T 0570/93 () of 21.3.1995

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1995:T057093.19950321
Datum der Entscheidung: 21 März 1995
Aktenzeichen: T 0570/93
Anmeldenummer: 88105001.7
IPC-Klasse: B05D 7/14
B05B 13/00
B25J 9/00
G05B 19/19
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum selbsttätigen Beschichten von Werkstücken
Name des Anmelders: Dürr GmbH
Name des Einsprechenden: Siemens AG
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 112
European Patent Convention 1973 Art 114
European Patent Convention 1973 R 67
Schlagwörter: Nach Ablauf der Einspruchsfrist genannte Druckschriften (abgelehnt); Vorlage einer diesbezüglichen Rechtsfrage an die Große Beschwerdekammer (abgelehnt); Rückzahlung der Beschwerdegebühr wegen vermeintlichem Verfahrensfehler (abgelehnt); Erfinderische Tätigkeit (bestätigt)
Late submitted material - filed after time limit for filing opposition
Referral to Enlarged Board (no)
Substantial procedural violation (no)
Inventive step (yes)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0156/84
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 88 105 001.7 wurde am 16. Oktober 1991 das europäische Patent Nr. 0 285 075 mit sechs Ansprüchen erteilt.

II. Der erteilte Anspruch 1 hat nachfolgenden Wortlaut:

"1. Verfahren zum selbsttätigen Beschichten von Werkstücken, die von einer Fördereinrichtung einer relativ zu der Fördereinrichtung unter Steuerung durch ein gespeichertes Bearbeitungsprogramm bewegbaren Sprühvorrichtung, insbesondere einem Lackierroboter od. dgl., zugeführt werden, wobei die Möglichkeit besteht, daß die Beschichtung und die Bewegungen vor Beendigung des Bearbeitungsprogramms notfalls oder unprogrammgemäß unterbrochen werden,

dadurch gekennzeichnet,

daß bei der vorzeitigen Bewegungsunterbrechung der aktuelle Status des Bearbeitungsprogramms gespeichert wird und die örtlichen Positionen der Sprühvorrichtung und der Fördereinrichtung zur Zeit der Beschichtungsunterbrechung sowie nach Beendigung der Bewegungen festgestellt werden; daß die Sprühvorrichtung und/oder die Fördereinrichtung auf einer aufgrund der festgestellten örtlichen Positionen selbsttätig ermittelten Bewegungsbahn in die vorherige Position relativ zueinander bewegt werden, in der sie sich bei Unterbrechung der Beschichtung befunden hatten, und daß dann das Bearbeitungsprogramm von der unterbrochenen Stelle an ausgeführt wird."

III. Der Einspruch der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) gegen vorgenanntes Patent wurde in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vom 27. April 1993 gemäß Artikel 102 (2) EPÜ zurückgewiesen, wobei die schriftliche Entscheidung am 28. Mai 1993 erging.

IV. Die Einspruchsabteilung hat in ihrer Entscheidung ausgeführt, daß das Dokument

(D1) DE-B-2 431 441

dem Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht patenthindernd entgegenstehe und daß die nach Ablauf der Einspruchsfrist genannten Dokumente

(D2) DE-A-2 903 318 und

(D3) US-A-4 170 751

mangels Relevanz nicht zum Verfahren zugelassen werden könnten, Artikel 114 (2) EPÜ.

V. Gegen vorgenannte Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 16. Juni 1993 unter gleichzeitiger Zahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt und diese am 1. Oktober 1993 dahingehend begründet, daß (D1) dem Beanspruchten schon die erfinderische Tätigkeit nehme, daß dies aber mit (D2) bzw. (D3) in noch höherem Maße der Fall sei, da diese Druckschriften ebenfalls das selbsttätige Beschichten von Werkstücken beträfen, so daß das Patent zu widerrufen sei.

VI. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) widersprach diesem Vorbringen und beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

VII. Nach vorbereitender Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 11 (2) VOBK vom 11. Oktober 1994 fand am 21. März 1995 eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

VIII. Im Rahmen eines Hauptantrages verteidigte die Beschwerdegegnerin das Patent in seiner erteilten Fassung.

Als ersten Hilfsantrag legte sie ein Schutzbegehren vor, bei dem in den erteilten Anspruch 1 klarstellende Textpassagen eingefügt wurden, und als Hilfsanträge 2 und 3. die mit Eingabe vom 20. Februar 1995 vorgelegten Anträge.

IX. Die Beschwerdeführerin führte aus, daß keiner der vorgenannten Anträge Rechtsbestand haben könne und daß die angefochtene Entscheidung somit aufzuheben und das Streitpatent in allen vorgenannten Fassungen zu widerrufen sei, weil

- (D1) zwar auf Arbeitsmaschinen abgestellt, ihre Lehre aber auf Beschichtungsverfahren übertragbar sei;

- die wesentlichen Schritte des erteilten Anspruchs 1 mit (D1) vorweggenommen seien und der Ersatz eines Lochstreifens durch moderne Programm- bzw. Speicherelemente im Zuge der Entwicklung der Datentechnik allgemein üblich geworden sei:

- der Unterschied zwischen einer Steuerung nach absoluten Werten (Streitpatent) und einem inkrementellen Vorgehen gemäß (D1) nicht dazu angetan sei, eine erfinderische Tätigkeit der Lehre gemäß erteiltem Anspruch 1 zu begründen;

- (D2/D3) eine gedankliche Brücke zwischen Arbeitsmaschinen und einem Beschichtungsroboter herstellten, so daß diese Druckschriften zum Verfahren zugelassen werden sollten;

- die kommentarlose Ablehnung der (D2/D3) seitens der Einspruchsabteilung einen wesentlichen Verfahrensfehler darstelle und die Große Beschwerdekammer diesbezüglich eingeschaltet werden sollte, und

- der erste Hilfsantrag schon wegen verspäteter Vorlage nicht durchgreifen könne; mit Blick auf den zweiten und dritten Hilfsantrag führte sie aus, daß ihr kein entgegenstehendes druckschriftliches Material bekannt sei, daß aber dennoch die erfinderische Tätigkeit des Beanspruchten bezweifelt werde.

Gestützt auf vorstehende Argumente stellte sie deshalb noch folgende weitere Anträge:

- Rückzahlung der Beschwerdegebühr

- Vorlage der nachfolgenden Rechtsfrage an die Große Beschwerdekammer:

"ob die Einspruchsabteilung eine nach Ablauf der Einspruchsfrist eingereichte Entgegenhaltung ohne jede inhaltliche Stellungnahme gestützt auf Artikel 114, Absatz 2 EPÜ nicht zu berücksichtigen braucht."

X. Die Beschwerdegegnerin beantragt demgegenüber die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Bestehenlassen des Patents gemäß einem der drei Hilfsanträge, wobei sie zur Stützung folgendes ausführte:

- bei gegebener Neuheit des Verfahrens gemäß erteiltem Anspruch 1 fehle im Stand der Technik nach (D1), (D2) und (D3) die Thematik der Nachlauferfassung und -steuerung, was bereits ein wesentliches Indiz für das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit sei;

- die Problematik des Nachlaufens von Förderer und Spritzroboter sei aufgrund der vielen Freiheitsgrade eines Spritzroboters - d. h. sechs und mehr Freiheitsgrade - besonders akut und (D1) könne schon von daher gesehen nicht mit dem Hintergrund des beanspruchten Verfahrens verglichen werden;

- der selbsttätige Programmablauf verbiete von vornherein einen manuellen Eingriff in die Steuerung, so daß (D1) auch insoweit kein Vorbild für das Verfahren gemäß erteiltem Anspruch 1 sein könne;

- ein Lochstreifen gemäß (D1) könne weiterhin nicht verglichen werden mit einem beanspruchten Erfassen und Speichern eines Istzustandes und auch die Möglichkeit einer selbsttätigen Ermittlung der Rückkehrbahn sei so in (D1) nicht angesprochen, weil dort Verfahrwege gemessen, gemäß Anspruch 1 der Patentschrift aber Absolutpositionen zugrunde gelegt würden;

- da zu den Hilfsanträgen 2 und 3 von Seiten der Beschwerdeführerin kein Material genannt werden konnte, sei deren erfinderische Qualität unbestritten, wobei Hilfsantrag 1 weitgehend mit der erteilten Anspruchsfassung übereinstimme, sprachlich aber den Kern der Erfindung besser herausstelle;

- der Vorlage der vorstehend genannten Rechtsfrage der Beschwerdeführerin an die Große Beschwerdekammer werde unter Hinweis auf die zügige Beendigung des Beschwerdeverfahrens widersprochen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Zu berücksichtigender Stand der Technik

2.1. Mit Eingabe vom 1. April 1993, also nach Ablauf der Einspruchsfrist hat die Beschwerdeführerin die Dokumente (D2) und (D3) genannt und beantragt, diese Dokumente zum Verfahren zuzulassen. Dies hat die Einspruchsabteilung indes mangels Relevanz von (D2/D3) abgelehnt.

Die Kammer kommt in dieser Frage zu folgendem Ergebnis, wobei vorauszuschicken ist, daß (D2) und (D3) zusammen behandelt werden können, weil (D2) die Priorität von (D3) in Anspruch nimmt:

2.2. Beim Streitpatent geht es gemäß dessen Würdigung der Problematik von Beschichtungsverfahren nach Spalte 1, Zeilen 22 bis 50 darum, in Notfällen, wie z. B. Stromausfall oder dgl., genau da im Beschichtungsverfahren weiterzufahren, wo die Betriebsunterbrechung stattgefunden hat.

2.3. Das Streitpatent gibt folgerichtig als Aufgabe an, vgl. Spalte 1, Zeilen 51 bis 57, bei unplanmäßigen Unterbrechungen des Beschichtungsbetriebes das abgebrochene Bearbeitungsprogramm an der Unterbrechungsstelle fortzusetzen, also das teilweise beschichtete Werkstück selbsttätig fertigzustellen.

2.4. Verglichen mit dieser Aufgabe der Erfindung ist z. B. (D2), vgl. deren Seite 2, Absatz 2, auf eine ganz andere Aufgabe abgestellt, nämlich eine elektronische Steuerschaltung zu schaffen, die auf eine erfaßte Verlangsamung der Geschwindigkeit der Fördereinrichtung unter einen Grenzwert hin die programmierte, zeitlich abgestimmte Beziehung zwischen der automatischen Arbeitseinrichtung und dem Werkstück überläuft, um eine Relativbewegung zwischen der Spritzdüse und dem Werkstück zu verhindern, die für eine richtige Farb- und Lackauftragung zu langsam ist.

2.5. Die Relevanz eines Dokuments ist aber in aller Regel nur dann gegeben, wenn der Fachmann durch gleiche oder zumindest vergleichbare Aufgaben auf ein Dokument aufmerksam wird. Im Zusammenhang mit (D2/D3) ist dies aber eindeutig erkennbar nicht der Fall, so daß die Einspruchsabteilung den ihr mit Artikel 114 EPÜ eingeräumten Ermessensspielraum zutreffend ausgeschöpft und (D2/D3) zu Recht nicht zum Verfahren zugelassen hat.

2.6. Der hier zu berücksichtigende Stand der Technik umfaßt, vorstehende Überlegungen zusammenfassend, somit nicht (D2) und (D3).

3. Rückzahlung der Beschwerdegebühr, wesentlicher Verfahrensmangel

3.1. Die Einspruchsabteilung hat das Ergebnis der Entscheidung über Artikel 114 EPÜ sowohl im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27. April 1993, vgl. Seite 1, Absatz 2, als auch in der angefochtenen Entscheidung, vgl. Seite 3, Abschnitt 6, den Verfahrensbeteiligten mitgeteilt und insoweit den Grundsätzen der Entscheidung T 156/84, ABl. EPA 1988, 372 entsprochen, vgl. z. B. Leitsätze II und III, sowie Entscheidungsgründe 3.8.

3.2. Das Vorgehen der Einspruchsabteilung ist damit von der hier zu berücksichtigenden Rechtsprechung gedeckt, so daß von einem Verfahrensmangel keine Rede sein kann, schon gar nicht von einem wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne von Regel 67 EPÜ.

3.3. Für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr fehlt somit die Basis, so daß dieser Antrag zurückzuweisen ist.

4. Antrag auf Befassung der Großen Beschwerdekammer

Nach Artikel 114 (2) EPÜ braucht das EPA "Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten verspätet vorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen". Andererseits ist in Artikel 114 (1) EPÜ der Grundsatz der Ermittlung von Amts wegen verankert. Deshalb ist auch ein verspätetes Vorbringen auf seine sachliche Relevanz zu prüfen. Artikel 114 (2) EPÜ gibt jedoch einer Einspruchsabteilung die Möglichkeit, Entgegenhaltungen, die vom Einsprechenden nach Ablauf der Einspruchsfrist vorgebracht werden, in ihrer Entscheidung als unerheblich, d. h. für die Entscheidung belanglos, zu bezeichnen, ohne dies wie bei rechtzeitig vorgebrachten Entgegenhaltungen ausführlich begründen zu müssen (Entscheidung T 156/84, a. a. O). Diese Grundsätze bilden die Grundlage einer konstanten Rechtsprechung des EPA. Da die Einspruchsabteilung diese ständige Rechtsprechung in der angefochtenen Entscheidung lediglich fortsetzt, hält die Kammer eine Entscheidung der Großen Beschwerdekammer über die von der Beschwerdeführerin formulierte Frage nicht für erforderlich. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Befassung der Großen Beschwerdekammer ist daher zurückzuweisen.

Hauptantrag:

5. Neuheit

Die Frage der Neuheit des Verfahrens gemäß erteiltem Anspruch 1 war und ist zwischen den Parteien nicht strittig; bei dieser Sachlage erübrigen sich somit detailliertere Erörterungen zur Frage der Neuheit.

6. Nächstkommender Stand der Technik

Der nächstkommende Stand der Technik ist in Spalte 1, Zeilen 6 mit 50 der Streitpatentschrift gegeben und nicht durch (D1), die allenfalls ein allgemeineres technisches Gebiet ("numerische Steuerung einer Arbeitsmaschine") als das Beschichten von Werkstücken gemäß erteiltem Anspruch 1 betrifft.

7. Aufgabe und deren Lösung

7.1. Die Gegebenheiten des nächstkommenden Standes der Technik gemäß vorstehendem Abschnitt 6 sind darin zu sehen, daß es bislang nicht gelungen ist, bei Beschichtungsanlagen für Werkstücke im Falle einer Betriebsunterbrechung das Werkstück in brauchbarer Weise fertig zu beschichten. Als Ursache hierfür mögen fehlende Möglichkeiten der Erfassung der zum Zeitpunkt der Unterbrechung vorherrschenden Parameter, wie Stand des Programmablaufes und exakte Position von Förderer und Lackierroboter, anzusehen sein, was nach dem bisherigen Stand der Technik zu Ausschuß nicht nur einer, sondern mehrerer Karossen führte, vgl. Streitpatentschrift Spalte 1, Zeilen 48 bis 50.

7.2. Von daher gesehen liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde ein Verfahren anzugeben, das es ermöglicht, bei unplanmäßigen Unterbrechungen des Beschichtungsbetriebes das abgebrochene Bearbeitungsprogramm an der Unterbrechungsstelle fortzusetzen, also das teilweise beschichtete Werkstück selbsttätig fertigzustellen.

7.3. Bei einem Verfahren gemäß Oberbegriff des erteilten Anspruchs 1 (bisheriger Stand der Technik) ist vorgenannte Aufgabe, die im Sinne der Prüfung auf Patentfähigkeit dieses unabhängigen Anspruches als die objektiv verbleibende technische Aufgabe anzusehen ist, dem Sinne nach dadurch gelöst, daß bei Programmunterbrechung nicht nur der aktuelle Stand des abgelaufenen Programmes gemessen und gespeichert wird, sondern daß darüber hinaus nicht fiktive Endpositionen von Förderer und Sprühvorrichtung - das sind die Positionen zum Zeitpunkt der Sprühunterbrechung - sondern tatsächliche (d. h. absolute) Endpositionen ermittelt werden, die dann wiederum als Ausgangsbasis für die Rückbewegungen dieser Einheiten in die Positionen zum Zeitpunkt der Sprühunterbrechung genommen werden. Hinzu kommt, daß der Programmstand nicht von einem Vorgabewert (z. B. Lochstreifen wie bei (D1)) abgeleitet, sondern aktuell festgestellt und daß dieser aktuelle Wert gespeichert wird, so daß auch insoweit eine Absolutbasis vorliegt.

7.4. Erkennbar gibt der erteilte Anspruch 1 eine vollständige und brauchbare technische Lösung der objektiv verbleibenden Aufgabe der Erfindung an, wobei die Vorteile dieser Aufgabenlösung sich von selbst ergeben.

8. Erfinderische Tätigkeit

81. Bei gegebener Neuheit des Verfahrens gemäß erteiltem Anspruch 1 ist nun noch zu untersuchen, ob dieses Verfahren auf erfinderischer Tätigkeit beruht oder nicht.

8.2. Aus der Tatsache, daß der gesamte hier zu berücksichtigende Stand der Technik keinen Hinweis auf die Berücksichtigung von Nachlaufbewegungen einer Werkstück- bzw. einer Werkzeugträgereinheit gibt, folgt, daß der vor der Lösung der vorstehend genannten Aufgabe stehende Fachmann Neuland betreten mußte, um zu einer Lösung gemäß erteiltem Anspruch 1 zu gelangen. Dies ist für sich bereits ein untrügliches Zeichen, daß besagter Fachmann erfinderisch tätig werden mußte.

8.3. Die Hinzuziehung der (D1) vermag an dieser Einschätzung des Beanspruchten nichts zu ändern, da (D1) schon keine Sprühvorrichtung lehrt, vielmehr auf die Steuerung einer Arbeitsmaschine und im besonderen auf eine Bearbeitungseinrichtung abgestellt ist, bei der im Unterschied zum Beanspruchten nicht absolut, sondern inkrementell gesteuert wird, ohne aber das Nachlaufproblem in irgendeiner Weise anzusprechen.

8.4. (D1) ist somit schon als gattungsfernerer Stand der Technik einzustufen, der selbst bei Berücksichtigung vom Beanspruchten weglenkt (inkrementell anstelle von absolut) und für das eigentliche Problem der Nachlaufberücksichtigung eine verwertbare Lösungsanregung schuldig bleibt, so daß die Berücksichtigung von (D1) die erfinderische Qualität des Beanspruchten nicht tangieren kann.

8.5. Wenn auch nur als weitere Facette zur Stützung der erfinderischen Tätigkeit des Verfahrens gemäß erteiltem Anspruch 1 hat die Ermittlung und Speicherung des aktuellen Programmzustandes zu gelten, weil diesbezüglich von Istzuständen ausgegangen wird und nicht wie bei (D1) von einem Sollzustand in Form eines Lochstreifens der aktuelle Programmzustand abgeleitet wird. Daß dieser aktuelle Programmzustand nicht nur von theoretischem Interesse ist, wird klar, wenn man die Weiterführung des Programmes bis zum Programmende berücksichtigt.

8.6. Vorstehende Überlegungen zusammenfassend ergibt sich, daß der erteilte Anspruch 1 sich in patentwürdiger Weise vom zu berücksichtigenden Stand der Technik abhebt, so daß er im Sinne von Artikel 56 EPÜ auf erfinderischer Tätigkeit beruht und folglich Rechtsbestand haben kann. Gleiches gilt für die erteilten abhängigen Ansprüche.

9. Die Argumente der Beschwerdeführerin vermögen an dieser Beurteilung des erteilten Anspruchs 1 nichts zu ändern:

- Anspruch 1 hebt sich in mehr von (D1) ab als nur vom beanspruchten Verfahren - hier Abtragen, dort Beschichten -, so daß es müßig ist, darüber zu diskutieren, ob eine Arbeitsmaschine auch eine Sprühvorrichtung umfaßt.

- Absolutes anstelle von inkrementellem Vorgehen kann nicht als bloßes Äquivalent gesehen werden, da das Absolutvorgehen eine weitere Dimension eröffnet, nämlich die Nachlauferfassung, die für sich nicht wichtig sein mag, die aber ihre Bedeutung bei der Errechnung des Rückkehrweges und der Programmfortführung an der absolut richtigen Stelle erlangt.

- Der erteilte Anspruch 1 hebt sich weiterhin in mehr von (D1) ab, als nur im Ersatz eines Lochstreifens durch modernere Speichermittel, so daß diese Frage die Patentfähigkeit nur peripher berührt.

Hilfsantrag:

10. Da bereits der Hauptantrag gewährbar ist, braucht auf die einzelnen Hilfsanträge nicht mehr eingegangen zu werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Anträge auf Zurückzahlung der Beschwerdegebühr und auf Befassung der Großen Beschwerdekammer mit der in der mündlichen Verhandlung überreichten Rechtsfrage werden zurückgewiesen.

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