European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1999:T087396.19991216 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 16 Dezember 1999 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0873/96 | ||||||||
Anmeldenummer: | 91120646.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | A61B 17/58 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Knochenschraube | ||||||||
Name des Anmelders: | Synthes AG, Chur | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Unzulässige Änderung (nein) Klarheit (nein) Erfinderische Tätigkeit (nein) Added subject-matter (no) Clarity (no) Inventive step (no) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Patentanmelderin) hat gegen die am 4. April 1996 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der Patentanmeldung die am 24. Mai 1996 eingegangene Beschwerde eingelegt und am selben Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 17. Juni 1996 eingegangen.
II. Die Prüfungsabteilung war zur dieser Entscheidung gelangt, weil:
- wegen der Einfügung der Worte: "daß das Gewinde selbstschneidend ausgebildet ist" in Anspruch 1 eine unzulässige Erweiterung vorlag (Artikel 123 (2) EPÜ);
- der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber der Druckschrift D1 = WO-A-9 002 526 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhte.
III. In dem Bescheid vom 26. Juli 1999 teilte die Kammer der Beschwerdeführerin die vorläufige Ansicht mit, daß die Ansprüche wegen widersprüchlichen Angaben in der Beschreibung und in den Zeichnungen nicht klar seien, und daß der Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick auf die Druckschriften D1 und D2 = EP-A-369 266 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhte.
Mit dem Antwortscheiben vom 13. September 1999 nahm die Beschwerdeführerin zur Frage der erfinderischen Tätigkeit jedoch nicht zur Frage der Klarheit Stellung.
IV. Anspruch 1 in der am 4. September 1995 mit Schreiben vom 30. August 1995 eingereichten Fassung lautet wie folgt:
"Knochenschraube (1) mit einem Schraubenkopf (2), einer Schraubenspitze (11) und einem mindestens teilweise mit einem Gewinde versehenen Schaft (5), wobei
A) der mit einem Gewinde versehene Abschnitt (6,7) des Schaftes (5) über einen kopfseitigen, im wesentlichen zylindrischen, ersten Schaftabschnitt (6) mit dem Kerndurchmesser d1 (16) und über einen spitzenseitigen, an den ersten Schaftabschnitt (6) anschließenden, zweiten Schaftabschnitt (7) mit einem kleineren Kerndurchmesser d2 (17) verfügt; und
B) das Gewinde in den beiden Schaftabschnitten (6, 7) die gleiche Steigung aufweist;
dadurch gekennzeichnet, daß
C) das Verhältnis (d1-d2)/d2 zwischen 0,004 und 0,020 liegt; und
D) das Gewinde selbstschneidend ausgebildet ist."
V. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angegriffene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der am 4. September 1995 mit Schreiben vom 30. August 1995 eingereichten Patentansprüche 1 bis 14 zu erteilen. Die letzte Fassung der Beschreibung, Seiten 1 bis 9, und der Zeichnungen, Blätter 1/2 und 2/2, war bereits am 25. August 1994 mit Schreiben vom 22. August 1994 eingereicht worden.
VI. Die Beschwerdeführerin argumentiert im wesentlichen wie folgt:
Bezüglich dem Artikel 123 (2) EPÜ. Das Merkmal "daß das Gewinde selbstschneidend ausgebildet ist" sei in der ursprünglichen Beschreibung, Seite 5, am Ende des ersten Absatzes, und in Anspruch 6 offenbart. Es beträfe nicht nur die erste fallengelassene Ausführungsform, sondern gehöre in dem Zusammenhang der Ausführungen im ersten Abschnitt auf Seite 5 zu einer allgemeinen Aussage über die Erfindung. Siehe auch Seite 5, 3. Abschnitt der Beschreibung, wo ein zusätzlicher dritter Schaftabschnitt erwähnt wird und Seite 6, Zeile 8, wo eine selbstschneidende Schraubenspitze mit der Wendung "im weiteren" eingeleitet ist. Das bestrittene Merkmal sei ursprünglich in Anspruch 6 enthalten, der sich auf Anspruch 5 zurückbeziehe. Anspruch 5 betreffe die zweite Indikation. Die Bezugszeichen in Patentansprüche hätten keine rechtliche Bedeutung.
Bezüglich der erfinderischen Tätigkeit. Druckschrift D1 weise kein selbstschneidendes Gewinde auf: "Ein Gewinde kann nur als "selbstschneidend" bezeichnet werden, wenn Schneidnuten vorhanden sind", siehe Eingabe vom 13. September 1999.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Artikel 123 (2) EPÜ
Artikel 123 (2) EPÜ ist erfüllt, da sich der neue Anspruch 1 aus der Zusammenfassung der ursprünglichen Ansprüche 1, 6 und 9 herleitet. Da Anspruch 6 unmittelbar auf Anspruch 1 und Anspruch 9 auf Anspruch 6 zurückbezogen war, ist die jetzige Merkmalskombination von Anspruch 1 in indentischem Wortlaut ursprünglich offenbart.
Die in der angefochtenen Entscheidung vertretene Ansicht, daß:
"Die ...Aussage bezüglich der Ausbildung als selbstschneidendes Gewinde ist ... für die jetzt weiterverfolgte Ausführungsform für die zweite Indikation gemäß der ursprünglichen Figuren 4 und 5 (jetzt 1 und 2) in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht offenbart" (Seite 4, letzter Absatz),
und daß darin ein Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ zu sehen ist, trifft somit nicht zu.
3. Artikel 84 EPÜ (Stützung durch die Beschreibung)
Die Ansprüche sind nicht durch die Beschreibung gestützt und damit unklar.
1) Das jetzt in der Beschreibung einzig verbliebene Ausführungsbeispiel besitzt nur eine mit Schneidnuten versehene bzw. als Trokar ausgebildete Spitze (11) (Seite 5, 1. Absatz und Figuren). Das Gewinde selbst ist nicht als selbstschneidend beschrieben.
Dies steht in Widerspruch zu Patentanspruch 1, wonach ein selbschneidendes Gewinde beansprucht ist. Insbesondere ist die Aussage auf Seite 6:
"nachfolgend wird ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand der Zeichnungen näher erläutert" und:
"bevorzugte Ausführungsbeispiel"
nicht klar.
2) Ursprünglich waren zwei unterschiedliche Anwendungen der Knochenschraube in der Anmeldung enthalten. Im Laufe des Verfahrens wurde die erste fallengelassen.
a) bei der ersten Anwendung ging es darum, zwei Knochenfragmente direkt mit der Schraube zu verbinden.
b) bei der zweiten Anwendung ging es darum, durch die Schraube eine Metallplatte mit den Knochen zu verbinden.
Seite 3, letzer Absatz bis Seite 4, Zeile 4 der Beschreibung bezieht sich offensichtlich auf die erste Ausführungsform (siehe: "die Schraube ist in zwei Fragmentstücken verankerbar") und steht daher im Widerspruch zu den weiteren Angaben in der Beschreibung.
Anspruch 1 erfüllt somit nicht die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ, da er nicht durch die Beschreibung gestützt ist.
4. Erfinderische Tätigkeit
Aus der Druckschrift D1 ist eine Knochenschraube bekannt, die einen Schraubenkopf (12), eine Schraubenspitze und einen mit einem Gewinde versehenen Schaft aufweist, wobei der mit einem Gewinde versehene Abschnitt des Schaftes über einen kopfseitigen zylindrischen ersten Schaftabschnitt (24) mit dem Kerndurchmesser d1 und über einen spitzenseitigen, an der ersten Schaftabschnitt anschließenden zweiten Schaftabschnitt mit einem kleineren Durchmesser d2 verfügt, und das Gewinde in den beiden Schaftabschnitten die gleiche Steigung aufweist. Siehe Figur 1.
Aus der aus Figur 1 eindeutig entnehmbaren konischen Spitze und aus dem dreieckigen Profil des Gewindes ergibt sich, daß das Gewinde selbstschneidend ist.
In diesem Zusammenhang vermag der Einwand nicht durchzugreifen, daß ein Gewinde nur dann selbstschneidend ist, wenn es Schneidnuten aufweist, da der Selbstschneidevorgang nicht nur durch Spanabhebung sondern auch durch Materialverdrängung bewirkt werden kann. Diese Tatsache erkennt die Beschwerdeführerin im übrigen selbst dadurch an, daß in Anspruch 10 im Zusammenhang mit der Selbstschneidefunktion der Schraubenspitze Trokar und Schneidnuten nur beispielshaft erwähnt sind. Bei dem einzig verbleibenden Beispiel weist im übrigen das Gewinde gleichfalls keine Schneidnuten auf (siehe auch obigen Punkt 3).
Anspruch 1 unterscheidet sich von dem oben genannten Stand der Technik durch das Merkmal, daß das Verhältnis (d1-d2)/d2 zwischen 0,004 und 0,020 liegt.
Die Aufgabe der Erfindung ist dann darin zu sehen, eine optimale Pressung des Knochenmaterials zu erzeugen und insbesondere eine Bruchdehnung der Knochen - die bei etwa 2 - 3 % liegt - beim Einschrauben zu vermeiden, siehe Seite 4, 3. vollständiger Absatz der Beschreibung.
Diese Aufgabe und die anmeldungsgemäß vorgeschlagene Lösung sind aber üblich auf dem technischen Gebiet, siehe zum Beispiel Druckschrift D2, Spalte 2, 2. Absatz, wobei die spezielle Wahl der Parameter als Optimierung zu der üblichen Routineaufgaben des einschlägigen Fachmannes gehört.
Demgegenüber beruht der Gegenstand von Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen