T 0731/94 () of 15.2.1996

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1996:T073194.19960215
Datum der Entscheidung: 15 Februar 1996
Aktenzeichen: T 0731/94
Anmeldenummer: 90102721.9
IPC-Klasse: B60H 3/06
B03C 3/28
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Filter, insbesondere für ein Fahrzeug
Name des Anmelders: HELSA-WERKE Helmut Sandler GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: Minnesota Mining & Manufacturing Company, 3M Center
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Kombinationseffekt (ja)
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0002/81
T 0037/85
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdegegnerin ist Inhaberin des europäischen Patents Nr. 0 383 236 (Anmeldenummer 90 102 721.9).

Patentanspruch 1 lautet:

"1. Filter, insbes. für die Reinigung der einer Fahrgastzelle eines Fahrzeuges zugeführten Luft, mit einer zick-zack-förmig gefalteten Partikel- (12) und Adsorberfilterlage (14), wobei die Partikelfilterlage (12) und die Adsorberfilterlage (14) in Strömungsrichtung der Luft (26) hintereinander angeordnet sind und die Partikelfilterlage (12) flächig unmittelbar neben der Adsorberfilterlage (14) angeordnet und mit der Adsorberfilterlage (14) gemeinsam derart zick-zack-förmig zusammengefaltet ist, daß die Faltabschnitte (18) der Adsorberfilterlage (14) und die Faltabschnitte (16) der Partikelfilterlage (12) in der Luftströmungsrichtung (26) liegen und ineinandergreifen, dadurch gekennzeichnet, daß die Partikelfilterlage (12) zwei Lagen (28) aus Elektretfiltermaterial aufweist, zwischen welchen ein plastisch verformbares, als Gitter aus Kunststoffmaterial ausgebildetes Versteifungselement (30) angeordnet ist, wobei die beiden Elektretmateriallagen (28) und das Versteifungselement (30) einen Verbund bilden, und daß die Adsorberfilterlage (14) einen luftdurchlässigen dünnen Trägerkörper (32) aufweist, an/oder in dem Adsorberpartikel (34) mittels eines Bindemittels fixiert sind."

Patentansprüche 2 bis 9 sind auf Patentanspruch 1 rückbezogen.

II. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) legte gegen das erteilte Patent Einspruch ein und beantragte, das Patent mangels Patentfähigkeit zu widerrufen.

Sie berief sich dabei u. a. auf die folgenden Dokumente:

D1: DE-A-2 512 659

D4: US-A-4 626 263

D6: EP-B-0 118 618.

III. Mit Entscheidung in der mündlichen Verhandlung vom 13. Juli 1994, in schriftlich begründeter Form am 22. Juli 1994 zur Post gegeben, wies die Einspruchsabteilung den Einspruch zurück.

IV. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) am 9. September 1994 unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde ein.

In der am 10. November 1994 eingereichten Beschwerdebegründung nannte sie noch das Dokument

D9: DE-U-8 717 296.8.

V. In ihrer Erwiderung auf die Beschwerde überreichte die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) Vergleichsversuche.

In der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde gemäß Regel 71 a) ein Zeitpunkt bestimmt, nämlich 1 Monat vor der Anhörung, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

Weitere Vergleichsversuche wurden nach Ablauf dieser Frist am 7. Februar 1996 vorgelegt.

VI. Es wurde am 15. Februar 1996 mündlich verhandelt.

Zu Beginn der mündlichen Verhandlung teilte der Vorsitzende mit, die Kammer sei zum Ergebnis gekommen, daß die insgesamt verspätet vorgelegten Vergleichsversuche nicht relevant für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit seien. Außerdem sei die zweite Reihe von Vergleichsversuchen nicht innerhalb der gesetzten Frist gemäß Regel 71 a) vorgelegt worden. Die Versuche würden daher gemäß Artikel 114 (2) nicht berücksichtigt.

VII. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das europäische Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Sie führte im wesentlichen folgendes aus:

i) Eine Kombination des nächstliegenden Standes der Technik nach Dokument 1 mit der Lehre der Dokumente D9 und D6 unter Anwendung des an sich bekannten Elektretfiltermaterials (s. beispielsweise Dokument D4) lege den Gegenstand des Patentanspruchs 1 nahe.

Wie in der angefochtenen Entscheidung und in der Streitpatentschrift ausgeführt sei, gehe der Patentanspruch 1 in seinem Oberbegriff von einem zick-zack-förmig gefalteten Partikel- und Adsorber-Filter (sog. Combi-Filter) aus, wie es aus dem Dokument D1 bekannt sei. Gemäß Dokument D1 sei in Strömungsrichtung der Luft vor der Adsorberfilterlage eine Verstärkungsschicht vorgesehen, welche eine Partikelfilterlage bilde.

Ausgehend von einem Filter gemäß Dokument D1 solle die im angefochtenen Patent genannte Aufgabe durch die im Kennzeichen des Patentanspruchs 1 aufgeführten Merkmale gelöst werden, d. h. im wesentlichen dadurch, daß

1. die Partikelfilterlage zwei Lagen aus Elektretfiltermaterial und ein plastisch verformbares Kunststoffgitter als Versteifungselement zwischen den beiden Filterlagen aufweist,

2. die Adsorberfilterlage einen luftdurchlässigen dünnen Träger aufweist, an/oder in dem Adsorberpartikel mittels eines Bindemittels fixiert seien.

Wolle der Fachmann ausgehend von einem Filter nach Dokument D1 dessen Partikelfilterteil im Hinblick auf eine erhöhte Stabilität verbessern, so werde er sich der Lehre gemäß Dokument D9 bedienen, bei dem es exakt um die Verbesserung der Stabilität gehe. Möchte er darüber hinaus dem so geschaffenen Partikelfilter verbesserte Filtereigenschaften verleihen, so werde er sich eines an sich bekannten Elektretfiltermaterials bedienen, von dem er wisse, daß es hochwirksame Filtereigenschaften habe (s. beispielsweise Dokument D4). Damit aber habe er, ohne eine erfinderische Leistung zu erbringen, ein Filter geschaffen, das die Merkmale gemäß obiger Aufstellung unter 1. aufweise.

Dokument D6 vermittle die Lehre, eine sehr dünne und flexible Adsorberfilterlage auszubilden, bestehend aus einem luftdurchlässigen textilen Trägermaterial, auf dem Adsorberpartikel mit Bindemittel fixiert sind. Die Merkmalsgruppe 2. sei aufgrund dieses Standes der Technik nahegelegt. Darüber hinaus könne die Kombination beider Merkmalsgruppen keinen überraschenden Effekt begründen.

ii) Vom Dokument D9 als nächstliegendem Stand der Technik ausgehend komme man ebenfalls zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhe:

Das Dokument D9 offenbare eine zick-zack-förmige Partikel-Filtereinrichtung mit zwei Filterlagen und einem plastisch verformbaren luftdurchlässigen Kunststoffgitter als Versteifungselement zwischen den beiden Filterlagen. Weiterhin sei hieraus bekannt, die Porenoberfläche und Außenoberfläche einer Filterlage mit einer Kleberschicht zu imprägnieren und die Kleberschicht mit Adsorberpartikeln zu bedecken (siehe Seite 11, 2. Absatz von Dokument D9).

Die wesentlichen Unterschiede zwischen dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 und der Filtereinrichtung gemäß Dokument D9 seien die Modifikation des Partikelfilters im Sinne der Verwendung von Elektretmaterial, die Anordnung der Partikelfilterlagen in Strömungsrichtung der Luft vor der Adsorberfilterlage und die Tatsache, daß die Adsorberfilterlage einen dünnen luftdurchlässigen Trägerkörper aufweise. Es handele sich hier aber um Modifikationen, die dem Fachmann aus den Dokumenten D4, D1 und D6 zum Prioritätszeitpunkt bezüglich ihrer Wirkung hinlänglich bekannt gewesen seien. So konnte der Fachmann aus dem oben angeführten Stand der Technik entnehmen, daß zur Verbesserung eines Partikelfilters, insbesondere wenn auch feinere Partikel abgeschieden werden sollen, ein Elektretmaterial verwendet werden sollte. Aus dem Dokument D6 sei es ferner bereits bekannt gewesen, als Trägermaterial für eine Adsorberfilterlage einen luftdurchlässigen dünnen und flexiblen Trägerkörper zu verwenden, und aus Dokument D1 sei die Lehre zu entnehmen, zur Erhöhung des Wirkungsgrades der Adsorberfilterlage die Partikelfilterlage vor der Adsorberfilterlage vorzusehen.

Es sei daher festzustellen, daß sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergebe.

VIII. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) widersprach detailliert diesem Vorbringen. Sie beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise das Patent unter Streichung des Wortes "insbesondere" im Patentanspruch 1 (Hilfsantrag 1) bzw. mit den mit Schriftsatz vom 9. Mai 1995 eingereichten Patentansprüchen aufrechtzuerhalten (Hilfsantrag 2).

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Aufgabe und Lösung

2.1. Die Erfindung nach dem angefochtenen Patent betrifft ein Filter, insbesondere für die Reinigung der einer Fahrgastzelle eines Fahrzeugs zugeführten Luft, mit einer Partikel- und Adsorberfilterlage, die in Strömungsrichtung der Luft hintereinander angeordnet sind. Die Partikelfilterlage ist flächig unmittelbar neben der Adsorberfilterlage angeordnet und mit der Adsorberfilterlage gemeinsam derart zick-zack-förmig zusammengefaltet, daß die Faltabschnitte der Adsorberfilterlage und die Faltabschnitte der Partikelfilterlage in der Luftströmungsrichtung liegen und ineinandergreifen.

Als nächstliegender Stand der Technik wird in dem angefochtenen Patent Dokument D1 angeführt, das ein gattungsgemäßes, sog. Combi-Filter zeigt. Bei diesem bekannten Filter, bei dem eine Verstärkungsschicht aus Glasfasern die Partikelfilterlage bildet, wird es als nachteilig angesehen, daß die Filtereigenschaften bezüglich der Größe der zu filternden Partikel begrenzt seien, weshalb die Filtereigenschaften für sehr kleine Partikel noch Wünsche offen ließen.

Außerdem handle es sich bei den Partikel- und Adsorberfilterlagen um Faserschichten, welche, um hinreichende Stabilität zu besitzen, entsprechende Dicke haben müßten, was aber gleichzeitig bedeute, daß die Falten entsprechend tief und die Faltkanten in entsprechend großem Abstand voneinander angeordnet sein müßten.

2.2. Die dem angefochtenen Patent zugrundeliegende Aufgabe kann daher, wie in der Streitpatentschrift angegeben, darin gesehen werden, ein gattungsgemäßes Filter zu verbessern, das außer guten Adsorbereigenschaften auch derart gute Partikeleigenschaften aufweist, daß auch Feinstpartikel in der Größenordnung um 1 µ vor Erreichen der Adsorberfilterlage abgeschieden werden, so daß eine durch solche Partikel mögliche Reduktion der aktiven Oberfläche der Adsorberfilterlage verhindert wird, und das sich in einen in einem Fahrzeug gegebenen Raum problemlos einpassen läßt.

2.3. Diese Aufgabe wird gemäß dem Kennzeichen des Patentanspruchs 1 dadurch gelöst, daß

i) die Partikelfilterlage aus einem Verbund aus zwei Lagen aus Elektretfiltermaterial und einem plastisch verformbaren Kunststoffgitter als Versteifungselement zwischen den beiden Filterlagen besteht,

ii) die Adsorberfilterlage einen luftdurchlässigen dünnen Träger aufweist, an/oder in dem Adsorberpartikel mittels eines Bindemittels fixiert sind.

3. Neuheit

Die Neuheit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 ist offensichtlich. Sie wurde weder im Einspruchs- noch im Beschwerdeverfahren bestritten, so daß sich ein näheres Eingehen hierauf erübrigt.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Die Beschwerdeführerin hat den Standpunkt vertreten, der beanspruchte Gegenstand sei eine bloße Aneinanderreihung eines Partikelfilters und eines Adsorberfilters, d. h. eine Aggregation von zwei voneinander funktionell entkoppelten und unabhängigen Elementen einer Filtereinrichtung.

Eine solche Wertung wird der Lehre des Patentanspruchs 1 nicht gerecht: wie die Beschwerdegegnerin plausibel darlegte, wird durch die erfindungsgemäße Anwendung eines Elektretfiltermaterials für die Partikelfilterlage wird die der Partikelfilterlage in Strömungsrichtung der zu filternden Luft nachgeschaltete Adsorberfilterlage vor einer Verschmutzung durch die Feinstpartikel bzw. partikelgebundenen Schadstoffe geschützt, so daß eine Reduzierung der aktiven Oberfläche der Adsorberfilterlage verhindert wird. Mithin besteht ein funktioneller Zusammenhang zwischen der Adsorberfilterlage und dem speziellen Aufbau der Partikelfilterlage. Die Gesamtwirkung der beiden zusammengefügten Filterlagen des beanspruchten Combi-Filters geht demzufolge über die Summe der Wirkungen der einzelnen Filterlagen hinaus, da die Filterleistung der Adsorberfilterlage durch das Vorhandensein der Partikelfilterlage deutlich erhöht ist.

Hinzu kommt, daß das Combi-Filter eine Versteifungslage nur im Bereich des Partikelfilters und zwar als Zwischenlage zwischen zwei Partikelfilterlagen aufweist. Die Adsorberfilterlage, die keine eigene Versteifung besitzt, wird durch die Anlage an dem Partikelfilter stabilisiert.

Daraus folgt, daß entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin die beiden Merkmalsgruppen i) und ii), die zur Lösung der dem angefochtenen Patent zugrundeliegenden Aufgabe zusammenwirken, unter Einbeziehung dieser Kombinationseffekte zu beurteilen sind.

4.2. Der Auffassung der Beschwerdeführerin, daß sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ausgehend von Dokument D1 in naheliegender Weise aus den Lehren der Dokumente D4 und D6 ergebe, kann aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden:

Dokument D1 betrifft ein Adsorberfiltermaterial, das desodorisierende, entgasende und entfärbende Eigenschaften aufweist und aus einer Lage oder Schicht aus Aktivkohlefasern und einer verstärkenden Faserschicht besteht.

Nach den Angaben in Dokument D1 haben gewöhnlich Adsorberfilter die Form von Flächengebilden, die hergestellt werden durch Beschichten von flächigen Materialien, z. B. Drahtnetzen, Glaswolle oder Matten aus organischen Fasern mit einem adsorbierenden Material z. B. Aktivkohle. Als Folge dieses Beschichtungsvorganges werde jedoch das Adsorbtionsvermögen des adsorbierenden Materials nachteilig gesenkt.

Ferner blättere das adsorbierende Material häufig ab, so daß Staubbildung eintrete und sich nachteilig auswirke. Außerdem sei die Menge des Adsorbers, die im flächigen Material festgehalten werden kann, stark begrenzt (siehe Seite 1 und Seite 2, 1. Abs.).

Zur Behebung dieser Nachteile wird in Dokument D1 ein Adsorberfiltermaterial vorgeschlagen, dessen adsorbtionsfähige Lage aus Aktivkohlefasern besteht. Da ein übliches, allein aus Aktivkohlefasern bestehendes Adsorberfiltermaterial zerbrechlich ist und leicht zerstört wird, wird ferner vorgeschlagen, die adsorbtionsfähige Lage auf eine verstärkende Faserschicht aufzubringen, welche ein gewisses Staubaufnahmevermögen haben soll (Seite 4, 2. Abs. von Dokument D1).

Im Gegensatz dazu wird in Dokument D6 vorgeschlagen, ein flexibles Flächenadsorberfilter auszubilden aus einem dünnen luftdurchlässigen textilen Trägermaterial, in welchem Aktivkohleteilchen eines Durchmessers von 0,1 bis 1. mm durch Kleben fixiert sind. Bei dem Adsorberfilter gemäß Dokument D6 ist somit die Merkmalsgruppe ii) verwirklicht.

Da sich die beiden Dokumente D1 und D6 in ihrem Aussagegehalt widersprechen, ist es für die Kammer nicht erkennbar, wie der Fachmann aus diesem Stand der Technik eine Anregung entnehmen wird, die adsorbtionsfähige Lage aus Aktivkohlefasern von Dokument D1 durch das Adsorberfilter von Dokument D6 aus einem luftdurchlässigen textilen Trägermaterial und darauf fixierten Aktivkohleteilchen zu ersetzen und zugleich die verstärkende Faserschicht, die dort als Verstärkungsschicht wegen der Zerbrechlichkeit der Aktivkohlefasern vorgesehen war, beizubehalten und im Sinne der Merkmalsgruppe i) zu modifizieren, um sie als Partikelfilterlage mit speziellem Aufbau zur Erzielung der oben genannten vorteilhaften Gesamtwirkung zu nutzen. Es ist laut ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern nicht zulässig, nicht zueinander in Bezug stehende oder einander widersprechende Dokumente mosaikartig zu kombinieren, um die erfinderische Tätigkeit zu verneinen, siehe Entscheidung T 2/81, ABl. EPA 1982, 394, Punkt 6 der Entscheidungsgründe.

4.3. Die vorstehend angestellten Überlegungen ergeben, daß es nicht nahe lag, den die Merkmalsgruppe ii) zeigenden Adsorberfilter gemäß Dokument D6 und die Partikelfilterlage gemäß Dokument D1 miteinander zu verbinden. Hinzu kommt, daß die Partikelfilterlage gemäß der Merkmalsgruppe i) nur durch eine gedankliche Verknüpfung der Lehren der Dokumente D1, D4 und D9 hätte erhalten werden können, für die aus diesem Stand der Technik keine unmittelbare Anregung zu entnehmen ist und die auch nicht für den Fachmann ohne weiteres auf der Hand lag.

Daraus folgt, daß die Kombination der Merkmalsgruppen i) und ii) aus dem Stand der Technik nicht in naheliegender Weise auffindbar ist und somit im Sinne des Artikels 56 EPÜ auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Da es sich - wie bereits erwähnt - um eine Kombinationserfindung handelt, sind die in der Entscheidung T 37/85, ABl. EPA 1988, 86, entwickelten Grundsätze anzuwenden. Deshalb ist es ohne Bedeutung, ob die beiden Merkmalsgruppen i) und ii) oder Einzelmerkmale daraus je für sich bekannt oder nahegelegt sind.

4.4. Die Beschwerdeführerin hat auch den Standpunkt vertreten, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 von Dokument D9 als nächstliegendem Stand der Technik ausgehend durch mosaikartige Zusammenschau dieses Dokuments und der Dokumente D6, D4 und D1 nahegelegt worden sei (s. o. Punkt VII, Abs. ii)).

Grundsätzlich gilt auch hier das unter Punkt 4.2 und 4.3 Gesagte, wonach die Kombination der Merkmalsgruppen i) und ii) zur Erreichung der genannten Kombinationseffekte nicht durch den Stand der Technik nahegelegt wurde. Hinzu kommt noch folgendes:

Es ist zutreffend, daß Dokument D9 eine Filtereinrichtung zeigt, bei der zwischen zwei Filterkörpern ein Kunststoffgitter vorhanden ist. Wesentlich ist jedoch, daß das Kunststoffgitter einerseits und die Filterkörper andererseits ganz spezielle Eigenschaften aufweisen sollen. Das Kunststoffgitter soll nämlich (s. insbes. Patentanspruch 1 von Dokument D9) plastisch verformbar sein, während die Filterkörper elastisch nachgiebig sein sollen. Elastisch ist aber ein Körper nur dann, wenn er das Bestreben hat, unter Aufbringung gewisser Rückstellkräfte in seine Ausgangslage zurückzukehren, aus der heraus er verformt wurde.

Der Fachmann entnimmt somit aus Dokument D9 eindeutig die Lehre, daß der dort beschriebene, sandwichartige Aufbau aus Filterkörper und Kunststoffgitter nur vorgesehen werden kann, wenn für den Filterkörper entsprechende elastisch nachgiebige Materialien eingesetzt werden (Seite 5, 2. Abs. von Dokument D9). Welche Materialien diese Elastizität aufweisen, kann dem Dokument D9 ebenfalls entnommen werden. Dort wird nämlich in der Figurenbeschreibung erwähnt, daß als Filterkörper ein Schaumstoffmaterial, beispielsweise Polyurethanschaum, eingesetzt werden kann. Dieses Schaumstoffmaterial ist dann auch in Verbindung mit den Figuren 6 und 7 noch näher erläutert.

Für den Fachmann stellt das Elektretmaterial gemäß Dokument D4 keinesfalls ein derart elastisch nachgiebiges Material dar. Mithin liegt es nicht, auf der Hand, diesen ausgewählten Teil des Dokuments D9 und Dokument D4 in Verbindung zu bringen, geschweige denn, die Dokumente D9, D4, D6 und D1.

4.5. Die Beschwerdeführerin hat in dieser Hinsicht ausgeführt, daß bei einer Zusammenfassung der Filtereinrichtung gemäß Dokument D9 mit dem Adsorbtionsfilter gemäß Dokument D6 nur noch die naheliegenden Maßnahmen zu treffen gewesen wären, die Partikelfilterlagen des Dokuments D9 aus Elektretmaterial herzustellen und die Partikelfilterlagen und die Adsorberfilterlage hintereinander anzuordnen, wie Dokument D1 es lehre, um zur Erfindung zu gelangen. Dem ist nicht zu folgen: Die beanspruchte Erfindung besteht nicht in deren bloßen Zusammenfassung, sondern darin, einzelne der dort verwendeten Merkmale auszuwählen und diese zu einer neuen Anordnung zur Lösung des dem angefochtenen Patent zugrundeliegenden technischen Problems zusammenzustellen.

Nach Auffassung der Kammer bedurfte es einer erfinderischen Tätigkeit, die beanspruchten Merkmale aus der Vielzahl der bekannten, in unterschiedlichen, teilweise einander widersprechenden Kombinationen verwendeten Merkmale, auszusuchen und daraus eine neue Anordnung zu bilden, um zur erfinderischen Lösung zu kommen.

4.6. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, daß es erfinderischen Zutuns bedurfte, um, ausgehend von Dokument D1 oder D9, den Gegenstand des Patentanspruchs 1 zu schaffen. Aus alledem folgt, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht und somit in der erteilten Fassung Bestand hat. Desgleichen die auf ihn rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 9, die auf besondere Ausführungen der Erfindung nach Patentanspruch 1 gerichtet sind.

5. Da dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin stattgegeben werden kann, braucht auf ihren Hilfsantrag nicht weiter eingegangen zu werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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