T 0753/93 () of 17.10.1995

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1995:T075393.19951017
Datum der Entscheidung: 17 October 1995
Aktenzeichen: T 0753/93
Anmeldenummer: 87105520.8
IPC-Klasse: E05F 3/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Türschließer
Name des Anmelders: GEZE Grundstücks- und Beteiligungsgesellschaft mbH
Name des Einsprechenden: GRETSCH-UNITAS GmbH, Baubeschläge
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54(2)
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 R 29(1)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (anerkannt)
Inventive step (yes) - implicit solution (no)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0099/85
T 0229/85
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die im Anschluß an die mündliche Verhandlung am 6. April 1993 verkündete Zwischenentscheidung, deren schriftliche Begründung am 25. Juli 1993 zur Post gegeben worden ist. Mit dieser Entscheidung hat die zuständige Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts das europäische Patent Nr.0 243 786 (Anmeldenr. 87 105 520.8) in geändertem Umfang aufrechterhalten.

II. Zur Stütze ihres Einspruches hatte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) unter anderem auf folgende Entgegenhaltungen verwiesen:

D1: IT-A-580797

D2: US-A-1 142 051

D3: DE-C-1 139 040

D5: US-A-3 267 763

D9: Zahnräder, K. Zirpke, VEB Fachbuchverlag Leipzig 1978, Seite 57.

D11: Rolof/Matek Maschinenelemente, Vieweg-Verlag, Seiten 570 und 571

D13: US-A-1 359 144.

Die Einspruchsabteilung hat zur Begründung ihrer Entscheidung ausgeführt, daß die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1, 3, und 5 in der während der mündlichen Verhandlung am 6. April 1993 vorgelegten Fassung gemäß Hilfsantrag (vgl. Anlage 2 der Entscheidung) auf erfinderischer Tätigkeit beruhten.

III. Der Oberbegriff und der erste Teil des Kennzeichens ist bei den drei unabhängigen Ansprüchen 1, 3 und 5 gleich und lautet:

"Türschließer mit einem in einem Gehäuse (1) geführten Kolben (33), zumindest einer mit dem Kolben (33) zusammenwirkenden Schließerfeder (34) und einer hydraulischen Dämpfungseinrichtung und mit einer über ein Getriebe (25, 30, 48; 27, 35, 41; 47) mit dem Kolben (33) verbundenen Schließerwelle (46) oder Schließerachse, wobei das Getriebe mindestens ein Zahnritzel (25, 30, 48) aufweist, das exzentrisch gelagert ist, dadurch g e k e n n z e i c h e t , daß das Zahnritzel (25, 30, 48) auf seinem Umfang und/oder die dem Zahnritzel (25, 30, 48) zugeordnete komplementäre Verzahnung (27, 50) auf Abschnitten der Wälzkurve (26, 28) unterschiedlich ausgestaltete Zähne aufweist, ..."

Die folgenden und letzten Teile dieser Ansprüche 1, 3 und 5. lauten jeweils wie folgt:

"1. ..., indem die zahnritzelseitige Verzahnung (25) und/oder die dem Zahnritzel zugeordnete komplementäre Verzahnung (27) über ihre Wälzkurve variierte Profilverschiebung aufweist."

"3. ..., indem die zahnritzelseitige Verzahnung (25) und/oder die dem Zahnritzel (25) zugeordnete komplementäre Verzahnung (27) über ihre Wälzkurve (26, 28) Zähne mit unterschiedlichem Modul aufweist und dadurch die Festigkeit der Verzahnung in den Wälzkurvenabschnitten eingestellt wird,

wobei die Verzahnung (25, 27) in Abschnitten der Wälzkurve (26, 28) mit zugeordnetem kleinen Türöffnungswinkel relativ kleinem Modul und in Abschnitten der Wälzkurve (26, 28) mit zugeordnetem großen Türöffnungswinkel größeren Modul aufweist."

"5. ..., indem die zahnritzelseitige Verzahnung (25, 20) und/oder die dem Zahnritzel (25) zugeordnete komplementäre Verzahnung (27, 21) mindestens einen unsymmetrisch ausgebildeten Zahn mit unterschiedlichen Flankenwinkeln aufweist, bei dem die druckseitige Flanke (20, 21) einen spitzeren Flankenwinkel als die nicht druckseitige Flanke aufweist,

wobei die dem Zahnritzel zugeordnete komplementäre Verzahnung (27, 21) eine S-kurvenförmige Wälzkurve (27) aufweist und unsymmetrisch ausgebildete Zähne insbesondere im Bereich des Wendepunktes der Wälzkurve (27) angeordnet sind."

IV. Die Beschwerdeführerin hat am 17. August 1993 unter gleichzeitiger Zahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt. In der am 27. Oktober 1993 eingereichten Begründung wurden folgende weitere Entgegenhaltungen genannt:

D14: US-A-2 933 755

D15: DE-C- 941 264

D16: FR-A- 966 945

D17: FR-A-1 510 056

D18: LUEGER Lexikon der Technik, Band 1, 1960, Deutsche Verlags-Anstalt Stuttgart, Seiten 378-380, 611-616 und 662-666.

D19: DE-A-1 559 721

D20: US-A-3 064 491

D21: Konstruktion 31 (1979) H. 1, Seiten 7-11, Springer-Verlag

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat dieser Begründung mit einer am 16. März 1994 eingereichten Stellungnahme widersprochen.

Am 29. Juli 1994 und 15. September 1995 wurden noch weitere Dokumente von der Beschwerdeführerin genannt:

D22: US-A-4 036 073

D23: "Zahnräder" von Ing. W. Alexander, KEM 1972, Februar.

D24: "Es geht rund - mit unrunden Zahnrädern", H. Hirn, Der Zuliefermarkt, November 1990.

D25: Hirn Verzahnungen, Referenzliste usw.

D26: Schneider, "Technisches Zeichen für die Praxis", Georg Westermann Verlag, 1953, Seiten 218 und 219.

V. Infolge eines Bescheids der Beschwerdekammer zur Vorbereitung einer mündlichen Verhandlung reichte die Beschwerdegegnerin als Hilfsantrag einen neuen Satz Patentansprüche 1 bis 8 mit angepaßter Beschreibungsseite 2 ein. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag stellt eine Zusammenfassung der Ansprüche 1 und 2 des Hauptantrags dar und enthält am Ende des Oberbegriffes das zusätzliche Merkmal:

"so daß im Bereich kleiner Türöffnungswinkel ein längerer Hebelarm (A,a) und im Bereich großer Türöffnungswinkel ein kürzerer Hebelarm (B,b) wirksam wird".

Die unabhängigen Ansprüche 3 und 4, die jeweils den Ansprüchen 4 und 5 des Hauptantrags entsprechen, enthalten auch das zusätzliche Merkmal. Im Anspruch 4 wird noch das Merkmal, daß der Flankwinkel variiert ist, eingeführt.

Am 17. Oktober 1995 fand die mündliche Verhandlung statt, in der die Frage der erfinderischen Tätigkeit im wesentlichen im Hinblick auf die Entgegenhaltungen D1, D18 und D22 diskutiert wurden.

VI. Die Beschwerdeführerin führte gegen die Patentfähigkeit der Gegenstände der unabhängigen Ansprüche aller Anträge Folgendes aus:

Aus der gattungsgemäßen Entgegenhaltung D1 sei ein Türschließer bekannt, der bereits aufgrund der exzentrischen Lagerung des Ritzels einen günstigen Momentenverlauf gewährleiste. Von der im Streitpatent angegebenen Aufgabenstellung bleibe daher lediglich die Aufgabe, eine kompakte Bauweise des Türschließers zu erzielen. Jedoch sei unklar, auf welche Weise diese Aufgabe durch die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche gelöst werde. Gemäß Anspruch 1 werde sie durch eine variierte Profilverschiebung der Zähne gelöst. Eine Verschiebung bringe jedoch keine Kompaktheit. In der Tat diene die Profilverschiebung an den Verzahnungen lediglich derselben Aufgabe, die im Anspruch 3 gemäß Hauptantrag (bzw. Anspruch 2 des Hilfsantrags) gestellt sei, nämlich die Festigkeit der Zähne auf die diese Zähne angreifenden Kräfte abzustimmen, und nach diesem Anspruch 3 auch durch den unterschiedlichen Modul der Zähne gelöst werde. Hinsichtlich der Lösung gemäß Anspruch 5 (Hauptantrag) bzw. Anspruch 4 (Hilfsantrag), in der die Flankenwinkel der Zähne variiert würden, könnten die Kraftkomponenten zwischen Ritzel und Kolben so gestaltet werden, daß sie in Richtung nicht der Kolbenwand, sondern der Bewegungsrichtung des Kolbens gerichtet würden, so daß ein besserer Wirkungsgrad des Türschließers erreicht werde.

Jedoch sei beim Türschließer gemäß D1 eine Wahl der Zahnparameter sowieso notwendig, damit dieser Türschließer störungsfrei arbeite. Deshalb sei diese Aufgabenstellung, nämlich die Zahnparameter zu bestimmen, nicht erfinderisch. Außerdem handele es sich bei diesem Problem nicht um spezifischen Aufgaben, die bei Türschließern aufträten und einen Schließerfachmann beträfen, sondern um eine Problemstellung für einen Verzahnungs- bzw. Getriebefachmann. Aus den Dokumenten D23 und D24 ergebe sich, daß sich der Getriebebauer mit der Entwicklung von Getrieben für verschiedene und spezielle Anwendungsfälle befasse, z. B. für Zahnradpumpen, Lenkergetriebe sowie Türschließer. Diesem Fachmann sei es durchaus geläufig, wie er die Zahnparameter zur Abstimmung der Verzahnungsfestigkeit usw. ändern müsse, damit sich die Tragfähigkeit der Zähne über die Wälzkurven der Verzahnungen einstelle. Aus dem Lexikon D18, siehe Seite 378, sei z. B. zu entnehmen, daß die Profilverschiebung ein Mittel sei, "um das Eingriffs- und Gleitverhältnis sowie die Tragfähigkeit der Verzahnungen zu verbessern". Darüber hinaus lehre diese Entgegenhaltung, daß eine Vergrößerung des Moduls gleichbedeutend mit der Vergrößerung der Zahnteilung sei, d. h. mit einer Erhöhung der Verzahnungsfestigkeit.

Bereits in Entgegenhaltung D1 sei die Lehre gegeben, daß die Kräfte in Abhängigkeit vom wirksamen Hebelarm mit dem Türöffnungswinkel variierten, weil am Anfang des Öffnens mehr Kraft gefordert werde, die dann langsam abnehme. Dem Fachmann sei somit die Anregung gegeben, entsprechend der Belastungen der einzelnen Zähne jeder Verzahnung die Parameter der Zähne zu ändern. In Kenntnis dieser Lehre liege es deshalb für einen Fachmann bei der Suche, die Festigkeit der Zähne entsprechend den bekannten, an das Getriebe eines Türschließers gestellten Anforderungen zu verbessern, nahe, die zahnritzelseitige Verzahnung bzw. die komplementäre Verzahnung des Kolbens zu variieren.

Außerdem könne er einen Stand der Technik in Betracht ziehen, in welchem bereits miteinander kämmende Getriebeverzahnungen auf die veränderlichen Belastungen der Zähne abgestimmt würden. Aus vielen Entgegenhaltungen der bereits oben erwähnten speziellen Technikgebiete könne er entnehmen, daß eine Variierung von Profilverschiebungen, Modulen und Zahnflankengeometrie über die Wälzkurven der Verzahnungen für die Anpassung der Zähne an ihren Belastungen eine Lösung sei.

Aus diesen Gründen stellten die Lösungen gemäß den unabhängigen Ansprüchen aller Anträge eine Selbsverständlichkeit dar.

VI. Die Beschwerdegegnerin trug im wesentlichen folgende Argumente vor:

Bei der vorliegenden Erfindung handele es nicht um ein Getriebeproblem, sondern um die Baugröße des gattungsgemäßen Türschließers, in dem relativ starke Schließfedern wegen der erforderlichen hohen Schließmomente einzusetzen seien. Nur aufgrund dieser starken Schließfedern träten in den Zähnen relativ große Kräfte auf, so daß es zum Zahnbruch kommen könne. Deshalb sei der betroffene Durchschnittsfachmann zur Lösung der der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe der Türschließerfachmann, und nicht ein Getriebebauer. Darüber hinaus sei es zwar aus der technischen Literatur seit langem bekannt, die Verzahnungsparameter, nämlich die Profilverschiebung, den Modul und die Flankwinkel der Zähne zu wählen, es werde dort jedoch gelehrt, diese Parameter über der Wälzkurve nicht zu variieren, sondern konstant einzustellen.

VII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf der europäischen Patents Nr. 243 786.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents mit den am 18. September 1995 eingereichten Patentansprüchen 1 bis 8.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Ansprüche gemäß Hauptantrag der Beschwerdegegnerin

2. Keine der erwähnten Entgegenhaltungen beschreibt einen Türschließer gemäß dem Streitpatent. Da die Neuheit der Gegenstände der drei unabhängigen Ansprüche 1, 3 und 5 des Hauptantrags nicht bestritten wurde, erübrigt sich ein näheres Eingehen hierauf.

3. Unbestritten ist auch, daß die Entgegenhaltung D1 einen Türschließer beschreibt, der als nächstkommender Stand der Technik gilt und die Merkmale desselben Oberbegriffs jedes unabhängigen Anspruchs enthält.

Bei dieser bekannten Vorrichtung ist die Achse bzw. Schließerwelle des Zahnritzels mit einem Ende eines Gestänges verbunden, dessen anderes Ende an der Tür angelenkt ist. Das exzentrisch gelagerte Zahnritzel ist mittels seiner Verzahnung im Eingriff mit der geneigten Verzahnung einer Zahnstange, die mit einem Ende des in dem Türschließergehäuse geführten Kolbens verbunden ist und auf der anderen Seite mit einem oder mehreren Federn zusammenwirkt. Die Federn, die Zahnstange und der Kolben sind somit in gerader Fluchtlinie innerhalb des Zylinders bzw. Gehäuses des Türschließers angeordnet.

Durch die exzentrische Lagerung des Ritzels und die durch die Zahnstange ausgebildete, komplementäre kolbenseitige Verzahnung werden unterschiedliche Hebelarme wirksam. In der Öffnungsphase der Tür wirkt die Dämpfungseinrichtung nicht. Die Tür wird manuell geöffnet; aufgrund der Gestängeverbindung und des Zusammenwirkens des Ritzels mit der Zahnstange bewegt sich der Kolben im Zylinder. Die Feder(n) wird bzw. werden zusammengepreßt. Gleichzeitig nimmt der Hebelarm ab, so daß sich die Tür mit abfallender Kraft öffnet. Beim folgenden Loslassen der Tür wirkt das Federsysstem auf den Kolben, der sich in die andere Richtung bewegt, nämlich in Richtung des Schließens der Tür. Diesmal wirkt die Dämpfungseinrichtung, so daß die Tür beim Schließen gebremst wird. Während dieser Bewegung nimmt der Hebelarm zu und deshalb wird ein immer stärkerer Druck und, am Ende des Schließens, eine hohe Schließkraft gegeben. Dieser bekannte Türschließer liefert daher einen günstigen Momentenverlauf.

4. Jedoch hat diese Vorrichtung den Nachteil, daß am Ende des Schließens ein sehr hoher Schließmoment notwendig ist, weil die Kraftkomponente in Richtung der Führungswandung des Kolbens wegen der exzentrischen Lagerung des Ritzels in Verbindung mit der geneigten kolbenseitigen Verzahnung eine hohe Wandreibung verursachen. Deshalb sind relativ starke Schließfedern, Kolben und Ritzel einzusetzen und dies bedeutet eine ziemlich große Baugröße des Türschließers.

Die der Erfindung zugrunde liegende technische Aufgabe besteht darin, einen Türschließer zu schaffen, der bei kompakter Bauweise einen günstigen Momentverlauf liefert (siehe Patent Spalte 1, Z. 55-57).

5. Zusätzlich zu dieser Aufgabe wurde im Einspruchs- sowie Beschwerdeverfahren ein weiteres Problem darin gesehen, die Festigkeit der Zähne jeder Verzahnung zu verbessern. Gleichzeitig wurde das erste Merkmal des Kennzeichens der unabhängigen Ansprüche, nämlich daß die Verzahnungen des Ritzels sowie der kolbenfesten Zahnstange unterschiedlich ausgestaltete Zähne aufweisen, als aus der Entgegenhaltung D1 bekannt gesehen. Die Kammer hat hierzu folgendes festzustellen:

a) Nach ständiger Rechtsprechung soll die Aufgabenstellung einer Erfindung keinen Hinweis auf die Lösung enthalten (vgl. die Entscheidungen T 229/85, ABl. EPA 1987, 237, und T 99/85, ABl. EPA 1987, 473). Die Druckschrift D1 vermittelt lediglich die Lehre, einen Türschließer mit progressiver Aktion durch ein Hebelsystem zu schaffen, das durch eine Änderung des Abstandes der Zähne von der Drehachse des Ritzels bzw. von der Grundlinie der Zahnstange gebildet wird. Sie enthält keinen Hinweis weder auf eine Änderung der Parameter der Zähne noch auf ihre Festigkeit. Dies wurde von der Beschwerdeführerin in ihrem am 11. Juni 1992 eingegangenen Schriftsatz, Seite 4, letzte Zeilen, bestätigt. Deshalb ist die Erkennung der technischen Aufgabe, die Festigkeit der Zähne zu verbessern, bereits ein Teil des Lösungsgedankens, der nicht in der objektiven Aufgabe der vorliegenden Erfindung erscheinen soll.

b) Hinsichtlich dieses ersten Merkmals des Kennzeichens der unabhängigen Ansprüche ist zunächst zu bemerken, daß der Oberbegriff der Ansprüche schon ein Merkmal enthält, daß das Zahnritzel exzentrisch gelagert ist. Daraus ergibt sich, daß sich der Abstand der Zähne von der Drehachse des Ritzels ändert. Weiterhin folgt für einen Fachmann aus diesem Merkmal, daß die zugeordnete komplementäre Verzahnung geschrägt sein muß. Das erste Merkmal des Kennzeichens der Ansprüche muß deshalb eine andere Bedeutung haben. Gemäß Artikel 84 EPÜ soll ein Merkmal, dessen Auslegung zweifelhaft ist, im Licht der Beschreibung des Streitpatents ausgelegt werden. Aus dieser Beschreibung geht deutlich hervor, daß das erste Merkmal mit den folgenden Merkmalen des Kennzeichens in Verbindung steht. Die Idee, unterschiedlich ausgestaltete Zähne im Sinne des Streitpatents vorzusehen, muß deshalb als neu betrachtet werden und somit ist die zweiteilige Form der Ansprüche gemäß Regel 29 (1) EPÜ korrekt.

6. Daß die oben gestellte Aufgabe tatsächlich gelöst wird, erscheint aufgrund der in der Beschreibung des Streitpatents gegebenen Erklärungen glaubhaft:

Mit jeder der drei Lösungen gemäß den Ansprüchen 1, 3 oder 5 wird ein günstigerer Momentenverlauf erreicht, d. h. ein besserer Verlauf des Schließmomentes sowie des Öffnungsmomentes, weil schon dadurch bessere Gleitverhältnisse erreicht werden, wie dies durch das Dokument D18 bestätigt wird.

Darüber hinaus erhöht eine Profilverschiebung gemäß Anspruch 1 die Tragfähigkeit der Zähne (Dokument D8, Seite 378, bestätigt dieses Ergebnis; siehe auch den Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 11. Juni 1992, Seite 3). Deshalb muß die Profilverschiebung aufgrund des Momentenverlaufs positiv im Bereich des kurzen Halbmessers des exzentrisch gelagerten Ritzels ausgebildet werden, so daß ein Mindestlagerdurchmesser auch bei kleinen Ritzeln realisierbar ist. In Spalte 2, Zeilen 46-60 der Beschreibung des Streitpatents, wird noch erklärt, daß ein Kolben mit geringem Durchmesser verwendet werden kann, da aufgrund der positiven Profilverschiebung der kolbenseitigen Verzahnung bzw. Zahnstange im Bereich der kleinen Öffnungswinkel, nämlich in dem Bereich, in dem die Dicke der Zahnstange klein ist, die Wandstärke dieser Zahnstange nur wenig geschwächt wird und somit bei schlankerem Kolben nicht zu dünn wird. Deshalb können kleine Ritzel und Kolben verwandt werden.

Mit der Modulvariation gemäß Anspruch 3 werden die Zähne entlang der Wälzkurve nur so groß gewählt, wie dies für die Festigkeit erforderlich ist, so daß es hier ebenfalls möglich ist, kleine Ritzel einzusetzen. Durch die gewählten Zähne mit unterschiedlichen Flankenwinkeln gemäß Anspruch 5 sind die Kraftkomponenten mehr auf die Kolbenbewegungsrichtung eingestellt als auf die Kolbenwand, so daß die Wandreibung reduziert wird.

Im allgemein führen alle diese Maßnahmen zu einem verbesserten Wirkungsgrad des Türschließers, so daß schließlich schwächere Federn, kleinere Ritzel und schlankere Kolben eingesetzt werden können. Eine kompakte Bauweise des Türschließers kann deshalb erfolgen, und die objektive Aufgabe der vorliegenden Erfindung wird somit, entgegen der Aufassung der Beschwerdeführerin, gelöst. Die Beschwerdeführerin hat bezweifelt, daß die Lösungen nach den Ansprüchen 1, 3 und 5 zu den oben beschriebenen Ergebnissen führen; sie hat jedoch nichts vorgebracht, um ihren Zweifel zu untermauern.

7. Zur Frage, ob der belegte Stand der Technik die Gegenstände der Ansprüche 1, 3 und 5 nahelegen konnte, ist folgendes auszuführen:

7.1. Zuerst muß zugunsten der Beschwerdegegnerin eingeräumt werden, daß im Hinblick auf die im vorliegenden Fall gestellte Aufgabe, vgl. oben Punkt 4, der für die Lösung dieser Aufgabe zuständige Fachmann derjenige ist, der mit der Entwicklung von Türschließern befaßt ist, und nicht ein Getriebekonstrukteur. Der Wunsch nach einer kompakten Bauweise des Türschließers ist ein spezifisches Problem eines Türschließerfachmanns, der in erster Linie mit einem Kolben und Federn befaßt ist, da diese Baubestandteile im wesentlichen den Raumbedarf des Türschließers bestimmen. Selbst wenn der Fachmann realisierte, daß, ausgehend von dem aus der Entgegenhaltung D1 bekannten Türschließer, eine Reibungsverminderung und somit eine Optimierung des Wirkungsgrades dieses Türschließers wünschenswert wäre, um voluminöse Federn zu vermeiden, bliebe das zu lösende Problem ein spezifisches Problem eines Türschließers.

7.2. Zusätzlich zu der gattungsgemäßen Entgegenhaltung D1 betreffen unter den erwähnten Dokumenten einige, nämlich D13 bis D17, auch Türschließer. Zwei von ihnen beschäftigen sich mit der Aufgabe, entweder die Gehäusemasse (siehe D13) oder die Feder (D17) zu verkleinern und lösen diese Aufgabe durch eine besondere Anordnung der Hauptbestandteile der Vorrichtung, insbesondere des Ritzels. Verschiedene Möglichkeiten stehen deshalb dem Fachmann zur Verfügung, um die Bauweise oder auch die Reibungskomponente eines Türschließers zu reduzieren. Zusätzlich zu einer geänderten Anordnung der Bestandteile könnte er auch überlegen, andere federnde Mittel bzw. bessere Schmiermittel usw. einzusetzen, bevor er ohne Hilfe von Anregungen im Stand der Technik vor der Idee steht, die Zahnparameter unterschiedlich zu gestalten. Eine erfinderische Leistung ist somit in diesem Schritt bzw. in dieser Überlegung zu sehen.

7.3. Wäre der Fachmann auf diese Idee gekommen, müßte er dann in der allgemeinen technischen Literatur, die sich auf Zahnparameter bezieht, eine Lösung finden. Mit den Dokumenten D9, D11, D18, D21, D23 und D26 hat die Beschwerdeführerin eine breite Darstellung dieser Literatur vorgelegt. Aus diesen Lehrbüchern und dgl. ist zwar der Einfluß verschiedener Verzahnungsparameter wie Profilverschiebungen, Module und Flankwinkel der Zähne für die Eingriffs- und Gleitverhältnisse sowie für die Festigkeit der Zähne zu entnehmen, jedoch lehren diese Druckschriften, diese Parameter auf einen über der Wälzkurve konstanten Wert festzulegen. Somit offenbaren sie nicht, die Verzahnungsparameter über der Wälzkurve zu variieren. Der Fachmann konnte deshalb mit Hilfe dieser Dokumente und seiner Fachkenntnisse nicht zum Gegenstand der Ansprüche des Streitpatents gelangen.

Zwar gibt die gattungsgemäße Entgegenhaltung D1 bereits an, daß "differenzierte Zähne" oder unterschiedliche Kraftverhältnisse beim Auf- und Zuschwenken einer Tür vorzusehen sind, jedoch werden diese Ziele bereits durch das exzentrisch gelagerte Ritzel und die dadurch sich ändernden Hebelverhältnisse erreicht. Daß zusätzlich die Zahnparameter variiert werden können, ist aus dieser Entgegenhaltung nicht zu entnehmen.

7.4. Der Fachmann bedurfte daher weitere Schritte, um die erfindungsgemäße Lösung zu erreichen. Aus diesen Gründen hat die Beschwerdeführerin zusätzliche Druckschriften herangezogen, die eine variierte Profilverschiebung und ähnliche Maßnahmen über den Wälzkurven von Zahnradgetrieben aufweisen, nämlich die Entgegenhaltungen D2, D3, D5, D20 und D22. Jedoch liegen diese Dokumente auf anderen Fachgebieten, nämlich denjenigen des Wagenlenkens, der Pumpen und der Gebläse. Diese Fachgebiete bilden keine Nachbargebiete oder technisch übergeordneten Gebiete des Türschließergebiets und beinhalten keine ähnliche Problematik, so daß nicht ersichtlich ist, weshalb der Fachmann solche Gebiete in Erwägung gezogen haben sollte. Darüber hinaus offenbaren diese Entgegenhaltungen Lösungen, die nicht der Aufgabe der vorliegenden Erfindung entsprechen: Bei dem mit Geschwindigkeitsänderungen vorgesehenen Gebläse nach Dokument D2 sind bei dem kleinen wirksamen Hebelarm kleinere Zähne und bei dem großen wirksamen Hebelarm größere Zähne vorgesehen. Dies steht im Gegensatz zu einer verbesserten Festigkeit der Zähne. Bei den Lenkgetrieben gemäß Entgegenhaltung D3 oder D20 sind auf ähnliche Weise längere bzw. größere Zähne im Bereich des längeren Hebelarms vorgesehen, und dadurch soll eine sehr spezifische Drehwinkelübersetzung erreicht werden. Das Problem liegt weit von der der Erfindung zugrundeliegenden Aufgabe entfernt. Das gleiche gilt für die elliptischen, ständig drehenden Zahnräder von Pumpen bzw. Strömungsmessern nach Dokument D22, die nur auf bestimmten und kleinen Bereichen ihrer Wälzkurve unterschiedlich ausgestaltete Zähne aufweisen, um ein verbessertes Fördervolumen eines Fluidums zu erreichen.

7.5. Die Dokumente D24 und D25 bilden keinen Stand der Technik gemäß Artikel 54 (2) EPÜ und haben deshalb außer Betracht zu bleiben. Die Entgegenhaltung D19 beschreibt unter anderem das Antriebsritzel eines Fensterbedienungsgriffs und vermittelt lediglich, das Ritzel mit verschiedenen Halbmessern zu versehen und die damit zusammenwirkende Zahnstange entsprechend auszubilden. Die aus Figur 3 ersichtlichen Zähne, die unterschiedlich ausgestaltet zu sein scheinen, können in Ermangelung von expliziter Offenbarung in der Beschreibung keinen Hinweis auf die beanspruchten Lösungen geben, zumal dort nur ein ungleicher Hub bezweckt wird, der dem Hebelsystem gemäß Dokument D1 ähnlich ist.

8. Aus alledem folgt, daß die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1, 3 und 5 des Hauptantrages patentfähig sind. Die abhängigen Ansprüche 2, 4 und 6 bis 9, die auf weitere Ausführungsbeispiele der Erfindung gerichtet sind, haben deshalb ebenfalls Bestand. Unter diesen Umständen erübrigt sich eine Prüfung des Hilfantrags.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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