T 0783/95 (Verwendung von Vektorpotentialen zur Behandlung von Materialien) of 8.8.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T078395.20000808
Datum der Entscheidung: 08 August 2000
Aktenzeichen: T 0783/95
Anmeldenummer: 90121964.2
IPC-Klasse: C02F 1/48
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verwendung von insbesondere magnetischen Vektorpotentialen zur Behandlung von Materialien
Name des Anmelders: Kropp, Ella Liesel
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 83
Schlagwörter: Nicht ausführbare Lehre
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 90 121 964.2 wurde durch die am 31. März 1995 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung zurückgewiesen.

II. Die Zurückweisung wurde u. a. damit begründet, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht klar ist (Artikel 84 EPÜ), da der Anspruch zwar eine Aufgabe aufführt, jedoch nicht die technischen Mittel zu ihrer Lösung definiert. In einem als "Zusätzliche Bemerkungen" bezeichneten Anhang zur Entscheidung wurden Zweifel an der Ausführbarkeit (Artikel 83 EPÜ) des Anmeldungsgegenstandes geäußert.

III. Der Beschwerdeführer legte gegen diese Entscheidung der Prüfungsabteilung mit einem am 1. Juni 1995 eingegangenen Schreiben Beschwerde ein. Die Beschwerdegebühr war bereits am 7. Mai 1994 entrichtet worden. Mit der am 2. August 1995 eingegangenen Beschwerdebegründung beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses und Erteilung eines Patents mit geänderten Ansprüchen 1 - 9. Schließlich beantragte er hilfsweise, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

IV. Mit einer Mitteilung der Kammer vom 4. Mai 2000 als Anlage zur Ladung für die mündliche Verhandlung äußerte die Kammer ihre vorläufige Meinung, daß der Anspruch 1 nicht dem Erfordernis des Artikels 84 EPÜ genügt. Außerdem äußerte sie erhebliche Zweifel, ob die Anmeldungsunterlagen in ihrer Gesamtheit die Erfindung derart deutlich und vollständig offenbarten, daß sie von einem Fachmann ausführbar wäre, so daß die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ als nicht erfüllt anzusehen seien. Zur Begründung ihrer Meinung verwies sie auf folgende Druckschriften:

D4: R. Feynman, Vorlesungen über Physik, II/1, R. Oldenbourg Verlag, 1973, Kapitel 14 und 15; und

D5: Y. Imry und R. A. Webb, "Quanteninterferenz und der Aharonov-Bohm-Effekt", Spektrum der Wissenschaft, Juni 1989, S. 88 - 95.

V. Mit Schreiben vom 7. Juli 2000 reichte der Beschwerdeführer einen neuen Antrag mit Ansprüchen 1 - 10 ein.

VI. Am 8. August 2000 fand vor der Beschwerdekammer eine mündliche Verhandlung statt. Im Laufe der Verhandlung reichte der Beschwerdeführer einen neuen Hauptantrag mit 10. Ansprüchen und einen Hilfsantrag mit 7 Ansprüchen ein, die den vorherigen Antrag ersetzen sollten. Der Wortlaut des Anspruchs 1 des Hauptantrags lautet:

"Verwendung von Vektorpotentialen in einem Raumabschnitt, welcher von statischen Magnetfeldern oder elektrostatischen Feldern mindestens sehr weitgehend frei ist, wobei unter Bedingungen eines biologischen Systems in dem Raumabschnitt ein biologisches Substrat angeordnet ist, insbesondere ein wässriges Substrat, welches unter der Einwirkung eines statischen rotationsfreien Vektorpotentials mit akustischer oder elektromagnetischer Strahlung beaufschlagt wird, so dass dem Substrat ein langanhaltendes Informationsmuster aufgeprägt wird."

Der Wortlaut des Anspruchs 1 des Hilfsantrags lautet:

"Vorrichtung zur Aufprägung eines Informationsmusters auf ein biologisches Substrat, gekennzeichnet durch mindestens ein Toroid oder Solenoid, vorzugsweise zwei entgegengesetzt gepolte, axial aufeinander ausgerichtet und auf Abstand voneinander angeordnete toroidförmige Solenoide (1, 2), wobei ein von einem Vektorpotential durchdrungener Einflussbereich (4) ausgebildet ist."

VII. Zur Stützung seiner Anträge hat der Beschwerdeführer im wesentlichen folgende Argumente vorgebracht:

Die Klarheitseinwände der Kammer seien im geänderten Anspruch 1 des Hauptantrags berücksichtigt. Dieser Anspruch definiere ein Verfahren zur Speicherung von Information in biologischen Substraten durch Anlegung von Vektorpotentialen. Die Stützung für diese Klarstellung in der Beschreibung finde sich in Spalte 2, Zeilen 12 - 26 der veröffentlichten Anmeldung. Was die Bedenken der Kammer im Hinblick auf die Ausführbarkeit der Erfindung betreffe, werde darauf hingewiesen, daß die Verwendung von Vektorpotentialen in magnetfeldfreien Raumabschnitten aus der Physik grundsätzlich bekannt sei. So sei aus der Quantenphysik der Aharonov-Bohm-Effekt bekannt. Dieser quantenmechanische Interferenzeffekt sei nachweisbar, indem ein freier Elektronenstrahl durch ein magnetfeldfreies Vektorpotentialfeld geführt werde, wobei sich die Phase des Elektronenstrahls bzw. der Wellenfunktion des Elektronenstrahls verschiebe. Eine weitere Anwendung von Vektorpotentialen im magnetfeldfreien Raum sei der aus dem Prüfungsverfahren bekannten Patentschrift D1 (US-A-4 432 098) der renommierten Firma Honeywell offenbart. In der Vorrichtung nach D1 werde Information aus einem magnetfeldfreien Vektorpotentialgenerator mittels eines Josephson-Übergangs übertragen.

Für die vorliegende Anmeldung seien mehrere nationale Patente erteilt worden. Die Frage der Ausführbarkeit der Anmeldung sei in diesen Parallelverfahren bejaht worden, ebenso im Falle einer früheren europäischen Anmeldung des Beschwerdeführers auf dem gleichen Gebiet. Was den naturwissenschaftlichen Hintergrund der Wirkung der offenbarten Vorrichtung angehe, so habe der Beschwerdeführer zum Anmeldungszeitpunkt zwar keine eindeutige wissenschaftliche Erklärung gehabt, weshalb die Erfindung funktioniert, dies werde vom EPÜ aber auch nicht verlangt. Nach gefestigter Rechtsprechung komme es allein darauf an, daß die Erfindung eine Lösung der objektiven Aufgabe ermöglicht und soweit beschrieben ist, daß ein Fachmann sie ausführen kann. Aus heutiger Sicht des Beschwerdeführers beruhe die Wirkung des Anmeldungsgegenstandes auf einer Beeinflussung der Übergangswahrscheinlichkeit gebundener Elektronen in einem Substrat durch ein magnetfeldfreies Vektorpotential. Im Gegensatz zum Aharanov-Bohm-Effekt, bei dem das Vektorpotential lediglich auf freie Elektronen wirke und daher nur deren Phase jedoch nicht die Energie ändere, wirke das Vektorpotential auf in einem Substrat gebundene Elektronen solchermaßen, daß bei angelegtem Vektorpotential die Anregungsübergänge beeinflußt würden. Man könne dies abschätzen, indem man in der Schrödingergleichung für das gebundene System den Beitrag für das Vektorpotentialfeld in einer transformierten Form (Eichtransformation durch Transformation in ein rein skalares Potential) berücksichtige. Es könne gezeigt werden, daß dieser skalare Eichterm, der das rotationsfreie Vektorpotentialfeld vollständig bestimme, einen Beitrag zu dem Matrixelement liefere, welches die Übergangswahrscheinlichkeit des Systems zwischen zwei Quantenübergängen beschreibt. Daraus folge, daß das Beaufschlagen eines Substrates mit einem eingeschalteten Vektorpotentialfeld die Übergangswahrscheinlichkeit zwischen zwei elektronischen Zuständen erhöhen könne. Wenn nun das beaufschlagte Substrat zusätzlich mit akustischer oder elektromagnetischer Strahlung beaufschlagt wird, werde diese Strahlungsinformation durch die geänderte (erhöhte) Übergangswahrscheinlichkeit in dem Substrat gespeichert. Nach Abschalten des angelegten Vektorpotentialfeldes nähmen die Übergangswahrscheinlichkeiten wieder ihren ursprünglichen, niedrigeren Wert an, und die Strahlungsinformation bleibe erhalten. Insbesondere wenn die betreffenden Übergänge sogenannte "verbotene Übergänge" seien, welche ohne Anlegung des Vektorpotentialfeldes eine verschwindend kleine Übergangswahrscheinlichkeit aufwiesen, könne das Informationsmuster im Substrat langanhaltend gespeichert bleiben. Es sei zu betonen, daß die Tatsache, daß diese Überlegungen erst nach dem Anmeldetag bekannt wurden, nicht die Ausführbarkeit der Erfindung zum Anmeldetag beeinflusse, da sämtliche Maßnahmen zur Durchführung der beanspruchten Lehre der ursprünglicher Anmeldung entnehmbar seien.

Was die im Anspruch 1 des Hilfsantrags beanspruchte Vorrichtung betreffe, so definiere diese unzweideutig die technischen Merkmale, die notwendig seien zur Aufprägung eines Informationsmusters auf ein biologisches Substrat. Deshalb habe der Fachmann keine Schwierigkeit, diese Lehre nachzuvollziehen, so daß die Ausführbarkeit der vorliegenden Anmeldung gegeben sei.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Beschwerde

Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 EPÜ sowie Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.

2. Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ)

Die vorliegenden Ansprüche 1 des Haupt- und des Hilfsantrags erfüllen nach Auffassung der Kammer die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.

Die Merkmale dieser Ansprüche ergeben sich aus den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 (Hauptantrag) bzw. 5 (Hilfsantrag) und insbesondere den Angaben in Spalte 2, Zeilen 12 - 35 der veröffentlichten Anmeldung.

3. Ausführbarkeit (Artikel 83 EPÜ)

3.1. Die Anmeldung betrifft eine Vorrichtung und deren Verwendung zum Aufprägen langanhaltender Informationsmuster auf ein biologisches Substrat. Laut den ursprünglich eingereichten Unterlagen, vgl. die ursprünglichen Ansprüche 1 - 10 und die Figuren 1a - 1c, 2, 3, 5, 12 und 13 nebst zugehöriger Beschreibung, ist dieses Aufprägen das Ergebnis der Verwendung eines Vektorpotentials in einem substantiell magnetfeldfreien Raum, in welchem das Substrat angeordnet ist.

3.2. Die einzig bisher bekannte physikalische Wirkung eines Vektorpotentials im magnetfeldfreien Raum beschränkt sich auf quantenmechanische und mesoskopische Systeme, d. h. Systeme deren Eigenschaften sich noch mit der Wellennatur ihrer Elemente beschreiben lassen. In diesen Systemen besteht die Wirkung eines Vektorpotentials in dessen Einfluß auf die Phase der quanten-mechanischen Wellensysteme, wie sie z. B. im Aharonov-Bohm Experiment zu beobachten sind. Unabdingbare Voraussetzungen für physikalisch beobachtbare Effekte des Vektorpotentials sind dabei das Vorliegen eines sich räumlich oder zeitlich ändernden Vektorpotentials und ein quantenmechanisches System, dessen Elemente zueinander phasenkohärent sind. So wird in der Versuchsanordnung gemäß den Abbildungen 15-7 und 15-8 aus Dokument D4 ein monochromatischer Elektronenstrahl durch einen Doppelspalt geführt, wobei die so erzeugte kohärente Welle eine beobachtbare Phasenverschiebung als Funktion des von der Welle durchquerten Vektorpotentialfeldes erfährt. Ein ähnlicher Aufbau wird in Bild 3 der Publikation D5 dargestellt, welche Veröffentlichung zudem in den Abbildungen 6 und 7 weitere Vorrichtungen zum Nachweis von Quanteninterferenz-Effekten zeigt. In der vom Beschwerdeführer erwähnten Vorrichtung nach Dokument D1 wirkt das Vektorpotentialfeld auf die Phase eines einen Josephson-Übergang durchfließenden Elektronenstroms. Dazu muß diese Anordnung im supraleitenden Zustand betrieben werden.

3.3. Wie insbesondere in der Veröffentlichung D5 auf Seite 92, rechte Spalte, Abschnitt "Quanteninterferenz in Festkörpern" erläutert wird, ist es für die Beobachtung von Quanteninterferenz-Effekten unabdingbar, daß inelastische Streuprozesse im Substrat unterdrückt werden. In allen bisher bekannten Vorrichtungen zum Nachweis von durch die Wirkung eines Vektorpotentials hervorgerufenen Quanteninterferenz-Effekten, wird diese Bedingung zum einen durch die Auswahl von Systemen mit speziellen physikalischen Eigenschaften (wie z. B. Supraleiter; kohärente Wellensysteme) und zum anderen durch spezielle Wahl kritischer Betriebsparameter (wie z. B. das Abkühlen der Vorrichtung auf sehr tiefe, Supraleitung ermöglichende Temperaturen; Erzeugung eines Vakuums; etc.) erfüllt. Durch diese für das Auftreten einer Wirkung des Vektorpotentials unverzichtbaren Maßnahmen werden phasenzerstörende Prozesse, wie z. B. inelastische Streuung an Gitterschwingungen (Phononen) in einem festen Substrat, verhindert.

Inelastische Streuung an Phononen führt zur Zerstörung einer erzeugten anfänglichen Phasenkohärenz des Elektronensystems durch Thermalisierung der Energie des Gesamtsystems Elektronen/Gitter. Diese Thermalisierung hat bei Zimmertemperatur in makroskopischen Systemen, wie feste und/oder flüssige Bestandteile aufweisenden biologischen Substraten, eine typische Zeitkonstante in der Größenordnung von Pikosekunden (10-12 s). Schon aus diesem Grund ist das in den vorliegenden Patentansprüchen geforderte "Aufprägen" "langanhaltender Informationsmuster" durch die Einwirkung eines Vektorpotentials auf die von der Anmeldung in Betracht gezogenen makroskopischen Substrate schlechterdings nicht vorstellbar.

3.4. Hinzu kommt, daß die vorliegende Anmeldung nicht den geringsten Hinweis darauf enthält, durch welche Wahl geeigneter Systemeigenschaften und physikalischer Verfahrensparameter das Auftreten einer bisher in der Naturwissenschaft unbekannten Wirkung des Vektorpotentials auf makroskopische Systeme, wie sie biologische Substrate im Sinne der Anmeldung darstellen, ermöglicht würde. Im Rahmen der geltenden naturwissenschaftlichen Erkenntnis lassen sich die Wirkungen elektromagnetischer Felder auf makroskopische Systeme vollständig und widerspruchsfrei durch die Wirkungen der Felder (wie z. B. eines Magnetfeldes) an sich erklären. Das Vektorpotential besitzt in diesem Zusammenhang ausnahmslos die Funktion einer mathematischen Hilfsgröße.

Die Anmeldung beschränkt sich demgegenüber auf den bloßen Vorschlag, (makroskopische) biologische Substrate (wie etwa eine physiologische Kochsalzlösung) in vermutet magnetfeldfreien Raumbereichen in der Nachbarschaft magnetfelderzeugender Vorrichtungen gemäß den Beispielen der Figuren 1a - 1c, 2 und 4 - 13 der Wirkung eines Vektorpotentials auszusetzen. Unter den offenbarten experimentellen Bedingungen ist jedoch die Grundvoraussetzung für das Auftreten einer physikalischen Wirkung eines Vektorpotentials, nämlich die Bewahrung einer Phasenkohärenz des dem Vektorpotential ausgesetzten Systems, grundsätzlich nicht gegeben.

3.5. In der mündlichen Verhandlung spekulierte der Beschwerdeführer darüber, daß aufgrund der Tatsache, daß in biologischen Substraten Elektronen nicht frei sondern gebunden vorkommen, die langanhaltende Wirkung des Vektorpotentials nicht in einer Beeinflussung der Phase der Elektronen, sondern vielmehr in einer Änderung ihrer Energiezustände zu sehen sei. In diesem Zusammenhang skizzierte er eine Lösung der Schrödingergleichung für Übergangswahrscheinlichkeiten zwischen verschiedenen Energiezuständen eines in einem Substrat gebundenen Elektrons unter der Wirkung eines statischen rotationsfreien Vektorpotentials, worunter ein durch seinen skalaren Eichterm beschriebenes Vektorpotential zu verstehen sei.

Diese spekulative Einlassung kann die Kammer aus den folgenden Gründen nicht überzeugen:

i) Die vom Beschwerdeführer in Betracht gezogenen Übergänge zwischen verschiedenen Energiezuständen eines Elektrons setzen die Einwirkung elektromagnetischer Felder bzw. Strahlung voraus. Gemäß dem Wortlaut der ursprünglichen Ansprüche 1 bis 3 sowie den wiederholten Angaben der Beschreibung (vgl. etwa Spalte 1, Zeilen 12 - 20 und 47 - 54; Spalte 2, Zeile 49 - Spalte 3, Zeile 3; Spalte 3, Zeilen 15 - 18; Spalte 4, Zeile 50 - Spalte 5, Zeile 22; und Spalte 7, Zeilen 8 - 21; sowie die Beispiele der Figuren 1a, 3, 5, 12 und 13 der veröffentlichten Anmeldung) soll das behauptete Aufprägen langanhaltender Informationsmuster auf die alleinige Wirkung des Vektorpotentials begründet sein, während die Einwirkung elektromagnetischer Strahlung lediglich eine zusätzliche optionale Maßnahme darstellt. Damit beruht aber der spekulative Erklärungsversuch des Anmelders bereits auf einer durch den Inhalt der Anmeldungsunterlagen nicht gestützten Annahme.

ii) Die vom Beschwerdeführer skizzierte Berechnung von Matrixelementen für die Übergangswahrscheinlichkeit elektronischer Anregungszustände setzt das eigentliche Vektorpotential A gleich Null und berücksichtigt lediglich einen skalaren Eichterm, von dem postuliert wird, daß er eine physikalische Wirkung entfalte.

Nun ist gemäß der einzigen anerkannten Definition des Vektorpotentials dieses grundsätzlich nur bis auf den genannten Eichterm bestimmt, welcher lediglich dazu dient, unter speziellen Umständen die mathematische Beschreibung eines Systems zu vereinfachen. Daraus folgt zwingend, daß jede physikalische Wirkung unabhängig von der (frei wählbaren) Größe des Eichterms auftreten muß. Tatsächlich lassen sich sämtliche bisher bekannten quantenmechanischen Wirkungen des Vektorpotentials mit einem Eichterm beliebiger Größe, d. h. auch mit einem Eichterm der Größe Null beschreiben. Berücksichtigt man diese inhärente Eigenschaft eines Vektorpotentials bei der Beurteilung des Erklärungsversuches des Beschwerdeführers, welcher auf der Voraussetzung eines nur durch den Eichterm gegebenen Vektorpotentials beruht, so ergibt sich für diesen ein logischer Widerspruch, indem eine "langanhaltende" Wirkung einer Größe postuliert wird, welche physikalisch den Wert Null besitzt.

iii) Nur aus Gründen der Vollständigkeit verweist die Kammer noch darauf, daß der Erklärungsversuch des Beschwerdeführers Relaxationsvorgänge unberücksichtigt läßt. Derartige Relaxationsvorgänge, welche im Prinzip den vorgenannten kohärenzzerstörenden Prozessen entsprechen, beruhen auf der im Regelfall immer vorhandenen Wechselwirkungen eines angeregten Elektrons mit seiner Umgebung im Substrat und bringen es wieder in seinen Ursprungszustand zurück, es sei denn, daß diese Wechselwirkungen durch spezielle technische Maßnahmen ausgeschaltet wären. Weder enthalten die Anmeldungsunterlagen hierzu irgendwelche Informationen, noch zählt das Wissen um die Auswahl möglicherweise geeigneter Substrate und Verfahrensparameter zur dauerhaften Unterdrückung von Relaxationsvorgängen zum Kenntnisstand eines mit der Verwendung von Magnetfeldern und Vektorpotentialen im Rahmen der anerkannten physikalischen Lehre befaßten Fachmannes, so daß dieser auf jeden Fall erst erfinderisch tätig werden müßte, um ein Experiment mit der vom Beschwerdeführer behaupteten Wirkung in die Praxis umzusetzen.

3.6. Schließlich vermag auch das vom Beschwerdeführer vorgebrachte Argument, daß auf die vorliegende Anmeldung mehrere nationale Patente erteilt wurden, und daß die Frage der Ausführbarkeit in diesen Parallelverfahren positiv beantwortet wurde, die Einschätzung der Kammer nicht zu ändern.

Eine Kammer ist jeweils mit einer Entscheidung auf der Basis der Umstände des ihr konkret vorliegenden Falles befaßt. Relevant für ihre Entscheidung ist dabei das Europäische Patentübereinkommen, wobei bei der Entscheidungsfindung die Entscheidungen der Großen Beschwerdekammer und die Rechtsprechung der Beschwerdekammern in ähnlich gelagerten Fällen berücksichtigt werden. Welche Kriterien in Parallelverfahren vor anderen Patentämtern angewandt werden, ist für die Rechtsprechung im europäischen Verfahren nicht maßgebend. Zudem ist der Anmeldegegenstand in diesen Parallelverfahren möglicherweise nicht identisch mit demjenigen des vorliegenden Verfahrens. Letzteres trifft auch für den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Hinweis auf ein vom Europäischen Patentamt früher erteiltes Patent mit einem angeblich vergleichbaren Sachverhalt zu.

3.7. Aus den dargelegten Gründen ist die Kammer der Auffassung, daß die Anmeldungsunterlagen weder eine Verwendung von Vektorpotentialen zum Zwecke des Aufprägens eines langanhaltenden Informationsmusters auf ein biologisches Substrat gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags noch eine zu diesem Zweck geeignete Vorrichtung gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags so deutlich und vollständig offenbaren, daß ein Fachmann sie erfolgreich, d. h. zur Erlangung der beabsichtigten Wirkung, ausführen kann.

Damit erfüllt aber die vorliegende Anmeldung nicht das Erfordernis des Artikels 83 EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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