European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1998:T050796.19981021 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 21 October 1998 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0507/96 | ||||||||
Anmeldenummer: | 90901744.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | B60S 1/48 B60J 7/057 |
||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Einrichtung für die Steuerung eines Antriebsmittels für ein Fahrzeugzubehör | ||||||||
Name des Anmelders: | ETABLISSEMENT VORALP | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Robert Bosch GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Zulässigkeit des Einspruchs - ausreichende Begründung (bejaht) Neuheit (bejaht) Erfinderische Tätigkeit (bejaht) Kostenverteilung - mündliche Verhandlung (verneint) |
||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Auf die internationale Patentanmeldung PCT/DE90/00037, die am 23. Januar 1990 unter Inanspruchnahme der Prioritäten der deutschen Patentanmeldungen DE 3902231 und DE 3930732 vom 26. Januar 1989 bzw. 14. September 1989 angemeldet worden war, wurde mit Wirkung vom 7. September 1994 das europäische Patent
Nr. 0 407 538
erteilt.
Anspruch 1 des Patents lautet:
"1. Einrichtung für die Steuerung eines Antriebsmittels (70) für ein Fahrzeugzubehör, mit
- einem auf die Nässe auf der Außenseite des Fahrzeugs (1), insbesondere auf der Windschutzscheibe (2), ansprechenden Sensor (3), der ein Signal mit einem vom Grad der Feuchtigkeit abhängigen Parameter erzeugt, und
- einer Einrichtung (83), welche das Antriebsmittel (70) in Abhängigkeit von der Größe des Parameters des von dem Sensor (3) kommenden Signals ansteuert,
gekennzeichnet durch eine Einrichtung (120 bis 131, 132 bis 143) zur Erkennung des Betrags der Änderung des Parameters innerhalb einer vorgegebenen Zeit und eine weitere Einrichtung (225, 221; 252, 260; 320, 343), welche bei Vorliegen eines bestimmten Betrags dieser Änderung des Parameters das Antriebsmittel (70) ansteuert."
II. Gegen das erteilte Patent hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende), Einspruch eingelegt und den Widerruf des Patents wegen mangelnder Ausführbarkeit (Artikel 100 b) EPÜ) sowie mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit (Artikel 100 a) EPÜ) seines Gegenstandes beantragt.
Im Einspruchsverfahren wurde insbesondere auf folgendes Dokument verwiesen:
D2: WO-A-89/00119.
III. Mit Entscheidung vom 19. März 1996 hat die Einspruchsabteilung den Einspruch zurückgewiesen.
Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß im Einspruchsschrift ausreichend klar zum Ausdruck gebracht wurde, daß der Einspruch auf die Gründe des Artikels 100 a) sowie 100 b) EPÜ gestützt sei und daß auch Tatsachen und Beweismittel zur Begründung des Einspruchs angegeben wurden.
Zumindest unter Zuhilfenahme der Beschreibung des Patents könne der Fachmann die beanspruchte Erfindung ausführen, somit erfülle das Patent das Erfordernis des Artikels 100 b) EPÜ.
Da keines der entgegengehaltenen Dokumente des Standes der Technik eine Offenbarung oder einen Hinweis dahingehend enthalte, daß bei Vorliegen eines bestimmten Betrags der Änderung des Parameters das Antriebsmittel angesteuert werde, seien auch die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit anzuerkennen. Somit liege auch kein zutreffender Einwand nach Artikel 100 a) EPÜ vor.
IV. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 20. Mai 1996 unter gleichzeitiger Zahlung der Beschwerdegebühr und Einreichung der Beschwerdebegründung Beschwerde eingelegt.
V. In einer der Ladung zu einer mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung hat die Kammer die vorläufige Auffassung vertreten, daß der Einspruch zulässig erscheine. Hinsichtlich des Einwands der unzureichenden Offenbarung gemäß Artikel 100 b) EPÜ sei maßgebend, ob das Patent als Ganzes eine entsprechende Lehre vermittle, was im Hinblick auf zumindest ein Ausführungsbeispiel und die zugehörige Beschreibung der Fall sein dürfte.
Bei der Prüfung der Fragen von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit sei der Gegenstand des Anspruchs 1 in seiner breitesten Interpretation zu untersuchen. Es stelle sich hierbei die Frage, ob auch alle Ausführungsbeispiele die beanspruchte Erfindung wiedergeben.
VI. Es wurde am 21. Oktober 1998 mündlich vor der Kammer verhandelt.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen und der Beschwerdeführerin die Kosten für die mündliche Verhandlung aufzuerlegen.
VII. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgendes vorgetragen:
Aus dem Anspruch 1 allein sei nicht klar, welche der genannten Einrichtungen das Antriebsmittel steuere und welches Signal zu welcher Einrichtung abgegeben werde. Da auch Widersprüche zwischen der Beschreibung und den Ansprüchen bestünden, offenbare das Patent die Erfindung auch unter Berücksichtigung der Beschreibung nicht so deutlich und vollständig, daß der Fachmann sie ausführen könne.
Des weiteren sei im Hinblick auf das Dokument D2 die erforderliche Neuheit, zumindest jedoch die erfinderische Tätigkeit nicht gegeben. Unstrittig offenbare D2 alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1, aber bei genauerer Betrachtung ergäben sich für den Fachmann in offensichtlicher Weise ebenfalls die kennzeichnenden Merkmale. So werde bei D2 das Signal einem Differenzierer zugeführt, der zwangsläufig die Größe der Änderung über eine infinitesimal kurze Zeitspanne erfasse und einem Eingang eines logischen UND-Gatters zuleite. Jedem Schaltungstechniker sei geläufig, daß derartige Gatterschaltungen eine Umschaltschwelle haben, und somit offenbare D2 auch eine Signalbewertung des von dem Differenzierglied abgegebenen Signals, die darin bestehe, daß lediglich solche Signale zum Tragen kommen, welche einen vorgegebenen Betrag überschreiten, entsprechend der Schaltschwelle des UND-Gatters. Aber auch ohne ein solches Gatter sei davon auszugehen, daß der Differenzierer selbst einen Schwellenwert ermittle, der allerdings den Wert Null annehme. Der Gegenstand des Anspruches 1 schließe jedoch ebenfalls den Wert Null für den Betrag ein.
Die Wahl des Schwellenwertes Null bewirke in D2, daß schon die kleinsten Änderungen des Signals des Sensors erkannt und verwertet werden. Solle dies vermieden werden, dann bedürfe es zumindest keines erfinderischen Schrittes, den Schwellenwert zu erhöhen, um damit die Empfindlichkeit der Anordnung herabzusetzen und die Wahrscheinlichkeit des Auftretens der der D2 zugeordneten Nachteile zu reduzieren.
VIII. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat dem Vorbringen der Beschwerdeführerin widersprochen und dabei im wesentlichen folgendes geltend gemacht:
Der Einspruch der Beschwerdeführerin sei unzulässig, da er gegen Artikel 99 und 100 EPÜ in Verbindung mit Regel 55 c) EPÜ verstoße. Die reine Behauptung, daß das Dokument D2 den Gegenstand des Anspruchs 1 neuheitsschädlich vorwegnehme bzw. zumindest die erforderliche erfinderische Tätigkeit in Frage stelle, genüge nicht, um den Einspruch hinsichtlich der Einspruchsgründe mangelnder Neuheit und bzw. fehlender erfinderischer Tätigkeit zulässig zu machen.
Er sei aber auch hinsichtlich des Einspruchsgrunds der mangelnden Offenbarung unzulässig, weil nicht im einzelnen angegeben sei, weshalb der Fachmann den gesamten Unterlagen keine komplette technische Lehre entnehmen könne.
Schon der Anspruch 1 selbst sei ausreichend klar, um dem Fachmann eine hinreichende Lehre zum technischen Handeln zu vermitteln, und insbesondere die Ausführungsbeispiele nach den Figuren 8 und 12 und die diesbezügliche Beschreibung ließen gar keinen Zweifel an der vollständigen Offenbarung der Erfindung und deren Ausführbarkeit.
Die Neuheit sei schon deshalb gegeben, weil die Einrichtung nach der D2 sich eindeutig auf die Feststellung der Änderungstendenz des Signals mittels eines Differenzierglieds beschränke, wogegen es bei der Einrichtung nach Anspruch 1 des angefochtenen Patents um die Feststellung eines bestimmten Betrags dieser Änderung gehe. Weder die Feststellung eines bestimmten Betrags der Änderung noch die hiermit erreichten Effekte, wie sie in der Beschreibung dargelegt werden, seien der D2 zu entnehmen oder würden durch sie nahegelegt.
Die vorliegende Sachlage sei klar genug, um eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu ermöglichen. Die durch die mündliche Verhandlung unnötigerweise entstandenen Kosten sollten daher von der Beschwerdeführerin getragen werden.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Zulässigkeit des Einspruchs
2.1. Eine Überprüfung des Einspruchschriftsatzes vom 24. Mai 1995 durch die Kammer hat ergeben, daß auf den Seiten 2, 3 und 4, erster Absatz, die geltend gemachte mangelnde Offenbarung, auf Seite 4, zweiter Absatz, und Seite 5, erster Absatz, die geltend gemachte mangelnde Neuheit und weiter bis Seite 6 die geltend gemachte mangelnde erfinderische Tätigkeit jeweils im einzelnen begründet sind.
Insbesondere wurde darauf eingegangen, daß nach Auffassung der Beschwerdeführerin sich auch mit Blick auf die Beschreibung keine weiteren Anhaltspunkte bezüglich der Ausführbarkeit ergeben (Seite 3 und erster Absatz der Seite 4).
Auch die mangelnde Neuheit bzw. erfinderische Tätigkeit wurden nicht nur behauptet, sondern es wurde versucht nachzuweisen, weshalb die D2 dem im Anspruch 1 beanspruchten Gegenstand neuheitsschädlich entgegenstehe und weshalb jedenfalls - je nach Auslegung des Wortlauts des Anspruchs 1 - keine erfinderische Tätigkeit vorliege.
2.2. Die Kammer kommt daher übereinstimmend mit der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis, daß der Einspruchschriftsatz den Erfordernissen an die Zulässigkeit, insbesondere auch der Regel 55 EPÜ, genügt und der Einspruch somit zulässig ist.
Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ
3. Die Beschwerdeführerin hat zwar schriftlich vorgetragen, daß der Anspruch in der erteilten Fassung unklar sei und der Fachmann auch unter Zuhilfenahme der Beschreibung nicht im Stande sei, die beanspruchte Erfindung auszuführen, räumte jedoch in der mündlichen Verhandlung ein, daß zumindest die bevorzugte Ausführungsform nach der Figur 8, die in Spalte 13, Zeilen 19 bis 28 beschrieben wird, eine ausreichende Offenbarung der Erfindung nach dem angefochtenen Patent bilde.
3.1. Diese bevorzugte Ausführungsform nach Figur 8 beinhaltet eine Schaltungsanordnung für die Steuerung eines Fahrzeugzubehörs (Scheibenwischermotors) eines Fahrzeugs, die auf der Basis einer Änderung eines Parameters um einen bestimmten Betrag innerhalb einer bestimmten Zeit, nämlich eines mittels eines auf der Windschutzscheibe eines Fahrzeugs angebrachten Regensensors gemessenen Widerstandswerts, das betreffende Antriebsmittel (Scheibenwischermotor) des Fahrzeugs ansteuert. Dies entspricht im wesentlichen dem Wortlaut des Anspruchs 1 des angefochtenen Patents.
Auch die Beschreibung des Patents läßt eindeutig erkennen, daß es im Patent um ein weiteres Kriterium für das Einschalten des Antriebsmittels geht und daß dieses Kriterium der Betrag der Änderung der Sensorsignals innerhalb einer bestimmten Zeitspanne ist. So wird bei der Kommentierung der D2 in Spalte 2, Zeilen 9 bis 27, gesagt, daß in der D2 zwar die Änderung des Sensorsignals und die Tendenz der Änderung festgestellt würden, jedoch nicht der Betrag der Änderung innerhalb einer bestimmten Zeitspanne (Spalte 2, Zeilen 24 bis 27). In der Beschreibung der Ausführungsform nach der Figur 8 ist ebenfalls erwähnt, daß die Einrichtung so ausgebildet sein kann, daß sie nicht nur die Abnahmetendenz des Widerstands erkennt, sondern auch den Betrag festlegt, um den der Widerstand abnehmen muß, damit eine Änderungstendenz als relevant angesehen wird (Spalte 13, Zeilen 19 bis 25).
3.2. Es wird bemerkt, daß einige im Patent enthaltene Ausführungsbeispiele (zumindest die nach den Figuren 7 und 11) offensichtlich nicht im Einklang mit der beanspruchten Einrichtung sind und daß das Ausführungsbeispiel nach Figur 8 nur in seiner bevorzugten Ausgestaltung eine Ansteuerung auf der Basis eines Betrags der Widerstandsänderung enthält. Die Ausführungsform nach der Figur 12, die gemäß der Aussage in Spalte 13, Zeilen 28 und 29 eine Fortbildung mit Feststellung des Betrags der Widerstandsabnahme und der Zeit, in welcher der besagte Änderungsbetrag auftreten muß, betrifft, läßt ebenfalls keine komplette konkrete Lösung erkennen.
Diese Offenbarungslücken und Widersprüche in der Beschreibung und auch etwaige Mängel im Anspruchswortlaut sind im vorliegenden Fall jedoch kein Hindernis, die beanspruchte Erfindung auszuführen. Abgesehen von vorstehenden Ausführungen unter Punkt 3.1 würde schon die Anweisung, einen bestimmten Betrag der gemessenen Widerstandsänderung als Schaltkriterium zu verwenden, für den auf diesem technischen Gebiet tätigen Fachmann genügen, eine technische Realisierung zu finden; sie betrifft nämlich nichts weiter als den Vergleich elektrischer Spannungen in an sich bekannter Weise. Letzterem wurde auch von der Beschwerdeführerin nicht widersprochen.
3.3. Auf Grund vorstehender Überlegungen kommt die Kammer zu dem Schluß, daß trotz vorhandener Mängel in der Beschreibung und in den Zeichnungen ein Fachmann die Erfindung ausführen kann.
Da die aufgeführten Mängel die Klarheit und Stützung durch die Beschreibung betreffen und somit keinen Einspruchsgrund darstellen, können sie auch nicht alleiniger Grund für eine Berichtigung des Patents sein.
Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ
4. Neuheit
4.1. Der nach übereinstimmender Meinung der Parteien und der Kammer nächstkommende Stand der Technik wird in der Druckschrift D2 offenbart.
Diese Druckschrift zeigt eine Vorrichtung zum regenabhängigen Ein- und Ausschalten eines elektrischen Scheibenwischermotors in Fahrzeugen mit einem auf die Nässe auf der Windschutzscheibe des Fahrzeugs ansprechenden Sensor entsprechend dem Oberbegriff des Anspruchs 1.
4.2. Die Beschwerdeführerin war der Auffassung, daß die kennzeichenden Merkmale des Anspruchs 1 von der Offenbarung der D2 ebenfalls umfaßt würden, da sie sich in offensichtlicher Weise aus der konkreten technischen Lösung ergäben und zwar insbesondere dadurch, daß einerseits die Schaltschwelle des UND-Gatters als "Betrag" im Sinne des Anspruchs 1 gesehen werden müsse und andererseits schon die Differenzierstufe selbst eine Vergleichsstufe mit Feststellung der Änderung des Widerstandsbetrags beinhalte, insbesondere wenn davon ausgegangen werde, daß die Differenzierstufe als digitaler Baustein ausgebildet werden könne und diskrete Werte verglichen werden.
4.3. Die Kammer kann sich dieser Auffassung nicht anschließen. Das in D2 offenbarte Differenzierglied hat eindeutig nur die Aufgabe, ein Ausgangssignal zu erzeugen, wenn die Sensoramplitude anwächst. Im Prinzip muß dabei lediglich festgestellt werden, ob die momentane Eingangsgröße größer ist als die vorhergehende (siehe auch Seite 4, Zeile 33 bis Seite 5, Zeile 2 der D2), ein bestimmter Betrag der Änderung innerhalb einer bestimmten Zeit braucht hierbei nicht ermittelt zu werden.
Die Tatsache, daß das UND-Gatter eine Ansprechschwelle hat, kann ebenfalls nicht als Mittel zum Erkennen eines bestimmten Betrags der Widerstandsänderung angesehen werden. In der Anordnung nach der D2 geht es darum, festzustellen ob ein H-Signal des Differenzierglieds vorliegt oder nicht, und die Schaltstufe ist so konzipiert, daß ein H-Signal als solches erkannt wird. Eine Offenbarung oder auch nur ein Hinweis dahingehend, daß die Schaltschwelle des UND-Gatters als weiteres Kriterium für das Einschalten des Scheibenwischermotors zu benutzen ist, ist nicht vorhanden, da das von dem Differenzierglied abgegeben logische H-Signal unabhängig von tatsächlichen momentanen Betrag des Widerstands ist und daher in der offenbarten Schaltungsanordnung die Schaltschwelle kein solches Kriterium bilden kann.
Auch eine Digitalisierung der aus der D2 bekannten Schaltung kann nicht zum beanspruchten Gegenstand führen. Die Lehre der D2 beschränkt sich nämlich eindeutig auf die Erkennung einer steigenden Tendenz der Sensorsignalamplitude, die Feststellung eines bestimmten Betrags der Änderung innerhalb einer vorgegebenen Zeit ist in der D2 nicht angesprochen, weshalb auch eine Digitalisierung der aus D2 bekannten Schaltung zur Feststellen der Steigung nicht ohne weiteres zu diesem anderen Kriterium führen würde.
4.4. Die Beschwerdeführerin hat weiter vorgebracht, daß bei fehlender Angabe der vorgegebenen Zeitspanne im Anspruch 1 auch ein Wert annähernd an Null eingeschlossen werde und somit ebenso wie in der D2 schon die kleinste Änderung des Signals des Sensors erkannt und verwertet werden könne.
Hierzu muß berücksichtigt werden, daß es bei der vorliegenden Erfindung um eine Einrichtung geht, die auf Nässe (Regen) auf der Außenseite eines Fahrzeugs anspricht, weshalb eine Änderung des Betrags der Nässe praktisch nur innerhalb eines Zeitraums, der wesentlich größer als Null ist, zu berücksichtigen ist.
4.5. Da der weiter verfügbare Stand der Technik nicht näher kommt als die D2 und zumindest eine Berücksichtigung des Betrags der Änderung des betreffenden Parameters in Abhängigkeit von der ermittelten Feuchtigkeit bei der Ansteuerung eines Fahrzeugzubehörs ohne Vorbild ist, ist der Gegenstand nach Anspruch 1 des angefochtenen Patents neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ.
5. Erfinderische Tätigkeit
5.1. Bei der Einrichtung nach der D2 wird ein Einschaltsignal des Scheibenwischermotors nur dann erzeugt, wenn oberhalb einer vorgegebenen Amplitudengröße des Sensorsignals auch eine zeitliche Amplitudenzunahme im Sensorsignal vorliegt. Nachteilig bei einer solchen Vorrichtung ist, daß sie bereits bei kleinsten Feuchtigkeitsänderungen auf der Scheibe eine erneute Auslösung des Scheibenwischermotors bewirkt, obwohl eine solche Auslösung nicht erforderlich wäre (siehe Spalte 2, Zeilen 19 bis 24 des angefochtenen Patents).
5.2. Ausgehend von der bekannten Einrichtung für die Steuerung eines Antriebsmittels für ein Fahrzeugzubehör nach der D2 liegt dem Gegenstand des Anspruchs 1 des angefochtenen Patents die Aufgabe zugrunde eine derartige Einrichtung so weiterzuentwickeln, daß sie den beschriebenen Nachteil nicht aufweist (siehe Spalte 3, Zeilen 17 bis 20 des Patents).
5.2. Diese Aufgabe wird durch die in Anspruch 1 angegebenen Merkmale gelöst.
Dadurch, daß als Kriterium für die Auslösung des Steuersignals für das Antriebsmittel des Fahrzeugzubehörs (Scheibenwischermotor oder Schiebedach) der Betrag der Veränderung des Sensorsignals berücksichtigt wird, kann vermieden werden, daß nicht relevante Feuchtigkeitsänderungen eine Auslösung des Antriebsmittels bewirken. Der festgelegte bestimmte Betrag der Änderung wirkt quasi als Empfindlichkeitsdämpfer und kann so ein unnötiges Betätigen z. B. des Scheibenwischers verhindern (siehe Spalte 21, Zeile 26 bis Spalte 22, Zeile 1).
5.3. Wie bei der Neuheitsprüfung schon festgestellt wurde, enthält die D2 keine Offenbarung eines auf dem Betrag der Signalamplitudenänderung basierenden Kriteriums für die Ansteuerung des Antriebsmittels. Sie enthält ebenfalls keinen Hinweis in Richtung eines solchen Kriteriums für die Einschaltung des Antriebsmittels, zumal die in D2 offenbarte Vorrichtung die Lösung eines ganz anderen Problems, nämlich das Unterscheiden zwischen Beregnung und Wasserschlieren und das Abschalten der Scheibenwischer bei Vorhandensein von Wasserschlieren, (siehe Seite 2, Zeile 21 bis Seite 3, Zeile 11) betrifft.
5.4. Die Beschwerdeführerin hat noch vorgebracht, daß es keiner erfinderischen Tätigkeit bedürfe, einen Schwellenwert zu erhöhen, um damit die Empfindlichkeit einer Schaltanordnung herabzusetzen.
Eine solche Argumentation setzt jedoch schon voraus, daß Nachteile der in D2 beschriebenen Vorrichtung auf eine zu große Empfindlichkeit zurückzuführen sind. Diese Erkenntnis ist weder im Hinblick auf die der D2 zugrundeliegende Aufgabe noch direkt aus der dort offenbarten Lösung abzuleiten, so daß dieser Einwand der Beschwerdeführerin als auf einer rückblickenden Betrachtung in Kenntnis der Erfindung basierend zurückgewiesen werden muß.
5.5. Zusammenfassend kommt die Kammer zu dem Ergebnis, daß die entgegengehaltene Druckschrift D2 weder für sich noch in irgendwelchen Kombinationen mit den anderen entgegengehaltenen, aber im Beschwerdeverfahren nicht mehr aufgegriffenen Dokumenten sowie in Verbindung mit dem einem Fachmann zu unterstellenden Wissen dem Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick auf das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit patenthindernd entgegensteht (Artikel 56 EPÜ), so daß das Patent auf der Basis des erteilten Anspruchs 1 Bestand haben kann.
Bestandsfähig sind auch die abhängigen Ansprüche 2 bis 23, die vorteilhaften Ausgestaltungen des Gegenstandes des Anspruchs 1 beinhalten (Regel 29 (3) EPÜ).
6. Antrag auf Kostenverteilung
6.1. Die Beschwerdegegnerin hat ihren Antrag, der Beschwerdeführerin die Kosten für die mündliche Verhandlung aufzuerlegen, damit begründet, daß die Sache klar und entscheidungsreif war und daher auf eine mündliche Verhandlung hätte verzichtet werden können.
6.2. Die Kammer weist hierzu darauf hin, daß nach Artikel 116 (1) EPÜ jeder Beteiligte das Recht hat, seine Sache mündlich vor den Instanzen des Europäischen Patentamts vorzutragen. Die Nichtgewährung eines solchen Antrags würde eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs darstellen. Es ist dabei nicht zu prüfen, ob die Verhandlung objektiv sachdienlich ist. Die Frage der "Notwendigkeit" eine Sache in einer mündlichen Verhandlung vorzutragen, liegt somit im Ermessen des antragstellenden Beteiligten, das allerdings nicht mißbräuchlich ausgeübt werden darf.
6.3. Gemäß Artikel 104 (1) EPÜ trägt im Einspruchsverfahren jeder Beteiligte die ihm erwachsene Kosten selbst, soweit nicht die Einspruchsabteilung oder die Beschwerdekammer, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht, über die Verteilung der Kosten, die durch die mündliche Verhandlung oder eine Beweisaufnahme verursacht worden sind, nach Maßgabe der Ausführungsordnung anders entscheidet.
Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist die Voraussetzung der Billigkeit dann gegeben, wenn Kosten schuldhaft durch leichtfertiges oder gar böswilliges Handeln verursacht werden (siehe 79/88 vom 25. Juli 1991, Punkt 9.2).
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin lediglich von ihrem Recht, eine mündliche Verhandlung zu beantragen, Gebrauch gemacht und es ist nicht zu erkennen, daß sie hierbei mißbräuchlich gehandelt hat, was übrigens auch von der Beschwerdegegnerin nicht behauptet wurde. Es besteht daher im vorliegenden Fall kein Anlaß, von dem Prinzip, daß jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt, abzuweichen.
Im übrigen ist die Kammer der Meinung, daß im vorliegenden Fall die Diskussion in der mündlichen Verhandlung durchaus zur Klarstellung der Sache beigetragen hat, insbesondere weil der Gegenstand nach Anspruch 1 nicht ohne weiteres verstanden werden konnte und eine Interpretation nach Artikel 69 EPÜ notwendig war. Hierbei wurde festgestellt, daß zumindest einige der als zur Erfindung gehörend bezeichneten Ausführungsbeispiele nicht die Merkmale des kennzeichenden Teils des Anspruchs 1 aufweisen, was bei der Erteilung des Patents offenbar übersehen wurde.
Eine weitere Diskussion war erforderlich, um festzustellen, ob der Gegenstand des Anspruchs 1 auch ohne ein konstruktiv vollständiges Ausführungsbeispiel vom Fachmann verstanden und ausgeführt werden konnte (siehe Punkte 3 bis 3.3 Entscheidung).
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag auf Kostenverteilung wird zurückgewiesen.