T 0364/96 (Essigsäure-Essigsäureanhydrid-Herstellung/CELANESE) of 3.5.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T036496.20000503
Datum der Entscheidung: 03 Mai 2000
Aktenzeichen: T 0364/96
Anmeldenummer: 89110743.5
IPC-Klasse: C07C 53/08
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung von Essigsäure und Essigsäureanhydrid
Name des Anmelders: Celanese Chemicals Europe GmbH
Name des Einsprechenden: BP Chemicals Ltd
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja) - Lösung der gestellten Aufgabe durch nicht naheliegende Kombination von Verfahrensmerkmalen
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die am 13. Februar 1996 verkündete und am 26. Februar 1996 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 0 350 635 wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit gegenüber den Lehren der Dokumente

(1) US-A-4 549 937,

(5) AU-A-63168/86 und

(6) US-A-4 615 806

zu widerrufen.

II. Mit Schriftsatz vom 26. Juni 1996 hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) einen Satz von acht Ansprüchen eingereicht. Dessen einziger unabhängiger Anspruch lautet:

"1. Verfahren zur Herstellung von Essigsäure und Essigsäureanhydrid durch Umsetzung von Methanol und Methylacetat mit Kohlenmonoxid, dadurch gekennzeichnet, daß man

a) Methanol und Methylacetat im Molverhältnis 10 : 1 bis 1. : 10 unter wasserfreien Bedingungen mit Kohlenmonoxid oder Gemischen aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff in Gegenwart eines Carbonylkomplexe von Edelmetallen der Gruppe VIII des Periodensystems der Elemente, Methyljodid und als Promotor ein Alkali-, quaternäres Organophosphonium- oder Organoammoniumacetat oder -jodid enthaltenden Katalysatorsystems in einer Reaktionszone bei Temperaturen von 150 bis 250°C und Drucken von 5 bis 120 bar umsetzt,

b) das mit einer Temperatur von 150 bis 250°C die Reaktionszone verlassende Carbonylierungsgemisch in einer Dampf-Flüssigkeits-Abscheidezone auf einen Druck von 1 bis 3,5 bar entspannt, wobei die Hauptmenge der flüchtigen Anteile sofort verdampft und zur Verhinderung des Mitreißens von Flüssigkeitstropfen über einen Nebelabscheider einer ersten Destillationszone zur Abtrennung der Leichtsieder zugeführt wird; aus dem in der Dampf-Flüssigkeitsabscheidezone und im Nebelabscheider anfallenden Flüssigkeitsstrom in einer Trennzone bei einem Druck von 0,05 bis 1 bar und einer Sumpftemperatur von 50 bis 170°C den überwiegenden Teil der noch flüchtigen Anteile abdestilliert und ebenfalls der ersten Destillationszone zuleitet und die als Sumpfprodukt verbleibende Katalysatorlösung zur Reaktionszone zurückführt,

c) bei der fraktionierten Destillation in der ersten Destillationszone über Kopf ein überwiegend aus CO2, CO und CH4 und N2 bestehendes Abgas abzieht, durch Auswaschen mit der Gesamtmenge der Einsatzstoffe Methanol und Methylacetat von restlichem Methyljodid befreit und einer Verbrennung zuleitet und das Gemisch aus Methanol und Methylacetat der Reaktionszone zuführt,

d) in der ersten Destillationszone die flüchtigen Carbonylierungsprodukte durch fraktionierte Destillation unter Normaldruck in einen niedrig siedenden Anteil aus überwiegend Methyljodid und Methylacetat zerlegt und in die Reaktionszone zurückführt und als Sumpfprodukt ein Gemisch aus Essigsäure und Essigsäureanhydrid erhält,

e) das Gemisch von Essigsäure und Essigsäureanhydrid zur Entfernung von Spuren jodhaltiger Verbindungen über einen silbersalzhaltigen Träger leitet oder mit Peressigsäure behandelt und in einer zweiten und dritten Destillationszone durch fraktionierte Destillation in die reinen Komponenten Essigsäure und Essigsäureanhydrid zerlegt,

f) die Verweilzeiten der Einsatzstoffe in der Reaktionszone in Abhängigkeit von den Mengenströmen der zur Reaktionszone zurückgeführten Katalysatorlösung und der Leichtsieder Methyljodid und Methylacetat sowie der Einsatzprodukte Methanol und Methylacetat 2 bis 50 min betragen."

III. Vor der Beschwerdekammer fand am 3. Mai 2000 eine mündliche Verhandlung statt, in der die Beschwerdegegnerin, wie mit Schreiben vom 3. März 2000 angekündigt, nicht vertreten war.

IV. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren vorgetragen, daß es die Aufgabe der vorliegenden Erfindung sei, ein Verfahren zur Herstellung von Essigsäure und Essigsäureanhydrid zur Verfügung zu stellen, das zu hohen Ausbeuten führe, bei dem die Reaktionsmischung ein nicht korrosives Verhalten aufweise, und bei dem das Produktverhältnis Essigsäure/Essigsäureanhydrid in weiten Grenzen gezielt variiert werden könne. Da im Dokument (1) eine völlig andere Aufgabestellung vorliege, nämlich ein Verfahren zur Verfügung zu stellen, bei dem der Katalysator aus Reaktionsgemischen von Carbonylierungsreaktionen abgetrennt werden könne, und dieses Dokument nur die Schritte a) und b) beschreibe, sei das beanspruchte Verfahren durch die Lehre des Dokumentes (1) nicht nahegelegt.

Weiterhin hat sie geltend gemacht, daß den Dokumenten (5) und (6) lediglich die Stufe e) zu entnehmen sei und daß das beanspruchte Verfahren durch die kombinierte Lehre der Dokumente (1) und (5) oder (6) oder der übrigen im Einspruchsverfahren genannten Dokumente nicht nahegelegt werde.

V. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) hat vorgetragen, daß weder höhere Ausbeuten noch ein geringeres korrosives Verhalten oder eine erhöhte Flexibilität im Produktverhältnis Essigsäure/Essigsäureanhydrid für die vorliegende Erfindung glaubhaft gemacht worden seien. Es sei somit lediglich die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zur Herstellung von Essigsäure und Essigsäureanhydrid zur Verfügung zu stellen, bei dem das Katalysatorsystem aus dem Reaktionsgemisch abgetrennt werde und die Carbonylierungsprodukte weiter gesäubert würden. Damit liege der vorliegenden Erfindung die gleiche Aufgabenstellung zugrunde wie der im Dokument (1) beschriebenen.

Da ein Verfahren gemäß den Stufen a) und b) aus dem Dokument (1) und ein Auswaschen von Methyliodid aus einer Mischung von CO2, CO, CH4 und N2 mit Methanol oder Methylacetat aus den Dokumenten (3) , DE-A-2 836 084, (4), DE-A-2 939 839, (7), GB-A-906 008, (8), CA-A-1 214 472, und (9),JP-A-61058803, bekannt gewesen seien, eine fraktionierte Destillation unter Normaldruck zur Trennung von niedrig siedenden Methyljodid und Methylacetat von Essigsäure und Essigsäureanhydrid als Sumpfprodukt durch das Dokument (1) nahegelegt werde, die Entfernung von Spuren jodhaltiger Verbindungen über einem silbersalzhaltigen Träger oder mit Peressigsäure aus den Dokumenten (5) und (6) bekannt gewesen sei, und die Auswahl einer aus den Dokumenten (3), (10), AU-A-45887/85, und (11), AU-A-45886/85, bekannten geeigneten Verweilzeit keine erfinderische Tätigkeit begründe, sei das beanspruchte Verfahren durch den Stand der Technik nahegelegt worden.

VI. Die Beschwerdeführerin hat beantragt, das Patent mit den mit Schriftsatz vom 26. Juni 1996 eingereichten Ansprüchen 1 bis 8 aufrechtzuerhalten.

Die Beschwerdegegnerin hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Artikel 123 (2) und (3) EPÜ

Anspruch 1 stützt sich auf die ursprünglich eingereichten Ansprüche 1, 2 und 4. Die Ansprüche 2 bis 8. stimmen mit den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 3. und 5 bis 10 überein. Der Schutzbereich der Ansprüche geht nicht über den der Ansprüche des erteilten Patents hinaus. Somit sind gegen die Ansprüche 1 bis 8 keine Einwände nach Artikel 123 (2) oder (3) EPÜ zu erheben.

3. Neuheit

Die Kammer hat sich davon überzeugt, daß das beanspruchte Verfahren in keiner zitierten Entgegenhaltung vorbeschrieben und somit gegenüber diesem Stand der Technik neu ist. Da dies nicht bestritten wurde, erübrigen sich nähere Ausführungen hierzu.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Es wurde nicht bestritten, daß das Dokument (1) den nächstliegenden Stand der Technik darstellt.

Dokument (1) offenbart ein Verfahren zur Abtrennung des Katalysatorsystems aus Reaktionsgemischen, die bei der Umsetzung von Methylacetat und/oder Dimethylether mit Kohlenmonoxid bei erhöhter Temperaturen zu Essigsäureanhydrid in Gegenwart eines aus Carbonylkomplexen von Edelmetallen der Gruppe VIII des Periodensystems, einer Organophosphor- oder Organostickstoff-Verbindung und Methyljodid anfallen und unter einem Druck von 25 bis 150 bar und mit einer Temperatur von 100 bis 250 C die Reaktionszone verlassen, wobei die Zersetzung und Inaktivierung des Katalysators verhindert wird (Spalte 1, Zeilen 6 bis 20, und Spalte 2, Zeilen 3 bis 8). Hierbei wird das die Reaktionszone verlassende Reaktionsgemisch in einem auf 60. bis 140 C beheizten Abscheider auf einen Druck von 0.5. bis 3.5 bar entspannt, wobei die Hauptmenge der flüchtigen Anteile spontan verdampft. Aus dem den Abscheider verlassenden Flüssigkeitsstrom wird in einer Destillationszone bei einem Druck von 0.05 bis 1 bar und einer Sumpftemperatur von 70 bis 170 C der überwiegende Teil der noch flüchtigen Anteile abdestilliert und die als Sumpfprodukt verbleibende Katalysatorlösung wird zur Reaktionszone zurückgeführt (Spalte 2, Zeilen 9 bis 19). Die im Abscheider und in der Destillationszone abgetrennten flüchtigen Anteile können vereinigt und gemeinsam destillativ verarbeitet werden und die aus dem beheizten Abscheider verdampfenden flüchtigen Anteile können einen Nebelabscheider durchströmen, der das Mitreißen von Flüssigkeitstropfen verhindert (Spalte 2, Zeilen 25 bis 31).

4.2. Gemäß der Beschreibung des Streitpatents (Seite 3, Zeilen 37 bis 40) liegt ein besonderer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens darin, daß sich durch Variation im Verhältnis der Einsatzprodukte Methanol und Methylacetat praktisch jedes Produktverhältnis von Essigsäure und Essigsäureanhydrid einstellen läßt, so daß das Verfahren schnell an wechselnde Erfordernisse angepaßt werden kann. Die Beispiele 1 bis 10 zeigen, daß gleichzeitig Essigsäure und Essigsäureanhydrid aus Methanol und Methylacetat oder Dimethylether in Ausbeuten von 96.8 bis 99.8 %, bezogen auf die eingesetzte Methanolmenge, beziehungsweise von 95.7 bis 98.4. %, bezogen auf die eingesetzte Menge an Methylacetat und/oder Dimethylether, hergestellt werden können, wobei das Produktverhältnis Essigsäure/Essigsäureanhydrid in weiten Grenzen variiert werden kann.

4.3. Ausgehend von Dokument (1) ist die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe somit darin zu sehen, ein Verfahren zur Herstellung von Essigsäureanhydrid und Essigsäure zur Verfügung zu stellen, in dem sich durch Variation im Verhältnis der Einsatzprodukte Methanol und Methylacetat und/oder Dimethylether praktisch jedes Produktverhältnis von Essigsäure und Essigsäureanhydrid einstellen läßt und wobei Essigsäure und Essigsäureanhydrid, bezogen auf die eingesetzte Methanolmenge, beziehungsweise die eingesetzte Methylacetat- und/oder Dimethylethermenge, in hohen Ausbeuten erhalten werden.

Zur Lösung dieser Aufgabe wird das nun beanspruchte Verfahren mit den Verfahrensmerkmalen a) bis f) vorgeschlagen (siehe Punkt II oben). Wie den Ausführungen unter Punkt 4.2 zu entnehmen ist, kann kein Zweifel daran bestehen, daß damit die gestellte Aufgabe auch tatsächlich gelöst wird.

4.4. Die Beschwerdegegnerin hat vorgetragen, daß durch den Hinweis in der Spalte 1, Zeile 17, des Dokumentes (1) auf Dokument (2), DE-A-2 450 965, dessen Inhalt in die Offenbarung des Dokumentes (1) einbezogen sei. Da aus dem vierten Absatz auf der Seite 2 des Dokumentes (2) (dem dritten Absatz der Seite 2 der englischen Übersetzung) hervorgehe, daß im Verfahren zur Herstellung von Essigsäureanhydrid aus Methylacetat das als Ausgangsstoff dienende Methylacetat auch Methanol enthalten könne, wobei dann neben Essigsäureanhydrid die zu Methanol in etwa äquivalente Menge an Essigsäure entstehe, werde im Dokument (1) auch die gleichzeitige Herstellung von Essigsäureanhydrid und Essigsäure aus Methylacetat und Methanol offenbart.

Ausgehend davon, daß eine erhöhte Flexibilität im Produktverhältnis Essigsäure/Essigsäureanhydrid für das beanspruchte Verfahren gegenüber dem im Dokument (1) beschriebenen Verfahren nicht glaubhaft gemacht worden sei, sei angesichts der Lehre des Dokumentes (1) die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe lediglich darin zu sehen, ein zusätzliches Verfahren zur Verfügung zu stellen, in dem die Carbonylierungsprodukte isoliert und gesäubert würden und das Katalysatorssystem zur Reaktionszone zurückgeführt werde.

Dem kann die Kammer jedoch nicht zustimmen. Dem vierten Absatz der zweiten Seite des Dokumentes (2) (dritter Absatz der Seite 2 der englischen Übersetzung) ist lediglich zu entnehmen, daß das als Ausgangsstoff dienende Methylacetat auch Methanol enthalten kann und daß der Einsatz von Methylacetat-Methanol-Gemischen, die 18. bis 20 % Methanol enthalten, besonders wirtschaftlich ist, weil sie als Azeotrope bei anderen chemischen Verfahren anfallen und gemäß den einzigen Beispielen, in denen der Einsatz von Methylacetat zusammen mit Methanol beschrieben ist, nämlich Beispiele 14 und 15, ein 18 % Methanol enthaltendes Azeotrop als Ausgangsstoff verwendet wird. Dem Dokument (2) kann jedoch weder entnommen werden, daß das Produktverhältnis Essigsäure/Essigsäureanhydrid in weiten Grenzen variiert werden kann, noch daß Essigsäure zusammen mit Essigsäureanhydrid in hohen Ausbeuten, bezogen auf die eingesetzte Methanolmenge beziehungsweise die Methylacetat- oder Dimethylethermenge, hergestellt werden kann. Die in Punkt 4.3 oben definierte Aufgabe ist daher die objektive Aufgabe, von der bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit auszugehen ist.

4.5. Es bleibt somit zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem Fachmann Anregungen bot, die streitpatentgemäße Aufgabe durch das beanspruchte Verfahren zu lösen.

4.6. Die Beschwerdegegnerin hat vorgetragen, daß das beanspruchte Verfahren durch den Stand der Technik nahegelegt werde, da ein Verfahren gemäß den Verfahrensmerkmalen a) und b) aus dem Dokument (1) bekannt gewesen sei und die Verfahrensmerkmale c) bis f) in den zitierten Entgegenhaltungen schon beschrieben worden seien (siehe Punkt V).

4.7. Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des beanspruchten Verfahrens ist jedoch die Frage wesentlich, ob der Stand der Technik dem Fachmann Anregungen bot, die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe durch die gesamte Kombination der Verfahrensmerkmale a) bis f) zu lösen. Das bloße Bekanntsein einzelner oder mehrerer Verfahrensmerkmale als solcher, ohne irgendeinen Hinweis auf deren Beitrag zur Lösung der der Erfindung zugrunde liegenden Aufgabe, ist für die Beantwortung dieser Frage aber völlig unerheblich (siehe, z. B. T 37/85, ABl EPA, 1988, 86).

4.8. Da aus dem Dokument (1) nicht hervorgeht, daß das Produktverhältnis Essigsäure/Essigsäureanhydrid in weiten Grenzen variiert werden kann (siehe Punkt 4.4), konnte der Fachmann in diesem Dokument keinen Hinweis finden, wie das dort beschriebene und aus den Stufen a) und b) bestehende Verfahren zu ergänzen wäre, um die in Punkt 4.3 definierte Aufgabe zu lösen.

4.9. In Dokument (3), Seite 6, Zeilen 28 bis 36, in Dokument (4), Seite 8, Zeilen 1 bis 9, und in Dokument (8), Seite 2, Zeile 27 bis Seite 3, Zeile 19, ist das Waschen der Abgase in der Herstellung von Essigsäureanhydrid mit der Gesamtmenge der einzusetzenden Methylacetat oder Dimethylether beschrieben, wobei Methyljodid aus dem Abgas gewaschen und der Reaktionszone zurückgeführt wird. Weiterhin sind in Dokument (7), Seite 1, Zeilen 55 bis 73, das Waschen der Abgase in der Herstellung von Essigsäure mit Methanol oder Methylacetat und die Zurückführung in die Reaktionszone beschrieben und ist in Dokument (9) die Rückführung von Jodverbindungen durch Waschen mit Methanol beschrieben.

Jedoch betrifft keines dieser Dokumente die gleichzeitige Herstellung von Essigsäureanhydrid und Essigsäure und somit ist diesen Dokumenten auch kein Hinweis zu entnehmen, daß die Reaktionsstufe c) für die Lösung der der Erfindung zugrunde liegenden Aufgabe wesentlich wäre.

Die Beschwerdegegnerin hat behauptet, die Reaktionsstufe c) trage nicht zu der eigentlichen Reaktion bei und sei somit in der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen.

In der Abwesenheit jeglichen Beleges dafür, daß die Menge des Methyljodids in der Reaktionszone die Carbonylisierungsreaktion nicht beeinflußt, kann die Kammer dieser Behauptung der Beschwerdegegnerin nicht zustimmen, da die Zurückführung des Methyljodids in die Reaktionszone für die weitere Carbonylisierung von Methanol und Methylacetat oder Dimethylether erkennbar als wesentlich erscheint und somit zur Lösung der der Erfindung zugrunde liegenden Aufgabe auch beiträgt.

4.10. Die Beschwerdegegnerin hat auch geltend gemacht, die in der Reaktionsstufe d) durchgeführte fraktionierte Destillation sei durch das Dokument (1) nahegelegt.

Da jedoch im Dokument (1) ausdrücklich erwähnt wird, daß die nicht näher beschriebene destillative Aufarbeitung nicht Gegenstand der dortigen Erfindung ist (siehe Spalte 3, Zeilen 20 bis 29), können diesem Dokument keine Besonderheiten über die Destillation entnommen werden.

4.11. Es ist auch unbestritten, daß es aus dem Dokument (5), Seite 4, Zeile 26 bis Seite 5, Zeile 2 und aus dem Dokument (6), Spalte 2, Zeilen 32 bis 41, bekannt war, den Gehalt an Jodverbindungen durch Behandlung mit Peressigsäure beziehungsweise über einen silbersalzhaltigen Träger zu verringern. Da auch in diesen Dokumenten die gleichzeitige Carbonylierung von Methanol und Methylacetat oder Dimethylether nicht erwähnt wird, konnte ein Fachmann aus ihnen keinen Hinweis bekommen, daß die Reaktionsstufe e) im beanspruchten Verfahren ein wesentliches Merkmal darstellt.

4.12. Die Beschwerdegegnerin hat auch vorgetragen, daß Verweilzeiten von 2 bis 50 Minuten ganz üblich und aus den Beispielen in den Dokumenten (3), (10) und (11) bekannt seien.

Obwohl die Reaktionszeit gemäß mehreren Beispielen in den Dokumenten (3), (10) und (11) tatsächlich 2 bis 50 Minuten beträgt, ist aber gemäß den Beispielen 3, 8 bis 10, 12, 14 bis 16 und 18 bis 20 des Dokumentes (3) und Beispiel 4 des Dokumentes (10) die Reaktionszeitzeit höher als 50 Minuten und liegt manchmal sogar über 100 Minuten. Außerdem ist den Beispielen dieser Dokumente nur zu entnehmen, wie die Zusammensetzung der Reaktionsmischung nach einer bestimmten Reaktionszeit ist, ohne einen Hinweis auf eine tatsächliche Verweilzeit zu geben.

4.13. Die gesamten Verfahrensmerkmale zur Lösung der streitpatentgemäßen Aufgabe konnten somit weder dem Dokument (1) alleine, noch der Kombination des Dokumentes (1) mit den Lehren der anderen zitierten, zum Stand der Technik gehörenden Dokumente entnommen werden.

4.14. Die Verfahren gemäß den abhängigen Ansprüchen 2 bis 7 betreffen lediglich besondere Ausführungsformen des Gegenstandes des unabhängigen Anspruchs 1 und werden daher von dessen erfinderischem Konzept mitgetragen; sie haben daher zusammen mit diesem Anspruch ebenfalls Bestand (Artikel 56 EPÜ).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Verfahren wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent mit den mit Schriftsatz der Beschwerdeführerin von 26. Juni 1996 eingereichten Ansprüchen 1 bis 8 und einer daran anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.

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