European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1995:T051095.19951019 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 19 October 1995 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0510/95 | ||||||||
Anmeldenummer: | 88201447.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | H04Q 7/02 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | B | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Selektivrufempfänger mit Versorgungsspannungsverteiler | ||||||||
Name des Anmelders: | Philips Electronics N.V | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Geänderte Ansprüche - spät eingereicht Ermessensspielraum nicht ausgeübt - Zurückverweisung angebracht |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Mit der angefochtenen Entscheidung vom 21. Oktober 1994 wurde die europäische Patentanmeldung nach Artikel 97 (1) und (2) EPÜ zurückgewiesen, mit der Begründung, daß ein Antrag vom 20. April 1994 auf Änderung der Anmeldungsunterlagen nicht mehr berücksichtigt werden könne, weil zuvor ein Einverständnis mit der für die Erteilung vorgesehenen Fassung vorgelegen habe, an das der Anmelder gebunden sei. Da der Anmelder diesen Antrag nicht fallengelassen habe, läge keine Fassung vor, mit der das europäische Patent erteilt werden könne (Artikel 113 (2) EPÜ) und die europäische Patentanmeldung entspreche nicht den Erfordernissen des EPÜ.
II. Die Beschwerdeführerin beantragt, das Patent aufgrund der mit der Eingabe vom 20. April 1994 eingereichten Unterlagen, Patentansprüche 1 bis 17 sowie neue Beschreibungsseiten 1 bis 3b, zu erteilen, hilfsweise, die Erteilung eines Patents in der in der Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ mitgeteilten Fassung zu beschließen.
Die Beschwerdeführerin macht im wesentlichen geltend, daß die festgelegten Grundsätze der Entscheidung G 7/93 auf den vorliegenden Fall anwendbar seien, und daß damit die Voraussetzungen, die beantragten Änderungen auch nach der Aufforderung gemäß Regel 51 (6) EPC zuzulassen, erfüllt seien.
Entscheidungsgründe
1. In der Entscheidung G 7/93 vom 13. Mai 1994 wurde die Frage behandelt, ob ein Anmelder auch nach der Mitteilung gemäß Regel 51 (6) EPÜ geänderte Ansprüche einreichen und mit Erfolg beantragen kann, daß diese zugelassen werden sollten.
2. Die Entscheidung G 7/93 stellt fest, daß Änderungen nach einer Mitteilung gemäß Regel 51 (6) EPÜ nicht ausgeschlossen seien. Die Prüfungsabteilung hat nach einer solchen Mitteilung noch bis zum Erlaß eines Erteilungsbeschlusses ein Ermessen nach Regel 86 (3), Satz 2 EPÜ, eine Änderung der Anmeldung zuzulassen (Leitsatz 1). Die Große Beschwerdekammer hat aber auch hinzugefügt, daß, da der Erlaß der Mitteilung gemäß Regel 51 (6) EPÜ dem Zweck diene, das Erteilungsverfahren auf der Grundlage der zuvor gebilligten Fassung der Anmeldung abzuschließen, die Zulassung eines Änderungsantrags in diesem späten Stadium des Erteilungsverfahrens eher die Ausnahme sein werde (Leitsatz 2, in fine).
3. In Ihrer Begründung hat die Große Beschwerdekammer darauf näher hingewiesen, daß ein Änderungsantrag, der erst nach der Mitteilung gemäß Regel 51 (6) EPÜ eingereicht wird, anders beurteilt werden solle als ein ähnlicher Antrag, der in einem wesentlichen früheren Stadium des gesamten Prüfungsverfahrens und insbesondere vor der Einverständniserklärung eingereicht worden sei (Punkt 2.3 der Beschwerdebegründung). Ein klares Beispiel für einen Ausnahmenfall sei es, wenn der Anmelder die ersatzweise Aufnahme gesonderter Ansprüche für Staaten, die Vorbehalte nach Artikel 167 (2) EPÜ gemacht haben, beantrage (Punkt 2.5). In einem solchen Fall erübrige sich möglicherweise jede weitere sachliche Prüfung, so daß eine etwaige kurze Verzögerung, die sich durch die Vornahme der erforderlichen Änderungen ergebe, angesichts der Bedeutung, die die Erteilung eines in diesen benannten Staaten rechtsbeständigen Patents für den Anmelder habe, kaum ins Gewicht falle.
Auch andere, kleinere Änderungen, die keine Wiederaufnahme der Sachprüfung erfordern und den Erlaß eines Erteilungsbeschlusses nicht nennenswert verzögern, könnten noch zugelassen werden (indem 2.5).
4. In der angefochtenen Entscheidung wurde die Entscheidung G 7/93 offenbar nicht berücksichtigt. Da es um eine Verfahrensfrage geht, ist aber diese Entscheidung ab Erlaß anzuwenden. Die Anmeldung hätte somit nicht zurückgewiesen werden dürfen, ohne daß die Prüfungsabteilung ihr Ermessen gemäß Regel 86 (3) EPÜ zuerst ausgeübt hätte.
5. Im Hinblick auf das Recht einer zweiinstanzlichen Beurteilung, nicht nur des technischen Sachverhalts der neuen Ansprüche im Vergleich zu den dem Einverständnis gemäß Regel 51 (4) EPÜ zugrunde liegenden, sondern auch bei der Anwendung des Ermessensspielraums im Sinne der Überlegungen in G 7/93 wie oben zusammengefaßt, ist die Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung angebracht.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen, mit der Auflage, den Änderungsantrag der Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung der Entscheidung G 7/93 zu überprüfen.