European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1996:T061094.19960620 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 20 Juni 1996 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0610/94 | ||||||||
Anmeldenummer: | 87905599.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | B01D 33/62 B01D 29/80 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zum Bilden und Entfeuchten von Filterkuchen | ||||||||
Name des Anmelders: | Bott, Reinhard, et al | ||||||||
Name des Einsprechenden: | OUTOKUMPU OY | ||||||||
Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (ja - nach Änderung) Rechtliches Gehör - Zulassung neuer Ansprüche in der mündlichen Verhandlung (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, sein europäisches Patent Nr. 0 287 579 mit der Anmeldenummer 87 905 599.4 zu widerrufen, weil der Anspruch 1 nicht das Ergebnis erfinderischer Tätigkeit wäre, legte der Patentinhaber (Beschwerdeführer) Beschwerde ein und reichte einen Satz geänderter Ansprüche ein.
II. Folgende Druckschriften werden in dieser Entscheidung zitiert werden:
D1: US-A-4 357 758;
D2: Dissertation R. A. Bott an der Technischen Hochschule Karlsruhe: "Zur kontinuierlichen Druckfiltration"; Kolloquium 21. Dezember 1985, Seiten 102 bis 111 und 138 bis 143;
D3: Fortschr.-Ber. VDI, Reihe 3, Nr. 114, 1986, VDI-Verlag, Düsseldorf; Dissertation H. Anlauf: "Entfeuchtung von Filterkuchen bei der Vakuum-, Druck- und Druck/Vakuum-Filtration", Seiten 162 bis 169, 190 bis 193 und 202 bis 209;
D4: EP-B-0 055 725;
D5: US-A-4 584 058;
D10: Winnacker, Küchler: "Chemische Technologie", Band 1 Allgemeines, 4. Auflage, München, Wien 1984, Seiten 235 bis 237.
D11: US-A-3 491 021;
D12: European Congress (1984: Algarve, Portugal) "Energy economics and management in industry"; 1. Auflage Pergamon Press Ltd. 1985, Seiten 113 bis 120.
Das Buch, dessen Passagen den Stand der Technik D3 bilden, ist laut schriftlicher Auskunft des Verlags am 11. April 1986 erschienen.
III. Mit der Eingabe vom 3. November 1995 reichte der Beschwerdeführer einen Satz neuer Ansprüche ein.
Die Ladung für eine mündliche Verhandlung wurde am 12. April 1996 zur Post gegeben. In der beigefügten Anlage wurden Mängel der Ansprüche aufgeführt, und es wurde darauf hingewiesen, daß die wesentliche zu diskutierende Frage wäre, ob der Anspruch 1 erfinderisch ist, und daß eine eventuelle Stellungnahme spätestens einen Monat vor der Verhandlung im Europäischen Patentamt (EPA) eingehen sollte.
Am 20. Mai ging im EPA ein Schreiben der Beschwerdegegnerin (Einsprechenden) ein. Darin wird die in einer Nachrecherche ermittelte Druckschrift D12 genannt, die in Kombination mit D1 den Gegenstand des Anspruchs 1 vorwegnehme.
IV. In der am 20. Juni 1996 durchgeführten mündlichen Verhandlung legte der Beschwerdeführer einen neuen, die bisherigen Ansprüche ersetzenden Anspruchssatz vor. Er wies darauf hin, daß er den unabhängigen Anspruch 1 wegen des erst kurz vor der Verhandlung genannten Standes der Technik aus D12 eingeschränkt hätte und daß diese Ansprüche den von der Kammer in der Anlage zur mündlichen Verhandlung genannten Mängeln Rechnung trügen.
Die Beschwerdegegnerin machte geltend, daß sie durch die verspätet vorgelegten Ansprüche überrascht worden sei, und beantragte, die Ansprüche in dieser mündlichen Verhandlung nicht zuzulassen.
Die Kammer entschied, die neuen Ansprüche zuzulassen und die mündliche Verhandlung nach einer Unterbrechung von etwa eineinhalb Stunden fortzusetzen.
Am Ende der Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung.
V. Der unabhängige Anspruch 1 lautet:
"Verfahren zum Bilden und Entfeuchten eines porösen, aus einzelnen Feststoffpartikeln bestehenden Filterkuchens (6),
a) bei dem der Filterkuchen (6) auf einem in eine Suspension eingetauchten Filtermedium entsteht,
b) anschließend mittels eines auf den Filterkuchen (6) wirkenden Entfeuchtungsfluids, das einen Differenzdruck zu dem hinter dem Filtermedium sich befindenden Filtrat aufweist, entfeuchtet wird, und
c) der Filterkuchen (6) nach der Entfeuchtung durch ein Abstreifteil (17) vom Filtermedium abgehoben wird,
dadurch gekennzeichnet,
d) daß als Filtermedium eine Membran (10) verwendet wird,
d1) die einen für das Entfeuchtungsfluid höheren kapillaren Eintrittsdruck als der des Filterkuchens (6) aufweist und
d2) die zwischen zwei großporigen Filtergeweben (1) in Sandwich-Form eingelagert ist,
e) daß die Feststoffpartikeln aus der Suspension an die Membran (10) zu dem Filterkuchen (6) anfiltriert werden,
f) daß die Entfeuchtung des Filterkuchens (6) anschließend auf der Membran (10) durchgeführt wird, und
g) daß der Differenzdruck derart eingestellt wird, daß er zumindest geringfügig größer als der kapillare Eintrittsdruck in dem Filterkuchen (6) und gleich oder geringer als der kapillare Eintrittsdruck in der Membran (10) ist, wobei kein oder ein nur unwesentlicher Durchgang von Entfeuchtungsfluid durch die Membran (10) auftritt."
Die Ansprüche 2 bis 11 sind vom Anspruch 1 abhängig.
VI. Der Beschwerdeführer beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung überreichten Ansprüche 1 bis 11 und anzupassender Beschreibung und anzupassender Zeichnungen aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
VII. Die Argumente des Beschwerdeführers werden wie folgt zusammengefaßt:
Für die Definition des Begriffes Membran im Sinne der Erfindung ist das maßgebend, was der Fachmann am Prioritätstag für die Anwendung bei Fest-flüssig- Trennungsverfahren darunter verstanden hat. Sowohl in der Beschreibung des angegriffenen Patents als auch in D1 und D5 wird stets deutlich zwischen Keramikplatten und Membranen unterschieden. Während derartige Membranen dünn (typisch 0,1 bis 0,2 mm), elastisch und hochporös (Porosität etwa 80 %) waren, waren keramische Platten wesentlich dicker (typisch 8 bis 12 mm), relativ starr, fragil und von geringerer Porosität (bis 55 %) und wiesen damit einen erheblich höheren Durchströmungswiderstand (etwa um einen Faktor 10 bis 100 größer) auf. Eine keramische Platte - auch eine dünne - fiel auf diesem Gebiet für den Fachmann nicht unter den Begriff Membrane.
Es bestand ein Vorurteil gegen die Verwendung von Membranen zur Filterkuchenbildung. Dies ergibt sich aus D10 und D11, wonach bei der Ultra- und Mikrofiltration Ablagerungen auf Membranen mittels konstruktiver und verfahrenstechnischer Maßnahmen zu vermeiden sind. Außerdem ist die Verwendung von Membranen nach D1 oder D5 beim Verfahren nach D12 technisch fast unmöglich, da diese wegen ihrer hohen Porosität und geringen Dicke beim Entfernen des Filterkuchens mit einem Abstreifteil sehr verletzlich sind. Obwohl in D1 eine Membran als Filtermedium zur Entfeuchtung verwendet wird und Membranen Vorteile gegenüber Platten haben, wagte es deshalb der Erfinder von D1 beim von ihm danach entwickelten Verfahren nach D12 nicht, eine Membran zur Filterkuchenbildung und Entfeuchtung zu verwenden. Zum notwendigen Schutz der Membran entnimmt der Fachmann D1 allenfalls Anpreßbänder auf dem Filterkuchen, aber nicht die Maßnahme d2 des Anspruchs 1.
VIII. Die Argumente der Beschwerdegegnerin werden wie folgt zusammengefaßt:
Nach der Entscheidung T 0831/92 dürfen die neuen Ansprüche in der mündlichen Verhandlung nicht zugelassen werden. Die an den neuen Anspruch 1 anzupassende Aufgabe ist nicht ursprünglich offenbart. Dadurch und durch die Aufnahme der Merkmale c und d2 ist das Wesen des Gegenstandes des Anspruchs 1 erheblich verändert worden.
Der Begriff Membran ist sehr allgemein, und es ist unklar, was darunter genau zu verstehen ist. Auch eine starre dünne Keramikplatte fällt darunter. Andererseits bringt die Einbettung der Membran nach oben entsprechend dem Merkmal d2 des Anspruchs 1 nur bei empfindlichen Membranen Vorteile, und wenn unter einer Membran auch eine steife Keramikplatte zu verstehen ist, macht die Maßnahme d2 keinen Sinn.
Es ist aus D1 bekannt, daß eine Trägerschicht notwendig ist, wenn als Filtermedium eine Membran verwendet wird. Das Merkmal c ist bereits aus D12 bekannt.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Rechtliches Gehör (Artikel 113(1) EPÜ)
Die Beschwerdegegnerin machte fehlendes rechtliches Gehör bezüglich der erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegten neuen Ansprüche geltend (vgl. IV. und VIII.).
Der Anspruch 1 wurde durch die Aufnahme von Merkmalen der Ansprüche 2 und 10 in den bisherigen Anspruch 1 gebildet; darüber hinaus wurde er geändert, um die in der Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung angeführten Mängel zu beseitigen, wobei die in dieser Anlage gemachten Vorschläge der Kammer übernommen wurden.
Durch die letzgenannten Änderungen konnte die Beschwerdegegnerin also nicht überrascht worden sein, aber auch mit Änderungen in der Art der zuerst genannten Änderungen mußte sie rechnen. Sie hatte nämlich in der Eingabe kurz vor der mündlichen Verhandlung D12 erstmalig genannt, die nach ihrer Ansicht in Kombination mit D1 wegen der großen Ähnlichkeit bei einzelnen Anwendungsbeispielen (z. B. wird bei beiden Dokumenten (auch) Torfsuspension als Filtergut verwendet) den Gegenstand des Anspruchs 1 nahelegt. Sie mußte damit rechnen, daß der Beschwerdeführer als Reaktion darauf - und wegen der späten Nennung von D12 in der mündlichen Verhandlung - einen insbesondere durch Aufnahme von Merkmalen der abhängigen Ansprüche in den Anspruch 1 eingeschränkten unabhängigen Anspruch vorlegen würde. Es ist nicht erkennbar, wieso diese Einschränkung und die damit verbundene Anpassung der Aufgabe das Wesen des Gegenstandes erheblich verändert haben sollen. Außerdem sind die neuen Ansprüche gewährbar.
Bei einer solchen Sachlage und da eine mündliche Verhandlung dem Ziel dient, möglichst alle für eine abschließende Entscheidung noch offenen Fragen zu klären (vgl. Artikel 11 (3) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern), sind derartige Änderungen regelmäßig auch noch in der mündlichen Verhandlung zuzulassen. Nicht unwesentliche Änderungen können sogar dann noch in der mündlichen Verhandlung erlaubt werden, wenn die ordnungsgemäß geladene Partei (Einsprechender) nicht erscheint (vgl. z. B. T 0133/92 und T 0202/92, beide unveröffentlicht).
Bei der von der Beschwerdegegnerin hierzu zitierten unveröffentlichten Entscheidung T 0831/92 ist die Sachlage insofern anders, als die Kammer den Gegenstand des nicht zugelassenen zweiten Hilfsantrags als nicht erfinderisch angesehen hatte (vgl. dort 3.).
3. Erfordernisse des Artikels 123(2) und (3) EPÜ
Die Änderungen der Ansprüche stehen nach Ansicht der Kammer im Einklang mit den Erfordernissen dieses Artikels. Da dies von der Beschwerdegegnerin auch nicht bestritten wurde, braucht hierauf nicht im Einzelnen eingegangen zu werden (vgl. auch Punkt 4. der Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung und Punkt 3. dieser Entscheidung).
4. Neuheit
Nach Prüfung des aktenkundigen Standes der Technik ist die Kammer zu der Ansicht gelangt, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 neu ist. Da dessen Neuheit nicht strittig war, ist es nicht nötig, hierzu detailliert die Gründe anzugeben.
5. Strittig ist jedoch, ob der Anspruch das Ergebnis erfinderischer Tätigkeit ist.
5.1. Der nächstliegende Stand der Technik ist eindeutig D12 zu entnehmen, da D2 und D3 - im Gegensatz zu D12 - weder das Entfeuchtungsprinzip des Anspruchs 1 (Merkmale d1, f und g: das Entfeuchtungsfluid (Luft) dringt zwar in den Filterkuchen ein, aber nicht in das Filtermedium) noch die Verwendung einer Membran als Filtermedium zu entnehmen sind (es wird ein Filtertuch und damit ein Filtergewebe verwendet) und da D1 und D5 zwar dieses Entfeuchtungsprinzip - auch mit einer Membran -, aber nicht das Anfiltrieren und die Entfeuchtung auf demselben Filtermedium (Merkmale a und b des Anspruchs 1) beinhalten. Die anderen Druckschriften liegen weiter vom Gegenstand des Anspruchs 1 entfernt.
D12 - vgl. insbes. S. 113 letzter Abs., S. 114 zweite Hälfte, Fig. 4 und S. 117 Abs. 2 - offenbart ein Entwässerungsverfahren für eine Torfaufschlämmung oder irgendeine andere Aufschlämmung, bei der diese mit einer wassergesättigten Fläche - beispielsweise einer feinporösen Keramikplatte - in Kontakt gebracht wird und durch eine Druckdifferenz ein Filterkuchen auf dieser Fläche gebildet wird, und anschließend die Entfeuchtung des Filterkuchens auf dem Filtermedium erfolgt. Wesentlich ist, daß diese Fläche kein Eindringen des Entfeuchtungsfluids (Luft) erlaubt. Um diese Art der Entfeuchtung zu erreichen, muß - obwohl nicht expressis verbis erwähnt - das Wesentliche der Bedingungen d1 und g des Anspruchs 1 erfüllt sein; das heißt, damit der Filterkuchen überhaupt durch das Entfeuchtungsfluid entfeuchtet werden kann, muß der Differenzdruck zwischen dem auf den Filterkuchen wirkenden Entfeuchtungsfluid zu dem hinter dem Filtermedium sich befindenden Filtrat derart eingestellt sein, daß er größer ist als der kapillare Eintrittsdruck in dem Filterkuchen. Damit die Luft nicht in das Filtermedium eindringt, muß das Filtermedium einen für das Entfeuchtungsfluid höheren kapillaren Eintrittsdruck als der des Filterkuchens aufweisen und der Differenzdruck gleich oder geringer sein als der kapillare Eintrittsdruck in das Filtermedium. Der getrocknete Filterkuchen wird durch ein Abstreifteil ("rotating detaching disks" 8) vom Filtermedium entfernt.
Die Verwendung einer Membran als Filtermedium und die Einlagerung der Membran zwischen zwei großporige Filtergewebe in Sandwich-Form (Merkmale d und d2 des Anspruchs 1) ist D12 nicht zu entnehmen.
5.2. Diese Unterschiede bewirken, daß das Verfahren die gegenüber Keramikplatten bestehenden Vorteile von Membranen aufweist, ohne daß der Verfahrensschritt c (Filterkuchen wird durch ein Abstreifteil vom Filtermedium abgehoben) verändert werden muß.
Unter Membranen (vom lateinischen "membrana" = Häutchen abgeleitet) für Fest-flüssig-Trennverfahren, also unter Fest-flüssig-Membranfiltern, verstand der Fachmann am Priortätstag elastische, dünne, flächig ausgebreitete, hochporöse Schichten mit einer ausreichenden Festigkeit für das Filtern, typischerweise aus organisch-polymerem Material. Die relativ starren, fragilen Glas- oder Keramik-Filterplatten fallen nicht unter diesen Begriff. In der Beschreibung der Streitpatentschrift wird der Unterschied zwischen solchen Filterplatten und Membranen deutlich gemacht (vgl. dort Seite 3, Zeilen 34 bis 38), so daß im Zweifelsfalle zur Auslegung des Begriffes "Membrane" des Anspruchs 1 gemäß Artikel 69 (1) EPÜ die übrigen Unterlagen mit herangezogen werden können.
Membranen sind billiger als Keramikplatten, können durch ihre wesentlich größere Elastizität (und durch die Maßnahme d2) vielseitiger eingesetzt und leichter aufgebracht und ausgetauscht werden - z. B. bei Trommelfiltern oder bandartigen Filtern - und haben wegen der höheren Porosität und geringeren Dicke einen kleineren Durchströmungswiderstand. Die Sandwichanordnung nach d2 bewirkt eine geringere Verletzlichkeit und damit längere Haltbarkeit der Membran.
5.3. Die dem Gegenstand des Anspruchs 1 zugrundeliegende Aufgabe ist daher darin zu sehen, das aus D12 bekannte Verfahren so aus- bzw. weiterzubilden, daß eine Trennung des Feststoffes von der flüssigen Phase in noch wirtschaftlicherer Weise erreicht wird und in verschiedenartigen Filteranlagen ausgeführt werden kann.
Diese relativ simple Aufgabe ist nach Ansicht der Kammer vom Fachmann ohne weiteres aus dem Gesamtinhalt der ursprünglichen Unterlagen abzuleiten (vgl. dort - in WO 88/01531 - insbesondere Seite 3 Absatz 1 und 3, Seite 5 Zeilen 8 bis 10 und Absatz 2, Seite 6 Absatz 3, den die Seiten 6 und 7 überbrückenden Absatz und Seite 7 Absatz 3 und Seite 10). Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist eine Neuformulierung der Aufgabe, die im Hinblick auf neuen Stand der Technik notwendig wird, nicht durch Artikel 123 (2) ausgeschlossen (vgl. z. B. die Entscheidung T 0013/84 ABl. EPO 1986 ab Seite 253).
5.4. Zur Lösung dieser Aufgabe wird der Fachmann D1 heranziehen, da dieses Dokument ein Verfahren ganz ähnlich wie das von D12 beschreibt, insbes. weil als Beispiel ebenso wie bei D12 die Trocknung einer aus Feststoffpartikeln aufgebauten, feinporigen Torfschicht beschrieben wird. Die Trocknung erfolgt nach dem gleichen Grundprinzip wie bei D12 und beim Anspruch 1 des Streitpatents, jedoch wird nicht erwähnt, daß die Bildung des Filterkuchens und die Entfeuchtung auf demselben Filtermedium erfolgt. Zwar werden dort (vgl. insbes. das Beispiel 2) die Vorteile der Membran (sehr dünner, hochporöser Nylonfilm mit geringem Durchflußwiderstand) gegenüber der Keramikplatte erwähnt, sodaß der Fachmann durchaus erwägen wird, die Keramikplatte von D12 durch eine Membran zu ersetzen. Wegen der Ähnlichkeit der Verfahren von D12 und D1 und der unterschiedlichen Filterverfahren einerseits bei D1 und D12 und andererseits bei D10 und D11 wird ihn davon auch nicht die Feststellung in D10 und D11 abhalten, daß bei der Ultra- und Mikrofiltration Ablagerungen auf Membranen zu vermeiden sind. Doch wird er diesen Gedanken nicht mit einem Verfahren weiterverfolgen, bei dem der Filterkuchen nach der Entfeuchtung durch ein Abstreifteil vom Filtermedium abgehoben wird (Merkmal c). Ein solcher Verfahrensschritt würde nämlich bei einer Membran wegen deren geringen mechanischen Stabilität sehr bald zur Zerstörung führen. Voraussetzung für die Verwendung einer Membran bei einem gattungsgemäßen Verfahren mit dem Merkmal c ist die Maßnahme d2, für die sich aber weder in D1 noch einer der anderen Druckschriften ein Hinweis findet. In D1 wird lediglich ein poröser mechanischer Träger auf der Filtratseite zur Stützung der Membran erwähnt (Spalte 6 Zeile 8 bis 13).
5.5. Bei den Verfahren nach D2 und D3 werden Filtergewebe als Filtermedien verwendet. D4 geht auf dieselbe prioritätsbegründende Anmeldung wie D1 zurück und in seinem Offenbarungsgehalt nicht über D1 hinaus. Die Lehre nach D5 ist wegen der Unterdruckerzeugung durch Verformung des Filtermediums weiter vom Gegenstand des Anspruchs 1 entfernt als D1 bis D4 und D12.
5.6. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher erfinderisch im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
6. Die abhängigen Ansprüche sind aufgrund ihre Rückbziehung auf den Anspruch 1 ebenfalls als neu und erfinderisch anzusehen.
7. Da die Ansprüche auch den anderen Erfordernissen des EPÜ genügen, sind diese gewährbar (Artikel 52 (1) EPÜ).
8. Die übrigen Unterlagen müssen jedoch noch an die geänderten Ansprüche angepaßt werden; ferner ist in der Beschreibungseinleitung der relevante Stand der Technik aus D1, D2, D3 und D12 darzulegen (Regel 27 (1) EPÜ).
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten:
Ansprüche 1 bis 11 wie in der mündlichen Verhandlung überreicht; anzupassende Beschreibung und anzupassende Zeichnungen.