T 0490/95 () of 20.1.1998

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1998:T049095.19980120
Datum der Entscheidung: 20 Januar 1998
Aktenzeichen: T 0490/95
Anmeldenummer: 89102833.4
IPC-Klasse: C08B 3/16
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Modifizierte Cellulose für biocompatible Dialysemembranen III und Verfahren zu deren Herstellung
Name des Anmelders: Akzo Nobel N. V.
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 82
Schlagwörter: Änderungen - (Haupt- und erster bis vierter Hilfsantrag) Erweiterung (bejaht)
Einheitlichkeit (fünfter Hilfsantrag) (verneint) - a posteriori festgestellte mangelnde Einheitlichkeit
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0153/85
T 0711/89
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 89 102 833.4, am 18. Februar 1989 unter Inanspruchnahme der Priorität aus der Voranmeldung (DE 3 805 966) vom 25. Februar 1988 eingereicht, wurde am 2. November 1989 unter Nr. 0 339 200 veröffentlicht.

II. Anspruch 1 wie ursprünglich eingereicht lautete wie folgt:

"Modifizierte Cellulose, dadurch gekennzeichnet, daß die modifizierte Cellulose eine durch die Formel

FORMEL

wiedergegebene Struktur aufweist, worin Cell das Gerüst des unmodifizierten Cellulosemoleküls oder des Chitinmoleküls jeweils ohne Hydroxylgruppen ist, s beim unmodifizierten Cellulosemolekül 3 und beim Chitinmolekül 2 beträgt und

worin R' : CH3 und/oder C2H5 und/oder C3H7,

X : CO-R und/oder CS-R und/oder CO-CR''2-CO-CHR''2 und/oder CO-OR und/oder CONH-R und/oder CONR''R und/oder CSNH-R und/oder CSNR''R und/oder SO2-R und/oder SO2NR''R und/oder SO-R und/oder SONR''R und/oder PO3H2 (Salz) und/ oder PO2R''R und/oder POR''2 und/oder PO(OR'')2 und/oder CR''2-CR''(OH)-R und/oder CR''2CR''(SH)-R und/oder CR''2-CR''2-NHR und/oder R-COOH (Salz) und/oder R-SO3H (Salz) und/oder R und/oder CH2-CH2-NR''2 und/oder CH2-CH2-SO2-R sind,

wobei R: Alkyl und/oder Alkenyl und/oder Alkinyl (gerad-kettig und/oder verzweigt und ggf. substituiert, wobei die Kohlenstoffkette auch durch Heteroatome wie O, S, N, P, Si sowie CO- oder COO-Gruppe unterbrochen sein kann) und/oder Cycloalkyl (ggf. mit Heteroatomen und/oder substituiert) und/oder Aryl und/oder Arylalkyl und/oder Arylalkenyl und/oder Arylalkinyl (ggf. mit Heteroatomen und/oder substituiert) und/oder Bisaryl (ggf. substituiert) und/oder Rest einer kondensierten aromatischen Verbindung (ggf. substituiert) und/oder Rest einer heterocyclischen Verbindung (ggf. substituiert) ist und

mit "substituiert" neben Resten im Sinne von R auch folgende Gruppen gemeint sind:

-NR''2 und/oder -N R''3 und/oder -COOH auch als Salz und/oder -COOR'' und/oder -CONR''2 und/oder -CO-R'' und/oder -CSOH auch als Salz und/oder -CSOR'' und/oder -CSNR''2 und/oder -SO3H auch als Salz und/oder -SO3R'' und/oder -SO2NR''2 und/oder -SR'' und/oder -SOR'' und/oder -SONR''2 und/oder -PO3H2 auch als Salz und/oder -PO(OR'')2 und/oder -PO2H(NR''2) und/oder -PO(NR''2)2 und/oder -PO2H2 und/oder -POH(OR'') und/oder -CN und/oder -NO2 und/oder -OR'' und/oder Halogen und/oder -Si(OR'')3,

wobei R'': H oder R ist,

und R''' : R bedeutet,

Und

x + t : 0,75 - 2,85

t : 0 - 2,85

x : 0 - 2,85

r : 0 - 1

beträgt."

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 betrafen bevorzugte Ausführungsformen des Gegenstands des Anspruchs 1 und Anspruch 6 war auf ein Verfahren zur Herstellung der modifizierten Cellulosen nach einem oder mehreren der vorherigen Ansprüche gerichtet.

III. Die Anmeldung wurde mit einer Entscheidung der Prüfungsabteilung des europäischen Patentamts vom 6. Februar 1995 zurückgewiesen. Dieser Entscheidung lag ein Satz mit vier Ansprüchen zugrunde, der am 13. Januar 1995 eingereicht worden war. Anspruch 1 dieses Satzes lautete wie folgt:

"Biokompatibele Hämodialysemembran aus modifizierter Cellulose, dadurch gekennzeichnet, daß sie aus einer modifizierten Cellulose einer durch die Formel

FORMEL

wiedergegebenen Struktur besteht, worin Cell das Gerüst des unmodifizierten Cellulosemoleküls oder des Chitinmoleküls jeweils ohne Hydroxylgruppen ist, s beim unmodifizierten Cellulosemolekül 3 und beim Chitinmolekül 2 beträgt und worin

R': CH3 und/oder C2H5 und/oder C3H7 bedeutet,

X : CO-R und/oder CONR''R und/oder SO2-R und/oder CSNR''R, worin

R''= H oder R ist und

R geradkettige oder verzweigte Alkyl- und/oder Alkenyl- und/oder Cycloalkyl- und/oder Aryl- und/oder Aralkylreste darstellen, die gegebenenfalls durch -COOR'' und/oder -OR'' und/oder -NR''2 und/oder -SO3R'' und/oder -SO2R'' und/oder -SR'' und/oder -PO(OR'')2 und/oder -Si(OR'')3 mit der Maßgabe substituiert sind, daß, wenn R'' = R, ein R'' in einem etwaigen weiteren Substituenten der definierten Art von R gleich H oder ein unsubstituiertes R ist, und wenn

R'' = H, die unsubstituierte Säuregruppe in -COOH, -SO3H und -PO3H2 auch in Salzform vorliegen kann,

R''' : R bedeutet und

x + t : 0,75 - 2,85

t : 0 - 2,85

x : 0 - 2,85 beträgt,

r der Ungleichung 0 < r 1 genügt und der Polymerisationsgrad der modifizierten Cellulose 400 ist."

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 4 waren auf besondere Ausgestaltungen der Membranen gemäß Anspruch 1 gerichtet.

IV. In der Entscheidung wurde bemängelt, der beanspruchte Gegenstand gehe über den Inhalt der ursprünglichen Offenbarung hinaus. Insbesondere wurden die Änderung der Substituentengruppe -SOR'' in -SO2R'' und die Hinzufügung des Passus "...daß, wenn R'' = R, jedes R'' in einem etwaigen weiteren Substituenten der definierten Art von R gleich H oder ein unsubstituiertes R ist, ..." beanstandet. Außerdem sei der beanspruchte Gegenstand nicht neu.

V. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Anmelderin) am 1. April 1995 unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde erhoben und hierzu am 6. Juni 1995 eine Beschwerdebegründung eingereicht.

Zusammen mit der Beschwerdebegründung wurden als Basis des Hauptantrags und eines Hilfsantrags jeweils ein neuer Anspruch 1 vorgelegt. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag unterschied sich vom zurückgewiesenen Anspruch 1 nur durch eine redaktionelle Umarbeitung der Definition für R, Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag unterschied sich dem Hauptantrag gegenüber durch eine Umformulierung des in der angefochtenen Entscheidung beanstandeten Passus.

VI. Nach einem Zwischenbescheid der Kammer, in dem zahlreiche Einwände unter Artikel 123 (2) EPÜ und Artikel 84 EPÜ erhoben wurden, hat die Beschwerdeführerin am 17. Dezember 1997 drei neue Anspruchssätze als Haupt- und zwei Hilfsanträge eingereicht. Am 22. Dezember 1997 wurde ein weiterer Anspruchssatz als neuer Hauptantrag eingereicht. Die drei bis dahin geltenden Anträge wurden als Hilfsanträge aufrechterhalten.

Außer einigen Änderungen, die den von der Vorinstanz sowie von der Kammer erhobenen Einwänden teilweise Rechnung trugen, unterschieden sich alle unabhängigen Ansprüche des Haupt- und der ersten zwei Hilfsanträge von der zurückgewiesenen Fassung dadurch, daß die Bedingung s-(r+x+t) 0 überall aufgenommen wurde. Der dritte Hilfsantrag bezog sich auf 27 Verbindungen mit konkret angegebenen Substituentengruppen.

VII. Zum Wortlaut der unabhängigen Ansprüche machte die Beschwerdeführerin geltend, die Änderungen stützen sich auf die ursprüngliche Offenbarung und auf das Prioritätsdokument. Sie lösen das Schleifeproblem der Definitionen für X, R und die Substituentengruppen, das von der Vorinstanz aufgeworfen worden war, sowie einige der von der Kammer erhobenen Klarheitsprobleme. Andere Klarheitseinwände seitens der Kammer seien nicht gerecht. Einen Grund für diese Meinung wurde jedoch nicht angegeben.

VIII. Während der mündlichen Verhandlung am 19. Januar 1998 betonte die Kammer erneut, daß die Einwände unter Artikel 123 (2) weiterhin bestünden, da die Definitionen von X, R und den Substituentengruppen eine Auswahl aus jeweils drei Auflistungen darstellten, die dann zu einer neuen Kombination zusammengefügt wurde. Auch in der folgenden Diskussion wies die Kammer mehrmals auf ihren Zwischenbescheid (Punkt 2.3) hin, wonach es der Anmelderin nicht frei stünde, eine beliebige Kombination aus den vielen, pauschal erwähnten Möglichkeiten der ursprünglichen Offenbarung auszuwählen, ohne daß die entsprechende Lehre eindeutig und unmittelbar aus der ursprünglichen Anmeldung hervorgehe. Auch der Bereich des Parameters s-(r+x+t) der beanspruchten Produkte sei der ursprünglichen Anmeldung nicht zu entnehmen, da er dort überhaupt nicht definiert wurde. Außerdem wies die Kammer auf ein mögliches Einheitlichkeitsproblem hinsichtlich des dritten Hilfsantrags hin.

Daraufhin führte die Beschwerdeführerin aus, solche Ansprüche seien als Teilanmeldung zu betrachten, für die Artikel 76 EPÜ gelte. Maßgeblich sei, ob der Anspruchsgegenstand über den ursprünglich eingereichten Gegenstand hinausgehe. Da alle jetzt beanspruchten Möglichkeiten im ursprünglichen Anspruch 1 anwesend waren, sei dies nicht der Fall, so daß die jetzige Kombination zulässig sei.

IX. Dennoch wurden, nachdem die Debatte mehrmals unterbrochen worden war und die Kammer schließlich auf die Entscheidung T 0153/85 (ABl. EPA 1988, 1) hinwies, sechs neue Anspruchssätze mit jeweils drei (Hauptantrag), fünf (erster bis vierter Hilfsantrag) und zwei (fünfter Hilfsantrag) Ansprüchen eingereicht. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:

"Biokompatibele Hämodialysemembran aus modifizierter Cellulose, dadurch gekennzeichnet, daß sie aus einer modifizierten Cellulose einer durch die Formel

FORMEL

wiedergegebenen Struktur besteht, worin Cell das Gerüst des unmodifizierten Cellulosemoleküls oder des Chitinmoleküls jeweils ohne Hydroxylgruppen ist, s beim unmodifizierten Cellulosemolekül 3 und beim Chitinmolekül 2 beträgt und worin

R': CH3 und/oder C2H5 und/oder C3H7 bedeutet,

X : CO-R und/oder CS-R und/oder CO-CR''2-CO-CHR''2 und/oder CO-OR und/oder CONH-R und/oder CONR''R und/oder CSNH-R und/oder CSNR''R und/oder SO2-R und/oder SO2NR''R und/oder SO-R und/oder SONR''R und/oder PO3H2 (Salz) und/ oder PO2R''R und/oder POR''2 und/oder PO(OR'')2 und/oder CR''2-CR''(OH)-R und/oder CR''2CR''(SH)-R und/oder CR''2-CR''2-NHR und/oder R-COOH (Salz) und/oder R-SO3H (Salz) und/oder R und/oder CH2-CH2-NR''2 und/oder CH2-CH2-SO2-R sind, worin

R'': H oder R ist und

R''': R bedeutet und

R Alkyl und/oder Alkenyl und/oder und/oder Alkinyl (gerad-kettig und/oder verzweigt, wobei die Kohlenstoffkette auch durch Heteroatome wie O, S, N, P, Si sowie CO- oder COO-Gruppe unterbrochen sein kann) und/oder Cycloalkyl (ggf. mit Heteroatomen) und/oder Aryl- und/oder Aralkyl und/oder Arylalkenyl und/oder Arylalkinyl (ggf. mit Heteroatomen) und/oder Bisaryl und/oder Rest einer kondensierten aromatischen Verbindung und/oder Rest einer heterocyclischen Verbindung darstellen und X und R''' gegebenenfalls durch -NR''2 und/oder -N R''3 und/oder -COOH auch als Salz und/oder -COOR'' und/oder -CONR''2 und/ oder -CO-R'' und/oder -CSOH auch als Salz und/oder -CSOR'' und/oder -CSNR''2 und/oder -SO3H auch als Salz und/oder -SO3R'' und/oder -SO2NR''2 und/oder -SR'' und/oder -SOR'' und/oder -SONR''2 und/oder -PO3H2 auch als Salz und/oder -PO(OR'')2 und/oder -PO2H(NR''2) und/oder -PO(NR''2)2 und/oder -PO2H2 und/oder -POH(OR'') und/oder -CN und/oder -NO2 und/oder -OR'' und/oder Halogen und/oder -Si(OR'')3 substituiert sein kann; und wenn R''=H, die unsubstituierte Säuregruppe in -COOH, -SO3H und -PO3H2 auch in Salzform vorliegen kann, und

x + t : 0,75 - 2,85 und

t: 0 - 2,85 und

0. - 2,85 und

r: 0 - 1 und

s-(r+x+t) mindestens 0 beträgt, und der Polymerisations-grad der modifizierten Cellulose 150 - 350 beträgt."

(Die Änderungen gegenüber dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 wurden von der Kammer hervorgehoben.)

Der abhängige Anspruch 2 ist auf eine besondere Ausgestaltung der Membranen gemäß Anspruch 1 gerichtet und Anspruch 3 betrifft die Verwendung von modifizierter Cellulose in biokompatiblen Hämodialysemembranen.

Hinsichtlich der Hilfsanträge ist zu bemerken, daß die Bedingung s-(r+x+t) 0 ein gemeinsames Merkmal der modifizierten Cellulose in allen unabhängigen Ansprüchen der ersten vier Hilfsanträge ist.

Nach der von der Kammer veranlaßten Korrektur offensichtlicher Fehler lautet Anspruch 1 des fünften Hilfsantrags wie folgt:

"Biokompatibele Hämodialysemembran aus modifizierter Cellulose, dadurch gekennzeichnet, daß sie aus einer modifizierten Cellulose einer durch die Formel

FORMEL

wiedergegebenen Struktur besteht, worin Cell eine Einheit des unmodifizierten Cellulosemoleküls oder des Chitinmoleküls jeweils ohne Hydroxylgruppen ist, s beim unmodifizierten Cellulosemolekül 3 und beim Chitinmolekül 2 beträgt und worin die Struktur ausgewählt ist aus Verbindungen 1 bis 27:

Anspruch 2 betrifft die Verwendung der modifizierten Cellulose in biokompatibelen Hämodialysemembranen.

X. Laut Beschwerdeführerin enthalten die während der mündlichen Verhandlung als Hauptantrag eingereichten Ansprüche keine Beschränkung der Definitionen für X, R und Substituenten mehr, so daß diesbezüglich keine Einwände unter Artikel 123 (2) EPÜ bestehen können.

Die Bedingung s-(r+x+t) 0 lasse sich aus der chemischen Tatsache ableiten, es könne nicht mehr Substituenten geben als zu substituierende H-Atome. In vielen der ursprünglich eingereichten Beispiele sei der Substitutionsgrad annähernd 0, so daß es dem Fachmann klar sei, daß auch eine vollständige Substitution aller OH-Gruppen von der Erfindung mitumfaßt sei.

Die mögliche Substitution von X statt R, wie ursprünglich angemeldet, komme im Hinblick auf die ursprüngliche Definitionen von X und R auf das Gleiche hin und diene nur dazu, das Problem der Definitionsschleife, die in den ursprünglichen Definitionen beanstandet wurde, zu lösen.

Die Einheitlichkeit des fünften Hilfsantrags sei durch die spezielle Substitution der Cellulose- und Chitinmoleküle, insbesondere durch die einfache Alkylgruppe R' und die Anwesenheit einer ggf. substituierte Alkylreste enthaltenden Ethergruppe, gegeben. Vor allem ergebe sich die Einheitlichkeit aus der gleichzeitigen Präsenz von Ester- und Ethergruppen als gemeinsamem Merkmal dieser Verbindungen.

XI. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent aufgrund der Ansprüche 1 bis 3 wie am 19. Januar 1998 während der mündlichen Verhandlung als Hauptantrag eingereicht, hilfsweise aufgrund eines der Hilfsanträge wie ebenfalls am 19. Januar 1997 eingereicht, zu erteilen.

XII. Am 20. Januar 1998 wurde die Entscheidung der Kammer verkündet, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Artikel 123 (2) EPÜ

2. Die geltenden Anträge unterscheiden sich, mit Ausnahme des fünften Hilfsantrags, alle von den ursprünglich eingereichten Ansprüchen durch die Bedingung, daß s-(r+x+t) mindestens 0 sein sollte. Diese Bedingung ist, wie auch von der Beschwerdeführerin zugegeben wurde, als solche nicht in den ursprünglichen Unterlagen erwähnt. Somit ist die zu beantwortende Frage, ob sie unmittelbar und eindeutig aus der ursprünglich eingereichten Anmeldung ableitbar ist.

2.1. Die Anmeldung betrifft Hämodialysemembranen aus modifizierter Cellulose oder Chitin. Die Beschreibung enthält als einzige Angabe bezüglich des Substitutionsgrads der modifizierten Cellulose/Chitin die bevorzugten Bereiche x+t von 1,10 bis 2,35 und r von 0,05 bis 0,60 (Ansprüche 4 und 5 wie eingereicht). Aufgrund dieser Werte ergibt sich für s-(r+x+t) ein Schwankungsbereich von 0,05 bis 1,85 für Cellulose (s=3). Die Beispiele beruhen alle auf Polysaccharidderivaten, die nur teilweise substituiert sind. Der höchste Wert für Cellulose ist im Beispiel 2 zu finden, mit r = 0,33, x = 0 und t = 2,26, so daß s-(r+x+t) = 0,41 und für Chitin im Beispiel 26, mit r = 0, x = 0,20 und t = 0,95, so daß s-(r+x+t) = 0,85 (Die Werte vom Beispiel 27 sind nicht schlüssig).

2.2. Vom Substitutionsgrad ist auch die Rede auf Seite 3, im letzten (0,02 bis 0,07) und vorletzten (mindestens 0,1) Absatz, der ursprünglichen Anmeldung. Diese Absätze beziehen sich jedoch auf bekannte Dialysemembranen aus modifizierter Cellulose aus dem Stand der Technik. Das Gleiche gilt für Seite 4, im vorletzten Absatz, wo die Formel einer modifizierten Cellulose gemäß der deutschen Patentanmeldung P 3 723 897.3 (die mit der EP-A-0 300 250 übereinstimmt) angegeben wird, in der alle -OH-Gruppen substituiert zu sein scheinen. Bei näherer Betrachtung der EP-A-0 300 250 stellt sich jedoch heraus, daß in allen Beispielen die -OH-Gruppen, obwohl Rest-OH-Gruppen nicht erwähnt werden, mit einem Substitutionsgrad von 0,04 (s-(r+x+t) = 2,96) (Beispiel 32) bis 2,83 (s-(r+x+t) = 0,17) (Beispiel 73) nur partiell substituiert sind.

Es gibt somit in der Beschreibung der vorliegenden Anmeldung weder im Hinblick auf die Darstellung der Erfindung bzw. deren praktischen Ausführungen (Beispiele), noch im Hinblick auf den angegebenen Stand der Technik irgendeinen Hinweis auf die Möglichkeit einer vollständigen Substitution (s-(r+x+t) = 0).

2.3. Daraus folgt, daß eine vollständige Substitution der in den OH-Gruppen vorhandenen H-Atome nicht zum Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung gehörte. Im Gegenteil, alles weist darauf hin, daß nur eine partielle Substitution gemeint war. Auch wenn man das Prioritätsdokument der vorliegenden Anmeldung, auf das sich Artikel 123 (2) EPÜ ja nicht bezieht, in Betracht nehmen würde, käme man nicht zu einem anderen Schluß: die Summierung der erwähnten Bereiche für r (0,01 - 0,45) und x+t (1,00 - 2,50) bleibt deutlich unter dem möglichen Maximalwert von 3, so daß, zumindest was Cellulose anbelangt, die Substitution nur partiell sein kann.

2.4. Da die Möglichkeit einer vollständigen Substitution somit nicht unmittelbar und eindeutig aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen hervorgeht, kann das Argument der Beschwerdeführerin, daß sich die in den Beispielen konkretisierten Werte 0 "annäherten" und somit die Bildung eines Bereichs bis einschließlich 0 rechtfertigten, nicht akzeptiert werden. Was den ursprünglich eingereichten Unterlagen entnommen werden kann, ist höchstens ein impliziter Bereich für s-(r+x+t), der sich aufgrund der in den Beispielen errechneten Werte bilden läßt. Wie oben gezeigt, gibt es jedoch für die Werte zwischen dem unteren Eckwert dieses Bereichs und 0 keine Stütze in der ursprünglichen Offenbarung, so daß die unabhängigen Ansprüche des Hauptantrags und der ersten vier Hilfsanträge alle gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstoßen und diese Anträge aufgrund ihrer verspäteten Einreichung und nicht eindeutiger Gewährbarkeit zurückzuweisen sind (siehe T 0153/85, supra).

3. Hinsichtlich des fünften Hilfsantrags ist die Einheitlichkeit fraglich, da die von der Beschwerdeführerin genannten Merkmale (siehe Punkt X oben), die die Einheitlichkeit tragen sollten, zum Stand der Technik gehören (vgl. z. B. EP-A-0 300 250, insbesondere Beispiel 3, mit Streitanmeldung, Verbindung 2) und ein gemeinsames erfinderisches technisches Konzept nicht darstellen können (Entscheidung T 0711/89 vom 4. März 1992, Gründe, Punkt 3). Die 27 unterschiedlichen Verbindungen sind also offensichtlich nicht durch eine einzige allgemeine erfinderische Idee verbunden, so daß Anspruch 1 des fünften Hilfsantrags gegen Artikel 82 EPÜ verstößt. Demzufolge ist auch dieser Antrag aufgrund seiner verspäteten Einreichung und nicht eindeutiger Gewährbarkeit zurückzuweisen (siehe T 0153/85, supra).

4. Infolgedessen ist es nicht notwendig, auf die weiteren unzulässigen Änderungen des Hauptantrags und der ersten vier Hilfsanträge, wie z. B. die Kombination der eingeschränkten Definitionen für X, R und die Substituentengruppen, die die Kammer in ihrem Zwischenbescheid bemängelt und während der mündlichen Verhandlung weiter beanstandet hat, einzugehen.

Das Argument der Beschwerdeführerin, diese Kombination sei als Teilanmeldung zu betrachten und nach Artikel 76 EPÜ zu beurteilen, ist nicht stichhaltig, da es sich hier nicht um eine Teilanmeldung, sondern schlicht um eine geänderte Anmeldung handelt.

Ebenso ist eine Diskussion der weiteren Einwände z. B. bezüglich der Unklarheiten, die zum Teil durch die Änderungen entstanden sind, oder der fehlerhaften Definition der Verbindungen 1 bis 6, 22 und 23 (R''' = C2H4-N(C2H4)2 statt C2H4-N(C2H5)2) im fünften Hilfsantrag, sowie der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit, nicht erforderlich.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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