (ja) - Merkmalskombination nicht offenbart Erfinderische Tätigkeit (ja) - nicht naheliegende Lehre |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Erteilung des europäischen Patents Nr. 0 351 614 auf die europäische Patentanmeldung Nr. 89 112 035.4 der BASF AG, angemeldet am 1. Juli 1989 unter Beanspruchung einer DE-Priorität vom 19. Juli 1988, wurde am 26. Oktober 1994 bekanntgemacht.
II. Gegen das Patent wurde gestützt auf die Bestimmungen des Artikels 100 a) EPÜ von IMPERIAL CHEMICAL INDUSTRIES PLC am 26. Juli 1995 Einspruch erhoben und der Widerruf des Patents im Umfang der Ansprüche 1, 2, 3 und 6 wegen fehlender Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit gegenüber der Offenbarung der Entgegenhaltungen
D1: US-A-4 329 857,
D2: US-A-4 060 439,
D3: US-A-3 879 433,
D4: Polyurethanes World Congress 1987, September 29 - October 2, 1987, Seiten 59 bis 66,
D5: Control Technology Overview Report, CFC (Chlorofluorocarbon) Emissions from Rigid Foam Manufacturing Radian Corp., Austin, Texas, for the Environmental Protection Agency, Seiten 126 - 137,
D6: The ICI Polyurethanes Book - G. Woods, ICI Polyurethanes and John Wiley and Sons 1987, Seiten 48 bis 49,
D7: Journal of Cellular Plastics, July/August 1983, Seiten 255 - 258 und
D8: US-A-3 391 093 (D7 und D8 wurden im Verlaufe des Einspruchsverfahren nachgenannt)
beantragt.
III. Mit ihrer am 25. Oktober 1996 mündlich verkündeten und am 18. November 1996 schriftlich begründeten Entscheidung wies die Einspruchsabteilung den Einspruch zurück.
Die dieser Entscheidung zugrundeliegenden Ansprüche 1, 2, 3, und 6 des Patents in der erteilten Fassung lauten:
"1. Verfahren zur Herstellung von zellhaltigen Kunststoffen nach dem Polyisocyanat-Polyadditionsverfahren durch Umsetzung von
a) organischen und/oder modifizierten organischen Polyisocyanaten mit
b) mindestens einer höhermolekularen Verbindung mit mindestens zwei reaktiven Wasserstoffatomen und gegebenenfalls
c) niedermolekularen Kettenverlängerungs- und/oder Vernetzungsmitteln
in Gegenwart von
d) Treibmitteln,
e) Katalysatoren,
f) Hilfsmitteln und/oder Zusatzstoffen, dadurch gekennzeichnet, daß man als Treibmittel (d) niedrigsiedende, bei Raumtemperatur flüssige, in (a) bis (c) schwer- oder unlösliche, teilweise oder vollständig fluorierte aliphatische oder cycloaliphatische Kohlenwasserstoffe mit 3 bis 8 C-Atomen oder Mischungen davon verwendet und diese in den Aufbaukomponenten (a), (b), (b) und (c) oder (a) und (b) emulgiert."
"2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man als Treibmittel (d) mindestens ein Perfluoralkan aus der Gruppe Perfluorpentan, Perfluorhexan, Perfluorheptan und Perfluoroctan und/oder mindestens ein Perfluorcycloalkan aus der Gruppe Perfluorcyclopentan und Perfluorcyclohexan verwendet."
"3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß man 1 bis 60 Gew.-Teile der niedrigsiedenden, bei Raumtemperatur flüssigen, in (a) bis (c) schwer- oder unlöslichen, teilweise oder vollständig fluorierten aliphatischen oder cycloaliphatischen Kohlenwasserstoffe mit 3 bis 8 C-Atomen als Treibmittel (d), bezogen auf 100 Gew.-Teile der Aufbaukomponenten (a) bis (c) oder (a) und (b) verwendet."
"6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß man den Emulgator zur Emulgierung des Treibmittels (d) in der Aufbaukomponente (a), (b) oder (b) und (c) in einer Menge von 0,01 bis 6,0 Gew.-Teilen der Aufbaukomponenten (a), (b) oder (b) und (c) verwendet."
IV. Die genannte Entscheidung der Einspruchsabteilung stellte fest, daß keine der Entgegenhaltungen D1 bis D3 die Verwendung von Emulsionen der in Anspruch 1 beschriebenen Treibmittel (d) in einer der Aufbaukomponenten (a) bis (c) offenbare und daß D8 nur gasförmige Treibmittel beschreibe, so daß der beanspruchte Gegenstand neu sei.
Er sei aber auch erfinderisch, weil es ausgehend von D1 bis D3 nicht naheliege, anstelle der dort verwendeten in den Aufbaukomponenten löslichen, niedrigsiedenden Fluorkohlenwasserstoff-Treibmittel Emulsionen von in den Aufbaukomponenten schwer- oder unlöslichen umweltfreundlicheren Treibmittel (d) einzusetzen. Dabei spiele es keine Rolle, daß bei anspruchsgemäßem Vorgehen nicht in jedem Falle feinzellige Schaumstoffe entstünden, denn auch gröberzellige Schaumstoffe seien brauchbar. Auch die Entgegenhaltungen D4 und D5 würden in den Aufbaukomponenten lösliche umweltfreundlichere Treibmittel empfehlen und könnten dem Fachmann somit, selbst in Verbindung mit dem Hinweis in D7 auf die Fähigkeit oberflächenaktiver Substanzen zur Emulgierung von Treibmitteln, keine Anregung zur erfindungsgemäßen Problemlösung geben. Ebensowenig stelle die in D8 offenbarte Verwendung verflüssigter, in Tröpfchenform verteilter Gase als Treibmittel einen Hinweis auf den Gegenstand des Streitpatents dar.
V. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende (Beschwerdeführerin) unter gleichzeitiger Zahlung der Beschwerdegebühr am 9. Januar 1997 Beschwerde eingelegt und am 19. März 1997 die Beschwerdebegründung nachgereicht.
VI. Beide Parteien beantragten hilfsweise die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die am 21. September 1999 stattfand. Die Beschwerdeführerin erschien nicht zur Verhandlung; über ihre Absicht, an der Verhandlung nicht teilzunehmen, war zwar die Beschwerdegegnerin, nicht aber das Europäische Patentamt (die Kammer) informiert.
VII. Die Argumentation der Beschwerdeführerin kann wie folgt zusammengefaßt werden:
i) Die mit der Beschwerdebegründung (Appendix 1) und mit dem Schriftsatz vom 23. September 1996 vorgelegten experimentellen Ergebnisse zeigten, daß bei Verwendung verschiedener üblicher Emulgatoren keine brauchbaren Schaumstoffe hergestellt werden könnten, so daß der Gegenstand des Anspruchs 1 das vorliegende Problem der Bereitstellung brauchbarer Polyurethan(=PU)-Schaumstoffe nicht über seine ganze Breite löse.
ii) Dieselben Experimente zeigten auch, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber der Entgegenhaltung D8, wonach gasförmige Treibmittel verwendet werden, nicht über seine ganze Breite erfinderisch sei, weil durch die patentgemäße Verwendung flüssiger Treibmittel in Abhängigkeit vom verwendeten Emulgator keine besseren Schaumstoffe erhalten würden.
iii) Im übrigen sei der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht erfinderisch gegenüber dem jeweils in D1, D2 und D3 offenbarten Stand der Technik, weil die patentgemäße Verwendung der aus D1 bis D3 bekannten flüssigen, schwerlöslichen Fluorkohlenwasserstoff-Treibmittel in emulgierter Form durch die Offenbarung von D7 nahegelegt sei.
VIII. Die Ausführungen der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) in ihrer schriftlichen Beschwerdeentgegnung und während der mündlichen Verhandlung können wie folgt zusammengefaßt werden:
i) Zunächst widersprach sie der Einführung des verspätet vorgebrachten Einspruchgrundes nach Artikel 100 b) EPC, wonach der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht so vollständig offenbart sei, daß er über seine ganze Breite ausgeführt werden könne.
ii) Im übrigen bewiesen die Gegenversuche der Beschwerdegegnerin (Anlage 1 der Beschwerdeentgegnung vom 1. August 1997), wonach feinzellige Schaumstoffe bei geeigneter Dosierung auch unter Verwendung üblicher Silikon-Emulgatoren herstellbar seien, auch die Unrichtigkeit dieses Vorwurfs.
iii) Die Entgegenhaltung D8 beschreibe zwar sowohl die Verwendung von Treibmitteln mit Siedepunkten bis 90 F (32 C), die entsprechend bei Raumtemperatur flüssig seien, als auch den möglichen Einsatz "relativ" unlöslicher gasförmiger Treibmittel in Emulsion/Dispersion, lege aber die Verwendung von bei Raumtemperatur flüssigen Fluorkohlenwasserstoff-Treibmitteln in Emulsion nicht nahe, weil es im wesentlichen den Einsatz löslicher Treibmittelgase empfehle. Daß sich die in D8 offenbarten Fluorkohlenwasserstoff-Treibmittelgase nicht für das patentgemäße Verfahren eigneten, weil sie keine stabilen Emulsionen bildeten, sei durch die Vergleichsversuche, die die Beschwerdeführerin während des Prüfungsverfahrens (Schriftsatz vom 15. Februar 1993) vorlegte, bewiesen.
iv) Da es dem Wissen des Fachmanns entsprochen habe, daß Treibmittel in den Aufbaukomponenten löslich sein müßten, hätte auch keine Veranlassung bestanden, aus den in D1 bis D3 offenbarten Treibmitteln gerade unlösliche auszuwählen und in D7 nach einer Möglichkeit deren Einsatzes zu suchen, umsomehr als D7 sich nur allgemein mit der Wirkung von oberflächenaktiven Substanzen beim Verschäumungsprozess befasse.
IX. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Streitpatents im Umfang der Ansprüche 1, 2, 3 und 6.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Verfahrensfrage
Da die Beschwerdegegnerin der Einführung des vor der ersten Instanz nicht genannten Einspruchsgrundes der unzureichenden Offenbarung nach Artikel 100 b) EPC nicht zugestimmt hat (cf. point VIII i) supra), müssen die darauf Bezug nehmenden Argumente der Beschwerdeführerin entsprechend der Auslegung von Artikel 114 (1) EPÜ in G 9/91 und G 10/91 (Abl. EPA 1993, 408 und 420) unberücksichtigt bleiben.
3. Stand der Technik
3.1. Entgegenhaltung D1
Diese Entgegenhaltung betrifft gemäß Anspruch 1 ein Verfahren zur Herstellung von kompaktem oder mikrozellulärem Polyäther-Polyurethan-Elastomer aus einem Polyätherpolyol, einem Diol-Extender, bestimmten Polyisocyanatgemischen, bestimmten Dialkylzinndimercaptidcarboxylsäureester-Katalysatoren und gegebenenfalls Treibmitteln, wobei in Spalten 5 und Spalte 6. (überleitender Absatz) als flüchtige Halogenkohlenwasserstoff-Treibmittel Hexafluorcyclobutan und Octafluorbutan genannt sind. Gemäß den Beispielen werden Reaktionsmischungen, die als Treibmittel Trichlorfluormethan (= R11) enthalten, nach der RIM-Technik umgesetzt (Spalte 7, Zeile 26 bis Spalte 10, Zeile 13).
Schaumstabilisatoren/Emulgatoren können gegebenenfalls zugegeben werden (Spalte 6, Zeilen 24 bis 46).
3.2. Entgegenhaltung D2
Diese Entgegenhaltung beschreibt gemäß Anspruch 1 ein Verfahren, wonach ein, vorzugsweise nach der "one-shot" Technik (Spalte 7, Zeilen 34 bis 38) aus Polyisocyanat, Pfropfcopolymer-Polyätherpolyol, Treibmittel, Katalysator, oberflächenaktivem Agens (cf. Spalte 7, Zeilen 61 bis 68) und einem Polyol-Modifikator gebildeter Weichschaumstoff oberflächlich thermisch mit einem Substrat laminiert wird. In Spalte 6, Zeile 66 bis Spalte 7, Zeile 28 sind zahlreiche Treibmittel genannt, darunter die Fluorkohlenwasserstoffe 1,1,1-Trifluor-2-fluor-3,3-difluor-4,4,4-trifluorbutan ( Nonafluorbutan), Hexafluorcyclobutan und Octafluorcyclobutan.
Gemäß den Beispielen 1 bis 6 (Spalte 9, Zeile 1 bis Spalte 10, Zeile 62: "Bench Scale") werden Wasser und Dichlordifluormethan und gemäß den Beispielen 26 bis 32 (Spalte 16, Zeile 53 bis Spalte 17, Zeile 23: "Machine Scale") Wasser und Trichlorfluormethan als Treibmittel verwendet.
3.3. Entgegenhaltung D3
Anspruch 1 dieser Entgegenhaltung bezieht sich auf Hydroxyalkylsiloxane mit zumindest drei Hydrocarbylsiloxaneinheiten, die sich besonders zur Verwendung als Schaumstabilisatoren für Polyurethan-Hartschaumstoffe eignen (cf. Abstract). Laut Spalte 6, Zeilen 14 bis 25 können dabei eine Anzahl üblicher Treibmittel, darunter Hexafluorcyclobutan und Octafluorcyclobutan eingesetzt werden. Gemäß dem Schaumstoff-Herstellungsbeispiel XXIII (Spalte 13) wird als Treibmittel "UCON 11", d. i. Trichlorfluormethan (cf. Spalte 9, Zeile 6) verwendet.
3.4. Entgegenhaltung D7
Diese Entgegenhaltung diskutiert Zusammenhänge zwischen der Wirksamkeit oberflächenaktiver Mittel, insbesondere Silikon-Tenside (cf. Seite 255, Abschnitt "Composition of Surfactants"; Seite 256, Fig. 1), und den Aufbaukomponenten bei der Bildung von Polyurethanhartschaumstoffen.
Der erste Satz des Abschnitts "Surfactant Performance" auf Seite 255 sagt aus, daß bei der Herstellung von Hartschaumstoffen die wesentlichen Anforderungen an ein Tensid eine hohe Oberflächenaktivität für die Nukleierung und Stabilisierung der Zellen, kombiniert mit guten Emulgiereigenschaften für die Ausgangsmaterialien und das Treibmittel sind.
In dem die beiden Spalten auf Seite 256 überbrückenden Absatz wird (i. V. m. dem Absatz davor) festgestellt, daß die Emulgierung ("emulsification") von Fluorkohlenstoff-Treibmitteln komplexeren Gesetzen folgt als die der Polyol- und der Isocyanat-Komponenten; wenn das Treibmittel in reinem Polyol nicht ausreichend löslich ist, verbessern hydrophilere Tenside normalerweise die Kompatibilität effektiver.
3.5. Entgegenhaltung D8
Diese Entgegenhaltung betrifft gemäß Anspruch 1 ein Verfahren zur Herstellung eines Polyurethan-Schaumstoffs aus Polyesterpolyol, Polyisocyanat und, als Treibmittel, einem halogensubstituierten, über -60 F (-51 C) siedenden Alkan mit mindestens einem Fluoratom, wobei in Spalte 5, Zeilen 9 bis 17 eine maximale Siedetemperatur von "not appreciably above 80 F. or 90 F." (27 bis 32. C) angegeben sind. Als Beispiele für solche Alkantreibmittel sind i. a. Octafluorcyclobutan und Hexafluorpropan genannt (Spalte 2, Zeilen 43 bis 63). Gemäß den Beispielen 1 bis 4 werden als Treibmittel Dichlordifluormethan, Difluormonochlormethan oder Trichlormonofluormethan verwendet.
Gemäß Spalte 5, Zeilen 15 bis 19 und Spalte 7, Zeilen 31 bis 35 müssen ("relativ") unlösliche Treibmittelgase als feine Kügelchen stabil dispergiert im Polyester (oder einer anderen Reaktantionskomponente) vorliegen.
4. Neuheit
Die Neuheit des Patentgegenstands wurde von der Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren nicht mehr in Frage gestellt.
4.1. Sie ist gegenüber den Entgegenhaltungen D1, D2 und D3 aus den in Punkt 2 (2.1 bis 2.4 inklusive) der angefochtenen Entscheidung angeführten Gründen gegeben.
Insbesondere ist darauf hinzuweisen, daß die Behauptung der Beschwerdeführerin, die Entgegenhaltungen D1 bis D3 offenbarten flüssige Fluorkohlenwasserstoff-Treibmittel (Beschwerdebegründung Seite 3, letzter Absatz), unsubstantiiert ist; von den in diesen Entgegenhaltungen genannten Verbindungen Octafluorbutan, Hexafluorcyclobutan, Octafluorcyclobutan und 1,1,1,2,3,3,4,4,4-Nonafluorbutan ist nur für Octafluorcyclobutan in Ullmanns Encyclopädie der technische Chemie, 4. Auflage (1976), Band 11, Seite 635, Tabelle 2 ein Siedepunkt von -6,06 C angegeben, den beiden erstgenannten Verbindungen kommt wegen der Isomeriemöglichkeiten keine definierte Struktur und damit kein definierter Siedepunkt zu. Nach Meinung der Kammer ist aber anzunehmen, daß alle diese isomeren Verbindungen, ebenso wie das genannte Nonafluorbutan-Isomer bei Raumtemperatur gasförmig sind; dies folgt aus den Angaben in Kirk-Othmer, Encyclopedia of Chemical Technology, 4th Ed. (1994), Vol. 11, Seiten 501 und 502 (Tabellen 1 und 2), wonach 1,1,2,2,3-Pentafluorpropan (HFC Nummer 245cb) und 1,1,1,2,3,3,3-Heptafluorpropan (HFC Nummer 227ea) Siedepunkte von jeweils -18 C haben und Perfluor(=Decafluor)butan (PFC Nummer 31-10) einen Siedepunkt von -2,2 C hat.
4.2. Gegenüber der Entgegenhaltung D8 ergibt sich die Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 aus der dort fehlenden Offenbarung der Kombination der Merkmale: i) flüssiges Treibmittel, ii) Fluorkohlenwasserstoff-Treibmittel mit 3. - 8 C-Atomen und iii) Einsatz des Treibmittels in Emulsion in den Aufbaukomponenten.
Denn weder sind in D8 flüssige Fluorkohlenwasserstoff-Treibmittel genannt (d. h. Verbindungen, die nur aus Kohlenstoff-, Fluor- und gegebenenfalls Wasserstoff-Atomen aufgebaut sind), sondern als einziges bei Raumtemperatur flüssiges Treibmittel ist Trichlorfluormethan offenbart, noch beschreibt D8 konkret eine Emulsion eines flüssigen Treibmittels.
5. Aufgabe und Lösung
5.1. Nächstliegender Stand der Technik
Da die Entgegenhaltungen D1, D2 und D3 keinen Hinweis auf den Einsatz flüssiger Fluorkohlenwasserstoff-Treibmittel in Emulsionsform enthalten, während D8 die Möglichkeit der Verwendung von verflüssigten oder sogar bei Raumtemperatur flüssigen (cf. point 3.5 supra: Siedetemperatur bis 32 C) Treibmitteln in Dispersion/Emulsion in den Aufbaukomponenten offenbart, stellt D8 den dem vorliegenden Patentgegenstand nächstliegenden Stand der Technik dar.
5.2. Aufgabe
5.2.1. Gemäß Seite 3, Zeilen 33 bis 35 des Streitpatents (Seite 3, Zeilen 32 bis 35 der ursprünglichen Anmeldung) bestand die Aufgabe der beanspruchten Erfindung darin, bei der Herstellung von zellhaltigen Kunststoffen nach dem Polyisocyanat-Polyadditionsverfahren die bekannten Fluorchlorkohlenwasserstoffe ganz oder teilweise durch andere, umweltfreundlichere Treibmittel zu ersetzen. Diese Aufgabe kann auch gegenüber D8 als nächstliegendem Stand der Technik anerkannt werden, mit der Präzisierung auf den Ersatz auch der in D8 offenbarten chlorfreien Fluorkohlenwasserstoff-Treibmittel.
5.2.2. Der Behauptung der Beschwerdeführerin (Beschwerdebegründung Seite 4, Zeilen 4 bis 8), die Aufgabe des Streitpatents sei gegenüber den Entgegenhaltungen D1 bis D3 zu definieren und bestünde in der Herstellung brauchbarer Schaumstoffe unter Verwendung der aus diesen Entgegenhaltungen bekannten flüssigen, wenig löslichen Fluorkohlenwasserstoff-Treibmittel, kann nicht gefolgt werden, weil in D1 bis D3 solche flüssigen Treibmittel nicht offenbart sind (cf. Punkt 4.1 supra).
5.2.3. Ebensowenig besteht Anlaß zu einer - in der Beschwerdebegründung (überleitender Paragraph Seiten 2/3 ("second question")) angenommenen - Einschränkung der Aufgabe auf die Herstellung von gegenüber D8 verbesserten Polyurethan-Schaumstoffen; denn, wie in den folgenden Punkten 5.3 und 5.4 ausgeführt, löst der Gegenstand des Anspruchs 1 die in 5.2.1 spezifizierte technische Aufgabe in nicht naheliegender Weise, so daß sich zur Erfüllung der Bedingung des Artikels 56 EPÜ die Notwendigkeit des Rückgriffs auf eine technisch anspruchsvollere Aufgabe nicht ergibt.
5.2.4. In diesem Zusammenhang ist auch festzustellen, daß es für die Formulierung der vorliegenden technischen Aufgabe gemäß Punkt 5.2.1 supra überflüssig ist, die nach dem Polyisocyanat-Polyadditionsverfahren herzustellenden zellhaltigen Kunststoffe mit dem Zusatz "brauchbar" zu versehen, denn daß eine technische Lösung nur anerkannt werden kann, wenn sie zu "brauchbaren" Resultaten führt, ist eine platte Selbstverständlichkeit (cf. folgender Punkt 5.3).
5.3. Lösung
Gemäß Anspruch 1 des Streitpatents besteht die Lösung der vorgenannten Aufgabe darin, daß man als Treibmittel niedrigsiedende, bei Raumtemperatur flüssige, in den Aufbaukomponenten schwer- oder unlösliche, teilweise oder vollständig fluorierte aliphatische oder cycloaliphatische Kohlenwasserstoffe mit 3 bis 8. C-Atomen oder Mischungen davon verwendet und diese in den Aufbaukomponenten emulgiert.
5.4. Daß die vorliegende technische Aufgabe durch diese Maßnahmen gelöst wird, ergibt sich aus den experimentellen Resultaten, die im Streitpatent selbst, in der Anlage zum Schriftsatz der damaligen Anmelderin vom 15. Februar 1993 und in der Anlage der Beschwerdegegnerin zur Beschwerdeentgegnung vom 1. August 1997 referiert sind. Insbesondere aus den letztgenannten Experimenten ist abzuleiten, daß es bei fachmännischer Wahl der Menge an Tensid (Stabilisator/Emulgator) möglich ist, feinzellige (lunkerfreie), "brauchbare" Schaumstoffe nicht nur, wie von der Beschwerdeführerin behauptet (cf. Punkt VII i), ii) supra), mit den patentgemäß bevorzugten Acrylat-Emulgatoren (cf. Ansprüche 4 und 5 des Streitpatents) zu erzielen.
6. Naheliegen
Wie unter Punkt 4.2 supra ausgeführt, offenbart D8 nicht die Kombination der beanspruchten Merkmale: i) flüssiges Treibmittel, ii) Fluorkohlenwasserstoff-Treibmittel mit 3. - 8 C-Atomen und iii) Einsatz des Treibmittels in Emulsion in den Aufbaukomponenten.
Diese Merkmalskombination ist aus den folgenden Gründen durch D8 - allein oder in Kombination mit dem weiteren Stand der Technik - auch nicht nahegelegt.
6.1. D8 enthält keinen Hinweis auf die mögliche Verwendung von flüssigen Fluorkohlenwasserstoff-Treibmitteln. Die einzigen erwähnten Fluorkohlenwasserstoffe sind Octafluorcyclobutan und Hexafluorpropan (Spalte 2, Zeilen 59 bis 62). Laut der in Punkt 4.1 supra erwähnten Tabelle 2 in Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie hat Octafluorcyclobutan einen Siedepunkt von -6,06 C, ist also bei Raumtemperatur ein Gas. Der Siedepunkt von Hexafluorpropan wurde von der Beschwerdeführerin nicht genannt und es ist auch der Kammer keine diesbezügliche Literaturangabe bekannt; es handelt sich dabei jedenfalls um keine definierte Verbindung mit einem dazugehörigen Siedepunkt, weil die Bruttoformel C3F6H2 mehrere Isomer-Möglichkeiten umfaßt. Da die nahe verwandte Verbindung Octafluorpropan nach der genannten Tabelle 2 einen Siedepunkt von -36,7 C aufweist, kann ein bei Raumtemperatur flüssiger Aggregatszustand für "Hexafluorpropan" jedenfalls nicht angenommen werden.
6.2. Aus der Tatsache, daß in D8, Tabelle I, Spalte 7, Zeilen 7 bis 18 bzw. 35 bis 41 als einziges Treibmittel mit einem Siedepunkt über Raumtemperatur Trichlorfluormethan (Siedepunkt 78 F bzw. 80 F (25,6 C bzw. 26,7 C) genannt ist, kann geschlossen werden, daß sich der Hinweis in D8, Spalte 5, Zeilen 9 bis 15 auf Treibmittel mit einem Siedepunkt von 80 F bzw. 90 F auf Fluorchlorkohlenwasserstoffe bezieht - deren Siedepunkte infolge der durch die Anwesenheit von Chloratomen höheren Molmasse systematisch über denen der nur fluorhältigen Alkane liegt - also auf Treibmittel, deren Verwendung patentgemäß ausgeschlossen ist.
6.3. Die gemäß dem Streitpatent zu verwendenden Treibmittel-Emulsionen haben eine geringe Löslichkeit bis Unlöslichkeit der gewählten Fluorkohlenwasserstoff-Treibmittel in den Aufbaukomponenten zur Voraussetzung. Zwar offenbart D8 die mögliche Verwendung von Treibmittel-Gasen, die "relativ unlöslich" sind in Form ihrer Dispersionen (Spalte 7, Zeilen 31 bis 35), aus dem Kontext dieser Aussage mit der vorangehenden Feststellung (Zeilen 27 bis 31), daß die verflüssigten Gase in den Ausgangskomponenten so gut löslich sein sollten, daß ihr Dampfdruck erheblich reduziert wird, geht aber hervor, daß die Lehre von D8 die Verwendung von in den Ausgangskomponenten schlecht/unlöslichen Treibmitteln nicht anstrebt, sondern nur einen Ausweg für solche Treibmittel-Gase beschreibt, die "relativ unlöslich sind", wobei dieser Grad an "Unlöslichkeit" in D8 nicht näher spezifiziert ist. Keineswegs kann dieser Hinweis in Spalte 7 von D8 dem Fachmann einen Hinweis auf die zielgerichtete Verwendung von bei Raumtemperatur flüssigen Treibmitteln in Form ihrer Emulsionen geben.
6.4. Auch aus dem weiteren Stand der Technik kann der Fachmann keine Anregung zur patentgemäßen Lösung der vorliegenden technischen Aufgabe erhalten.
6.4.1. Die Entgegenhaltungen D1, D2 und D3 offenbaren weder flüssige Fluorkohlenwasserstoff-Treibmittel noch Treibmittel-Emulsionen (cf. Punkt 4.1 supra).
6.4.2. Die Entgegenhaltungen D4 und D5, die bezüglich der vorliegenden technischen Aufgabe insoferne relevant sind, als sie dieselbe Problematik, nämlich die Bereitstellung alternativer, umweltfreundlicher Halogenkohlenwasserstoff-Treibmittel diskutieren (siehe die jeweiligen Titel), empfehlen beide gasförmige- und/oder chlorhältige fluorierte Treibmittel (cf. D4, Seite 62, Tabelle 3; D5, Seite 135, Tabelle 7-1) und weisen auch auf die Bedeutung der Löslichkeit des Treibmittels in den Aufbaukomponenten hin (D4, Seite 61, linke Spalte, Zeilen 5 bis 16; D5, Seite 129, erster Absatz). D4 und D5 empfehlen dem Fachmann somit Lösungen, die vom Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents wegführen.
6.4.3. Auch die Entgegenhaltung D7, die auf Seite 255, rechte Spalte, dritter Absatz, erster Satz, auf die notwendige Emulgierfähigkeit ("emulsifying abilities") des oberflächenaktiven Tensids auch für das Treibmittel bei der Polyurethanschaumbildung hinweist, enthält für den Fachmann keinen Hinweis auf die Verwendung von Emulsionen von flüssigen Fluorkohlenwasserstoff-Treibmitteln. Vielmehr weist D7 im überleitenden Absatz der beiden Spalten auf Seite 256 darauf hin, daß mit der Emulgierung ("emulsification") des Treibmittels, wenn es nicht ausreichend in reinem Polyol löslich ist ("not sufficiently soluble in the pure polyol") eine Verbesserung der Kompatibilität ("compatibility) mit den Komponenten der Reaktionsmischung gemeint ist. Kompatibilität bedeutet in diesem Zusammenhang, daß hydrophile Tenside zur Lösungsvermittlung des "nicht ausreichend löslichen Treibmittels" eingesetzt werden. Eine Lehre zur Verwendung von Emulsionen flüssiger, schlecht löslicher Treibmittel kann somit auch D7 nicht entnommen werden.
6.5. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents ist somit durch den zitierten Stand der Technik nicht nahegelegt.
Dieselbe Schlußfolgerung trifft a fortiori auch auf die Gegenstände der weiters angegriffenen Ansprüche 2, 3 und 6. zu, die sämtlich von Anspruch 1 abhängig sind.
7. Die beanspruchte Erfindung erfüllt somit gegenüber dem zitierten Stand der Technik die Erfordernisse der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.