European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1993:T019393.19930806 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 06 August 1993 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0193/93 | ||||||||
Anmeldenummer: | 89103029.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | G06F 3/16 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Rechner, insbesondere Personalcomputer, mit einem Sprachein- und einem Sprachausgabe-system | ||||||||
Name des Anmelders: | GRUNDIG E.M.V. Elektro-Mechanische Versuchsanstalt | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (nein) Zurückzahlung der Beschwerdegebühr (nein) Inventive step (no) Reimbursement of appeal fee (no) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die unter in Anspruchnahme der Priorität vom 10. März 1988 einer Anmeldung in der Bundesrepublik Deutschland am 21. Februar 1989 eingegangene europäische Patentanmeldung Nr. 89 103 029.8 wurde unter der Nummer 0 337 086 veröffentlicht. Mit Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 30. September 1992 wurde die Anmeldung zurückgewiesen.
II. Die Zurückweisung erfolgte mit der Begründung, daß der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 zwar neu aber nicht erfinderisch sei. Folgendes Dokument wurde erwähnt:
D1: US-A-4 430 726
III. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Anmelderin) unter gleichzeitiger Entrichtung der entsprechenden Gebühr am 8. Dezember 1992 Beschwerde eingelegt und beantragt, die Entscheidung in vollem Umfang aufzuheben und das beantragte Patent zu erteilen. Zurückerstattung der Beschwerdegebühr wurde ebenfalls beantragt. Hilfsweise wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt. In der am 3. Februar 1993 eingegangenen Begründung wurde argumentiert, daß der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 gegenüber D1 sowie neu als auch erfinderisch sei; D1 habe eine andere technische Aufgabe und betreffe ein Zentraldiktiersystem mit einer Zeitverzögerung zwischen Diktat und Anzeige des geschriebenen Textes am Monitor des Diktierers. Auch gehe aus D1 hervor, daß der Diktierer nicht wie gewöhnt das gesprochene Diktat abhören könne. Demgegenüber beziehe sich die Erfindung auf eine Kombinationserfindung: ein an sich bekanntes PC werde so gestaltet, daß es als Diktiergerät funktioniere, wobei diktieren und abhören des Diktats wie bei einem gewöhnlichen Diktiergerät möglich seien. Somit ergebe sich der Vorteil, daß der Diktierer mit einem handelsüblichen Diktiermikrofon wie bei einem normalen Diktiergerät arbeiten könne. Ferner sei die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen, da die erste Instanz Abhilfe hätte leisten müssen, und da die Entscheidung nicht auf Gründe gestützt sei, zu denen sich die Anmelderin äußern konnte.
IV. In einer Mitteilung gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern hat der Berichterstatter unter anderem die vorläufige Meinung vertreten, daß der Anspruch 1 nicht ausreichend klar sei, Artikel 84 EPÜ, und daß der Gegenstand des Anspruchs 1 - soweit er aus Anspruch 1 zu verstehen sei - im Hinblick auf D1 nicht die Erfordernisse der Artikeln 52 (1) und 56 EPÜ erfülle.
V. Am 2. August 1993 wurde als Hilfsantrag ein neuer Anspruch 1 sowie geänderte Beschreibungsseiten eingereicht. Die bisherigen Unterlagen wurden als Hauptantrag aufrechterhalten.
VI. Eine mündliche Verhandlung fand am 6. August 1993 statt.
VII. Der Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag lautet wie folgt:
"Rechner, insbesondere Personalcomputer, mit einem aus Disketten und/oder Festplatten bestehenden Schreib-Lese- Speicher, dessen Aktivierung zum Schreiben, Lesen, Löschung, Korrigieren oder Markieren von Daten über bestimmte mittels Tastatur eingebbare Befehle steuerbar ist, sowie mit einem Sprachein- und einem Sprachausgabesystem, über das jeweils anwendungsspezifische Texte mittels Mikrofon bzw. Lautsprecher ein- und ausgebbar sind, wobei das mit dem Rechner verbundene Sprachein- und Sprachausgabesystem Einrichtungen zur Analog-Digital- und Digital-Analog- Wandlung der ein- bzw. auszugebenden Sprachsignale enthält, dadurch gekennzeichnet, daß der Rechner über eine Codierschaltung verfügt, die geeignet ist, Steuerbefehle, die über die Bedientasten eines an sich bekannten Diktiergerätemikrofons eingebbar sind, in Maschinenworte umzusetzen, über die der Rechner im Schreib-Lese-Speicher Schreib-, Lese-, Lösch-, Korrigier- oder Markiervorgänge auslöst oder beendet."
VIII. Der Anspruch gemäß dem Hilfsantrag unterscheidet sich vom obigen Anspruch im kennzeichnenden Teil, der folgenden Wortlaut hat:
"dadurch gekennzeichnet, daß der Rechner über eine Codierschaltung verfügt, die Steuerbefehle, die über ein mit Bedientasten für die Diktier- und Wiedergabesteuerung ausgestattetes Diktiergerätemikrofon eingebbar sind, in Maschinenworte umsetzt, über die der Rechner im Schreib- Lese-Speicher Schreib-, Lese-, Lösch-, Korrigier- oder Markiervorgänge auslöst oder beendet, wodurch der Rechner als Diktiergerät nutzbar ist."
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ und ist somit zulässig.
2. Der Gegenstand des Anspruchs gemäß dem Hilfsantrag unterscheidet sich vom ursprünglichen Anspruch 1 (d. h. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag) lediglich durch kleinere sprachliche Korrekturen. Dieser Anspruch ist somit durch die ursprüngliche Offenbarung gestützt und genügt daher den Anforderungen des Artikels 123 EPÜ). Er ist somit zulässig.
3.1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sowie gemäß Hilfsantrag ist, ohne daß dies strittig wäre, neu. Er ist jedoch nicht als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend anzusehen.
3.2. Für diese Schlußfolgerung waren im wesentlichen die nachfolgenden Erwägungen maßgebend.
4.1. Die Erfindung beruht auf einer Kombination zwei an sich bekannter Gegenstände: einerseits ein Diktiergerät und andererseits ein Rechner bzw. Computer. Herkömmliche Diktiergeräte speichern einen gesprochenen Text auf magnetischem Band, wobei ein Mikrofon mit einer Bedientastatur verwendet wird. Gemäß Spalte 2 Zeilen 8 - 16 der Anmeldung besitzt diese Tastatur üblicherweise drei Bedientasten bzw. Schalter, über die durch geeignete Betätigung die Funktionen "Aufnahmebereitschaft", "Start", "Stop", "Kurzrücklauf" und "Indexmarkierung" steuerbar sind. Ein derartiges Diktiergerätemikrofon war unbestritten am Prioritätsdatum allgemein bekannt.
4.2. Unbestritten ist auch, daß es am Prioritätsdatum bekannt war, ein zu sprechender Text akustisch über einen Rechner oder Personalcomputer auf Diskette oder Festplatte aufzuzeichnen, siehe Spalte 1 Zeilen 20 - 32 der Anmeldung sowie der Oberbegriff des Anspruchs 1 und auch D1. Gemäß der Anmeldung ist es bei den bekannten Anlagen notwendig, die Steuerbefehle zur Aufzeichnung usw. über die Tastatur des Rechners einzugeben. Der mit den Gegebenheiten eines Diktiergerätemikrofons vertraute Endverbraucher muß somit geschult werden, um die notwendigen Tastatureingaben zu lernen.
4.3. Das zu lösende Problem liegt somit darin, den Bedienungskomfort eines auf Rechner- oder PC-Basis beruhenden Diktiergeräts zu verbessern. Dieses Problem wird dadurch gelöst, daß der Rechner über eine Codierschaltung mit dem an sich bekannten Diktiergerätemikrofon verbunden ist. Somit kann der Benutzer das PC über das Diktiergerätemikrofon in üblicher Weise steuern.
4.4. Aus der Beschreibung geht jedoch nicht hervor, welche technischen Schritte unternommen werden müssen, um die Codierschaltung zu bilden. Vielmehr scheint die Anmelderin davon auszugehen, daß der Fachmann ohne erfinderisches Zutun eine derartige Codierschaltung bauen könnte, sobald er auf die Idee käme, ein PC als Diktiergerät mit einem üblichen Diktiergerätemikrofon zu verwenden. Dies wurde in der mündlichen Verhandlung auch nicht bestritten.
4.5. Obwohl eine erfinderische Tätigkeit in der Angabe einer Idee oder einer zu lösenden Aufgabe liegen kann (siehe Richtlinien, Teil C, Kapitel IV, Absatz 9.4 (i)), ist die Aufgabe nach Auffassung der Kammer an sich unerfinderisch. Aus D1 geht hervor, siehe Figur 1, daß es bekannt ist, ein Diktiergerätemikrofon M1 mit einem Aufnahmeschalter B1 zu versehen, sowie zur Wiedergabe mit einem Fußschalter mit Stop- Vorwärts- Rückwärts- Tasten. Der Fachmann der ein Diktiergerät konstruiert, ist immer bestrebt, den Bedienungskomfort des Benutzers zu erhöhen. Es wäre somit für den Fachmann naheliegend, andere, an sich bekannte Funktionen im Mikrofon zu integrieren. Sobald der Fachmann diese Idee zum Ausdruck bringt, liegt die Lösung - die Verwendung eines herkömmlichen Diktiergerätemikofons - auf der Hand. Die Bereitstellung der notwendigen Codierschaltung um den Anschluß des Mikrofons an einem PC zu ermöglichen wäre dem Fachmann ohne erfinderisches Zutun möglich (siehe Punkt 4.4).
5. Damit beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sowie gemäß Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ).
6. Demgegenüber argumentierte die Anmelderin, die beanspruchte Lösung unterscheide sich vom bekannten Stand der Technik sowie in der zugrundeliegenden technischen Aufgabe als auch in den Merkmalen der Erfindung, die als Kombinationserfindung dargestellt wurde. D1 betreffe ein Zentraldiktiersystem mit der Aufgabe, die Zeitverzögerung zwischen Diktat und Anzeige des geschriebenen Textes am Monitor des Diktierers zu verkürzen. Die Kammer stimmt zu, daß D1 eine andere technische Aufgabe zugrunde liegt. Jedoch wird nicht von D1 sondern vom in der Anmeldung gewürdigten Stand der Technik ausgegangen, die Verwendung eines Rechners mit Sprach- Ein- und Ausgabe-System zur Speicherung von Text. Aus D1 entnimmt die Kammer lediglich, daß es auch bekannt war, ein Mikrofon mit eingebautem Diktierschalter zu verwenden. Da der Fachmann beim anerkannten Stand der Technik selbstverständlich ein Mikrofon verwenden muß, wird kein besonderer Schritt darin gesehen, dieses Mikrofon anstatt mit einem einzigen Schalter, wie in D1, mit den bei Diktiergerätemikrofonen üblichen Schaltern zu versehen.
7. Die Beschwerdegebühr ist nur bei einer erfolgreichen Beschwerde und im Falle eines wesentlichen Verfahrensfehlers der ersten Instanz zurückzuzahlen. Diese Bedingungen sind jedoch nicht gegeben. Im Schriftsatz vom 9. August 1991, eingegangen 12. August 1991, wurde die erste Instanz gebeten, einen Termin "zur persönlichen Rücksprache" zu gewähren. Es besteht keine Verpflichtung des Prüfers, eine "Rücksprache" zu gewähren (T 235/85, nicht veröffentlicht). Ferner ist ein Antrag auf eine "Rücksprache" nicht ein Antrag auf eine mündliche Verhandlung (T 409/87, nicht veröffentlicht). Es liegt somit kein Verfahrensfehler vor.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.