T 0656/93 () of 12.3.1996

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1996:T065693.19960312
Datum der Entscheidung: 12 März 1996
Aktenzeichen: T 0656/93
Anmeldenummer: 88118910.4
IPC-Klasse: E06B 3/66
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung eines Abstandhalter-Rahmens
Name des Anmelders: Franz Xaver Bayer Isolierglasfabrik KG
Name des Einsprechenden: Glastechnische Industrie Peter Lisec GmbH
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54(2)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Mündliche Offenbarung (nicht patenthindernd)
Erfinderische Tätigkeit (für Hauptantrag bejaht)
Inventive step - non obvious combination of known features
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0037/85
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin I (Patentinhaberin) hat gegen die am 28. Mai 1993 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der diese das europäische Patent Nr. 0 318 749 in geändertem Umfang aufrechterhalten hat, unter gleichzeitiger Zahlung der Gebühr am 19. Juli 1993 Beschwerde eingelegt, weil ihr Hauptantrag, das europäische Patent in erteilter Fassung aufrechtzuerhalten, zurückgewiesen worden war.

II. Die erteilten unabhängigen Ansprüche der EP-B1-0 318 749 haben folgende Wortlaute:

"1. Verfahren zum Herstellen eines Trockenmittel (7) enthaltenden Abstandhalter-Rahmens (2) für Isolierglasscheiben, wobei ein zunächst Trockenmittel- freies Hohlprofil (3) zur Bildung der Rahmenecken (2a) mehrfach gebogen und im Bereich einer letzten Ecke offengelassen wird, wonach an der offenen Stelle ein oder beide zu dieser offenen Stelle führende(r) Rahmenschenkel (4, 5) mit Trockenmittel gefüllt und dann der Rahmen endgültig geschlossen wird, dadurch gekennzeichnet, daß das in den/die Rahmenschenkel einzufüllende Trockenmittel so dosiert wird, daß der/die Rahmenschenkel nur teilweise gefüllt werden, daß ein Rahmenschenkel an der noch offenen Stelle verlängert und der andere entsprechend verkürzt ist, daß nach dem Befüllen die Trockenmittel-frei bleibende Verlängerung (4a) umgebogen und ihre Stirnseite mit der des verkürzten Rahmenschenkels dicht verbunden wird."

bzw.

"5. Vorrichtung (1) zur Herstellung eines Trockenmittel enthaltenden Abstandhalter-Rahmens (2) für Isolierglasscheiben aus einem gebogenen Hohlprofil (3), mit einer Dosier- und Füllvorrichtung (6) für Trockenmittel und mit einer Biegevorrichtung (8) zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Biegevorrichtung (8) zum Umbiegen des Überstandes (4a) eines Rahmenschenkels (4) für dessen Verbindung mit einem entsprechend verkürzten Nachbarschenkel (5) vorgesehen und der Füllvorrichtung (6) unmittelbar benachbart ist, daß die Biegevorrichtung (8) eine Spannvorrichtung (9) zum Erfassen des den umzubiegenden Überstand (4a) aufweisenden Rahmenschenkels (s) benachbart zu der zu bildenden Biegestelle hat, daß eine weitere Spannvorrichtung (10) zum Erfassen des verkürzten Rahmenschenkels (5) eines schon mehrfach gebogenen Hohlprofiles (3) vorgesehen ist, daß die Füllvorrichtung (6) wenigstens einen Austritt (11) hat, der an der Stirnseite zumindest eines der von den Spannvorrichtungen (9, 10) erfaßten Rahmenschenkels (4, 5) mündet und daß die Füllvorrichtung vor der Betätigung der Biegevorrichtung (8) angesteuert und betätigbar ist."

III. Die Beschwerdeführerin II (Einsprechende) hat ebenfalls gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung die am 23. Juli 1993 unter rechtzeitiger Zahlung der Gebühr eingegangene Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung wurde mit dem am 8. September 1993 eingereichten Schriftsatz eingereicht.

IV. Die Einspruchsabteilung war zur Auffassung gelangt, daß den nächstliegenden Stand der Technik bezüglich des vorgenannten Hauptantrags der Beschwerdeführerin I eine mündliche Beschreibung - nachfolgend m. B. - anläßlich eines Arbeitsgesprächs bei der Glasertagung in Maui (Hawaii) darstelle, wobei die Einvernahme von zwei Zeugen ergeben habe, daß folgende Merkmale als Stand der Technik zu gelten hätten, vgl. angefochtene Entscheidung 1.3.1.1:

Verfahren zum Herstellen eines Trockenmittel enthaltenden diffusionsdichten Abstandhalter-Rahmens für Isolierglasscheiben, wobei ein zunächst Trockenmittel- freies Hohlprofil zur Bildung der Rahmenecken dreimal gebogen und im Bereich der letzten Ecke offengelassen wird, wonach an der offenen Stelle beide zu dieser offenen Stelle führende Rahmenschenkel mit Trockenmittel gefüllt werden. Dabei werden die Rahmenschenkel zuerst vollständig mit Trockenmittel gefüllt, welches sodann wieder bis unter die vierte Biegestelle am längeren Schenkel und bis kurz vor das Ende des kürzeren Schenkels ausgeleert wird, so daß die Rahmenschenkel anschließend nur noch teilweise gefüllt sind. Danach wird die vierte Ecke gebogen, und schließlich werden die beiden Schenkelenden stumpf miteinander verschweißt.

In Kombination des Gegenstandes der m. B. mit (D5) DE-A-3 221 986 kommt die Einspruchsabteilung zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 neu, aber nicht erfinderisch sei, vgl. 1.3.1.14 der angefochtenen Entscheidung.

V. Nach vorbereitender Zwischenverfügung der Kammer fand am 12. März 1996 eine mündliche Verhandlung statt. In ihr stellten die Beschwerdeführerinnen folgende Anträge:

a) Beschwerdeführerin I:

Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Aufrechterhaltung des Patentes in seiner erteilten Fassung - Hauptantrag - bzw. im Rahmen von Hilfsanträgen Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung.

b) Beschwerdeführerin II:

Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Widerruf des Patentes in all seinen Fassungen.

VI. Die Beschwerdeführerin I hat zur Stützung ihrer Anträge im wesentlichen folgendes vorgetragen:

- nach wie vor werde bestritten, daß es sich beim Gegenstand gemäß m. B. um einen Stand der Technik im Sinne von Artikel 54 (2) EPÜ handele;

- selbst wenn aber davon ausgegangen werde, daß es sich hierbei um ein substantiiertes Vorbringen handele, könne im Verfahren gemäß erteiltem Anspruch 1 eine patentfähige Erfindung gesehen werden, weil der Gegenstand der m. B. kein dosiertes Füllen und nachfolgendes Biegen im beanspruchten Sinne offenbare, zumal die Entnahme des Rahmens zur Teilentleerung des Trockenmittels sowie das anschließende Wiedereinsetzen des Rahmens vom Beanspruchten weglenke;

- auch (D5) könne weder einzeln noch in Kombination mit dem Gegenstand der m. B. das beanspruchte Verfahren nahelegen, weil dort wohl ein dosiertes Füllen des Rahmens mit Trockenmittel angesprochen, nicht aber das Problem des gezielten Teilfüllens und Biegens eines teilgefüllten Rahmenschenkels gelöst sei; das dosierte Füllen diene im Gegensatz zum Beanspruchten dazu, den Rahmen mit Sicherheit voll mit Trockenmittel zu füllen;

- (D3), nämlich DE-A-2 938 362, sei schon deshalb irrelevant, weil der dortige Rahmen nicht durch Biegen von Schenkeln, sondern durch Zusammensetzen von Einzelschenkeln erhalten werde; mithin sei es auch unbeachtlich, daß die Bereiche, in denen Verbinder eingesetzt würden, von Trockenmittel freibleiben;

- mit Blick auf den erteilten Anspruch 5 sei zu beachten, daß (D9) nur eine Biege- nicht aber eine Füllvorrichtung offenbare;

- nur eine ex post facto-Betrachtung von (D5) und (D9) führe den Fachmann zur Vorrichtung gemäß erteiltem Anspruch 5;

- vorstehende Überlegungen zusammenfassend sei nicht erkennbar, daß der hier zu berücksichtigende Stand der Technik den Rechtsbestand der erteilten Ansprüche 1 bzw. 5 erschüttern könne; nur in Kenntnis der Erfindung sei es möglich, den Stand der Technik so zu interpretieren, daß er auf das Beanspruchte hinlenke;

VII. Die Beschwerdeführerin II hat zur Stützung ihrer Anträge demgegenüber im wesentlichen folgendes vorgetragen:

- die Kammer habe mit ihrer Zwischenverfügung die m. B. als Stand der Technik anerkannt, so daß sich die Frage stelle, ob ein dosiertes Füllen des Rahmens mit Trockenmittel erfinderisch sein könne;

- grundsätzlich sei beim Gegenstand gemäß m. B. ein Teilfüllen eines dreimal gebogenen Rahmens bekannt, auch wenn das dortige procedere umständlich sei, nämlich durch die Rahmenentnahme bzw. dessen Wiedereinsetzen und das teilweise Ausschütten von Trockenmittel;

- dies erkennend sei der Fachmann auf (D5) und (D3) gestoßen, die beide das Teilfüllen von Profilen - wenn auch unter anderen Randbedingungen - beträfen;

- das Biegen von teilgefüllten Rahmenenden sei aus dem Stand der Technik gemäß m. B. bekannt, so daß deren Lehre mit (D3) bzw. (D5) kombinierbar wäre;

- das Verfahren gemäß erteiltem Anspruch 1 sei somit neu, nicht aber erfinderisch;

- gemäß schriftsätzlichem Vortrag sei auch die Vorrichtung gemäß Anspruch 5 der Patentschrift nicht erfinderisch, so daß sich insgesamt der Antrag rechtfertige, das europäische Patent Nr. 0 318 749 zu widerrufen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerden der Beschwerdeführerinnen I und II sind zulässig.

Hauptantrag - Anspruch 1

2. Neuheit

2.1. Die Frage der Neuheit war und ist nicht strittig und zwar unabhängig davon, ob der Gegenstand gemäß m. B. als Stand der Technik anerkannt wird oder nicht, Artikel 54 (2) EPÜ, weil zumindest nicht bekannt ist, die noch ungebogenen Rahmenschenkel an der vierten Rahmenecke dosiert mit Trockenmittel zu füllen.

2.2. Gegenüber (D5) ergibt sich der Unterschied, daß gemäß Anspruch 1 - zur Vermeidung des Aufplatzens des Rahmenprofils beim Biegen - die Rahmenschenkel der späteren vierten Rahmenecke nur teilweise mit Trockenmittel gefüllt werden, dergestalt, daß die Biegestellen trockenmittelfrei und damit einfach und problemlos zu biegen sind.

2.3. Das Verfahren des Anspruchs 1 unterscheidet sich von der Lehre der (D3) grundsätzlich, da dort kein Biegen von Profilen vorgenommen und der Rahmen vielmehr aus geraden Stücken unter Verwendung von Profilverbindern zusammengesetzt wird.

2.4. Bei dieser Sachlage erübrigen sich weitere und ins Detail gehende Überlegungen zur Frage der Neuheit des Verfahrens gemäß Anspruch 1.

3. Erfinderische Tätigkeit

Aus den nachfolgend genannten Gründen ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, daß das Verfahren gemäß Anspruch 1 auch dann auf erfinderischer Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 und 100 a) EPÜ beruht, wenn der Gegenstand der m. B. als Stand der Technik im Sinne von Artikel 54 (2) EPÜ anzusehen wäre. Eine endgültige Klärung des Sachverhaltes der von der Beschwerdeführerin I bis zuletzt bestrittenen m. B. konnte unter diesen Umständen dahingestellt bleiben.

3.1. Unabhängig von der Frage der ausreichenden oder nichtausreichenden Substantiierung der m. B. ist festzuhalten, daß die angefochtene Entscheidung die Lehre der m. B. nicht vollständig wiedergibt, da nicht herausgestellt wird, daß zum Teilentleeren der Rahmenschenkel der gesamte Rahmen aus der Vorrichtung entnommen und anschließend wieder eingesetzt werden muß. Allein diese Überlegung zeigt, daß ein größerer Unterschied zwischen dem Beanspruchtem und dem Gegenstand gemäß m. B. besteht als der Beschluß zugesteht. Das hat selbstredend auch eine Ausstrahlung auf die Aufgabe, vgl. Seite 15, Abschnitt 1.3.1.5 der angefochtenen Entscheidung.

3.2. Der Hinweis, auf Seite 27 vorletzter Absatz von (D5) ist unter dem Vorbehalt zu sehen, daß gemäß (D5) ein gefülltes Profil gebogen wird, was in direktem Widerspruch zum Streitpatent steht. (D5) offenbart aber per se unstrittig eine Dosiervorrichtung "44" für das Trockenmittel, um das Profil "in erwünschter Weise zu füllen", vgl. Seite 27, Zeilen 2/3 v. u. der (D5).

3.3. In diesem Zusammenhang ist herauszustellen, daß es - wie auch die Entscheidung T 37/85, ABl. EPA 1988, 86 (nur Leitsatz) ausführt - darauf ankommt, ob der Stand der Technik Anregungen gibt, die Kombination der beanspruchten Merkmale zu erhalten. Das bloße Bekanntsein einzelner Merkmale läßt keinen zuverlässigen Schluß auf das Naheliegen der Kombination zu.

3.4. Es ist unstrittig, daß nach der Lehre des Anspruchs 1 dessen Einzelmerkmale kombinatorisch zusammenwirken. So bedingt das dosierte Füllen mit Trockenmittel das Vorhandensein von offenen und zugänglichen Rahmenschenkeln, und weiter steht das dosierte Trockenmitteleinfüllen, dergestalt, daß die Biegestelle des noch zur vierten Rahmenecke zu biegenden Profilendes trockenmittelfrei ist, in direktem Zusammenhang mit dem letzten, vierten Biegevorgang, weil dieser ohne die Gefahr des Aufplatzens des Profils ausführbar ist.

3.5. Damit ist also zu untersuchen, ob (D5) und (D3) auf die Kombination der in Anspruch 1 enthaltenen Merkmale hinlenken: Unschwer nachvollziehbar ist seitens der Kammer die fehlende Relevanz der (D3), die auf Rahmenbauweisen ohne Biegestellen abgestellt ist; damit ist ihr Hinweis gemäß Seite 5 (Maschinenschrift) Absatz 2/3 und Figur 12 unerheblich, nämlich daß irgendwelche Profilenden nur teilweise mit Trockenmittel gefüllt werden, weil der Zusammenhang von Teilfüllung von Profilschenkeln und Biegeproblematik nicht erkannt wurde.

3.6. Aber auch (D5) läßt keinen Rückschluß darauf zu, daß vorgenannter Zusammenhang berücksichtigt worden wäre, weil deren "dosiertes Einfüllen von Trockenmittel" ohne Kenntnis der Erfindung so verstanden werden muß, daß das Profilende tatsächlich vollgefüllt ist mit Tockenmittel. Das nachfolgende Biegen eines vollgefüllten Profilendes steht ohnehin in direktem Widerspruch zur Lehre des Anspruchs 1, so daß für den unvoreingenommenen Leser der (D5) fraglich ist, was er auf die Lehre gemäß m. B. hätte übertragen sollen.

3.7. Objektiv betrachtet ergibt sich damit, daß die Lehre der m. B. und der (D5) unvereinbar sind, da die m. B. ein Teilfüllen der Rahmenschenkel nur unter Entnahme und Wiedereinlegen der Rahmen zuläßt, während (D5) zwar ein dosiertes Füllen anspricht, allerdings im Zusammenhang mit einem vollgefüllten Rahmen, der in diesem Zustand gebogen wird. Die Lehre der (D5) ist weiterhin aber auf ein Endlosprofil als Ausgangsprofil für die Rahmenherstellung gerichtet, vgl. Ansprüche 4/25 bzw. Seite 16, Absatz 2, Seite 26, Absatz 2 und Seite 28, Absatz 1 der (D5). Erst nach der Herstellung der vierten Biegung wird das viermal gebogene Gebilde vom Endlosstrang abgetrennt (Säge "7"), vgl. Seite 28, Zeilen 7/8. Das bedeutet, daß das dreimal gebogene Gebilde noch nicht aus der Vorrichtung entnehmbar ist, um es wie beim Streitpatent mit Trockenmittel zu füllen. Auch dieser Umstand spricht gegen eine Kombination von Gegenstand der m. B. und Lehre der (D5).

3.8. Vorstehende Überlegungen zusammenfassend hat das Vorbringen der Beschwerdeführerin II aufgezeigt, daß Einzelmerkmale des Anspruchs 1 bekannt sein mögen (Vorbehalt zur m. B.!), nämlich das Biegen eines teilgefüllten Profilendes oder das Teilfüllen mit Trockenmittel, aber insgesamt gesehen gibt dieser Stand der Technik dem Fachmann nicht den Hinweis, einen Rahmen in einer Biegevorrichtung zu belassen, die Rahmenenden teilweise mit Trockenmittel zu füllen und erst dann in der vorgenannten Biegevorrichtung die vierte Biegung und das Rahmenverschließen vorzunehmen, vgl. den erteilten Anspruch 1.

3.9. Nach Überzeugung der Kammer stellt es ein Argumentieren in Kenntnis der Erfindung dar, wenn die Beschwerdeführerin II ausführt, daß die umständliche Rahmenhandhabung gemäß m. B., den Fachmann auf (D3) und (D5) hingelenkt habe, weil eher das Gegenteil der Fall ist. Nachvollziehbar scheint das Argument der Beschwerdeführerin I, wonach es bei den 6 m langen Profilstangen der (D5) ohnehin möglich sei, Geradeverbinder einzupressen und zwar bei vollgefüllten Profilen, einfach deshalb, weil genügend Ausweichraum vorhanden sei, in den das ggf. störende Trockenmittel vom Geradeverbinder verdrängt werde.

3.10. Es ergibt sich, daß der Rechtsbestand, Artikel 54, 56 und 100 a) EPÜ, des erteilten Anspruchs 1 insgesamt nicht in Frage zu stellen ist, so daß die angefochtene Entscheidung insoweit nicht haltbar ist.

Hauptantrag - Anspruch 5

4. Dieser Anspruch ist auf eine Vorrichtung zur Durchführung unter anderem des Verfahrens nach Anspruch 1 gerichtet.

4.1. Die Beschwerdeführerin II hat in der mündlichen Verhandlung zum erteilten Anspruch 5 (unabhängiger Vorrichtungsanspruch) nur pauschal auf ihr schriftliches Vorbringen verwiesen.

Dieses schriftliche Vorbringen umfaßt die Schriftsätze vom 8. September 1993 (Beschwerdebegründung), vom 16. November 1993 und vom 3. Januar 1996. Im ersten Schriftsatz wird der damalige Hilfsantrag "D" behandelt, also der Vorrichtungshauptanspruch, der in der angefochtenen Entscheidung als rechtsbeständig hingestellt wurde. Wie unschwer erkennbar ist, fehlt in diesem Anspruch ein Rückbezug auf Verfahrensansprüche ("... zur Durchführung des Verfahrens nach ...") so daß insoweit schon nicht vergleichbare Verhältnisse zwischen diesem Anspruch und dem erteilten Anspruch 5 bestehen, der diesen Rückbezug enthält. Es ist darauf hinzuweisen, daß dieser Rückbezug insofern kein Nullum im Vorrichtungshauptanspruch ist, als diese zumindest geeignet sein muß zur Durchführung des Verfahrens nach einem der erteilten Ansprüche 1 bis 4.

4.2. Der zweitgenannte Schriftsatz der Beschwerdeführerin II behandelt die mündliche Beschreibung (m. B.) und verweist nur pauschal auf den Hilfsantrag "D", vgl. Seite 6, Absatz 3. Dies ist auch im Hinblick auf den drittgenannten Schriftsatz, vgl. Seite 3, Absatz 5, der Beschwerdeführerin II der Fall.

4.3. Zum erteilten Anspruch 5 liegt seitens der Beschwerdeführerin II mithin kein Vortrag vor, so daß schon von daher dessen Rechtsbeständigkeit nicht substantiiert in Frage gestellt wird.

4.4. Trotz dieser Sachlage soll mit Blick auf den Gegenstand gemäß m. B. sowie (D5) und (D9) zur Frage der Rechtsbeständigkeit des erteilten Anspruchs 5 Stellung genommen werden und zwar nur aus der Sicht von Artikel 56 und 100 a) EPÜ, da die Frage der Neuheit zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens strittig war:

- wie schon im Zusammenhang mit dem erteilten Anspruch 1 vorstehend ausgeführt wurde, ist beim Gegenstand gemäß m. B. zum Füllen des Rahmens dessen Entnahme und dessen Wiedereinsetzen aus der Rahmenbiegemaschine zwingend; dieses Vorgehen steht in krassem Gegensatz zur Lehre des erteilten Anspruchs 5, auch deshalb, weil ein Vollfüllen des Rahmens mit Trockenmittel und ein Herausschütten überschüssigen Trockenmittels nicht als dosiertes Füllen im Sinne des erteilten Anspruchs 5 verstanden werden kann; allein deshalb ist der Gegenstand gemäß m. B. für die Lehre des erteilten Anspruchs 5 irrelevant;

- der erteilte Anspruch 5 ist auf eine Teilfüllung unter anderem des zur vierten Ecke zu biegenden Rahmenschenkels abgestellt, nämlich durch sein Merkmal "Dosier- und Füllvorrichtung für Trockenmittel"; dies hat zur Folge, daß ein zu biegender Rahmenschenkel nicht durch ein im Biegebereich vorhandenes Trockenmittel behindert wird; obwohl (D5) per se eine Dosiervorrichtung offenbart, steht ihre Lehre nach Aufgabe und Lösung im Widerspruch zur Lehre des erteilten Anspruchs 5, da bei (D5) trotz vorhandener Dosiervorrichtung das Rahmenprofil vollgefüllt und in diesem Zustand gebogen wird;

- zu (D9) ist festzuhalten, daß sie auf das Biegen von Rahmenprofilen abgstellt ist und in diesem Zusammenhang das zusätzliche Walzen der Biegungs-Außenseite bindend vorschreibt, vgl. Anspruch 1 bzw. 8 (unabhängiger Verfahrens- bzw. Vorrichtungsanspruch der (D9)); eine Trockenmittelfüllvorrichtung fehlt hingegen in (D9); insgesamt ist (D9) mithin die Problematik des Teilfüllens und Biegens von teilgefüllten Profilen fremd.

4.5. Es bedarf schon einer Argumentation in Kenntnis der Erfindung, wenn die Beschwerdeführerin II zu dem Schluß kommt, daß der Gegenstand gemäß m. B. sowie (D5) und (D9) die Vorrichtung gemäß erteiltem Anspruch 5 patenthindernd nahelegt. Aus sich heraus ist aber der Fachmann durch die vorgenannten Lehren nicht in naheliegender Weise auf die Vorrichtung gemäß Anspruch 5 der EP-B1-0 318 749 hingelenkt, Artikel 56 und 100 a) EPÜ.

4.6. Damit ist der Rechtsbestand des erteilten Anspruchs 5 gegeben und die angefochtene Entscheidung auch insoweit aufzuheben.

Hilfsanträge

5. Bei gewährbarem Hauptantrag erübrigte sich in der mündlichen Verhandlung eine Diskussion von Hilfsanträgen, so daß auf diese auch im Rahmen vorliegender Entscheidung nicht einzugehen ist.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin I wird die angefochtene Entscheidung aufgehoben.

2. Das Patent wird wie erteilt aufrechterhalten.

3. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin II wird zurückgewiesen.

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