European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1998:T048395.19980120 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 20 Januar 1998 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0483/95 | ||||||||
Anmeldenummer: | 89102853.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | C08B 3/16 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Modifizierte Cellulose für biocompatible Dialysemembranen II und Verfahren zu deren Herstellung | ||||||||
Name des Anmelders: | Akzo Nobel N. V. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.3.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Änderungen - Erweiterung (bejaht) Anträge wegen verspäteter Einreichung und nicht eindeutiger Gewährbarkeit zurückgewiesen Amendments - extension (yes) Late submission - requests not granted - not obviously allowable |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 89 102 853.2, am 18. Februar 1989 unter Inanspruchnahme der Priorität aus der Voranmeldung (DE 3 805 992) vom 25. Februar 1988 eingereicht, wurde am 30. August 1989 unter Nr. 0 330 106 veröffentlicht.
II. Anspruch 1 wie ursprünglich eingereicht lautete wie folgt:
"Modifizierte Cellulose, dadurch gekennzeichnet, daß die modifizierte Cellulose eine durch die Formel
........[O-CO-R']m
Cell...[O-X]x
........[OH]s-(m+x)
wiedergegebene Struktur aufweist, worin Cell das Gerüst des unmodifizierten Cellulosemoleküls oder des Chitinmoleküls jeweils ohne Hydroxylgruppen ist, s beim unmodifizierten Cellulosemolekül 3 und beim Chitinmolekül 2 beträgt und
worin R' : CH3 und/oder C2H5 und/oder C3H7,
X : CO-R und/oder CS-R und/oder CO-CR''2-CO-CHR''2 und/oder CO-OR und/oder CONH-R und/oder CONR''R und/oder CSNH-R und/oder CSNR''R und/oder SO2-R und/oder SO2NR''R und/oder SO-R und/oder SONR''R und/oder PO3H2 (Salz) und/oder PO2R''R und/oder POR''2 und/oder PO(OR'')2 und/oder CR''2-CR''(OH)-R und/oder CR''2CR''(SH)-R und/oder CR''2-CR''2-NHR und/oder R-COOH (Salz) und/oder R-SO3H (Salz) und/oder R und/oder CH2-CH2-NR''2 und/oder CH2-CH2-SO2-R sind,
wobei R: Alkyl und/oder Alkenyl und/oder Alkinyl (gerad-kettig und/oder verzweigt und ggf. substituiert, wobei die Kohlenstoffkette auch durch Heteroatome wie O, S, N, P, Si sowie CO- oder COO-Gruppe unterbrochen sein kann) und/oder Cycloalkyl (ggf. mit Heteroatomen und/oder substituiert) und/oder Aryl und/oder Arylalkyl und/oder Arylalkenyl und/oder Arylalkinyl (ggf. mit Heteroatomen und/oder substituiert) und/oder Bisaryl (ggf. substituiert) und/oder Rest einer kondensierten aromatischen Verbindung (ggf. substituiert) und/oder Rest einer heterocyclischen Verbindung (ggf. substituiert) ist und mit "substituiert" neben Resten im Sinne von R auch folgende Gruppen gemeint sind:
-NR''2 und/oder -N R''3 und/oder -COOH auch als Salz und/oder -COOR'' und/oder -CONR''2 und/oder -CO-R'' und/oder -CSOH auch als Salz und/oder -CSOR'' und/oder -CSNR''2 und/oder -SO3H auch als Salz und/oder -SO3R'' und/oder -SO2NR''2 und/oder -SR'' und/oder -SOR'' und/oder -SONR''2 und/oder -PO3H2 auch als Salz und/oder -PO(OR'')2 und/oder -PO2H(NR''2) und/oder -PO(NR''2)2 und/oder -PO2H2 und/oder -POH(OR'') und/oder -CN und/oder -NO2 und/oder -OR'' und/oder Halogen und/oder -Si(OR'')3,
wobei R'': H oder R ist,
und m : 0,75 - 2,85
x : 0,005 - 2,10
beträgt."
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 6 betrafen bevorzugte Ausführungsformen des Gegenstands des Anspruchs 1, Anspruch 7 bezog sich auf ein Verfahren zur Herstellung der modifizierten Cellulosen nach einem oder mehreren der vorherigen Ansprüche.
III. Die Anmeldung wurde mit einer Entscheidung der Prüfungsabteilung des europäischen Patentamts vom 6. Februar 1995 zurückgewiesen. Dieser Entscheidung lag ein Satz mit 5 Ansprüchen zugrunde, der am 13. Januar 1995 eingereicht worden war. Anspruch 1 dieses Satzes lautete wie folgt:
"Biocompatibele Hämodialysemembran aus modifizierter Cellulose, dadurch gekennzeichnet, daß sie aus einer modifizierten Cellulose einer durch die Formel
.........[O-CO-R']m
Cell....[O-X]x
.........[OH]s-(m+x)
wiedergegebenen Struktur besteht, worin Cell eine Einheit des unmodifizierten Cellulosemoleküls oder des Chitinmoleküls jeweils ohne Hydroxylgruppen ist, s beim unmodifizierten Cellulosemolekül 3 und beim Chitinmolekül 2 beträgt und worin
R' : CH3 und/oder C2H5 und/oder C3H7 bedeutet,
X : CO-R und/oder CS-R und/oder CO-OR und/oder CONR''R und/oder CSNR''R und/oder SO2-R und/oder SO2NR''R und/oder R, worin
R''= H oder R ist und
R einen geradkettigen oder verzweigten Alkylrest, und zwar unter Ausschluß von CH3, C2H5 und C3H7 im Falle von X = CO-R und R' = -CH3 und/oder -C2H5 und/oder -C3H7, und/oder einen geradkettigen oder verzweigten Alkenyl- und/oder Cycloalkyl- und/oder Aryl- und/oder Aralkylrest darstellt, die gegebenenfalls durch -COOR'' und/oder -OR'' und/oder -NR''2 und/oder -CONR''2 und/oder -CSNR''2 und/ oder -CO-R'' und/oder -SO3R'' und/oder -SR'' und/oder -SO2R'' und/oder -SO2NR''2 und/oder -PO(OR'')2 und/oder Halogen und/oder -Si(OR'')3 mit der Maßgabe substituiert sind, daß, wenn R'' = R, jedes R'' in einem oder mehreren etwaigen weiteren Substituenten der definierten Art von R gleich H oder ein unsubstituiertes R ist, und wenn R'' = H, die unsubstituierte Säuregruppe in -COOH, -SO3H und -PO3H2 auch in Salzform vorliegen kann,
m : 0,75 - 2,85
x : 0,005 - 2,10
beträgt und der Polymerisationsgrad der modifizierten Cellulose 400 ist."
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 waren auf besondere Ausgestaltungen der Membranen gemäß Anspruch 1 gerichtet.
IV. In der Entscheidung wurde bemängelt, der beanspruchte Gegenstand gehe über den Inhalt der ursprünglichen Offenbarung hinaus. Insbesondere wurden die Änderung der Substituentengruppe -SOR'' in -SO2R'' und die Hinzufügung des Passus "...daß, wenn R'' = R, jedes R'' in einem oder mehreren etwaigen weiteren Substituenten der definierten Art von R gleich H oder ein unsubstituiertes R ist, ..." beanstandet. Außerdem sei der beanspruchte Gegenstand nicht neu.
V. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Anmelderin) am 1. April 1995 unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde erhoben und hierzu am 2. Juni 1995 eine Beschwerdebegründung eingereicht.
Zusammen mit der Beschwerdebegründung wurde der zurückgewiesene Anspruchssatz als Hauptantrag aufrechterhalten. Außerdem wurde als Basis eines Hilfsantrags ein neuer Anspruch 1 vorgelegt, der sich gegenüber dem Hauptantrag durch eine Umformulierung des in der angefochtenen Entscheidung beanstandeten Passus unterschied.
VI. Nach einem Zwischenbescheid der Kammer, in dem zahlreiche Einwände unter Artikel 123 (2) EPÜ und Artikel 84 EPÜ erhoben wurden, hat die Beschwerdeführerin am 17. Dezember 1997 drei neue Anspruchssätze mit jeweils zwei Fassungen für verschiedene Vertragsstaaten eingereicht.
Außer einigen Änderungen, die den von der Vorinstanz sowie von der Kammer erhobenen Einwänden teilweise Rechnung trugen, unterschieden sich alle unabhängigen Ansprüche von der zurückgewiesenen Fassung dadurch, daß die Bedingung s-(m+x) 0 überall aufgenommen wurde.
Zum Wortlaut der unabhängigen Ansprüche machte die Beschwerdeführerin geltend, (i) die Änderungen stützen sich auf die ursprüngliche Offenbarung und das Prioritätsdokument, (ii) sie lösen das Schleifeproblem der Definitionen für X, R und die Substituentengruppen, das von der Vorinstanz aufgeworfen worden war, sowie einige der von der Kammer erhobenen Klarheitsprobleme und (iii) die Disclaimer entsprechen dem Inhalt von zwei Entgegenhaltungen und dienen lediglich dazu, die Neuheit herzustellen. Andere Klarheitseinwände seitens der Kammer seien nicht gerecht. Einen Grund für diese Meinung wurde jedoch nicht angegeben.
VII. Während der mündlichen Verhandlung am 19. Januar 1998 betonte die Kammer erneut, daß die Einwände unter Artikel 123 (2) weiterhin bestünden, da die Definitionen von X, R und den Substituentengruppen eine Auswahl aus jeweils drei Auflistungen darstellten, die dann zu einer neuen Kombination zusammengefügt wurde. Auch in der folgenden Diskussion wies die Kammer mehrmals auf ihren Zwischenbescheid (Punkt 2.3) hin, wonach es der Anmelderin nicht frei stünde, eine beliebige Kombination aus den vielen, pauschal erwähnten Möglichkeiten der ursprünglichen Offenbarung auszuwählen, ohne daß die entsprechende Lehre eindeutig und unmittelbar aus der ursprünglichen Anmeldung hervorgehe. Auch der Bereich des Parameters s-(m+x) der beanspruchten Produkte sei der ursprünglichen Anmeldung nicht zu entnehmen, da er dort überhaupt nicht definiert wurde.
Daraufhin führte die Beschwerdeführerin aus, solche Ansprüche seien als Teilanmeldung zu betrachten, für die Artikel 76 EPÜ gelte. Maßgeblich sei, ob der Anspruchsgegenstand über den ursprünglich eingereichten Gegenstand hinausgehe. Da alle jetzt beanspruchten Möglichkeiten im ursprünglichen Anspruch 1 anwesend waren, wäre dies nicht der Fall, so daß die jetzige Kombination zulässig wäre.
VIII. Dennoch wurde, nachdem die Debatte mehrmals unterbrochen worden war und die Kammer schließlich auf die Entscheidung T 0153/85 (ABl. EPA 1988, 1) hinwies, ein weiterer Anspruchssatz mit sieben Ansprüchen als neuer Hauptantrag eingereicht, dessen erster Anspruch wie folgt lautet:
"Biokompatibele Hämodialysemembran aus modifizierter Cellulose, dadurch gekennzeichnet, daß sie aus einer modifizierten Cellulose einer durch die Formel
.........[O-CO-R']m
Cell....[O-X]x
.........[OH]s-(m+x)
wiedergegebenen Struktur besteht, worin Cell eine Einheit des unmodifizierten Cellulosemoleküls oder des Chitinmoleküls jeweils ohne Hydroxylgruppen ist, s beim unmodifizierten Cellulosemolekül 3 und beim Chitinmolekül 2 beträgt und worin
R' : CH3 und/oder C2H5 und/oder C3H7 bedeutet,
X : CO-R und/oder CS-R und/oder CO-CR''2-CO-CHR''2 und/oder CSNR''R und/oder CO-OR und/oder CONR''R und/oder CSNR''R und/oder SO2-R und/oder SO2NR''R und/oder SONR''R und/oder PO3H2 (Salz) und/ oder PO2R''R und/oder POR''2 und/oder PO(OR'')2 und/oder CR''2-CR''(OH)-R und/oder CR''2CR''(SH)-R und/oder CR''2-CR''2-NHR und/oder R-COOH (Salz) und/oder R-SO3H (Salz) und/oder CH2-CH2-NR''2 und/oder CH2-CH2-SO2-R und/oder R, worin
R'': H oder R ist und
R einen geradkettigen oder verzweigten Alkylrest, und zwar unter Ausschluß von CH3, C2H5 und C3H7 im Falle von X = CO-R, und/oder einen geradkettigen oder verzweigten Alkenyl- und/oder Alkinyl (ggf. substituiert, wobei die Kohlenstoffkette auch durch Heteroatome wie O, S, N, P, Si sowie CO- oder COO-Gruppe unterbrochen sein kann) und/oder Cycloalkyl-(ggf. mit Heteroatomen und/oder substituiert) und/oder Aryl- und/oder Aralkylrest und/oder Arylalkenyl und/oder Arylalkinyl (ggf. mit Heteroatomen und/oder substituiert) und/oder Bisaryl (ggf. substituiert) und/oder Rest einer kondensierten aromatischen Verbindung (ggf. substituiert) und/oder Rest einer heterocyclischen Verbindung (ggf. substituiert) darstellt, und X gegebenenfalls durch -COOR'' und/oder -OR'' und/oder -NR''2 und/oder -CONR''2 und/oder -CSNR''2 und/ oder -CO-R'' und/oder -SO3R'' und/oder -SR'' und/oder -SOR'' und/oder -SO2NR''2 und/oder -PO(OR'')2 und/oder Halogen und/oder -Si(OR'')3 und/oder -N R''3 und/oder -COOH auch als Salz und/oder -CSOH auch als Salz und/oder -CSOR'' und/oder -SO3H auch als Salz und/oder -SOR'' und/oder -SONR''2 und/oder -PO3H2 auch als Salz und/oder -PO2H(NR''2) und/oder -PO(NR''2)2 und/oder -PO2H2 und/oder -POH(OR'') und/oder -CN und/oder -NO2 und/oder -OR'' und/oder Halogen und/oder -Si(OR'')3 substituiert sein kann, und bei R'' = H die unsubstituierte Säuregruppe in -COOH, SO3H und PO3H2 auch in Salzform vorliegen kann; und
m : 0,75 - 2,85
x : 0,005 - 2,10 und
s-(m+x) mindestens 0 beträgt
und der Polymerisationsgrad der modifizierten Cellulose 400 ist."
(Die Änderungen gegenüber dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 wurden von der Kammer hervorgehoben.)
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 sind auf besondere Ausgestaltungen der Membranen gemäß Anspruch 1 gerichtet und die Ansprüche 6 und 7 (von denen Anspruch 7 in zwei unterschiedlichen Fassungen vorliegt) betreffen die Verwendung von modifizierter Cellulose in biokompatiblen Hämodialysemembranen.
Die anderen Anspruchssätze wurden, entsprechend umnumeriert, als Hilfsanträge aufrechterhalten. Dabei ist zu bemerken, daß die Bedingung s-(m+x) 0 ein gemeinsames Merkmal der modifizierten Cellulose in den unabhängigen Ansprüchen aller Hilfsanträge ist.
IX. Laut Beschwerdeführerin enthalten die während der mündlichen Verhandlung als Hauptantrag eingereichten Ansprüche keine Beschränkung der Definitionen für X, R und Substituenten mehr, so daß diesbezüglich keine Einwände unter Artikel 123 (2) EPÜ bestehen können.
Die Angabe des Polymerisationsgrads sei ein Disclaimer im Hinblick auf EP-A-0 300 250, worin modifizierte Cellulose mit einem Polymerisationsgrad von mehr als 400 angegeben sei. Der Ausschluß der Substituentengruppen CH3, C2H5 und C3H7 im Falle von X = CO-R sei ein Disclaimer in Bezug auf JP-A-57-13321, in dem Cellulosediacetat, Cellulosepropionat und Cellulosebutyrat erwähnt seien (Seite 7, Absatz 3 der Englichen Übersetzung).
Die Bedingung s-(m+x) 0 lasse sich aus der chemischen Tatsache ableiten, es könne nicht mehr Substituenten geben als zu substituierende H-Atome. In vielen der ursprünglich eingereichten Beispielen sei der Substitutionsgrad annähernd 0, so daß es dem Fachmann klar sei, daß auch eine vollständige Substitution aller OH-Gruppen von der Erfindung mitumfaßt sei.
Die mögliche Substitution von X statt R, wie ursprünglich angemeldet, komme im Hinblick auf die ursprüngliche Definitionen von X und R auf das Gleiche hin und diene nur dazu, das Problem der Definitionsschleife, die in den ursprünglichen Definitionen beanstandet wurde, zu lösen.
X. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent aufgrund der Ansprüche 1 bis 7 wie am 19 Januar 1998 während der mündlichen Verhandlung als Hauptantrag eingereicht, hilfsweise aufgrund eines der Hilfsanträge wie am 17. Dezember 1997 eingereicht, zu erteilen.
XI. Am 20. Januar 1998 wurde die Entscheidung der Kammer verkündet, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Artikel 123(2) EPÜ
2. Die geltenden Ansprüche unterscheiden sich alle von den ursprünglich eingereichten Ansprüchen durch die Bedingung, daß s-(m+x) mindestens 0 sein sollte. Diese Bedingung ist, wie auch von der Beschwerdeführerin zugegeben wurde, als solche nicht in den ursprünglichen Unterlagen erwähnt. Somit ist die zu beantwortende Frage, ob sie unmittelbar und eindeutig aus der ursprünglich eingereichten Anmeldung ableitbar ist.
2.1. Die Anmeldung betrifft Hämodialysemembranen aus modifizierter Cellulose oder Chitin. Die Beschreibung enthält als einzige Angabe bezüglich des Substitutionsgrads der modifizierten Cellulose/Chitin eine Auflistung konkreter, auf Celluloseacetat, Cellulosepropionat oder Cellulosebutyrat basierenden Verbindungen mit einem Substitutionsgrad von 0,75 bis 2,85 (Seite 10, letzter Absatz und Anspruch 7 wie eingereicht, Seite 5, Zeilen 8 bis 19 und Anspruch 7 wie veröffentlicht). Aufgrund dieser Werte ergibt sich für s-(m+x) ein Schwankungsbereich von 0,15 bis 2,25 für Cellulose (s=3). Die Beispiele beruhen alle auf Cellulosederivaten, die nur teilweise substituiert sind. Der höchste Wert ist im Beispiel 5 zu finden, mit x = 2,35 und m = 0,4, so daß s-(m+x) = 0,25.
2.2. Vom Substitutionsgrad ist auch die Rede auf Seite 3, im letzten (0,02 bis 0,07) und vorletzten (mindestens 0,1) Absatz, der ursprünglichen Anmeldung. Diese Absätze beziehen sich jedoch auf bekannte Dialysemembranen aus modifizierter Cellulose aus dem Stand der Technik. Das Gleiche gilt für Seite 4, im vorletzten Absatz, wo die Formel einer modifizierten Cellulose gemäß der deutschen Patentanmeldung P 37 23 897.3 (die mit der EP-A-0 300 250 übereinstimmt) angegeben wird, in der alle -OH-Gruppen substituiert zu sein scheinen. Bei näherer Betrachtung der EP-A-0 300 250 stellt sich jedoch heraus, daß in allen Beispielen die -OH-Gruppen, obwohl Rest-OH-Gruppen nicht erwähnt werden, mit einem Substitionsgrad von 0,04 (s-(m+x) = 2,96) (Beispiel 32) bis 2,83 (s-(m+x) = 0,17) (Beispiel 73), nur partiell substituiert sind.
Es gibt somit in der Beschreibung der vorliegenden Anmeldung weder im Hinblick auf die Darstellung der Erfindung bzw. deren praktischen Ausführungen (Beispiele), noch im Hinblick auf den angegebenen Stand der Technik irgendeinen Hinweis auf die Möglichkeit einer vollständigen Substitution (s-(m+x) = 0).
2.3. Daraus folgt, daß eine vollständige Substitution der in den -OH-Gruppen vorhandenen H-Atome nicht zum Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung gehörte. Im Gegenteil, alles weist darauf hin, daß nur eine partielle Substitution gemeint war. Auch wenn man das Prioritätsdokument der vorliegenden Anmeldung, auf das sich Artikel 123 (2) EPÜ ja nicht bezieht, in Betracht nehmen würde, käme man nicht zu einem anderen Schluß: die Summierung der erwähnten Bereiche für m (1,00 - 2,50) und x (0,01 - 0,45) bleibt deutlich unter dem möglichen Maximalwert von 3, so daß, zumindest was Cellulose anbelangt, die Substitution nur partiell sein kann.
2.4. Da die Möglichkeit einer vollständigen Substitution somit nicht unmittelbar und eindeutig aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen hervorgeht, kann das Argument der Beschwerdeführerin, daß sich die in den Beispielen konkretisierten Werte 0 "annäherten" und somit die Bildung eines Bereichs bis einschließlich 0 rechtfertigten, nicht akzeptiert werden. Was den ursprünglich eingereichten Unterlagen entnommen werden kann, ist höchstens ein impliziter Bereich für s-(m+x), der sich aufgrund der in den Beispielen errechneten Werte bilden läßt. Wie oben gezeigt, gibt es jedoch für die Werte zwischen dem unteren Eckwert dieses Bereichs und 0 keine Stütze in der ursprünglichen Offenbarung, so daß die unabhängigen Ansprüche alle gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstoßen und alle Anträge aufgrund ihrer verspäteten Einreichung und nicht eindeutiger Gewährbarkeit zurückzuweisen sind (siehe T 0153/85, supra).
3. Infolgedessen ist es nicht notwendig, auf die weiteren unzulässigen Änderungen, wie z. B. die Kombination der eingeschränkten Definitionen für X, R und die Substituentengruppe, die die Kammer in ihrem Zwischenbescheid bemängelt und während der mündlichen Verhandlung weiter beanstandet hat, einzugehen.
Das Argument der Beschwerdeführerin, diese Kombination sei als Teilanmeldung zu betrachten und nach Artikel 76 EPÜ zu beurteilen, ist nicht stichhaltig, da es sich hier nicht um eine Teilanmeldung, sondern schlicht um eine geänderte Anmeldung handelt.
Ebenso ist eine Diskussion der weiteren Einwände z. B. bezüglich der Unklarheiten, die zum Teil durch die Änderungen entstanden sind, sowie der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit, nicht erforderlich.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.