European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1996:T007394.19960213 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 13 Februar 1996 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0073/94 | ||||||||
Anmeldenummer: | 87101056.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | H05K 7/14 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Automatisierungsgeräte | ||||||||
Name des Anmelders: | SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Landis & Gyr Technology Innovation AG AEG Aktiengesellschaft |
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Kammer: | 3.4.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (nein); Nachgebrachte Vorteile ändern Wesen der Erfindung i. S. von Art. 123(2) EPÜ Inventive step (no) Amendments - agreed by the Boards (no) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdegegnerin ist Inhaberin des europäischen Patents 0 236 711.
Anspruch 1 dieses Patents lautet:
"1. Automatisierungsgerät, bestehend aus auf eine Tragschiene aufschnappbaren Baugruppenträgern, die über Steuerleitungen miteinander verbindbar sind, sowie Anschlußmitteln für externe Verdrahtung zu den Baugruppen, dadurch gekennzeichnet, daß die Baugruppenträger (3) einzeln als modulare, eine entsprechende Anpassungsschaltung (10) aufweisende Baugruppenträger (3) ausgebildet sind, die über Steckverbindung (13, 14, 15) mit benachbarten Baugruppenträgern (3) elektrisch verbindbar sind."
Ansprüche 2 bis 14 hängen von Anspruch 1 ab.
II. Die Firma "Landis & Gyr Technology Innovation AG" (Einsprechende I) und die Beschwerdeführerin, die Firma "AEG-AG" (Einsprechende II), haben gegen die Patenterteilung im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ wegen mangelnder Neuheit bzw. mangelnder erfinderischer Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 Einspruch erhoben und sich dabei unter anderem auf die Dokumente:
A1: "Landis & Gyr-Mitteilungen" Bd. 26, 1979, Seiten 2 bis 12, und
A2: CH-C 629 059
gestützt.
III. Die Einspruchsabteilung hat die Einsprüche zurückgewiesen.
Die Einspruchsabteilung vertrat im wesentlichen folgende Auffassung: Eine "Anpassungsschaltung" im Sinne der im Streitpatent in Spalte 1, Zeilen 40 bis 46 gegebenen Definition beträfe eine als serielles Ring- Schieberegister ausgebildete Schnittstelleneinheit (Interface), die zwischen Pheripherie-Baugruppe und Bus zwischengeschaltet sei. Aus Dokument A1, Seite 5, linke Spalte, Absatz 2.3.1 und Abbildungen 4 und 5 nebst Legende ginge hervor, daß der elektrische Klemmleisten (EKL)-Controller dieses bekannten Automatisierungsgerätes eine Schnittstelleneinheit aufweise, die insbesondere zur Datenübertragung an eine Zentrale diene. Analoge Funktionen, insbesondere das Anwählen einzelner Funktionsmodule (13) zur Übertragung der dort gespeicherten Daten an eine Zentrale, würden auch von dem Kontrollmodul (14) des aus Dokument A2 bekannten Automatisierungsgerätes ausgeübt. Weder die Dokumente A1 und A2 noch die weiteren von den Einsprechenden genannten Dokumente würden einen Hinweis geben, eine Anpassungsschaltung nicht in einer Baugruppe sondern in einem Baugruppenträger anzuordnen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei somit neu. Die Tatsache, daß sich die Anpassungsschaltung in dem Baugruppenträger befindet, ermöglicht, Platz in der Baugruppe zu sparen und den Aufbau der Baugruppe zu vereinfachen. Dies könne als objektive Aufgabe der Erfindung angesehen werden. Die Überführung dieser Anpassungsschaltung in einen Baugruppenträger stelle keine naheliegende Auswahl von nur zwei Möglichkeiten dar. Eine Anpassungsschaltung im Sinne des Streitpatents könne nämlich nicht als ein getrenntes Teil der Baugruppe angesehen werden, das aus der Baugruppe herausgenommen werden könne, ohne die allgemeine Bauweise zu ändern.
IV. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende II Beschwerde erhoben. In ihrer Beschwerdebegründung machte sie unter anderem geltend, daß Anpassungsschaltungen ein gewisses Volumen unabhängig davon benötigten, ob sie in einer Baugruppe oder in einem Baugruppenträger angeordnet seien. Die elektrische Verbindung zwischen den Baugruppen, die jeweils auf eine Tragschiene aufgeschnappt sind, oder zu entfernt von der Tragschiene angeordneten Baugruppen würde bei den aus den Dokumenten A1 oder A2 bekannten Baugruppen über Steckverbinder auf den (auf die Tragschiene aufgeschnappten) Baugruppenträgern hergestellt. Es stünde daher im Belieben des Fachmanns, der die für den jeweiligen Zweck benötigte Anpassungsschaltung kennt, die Anpassungsschaltungen nicht in den Baugruppen sondern in den Baugruppenträgern anzuordnen, da dabei keinerlei Veränderungen des Gesamtschaltplanes erforderlich seien und somit keinerlei Änderungen der Systemfunktionen auftreten würden.
V. In einer Anlage zur Ladung für die von der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegnerin hilfsweise beantragte mündliche Verhandlung teilte die Kammer den Verfahrensbeteiligten im einzelnen ihre vorläufige Auffassung mit, daß Dokument A1 eine Anpassungsschaltung im Sinne des Streitpatents offenbare, und daß in der Übertragung dieser Anpassungsschaltung auf das Kontrollmodul (14) des aus Dokument A1 bekannten Automatisierungsgerätes ein naheliegendes Ausfüllen einer Informationslücke des Dokuments A2 zu sehen sei, da der durch die Dokumente A1 und A2 belegte Stand der Technik sich unstrittig auf das gleiche Automatisierungsgerät beziehe. Die Verlagerung der Anpassungsschaltung aus der Baugruppe in den Baugruppenträger liege als naheliegende Auswahl zwischen zwei Anordnungsmöglichkeiten im Belieben des Fachmanns, je nachdem, ob er in der Baugruppe oder im Baugruppenträger Platz sparen wolle. Um zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen, sei jedoch noch ein weiterer Schritt erforderlich: Nicht nur der Träger des Kontrollmoduls (14) sondern alle Baugruppenträger für die Funktionsmodule (13) des Automatisierungsgerätes müßten mit einer Anpassungsschaltung versehen werden. Eine Standardisierung des Baugruppenträgers als technisches Ziel des Streitpatents sei aus den ursprünglichen Unterlagen nicht herleitbar. Eine Dezentralisierung durch individuelle Anpassungsschaltungen in jedem der benötigten Baugruppenträger führe zu dem vorhersehbaren Vorteil, daß der Umfang der zwischen den Baugruppenträgern notwendigen Steuerleitungen verkleinert werden könne. Daher werde die Dezentralisierung der Anpassung ebenfalls in das Belieben des Fachmanns gelegt.
VI. Am 13. Februar 1996 fand eine mündliche Verhandlung statt, bei der für die verfahrensbeteiligte Einsprechende I niemand anwesend war.
VII. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende II) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Streitpatents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
VIII. Die Beschwerdeführerin stützte ihren Antrag im wesentlichen auf folgende Argumente:
(a) Abweichend von der Definition in der Beschreibung des Streitpatents würde die Fachwelt in allgemein anerkannter Weise unter einer "Anpassungsschaltung" eine Schaltung entweder zur Leistungsanpassung über die Angleichung der Innenwiderstände zweier Stromkreise oder zur Wellenwiderstandsanpassung über die Angleichung ihrer komplexen Widerstände verstehen. Bei der letzteren verhindere der Abschluß einer Leitung mit ihrem Wellenwiderstand Reflexionen und vermeidet damit Signalverzerrungen. Derartige Anpassungsschaltungen seien Lehrbuchwissen, wie aus dem gutachtlich überreichten Dokument
A. Ebinger et al.: "AEG Hilfsbuch, Grundlagen der Elektronik" 1972, Hüthig Verlag, Heidelberg, Seiten 260 und 261
hervorginge. Insbesondere die Wellenwiderstandsanpassung sei eine bei Datenübertragungssystemen übliche Maßnahme, die Unstetigkeiten einer Busleitung, die durch den Anschluß von Baugruppen hervorgerufen werden, ausgleicht. Da das Streitpatent in Spalte 1, Zeilen 46 bis 51, explizit offenbare, daß bei einem Einbau der Anpassungsschaltung in den auf die Tragschiene aufsteckbaren Baugruppenträger "kein gesonderter Abschluß" des durch Aneinanderreihung der Baugruppenträger entstehenden Bussystems "erforderlich" sei und "lediglich soviel Baugruppenträger über Steckverbindungen miteinander verbunden" werden, wie Baugruppen notwendig sind, muß davon ausgegangen werden, daß auch beim Streitpatent eine Wellenwiderstandsanpassung erzielt werden soll. Überdies sei es dem Fachmann ohne weiteres gegeben, daß auch die im Streitpatent, Spalte 4, Zeilen 27 bis 29 offenbarten integrierten Schaltungen zur Wellenwiderstandsanpassung benutzt werden. Es liege daher auf der Hand, daß eine Reflexionen vermeidende Anpassungsschaltung zur Lösung der im Streitpatent Spalte 1, Zeilen 28 bis 35. offenbarten Aufgabe beitrage, ein konventionelles Automatisierungsgerät auch mit einer geringeren Anzahl von Baugruppen bestücken zu können. Allerdings bedingten derartige auf allgemeinem Fachwissen beruhenden Routinemaßnahmen keine erfinderische Tätigkeit.
(b) Selbst bei einer Beschränkung der Anpassungsschaltung auf ein serielles Ring- Schieberegister zur Umformung einer parallelen in eine serielle binäre Informationsausgabe - oder umgekehrt zur Umschaltung Serien- auf Parallelbetrieb - gemäß dem Streitpatent, Spalte 1, Zeilen 40 bis 46 könne dem sachlichen Inhalt des Anspruchs 1 keine erfinderische Tätigkeit zuerkannt werden, da der Fachmann einerseits Dokument A1, Seite 4, rechte Spalte, Absatz 4 implizit entnehme, daß der in Abbildung 4 dargestellte EKL-Controller einen seriellen Datenausgang zur Zentrale hin aufweise, und es andererseits für den Fachmann glatt selbstverständlich sei, in dem in Dokument A2, Seite 3, linke Spalte, Zeilen 49 bis 52 offenbarten Verbindungskabel vom Kontrollmodul 14 zur Zentrale eine serielle Datenübertragung vorzusehen, um Störstrahlungseinflüsse zu minimieren. Damit ergebe sich der Gegenstand des Anspruchs 1 - nach wie vor - als eine naheliegende, im Belieben des Fachmanns liegende konstruktive Abänderung der konventionellen baulichen Anordnung der Anpassungsschaltung in dem in den beiden Dokumenten A1 und A2 beschriebenen technisch gleichen Automatisierungsgerät.
IX. Die Beschwerdegegnerin widersprach der Argumentation der Beschwerdeführerin im wesentlichen wie folgt:
(a) Wie aus Anspruch 1 in Verbindung mit Spalte 1, Zeilen 40 bis 48 des Streitpatents hervorginge, sehe die Erfindung in jedem der auf die Tragschiene aufschnappbaren Baugruppenträger eine Anpassungsschaltung vor, um den parallelen Datenfluß innerhalb der Baugruppen in einen seriellen Datenfluß in dem durch die Verbindung der Steuerleitungen der einzelnen Baugruppenträger entstehenden Bus umzusetzen. Bei der vorliegenden Erfindung diene die Übertragungsschaltung allein der Datenumformung und beeinflusse nur die Kommunikation zwischen Bus und Baugruppe. Im Rahmen der Gesamtoffenbarung des Streitpatents würde der Fachmann nicht an eine bloße Widerstandsanpassung denken, da dies nicht fachmännisch wäre und zu Brummschleifen führen würde.
(b) Gemäß dem Streitpatent, Spalte 1, Zeilen 28 bis 35 sei es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Automatisierungsgerät bei einfachem und sicherem Aufbau auch mit einer geringen Anzahl von Ein- und Ausgabebaugruppen bestücken zu können. Dies werde insbesondere dadurch erreicht, daß die Schieberegister der Anpassungsschaltungen eine Signalauffrischung der aus der Baugruppe austretenden Signale vornehmen und damit im Datenbus eine sichere Übertragung im Serienbetrieb gewährleisten.
(c) Beim nächstliegenden Stand der Technik gemäß den Dokumenten A1 und A2 liegt zwischen Baugruppen und Datenbus eine 1 zu 1 Verdrahtung vor; vgl. Dokument A2, Seite 2, rechte Spalte, Zeilen 58 bis 65. Die konventionelle Anpassungsschaltung ist dem System als Ganzes zugeordnet und dient - wie aus Dokument A1, Seite 5, linke Spalte, Absatz 5 und Dokument A2, Seite 3, rechte Spalte, Zeilen 12 bis 18. hervorgeht - nicht nur als Parallel-Serien- Wandler für die Datenübertragung an die Zentrale sondern erfüllt zusätzlich die Funktion eines Informationsfilters, indem sie die Zustände der an die elektronische Klemmleiste angeschlossenen Baugruppen in einem schnellen Zyklus abfragt, speichert und derart verarbeitet, daß nur Änderungen der parallel abgefragten Zustände seriell an die Zentrale weitergegeben werden.
(d) Der individuelle Einbau von Anpassungsschaltungen in jeden einzelnen Baugruppenträger sei kostenintensiv und deshalb für den Fachmann nicht naheliegend.
X. Am Schluß der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet, daß die angefochtene Entscheidung aufgehoben und das europäische Patent Nr. 0 236 711 widerrufen werde.
Entscheidungsgründe
1. Erfinderische Tätigkeit
1.1. Aus dem nächstliegenden Stand der Technik gemäß Dokument A2 sind folgende durch den Wortlaut des Anspruchs 1 definierten Merkmale bekannt:
"Automatisierungsgerät, bestehend aus auf eine Tragschiene (vgl. A2, 1 in der Figur) aufschnappbaren Baugruppenträgern (2), die über Steuerleitungen miteinander verbindbar sind (vgl. A2, Seite 3, rechte Spalte, Zeilen 13 bis 18), sowie Anschlußmitteln (10, 12) für externe Verdrahtung (11) zu den Baugruppen, dadurch gekennzeichnet, daß die Baugruppenträger (2) einzeln als modulare ... Baugruppenträger (vgl. A2, Seite 2, rechte Spalte, Zeilen 58 bis 63) ausgebildet sind, die über Steckverbindung (4, 5) mit benachbarten Baugruppenträgern elektrisch verbindbar sind (vgl. A2, Seite 2, rechte Spalte, Zeilen 42 bis 54)."
1.2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von dem aus dem Dokument A2 bekannten Automatisierungsgerät gemäß dem Wortlaut des Anspruchs 1 nur dadurch, daß die Baugruppenträger
"als eine entsprechende Ausgangsschaltung aufweisende"
Baugruppenträger ausgebildet sind.
1.3. Das im Streitpatent Spalte 1, Zeilen 28 bis 35 als zentraler Schwerpunkt offenbarte technische Ziel, konventionelle Automatisierungsgeräte dahingehend zu verbessern, "daß bei einfachem und sicherem Aufbau das Automatisierungsgerät auch mit einer geringen Anzahl von Ein- und Ausgabebaugruppen bestückt werden kann, ohne hierbei einen erheblichen Aufwand treiben zu müssen" wird gemäß Spalte 1, Zeilen 35 bis 46 durch die Gesamtheit aller Kennzeichenmerkmale erreicht. Die erläuternde Formulierung dieses technischen Ziels im Streitpatent Spalte 6, Zeilen 34 bis 44 - nämlich ein Automatisierungsgerät zu schaffen, das je nach der Anzahl benötigter Baugruppen modular zusammengefügt werden kann, ohne daß es erforderlich ist, ungenützte Baugruppenträger mit der Tragschiene zu verbinden - liegt auch beim nächstliegenden Stand der Technik gemäß Dokument A2 vor. Es wird dort mit den gleichen technischen Mitteln erreicht wie beim Streitpatent, nämlich durch eine an die Zahl jeweils notwendiger Baugruppen anpassbare Anzahl einzeln auf die Tragschiene aufschnappbarer Baugruppenträger, die über ihre integralen Steckverbindungen miteinander elektrisch verbindbar sind und damit die Funktionsbereitschaft sicherstellen. Bei der Realisierung dieses dem Streitpatent explizit entnehmbaren technischen Ziels sind die beanspruchten "Anpassungsschaltungen" in jedem der aufgeschnappten Baugruppenträger technisch nicht erforderlich.
1.4. Die von der Beschwerdeführerin in Punkt VIII-(a) angeführte Wellenwiderstandsanpassung fällt nicht nur sachlich unter den beanspruchten Begriff einer "Anpassungsschaltung" sondern von einer solchen Anpassung wird beim Ausführungsbeispiel des Streitpatents auch Gebrauch gemacht. Dies geht für den Fachmann eindeutig aus der Angabe in Spalte 1, Zeilen 46 bis 48 hervor, daß bei dem erfindungsgemäßen Gerät auf den konventionellen Abschluß (d. h. auf die Überbrückung des Busendes mit dessen Wellenwiderstand) verzichtet werden kann. Es kann jedoch aus den nachstehenden Gründen offen bleiben, ob eine bauliche Integration von Wellenwiderstandsabschlüssen des Datenbusses in jeden der Baugruppenträger naheliegend ist.
1.5. Gemäß der ständigen Amtspraxis ist ein in einem Patentanspruch enthaltener Begriff konsistent mit der Gesamtoffenbarung einer Patentschrift auszulegen. Die Auslegung der Anpassungsschaltung im Sinne des in Spalte 1, Zeilen 40 bis 46 offenbarten seriellen Ring- Schieberegisters als ein Mittel, das "eine parallele Übergabe der einzelnen Binärinformationen zuläßt" führt zu keinerlei technischen Widersprüchen mit der Gesamtoffenbarung des Streitpatents. Aus diesen Gründen ist die Kammer der Auffassung, daß der Fachmann in der beanspruchten "Anpassungsschaltung" ebenfalls ein Mittel zum Umformen des Datenflußes von Parallel- in Serienbetrieb sieht. Insoweit ist der Auffassung der Beschwerdegegnerin zuzustimmen, vgl. Punkt IX-(a). Weitere über Datenflußwandlung hinausgehende Funktionen des Schieberegisters sind im Streitpatent nicht offenbart. Die von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte "Signalauffrischung" (vgl. Punkt IX-(b)) ist keine inhärente Funktion eines Schieberegisters, die stets zwingender technischer Bestandteil eines Schieberegisters ist und somit automatisch durch den Begriff als solchen offenbart ist, vielmehr stellt nach Auffassung der Kammer eine Signalauffrischung im Schieberegister einen nachgebrachten Vorteil dar, der das Wesen der offenbarten Erfindung verändert. Er kann daher im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ nicht zur Formulierung einer der vorliegenden Erfindung zugrundeliegenden objektiven Aufgabe herangezogen werden.
1.6. Die Kammer folgt der Auffassung der Beschwerdegegnerin in Punkt IX-(c) insoweit, als der Fachmann Dokument A2, Seite 3, rechte Spalte, Zeilen 12 bis 18 implizit entnimmt, daß das Kontrollmodul 14 den Informationsfluß von Parallel- in Serienbetrieb zur Weitergabe an die Zentrale umwandelt. Die Tatsache, daß das Kontrollmodul 14 zusätzlich eine Informationsfilterung vornimmt, stellt eine von der Umwandlung des parallelen in einen seriellen Datenfluß unabhängigen Wirkung des Kontrollmoduls 14 dar. Sie ist daher unbeachtlich in bezug auf den Tatbestand, daß das Kontrollmodul 14 eine Anpassungsschaltung im Sinne des Streitpatents aufweist.
1.7. Die Kammer hält daher an ihrer den Verfahrensbeteiligten gemäß Punkt V mitgeteilten vorläufigen Auffassung fest, und sieht das der vorliegenden Erfindung zugrundeliegende Problem, das durch das in Punkt 1.2 definierte Unterscheidungsmerkmal gelöst wird, in einer Vereinfachung des technischen Aufwands bei der konventionellen Anpassung modularer Baugruppenträger an die benötigte Zahl der Baugruppen in einem Automatisierungsgerät.
1.8. Zur Lösung dieser Aufgabe ist der nächstliegende Stand der Technik gemäß Dokument A2 dahingehend abzuwandeln, daß - gemäß dem in Punkt 1.2 definierten Unterscheidungsmerkmal - zunächst:
a) Die Anpassungsschaltung aus der Baugruppe 14 in den zugehörigen Baugruppenträger 2 verlagert und anschließend
b) für jede Baugruppe (14 und 13) gesondert dezentral in ihrem zugehörigen Baugruppenträger eine Anpassungsschaltung angeordnet wird.
1.9. Da der Platzbedarf der Anpassungsschaltung von ihrem Unterbringungsort unabhängig ist, folgt die Kammer der in Punkt IV dargelegten Auffassung der Beschwerdeführerin, daß die Verlagerung der konventionellen Anpassungsschaltung aus der Baugruppe in ihren Baugruppenträger eine im Belieben des Fachmanns liegende, naheliegende konstruktive Maßnahme ist, die im Rahmen des routinemäßigen Handelns eines Fachmanns liegt.
1.10. Nach Auffassung der Kammer ist ein Fachmann in der Lage vorherzusehen, daß der Übergang von Parallel- auf Serienbetrieb in dem durch Verbindung der einzelnen Baugruppenträger entstandenen Datenbus die Anzahl der im Datenbus erforderlichen individuellen Übertragungskanäle herabsetzt und damit den technischen Aufwand bei der Bedarfsanpassung durch modulare Baugruppenträger verringert, vgl. auch Punkt V. Die höheren Kosten mehrerer dezentral angeordneter Anpassungsschaltungen stellen - entgegen der sinngemäßen Meinung der Beschwerdegegnerin in Punkt IX-(d) - kein technisches Vorurteil dar, das als Beweisanzeichen einer erfinderischen Tätigkeit dienen könnte. Nach Auffassung der Kammer würde ein Fachmann nämlich ohne weiteres solche höheren Kosten in Kauf nehmen, wenn ihm aus anderweitigen praktischen Erwägungen ein Datenbus mit einer geringeren Anzahl von Übertragungskanälen technisch vorteilhafter erscheint. Im Rahmen derartiger Optimierungen - wenn beispielsweise aus Gründen der praktischen Anwendung ein Datenbus mit kleinen Abmessungen erforderlich ist - stellt der Mehraufwand für eine Vielzahl von Anpassungsschaltungen allenfalls einen vorhersehbaren Nachteil dar, dessen Inkaufnahme keine erfinderische Tätigkeit bedingt.
1.11. Aus den vorstehend genannten Gründen erachtet die Kammer den Gegenstand des Anspruchs 1 als das Ergebnis im Belieben des Fachmanns liegender konstruktiver Abwandlungen des nächstliegenden Standes der Technik, die weder technische Schwierigkeiten bereiten noch zu unerwarteten Wirkungen führen.
1.12. Aus den oben in Punkt 1.1 bis 1.11 genannten Gründen beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
2. Anspruch 1 genügt daher nicht den Erfordernissen des Artikels 52 (1) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ. Das Patent kann daher mit diesem Anspruch nicht aufrechterhalten werden. Mit Anspruch 1 fallen auch die von diesem abhängigen Ansprüche 2 bis 14.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das europäische Patent Nr. 0 236 711 wird widerrufen.