European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1995:T011093.19950914 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 14 September 1995 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0110/93 | ||||||||
Anmeldenummer: | 84110567.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | G01N 24/02 G01N 24/06 G01N 24/08 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Magneteinrichtung einer Anlage der Kernspin-Tomographie mit einer Abschirmvorrichtung | ||||||||
Name des Anmelders: | SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Bruker Analytische Meßtechnik GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Hauptantrag: Änderungen - Anspruchserweiterung (verneint) Hauptantrag: Neuheit (bejaht) Hauptantrag: Erfinderische Tätigkeit (bejaht) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Der Beschwerdeführer (Patentinhaber) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des Patents Nr. 0 141 149 (Anmeldenummer 84 110 567.9) Beschwerde eingelegt.
Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 und 56. EPÜ angegriffen worden.
Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß die in Artikel 100 a) EPÜ genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstünden.
Sie hat insbesondere folgende Entgegenhaltungen berücksichtigt:
(D2) EP-A-0 067 933,
(D6) offenkundige Vorbenutzung der von der Firma Bruker Analytische Medizintechnik GmbH hergestellten Magneteinrichtung,
(D7) Bruker Medizintechnik GmbH, Rheinstetten (DE), Medical Report 83/1, W.H.-G. Müller et al, "Magnet Choices for NMR-Tomography", Seiten 4 bis 10,
(D8) Proceedings of the International Symposium on Magnet Technology, Stanford University, Stanford, California (US), 8. bis 10. September 1965, P.A. Tschopp, "Design and Construction of the Magnet and Transport System for a Large Liquid Helium Bubble Chamber, Seiten 366 bis 376,
(D11) Proceedings of the Third International Conference on Magnet Technology, Hamburg 1970, herausgegeben von Editorial Committee MT3, N. Tsai at al., "The Magnet of the Hydrogen Bubble Chambre MIRABELLE", Seiten 617 bis 621,
(D12) C.L. Partain et al., Nuclear Magnetic Resonance (NMR) Imaging, 1983, W.B. Saunders Company, Kapitel 10, Seiten 128 bis 151.
II. Im Beschwerdeverfahren wurde die folgende weitere Entgegenhaltung von der Kammer berücksichtigt:
(D14) Magnets in clinical use, Site Planning Guide, herausgegeben von Oxford Magnet Technology Ltd, 1983, Seiten 31 und 39.
III. Der Beschwerdeführer beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Hauptantrag:
Ansprüche: Nr. 1 bis 6 eingegangen mit Schriftsatz vom 10. März 1993,
Beschreibung: Spalten 1 bis 5 der Patentschrift,
Zeichnungen: Blätter 1/2 und 2/2 der Patentschrift,
1. Hilfsantrag:
Ansprüche: Nr. 1 bis 5 eingegangen mit Schriftsatz vom 10. März 1993,
Beschreibung: Spalten 1 bis 5 der Patentschrift,
Zeichnungen: Blätter 1/2 und 2/2 der Patentschrift,
2. Hilfsantrag:
Ansprüche: Nr. 1 bis 5 eingegangen mit Schriftsatz vom 10. März 1993,
Beschreibung: Spalten 1 bis 5 der Patentschrift,
Zeichnungen: Blätter 1/2 und 2/2 der Patentschrift.
Die Beschreibung und ggf. die Zeichnungen gemäß allen Anträgen sind noch den jeweiligen Ansprüchen anzupassen.
IV. Der Beschwerdegegner (Einsprechende) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
V. Die Fassung des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag lautet wie folgt:
"Magneteinrichtung (2) einer Anlage der Kernspin- Tomographie mit mehreren Magnetspulen, welche einen zur Aufnahme eines zu untersuchenden Körpers geeigneten Innenraum umschließen und in diesem ein für die Kernspin- Tomographie hinreichend homogenes Magnetfeld erzeugen, und mit einer die Spulen umgebenden, aus ferromagnetischem Material bestehenden Abschirmvorrichtung (4, 19), die ein eine zylindermantelförmige Fläche festlegendes Bauteil und an dessen stirnseitigen Enden je ein scheibenförmiges Bauteil (6, 7; 27, 28) mit einer zentralen Öffnung (8) mit vorbestimmtem Radius (re) bezüglich der Zylinderachse (A) aufweist, dadurch gekennzeichnet, daß als die zylindermantelförmige Fläche festlegendes Bauteil der Abschirmvorrichtung (4, 19) vier baugleiche, in Umfangsrichtung auf der gemeinsamen Zylindermantelfläche (15) regelmäßig verteilt angeordnete balkenartige Abschirmelemente (10 bis 13; 22 bis 25) vorgesehen sind, wobei zwischen benachbarten Abschirmelementen (10 bis 13; 22 bis 25) jeweils ein einen guten seitlichen Zugang zu der Magnetspulenanordnung gewährleistender Zwischenraum vorhanden ist, so daß die Abschirmvorrichtung (4, 19) ein starres, käfigartiges Gerüst bildet, und daß Justierelemente vorgesehen sind, welche drei Translations- und zwei Kippfreiheitsgrade der Spulen gegenüber dem Gerüst ermöglichen, wobei die für die Kernspin- Tomographie erforderliche Magnetfeldhomogenität gewährleistet ist."
Die Ansprüche 2 bis 6 gemäß dem Hauptantrag sind vom Anspruch 1 abhängig.
VI. Der Beschwerdeführer hat im wesentlichen folgendes vorgetragen:
Ausgangspunkt der Erfindung sei die Entgegenhaltung D2, die einen aus einer Feldspule und einem Zylindermantel als Abschirmung bestehenden Elektromagneten für die NMR- Tomographie zeige. Bis zum Anmeldetag des Streitpatents sei die Fachwelt davon ausgegangen, daß eine Abschirmvorrichtung mit einer geschlossenen oder quasi- geschlossenen Rohrform gemäß D2 die geringsten Magnetfeldverzerrungen verursache und eine Auflösung dieser Rohrform zwangsläufig zu unerwünschten Feldverzerrungen führe.
Es werde zwar nicht bestritten, daß dem Fachmann auf dem Gebiet der Entwicklung von Magneten zur Kernspin- Tomographie (KST) am Anmeldetag des Streitpatents auch Kenntnisse aus benachbarten Fachgebieten, z. B. Kernphysik (vgl. D8), zur Verfügung standen. Dies bedeute jedoch nicht, daß sich der Fachmann deshalb zwangsläufig aufgefordert sähe, trotz Kenntnis der auf dem anderen benachbarten Fachgebiet geringeren Feldhomogenitätsanforderungen solche Gestaltungsmerkmale zu übernehmen, von denen er annehmen müsse, daß sie die erwünschten Homogenitätsvoraussetzungen gerade nicht erfüllen könnten.
Es sei überraschend, daß mit einer gegenüber D8 noch weitergehenden Auflösung der Rohrform, nämlich mit nur vier balkenartigen Abschirmelementen, dennoch die für einen Einsatz auf dem KST-Gebiet erwünschten Homogenitätsverhältnisse erreicht würden.
Die beanspruchten Justierelemente seien weder D2 noch D8 zu entnehmen. Ferner sei aus D12 eine als vorteilhaft anzusehende Beschränkung der Justierung auf drei Translations- und zwei Kippfreiheitsgrade nicht ableitbar.
VII. Der Beschwerdegegner hat im wesentlichen folgendes vorgetragen:
Am Prioritätstag des Streitpatents habe der Fachmann auf dem KST-Gebiet aus D2 gewußt, daß trotz der sehr hohen Feldhomogenitätsanforderungen bei KST-Magneten eine die Magnetspule eng umgebende, eventuell ein- oder mehrfach geschlitzte, zylinderförmige Eisenabschirmung einsetzbar sei, ohne daß dies zu unzulässigen Feldverzerrungen führe. Der Zylindermantel diene zugleich als magnetische Rückführung.
Aus D8 sei ferner dem Fachmann bekannt gewesen, daß auf dem eng benachbarten Fachgebiet der Blasenkammermagneten eine weitgehende Auflösung der geschlossenen Rohrform der Abschirmung mit sechs balkenförmigen Elementen möglich sei, wobei die Zwischenräume zwischen den Balken zur Durchführung von Versorgungsleitungen dienten.
Der Fachmann sei daher durch diesen Stand der Technik dazu aufgefordert, Anordnungen mit nur wenigen balkenförmigen Elementen als quasi-rohrförmige Abschirmung auch bei KST-Magneten einzusetzen, sofern im Einzelfall aus bestimmten Gründen ein großer Abstand zwischen den Elementen erforderlich sei. Hiervon werde der Fachmann durch die schlechtere Homogenität der Magnetfelder auf dem benachbarten Gebiet nicht abgehalten. Es spiele ferner keine Rolle, wie viele Elemente verwendet würden.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ. Sie ist somit zulässig.
2. Hauptantrag
2.1. Zulässigkeit der Änderungen
2.1.1. Artikel 123 (2) EPÜ
2.1.1.1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 besteht im wesentlichen aus der Kombination der Merkmale des ursprünglich eingereichten Anspruchs 1 und der folgenden weiteren Merkmale:
(i) das Magnetfeld ist für die KST hinreichend homogen,
(ii) die Abschirmvorrichtung weist ein eine zylindermantelförmige Fläche festlegendes Bauteil auf,
(iii) als die zylindermantelförmige Fläche festlegendes Bauteil sind vier Abschirmelemente vorgesehen,
(iv) zwischen benachbarten Abschirmelementen ist jeweils ein einen guten seitlichen Zugang zu der Magnetspulenanordnung gewährleistender Zwischenraum vorhanden,
(v) die Abschirmvorrichtung bildet ein starres, käfigartiges Gerüst, und
(vi) Justierelemente sind vorgesehen, welche drei Translations- und zwei Kippfreiheitsgrade der Spulen gegenüber dem Gerüst ermöglichen, wobei die für die Kernspin-Tomographie erforderliche Magnetfeldhomogenität gewährleistet ist.
Diese hinzugefügten Merkmale gehen nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus, wie im folgenden dargelegt:
Zu (i):
Entsprechend Seite 4, Zeilen 18 bis 26, wird bei den KST-Anlagen, die der Erfindung zugrundegelegt werden, eine Magneteinrichtung mit einer Anordnung von normal- oder supraleitenden Feldspulen eingesetzt, mit denen ein starkes, möglichst homogenes Grundfeld in einem zentralen Meßbereich hervorgerufen wird.
Zu (ii) und (iii):
Diese Merkmale, in Verbindung miteinander betrachtet, sind der Seite 5, Zeilen 27 bis 37, sowie den Figuren 1 bis 3 zu entnehmen. Die balkenförmigen Abschirmelemente haben gleichmäßige Gestalt und liegen untereinander regelmäßig verteilt auf einer gedachten Zylindermantelfläche, die in den Figuren durch eine gestrichelte Linie angedeutet ist. Ähnliches gilt entsprechend für die zweite Ausführungsform gemäß den Figuren 4 bis 6.
Zu (iv):
Dieses Merkmal ist auf Seite 3, Zeilen 30 bis 34, offenbart.
Zu (v):
Ein starres Gerüst entsteht durch die Verbindung der balkenartigen Abschirmelemente mit den stirnseitigen scheibenförmigen Bauteilen (vgl. Seite 3, Zeile 34, bis Seite 4, Zeile 4). Die käfigartige Ausbildung ergibt sich eindeutig aus den Figuren.
Zu (vi):
Gemäß Seite 6, Zeilen 12 bis 22, ist die Magnetspulenanordnung in dem starren Gerüst aus Abschirmelementen und Endplatten an Justierelementen verstellbar aufgehängt. Mit drei Translations- und zwei Kippfreiheitsgraden können durch die Justierung fünf Feldfehlertherme eliminiert werden. Der Zweck besteht darin, die erforderliche Feldhomogenität zu gewährleisten (vgl. (i) oben).
2.1.1.2. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 6 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 6.
2.1.2. Artikel 123 (3) EPÜ
Die genannten Änderungen des Anspruchs 1, die im wesentlichen erst nach der Erteilung vorgenommen wurden, bewirken ersichtlich eine Einschränkung des Schutzbereiches. Einer näheren Betrachtung bedarf lediglich das Merkmal (ii).
Vom Beschwerdegegner ist der Einwand erhoben worden, daß die Ersetzung des im Oberbegriff des erteilten Anspruchs 1 vorhandenen Merkmals, daß die Abschirmvorrichtung "ein zumindest weitgehend zylindermantelförmiges Bauteil" aufweist, durch das neue Merkmal, daß die Abschirmvorrichtung "ein eine zylindermantelförmige Fläche festlegendes Bauteil" aufweist, gegen Artikel 123 EPÜ verstoße (vgl. Schriftsatz vom 13. September 1993, Punkt I.1). Obwohl der Beschwerdegegner nicht genau angibt, unter welchem Absatz des Artikels 123 EPÜ der Einwand erhoben wird, ist aus dem Bezug auf den erteilten Anspruch 1 zu folgern, daß sich die Beanstandung auf eine mögliche Erweiterung des Schutzbereichs bezieht (Artikel 123 (3) EPÜ).
Das o. g. Merkmal im Oberbegriff des erteilten Anspruchs 1 steht in Zusammenhang mit dem weiteren Merkmal im kennzeichnenden Teil, daß das Bauteil "annähernd zylindermantelförmig" und durch mindestens vier voneinander beabstandete balkenartige Elemente gebildet ist. Es ist also bereits hieraus klar, daß das "zumindest weitgehend zylindermantelförmige" Bauteil aus getrennten Elementen besteht, die auf einer gedachten Zylindermantelfläche angeordnet sind, also die Fläche "festlegen". Die genannte Änderung besteht also in der Sache nur aus einer Streichung von "zumindest weitgehend" und "annähernd", was offensichtlich lediglich eine Einschränkung des Schutzbereichs bewirkt.
2.1.3. Aus den vorangehend genannten Gründen folgt, daß die Ansprüche des Streitpatents nicht in der Weise geändert worden sind, daß ihr Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht oder der Schutzbereich erweitert wird (Artikel 123 (2), (3) EPÜ).
2.2. Neuheit
2.2.1. Aus der Entgegenhaltung D2 (vgl. die Ansprüche 1 bis 6. sowie die Figuren 1 und 2) ist eine Magneteinrichtung entsprechend dem Oberbegriff des Anspruchs 1 bekannt. D2 zeigt nämlich eine Magneteinrichtung einer Anlage der Kernspin- Tomographie mit mehreren Magnetspulen, welche einen zur Aufnahme eines zu untersuchenden Körpers geeigneten Innenraum umschließen und in diesem ein für die Kernspin-Tomographie hinreichend homogenes Magnetfeld erzeugen, und mit einer die Spulen umgebenden, aus Eisen bestehenden Abschirmvorrichtung, die einen Zylindermantel und an dessen stirnseitigen Enden je ein scheibenförmiges Bauteil mit einer zentralen Öffnung mit vorbestimmtem Radius bezüglich der Zylinderachse aufweist.
Gemäß Seite 9, Zeilen 20 bis 23, und Anspruch 15 kann der Zylindermantel in Längsrichtung mehrfach geschlitzt sein, um Wirbelströme möglichst klein zu halten. Von solchen Schlitzen, deren Breite lediglich zur Aufnahme einer Isolationsschicht ausreichen muß, unterscheiden sich die gemäß Anspruch 1 vorgesehenen, einen guten seitlichen Zugang zu der Magnetspulenanordnung gewährleistenden Zwischenräume zwischen den balkenartigen Abschirmelementen ganz deutlich. Obwohl der Ausdruck "einen guten ... Zugang ... gewährleistender" eine je nach Art des gewünschten Zugangs durchaus unterschiedliche Breite des Zwischenraums definieren kann, ist nach Auffassung der Kammer doch eindeutig, daß bloße Isolierschlitze, wie sie gemäß D2 vorgesehen sind, nicht notwendigerweise für einen nutzbringenden Zugang zu den Magnetspulen geeignet sind.
Gegenüber D2 liegt somit die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 im wesentlichen in folgenden Merkmalen des kennzeichnenden Teils:
(j) vier baugleiche, in Umfangsrichtung auf einer gemeinsamen Zylindermantelfläche regelmäßig verteilt angeordnete, balkenartige Abschirmelemente werden als Abschirmung eingesetzt,
(jj) zwischen benachbarten Abschirmelementen ist jeweils ein einen guten seitlichen Zugang zu der Magnetspulenanordnung gewährleistender Zwischenraum vorhanden,
(jjj) die Abschirmvorrichtung bildet ein starres, käfigartiges Gerüst,
(jjjj) Justierelemente sind vorgesehen, welche drei Translations- und zwei Kippfreiheitsgrade der Spulen gegenüber dem Gerüst ermöglichen.
2.2.2. Im Einspruchsverfahren hat der Beschwerdegegner offenkundige Vorbenutzung des in D6 dargestellten Gegenstandes geltend gemacht (vgl. die Einspruchsbegründung) und diesen Einwand im Beschwerdeverfahren mit dem auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung folgenden Schriftsatz vom 4. Juli 1995 wieder aufgegriffen.
Die Offenkundigkeit der Vorbenutzung wurde im Einspruchsverfahren vom Beschwerdeführer bestritten (vgl. den Schriftsatz vom 21. August 1989, Seite 3). Es besteht jedoch Einigkeit darüber, daß es sich bei dem genannten Gegenstand um eine vom Beschwerdegegner hergestellte Magneteinrichtung einer KST-Anlage handelt, wie sie außer in D6 auch in der ebenfalls vom Beschwerdegegner stammenden Druckschrift D7 gezeigt ist. Dieser Gegenstand weist somit alle Merkmale nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 auf, und darüber hinaus die Eigenschaft, daß das die zylindermantelförmige Fläche festlegende Bauteil aus einer Vielzahl von balkenartigen Abschirmelementen besteht, die praktisch dicht aneinander anschließend (eventuell mit elektrischen Isolierschichten dazwischen) angeordnet sind. Versorgungsleitungen werden von der Seite her in den Innenraum geführt, aber nicht durch einen Zwischenraum zwischen den Abschirmungsbalken, sondern durch im ferromagnetischen Material vorgesehene Bohrungen. Die benutzte Magneteinrichtung entspricht also derjenigen gemäß D2, bei der ja auch der Zylindermantel mehrfach geschlitzt sein kann.
Da also die Konstruktion der Abschirmung der benutzten Magneteinrichtung dem Gegenstand des Anspruchs 1 nicht näher kommt als die Lehre der D2, und das - zwischen den Parteien ebenfalls umstrittene - Vorhandensein einer Justiervorrichtung in der benutzten Magneteinrichtung keine Rolle für die Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit (vgl. Punkt 2.3.1, letzter Absatz) spielt, erübrigt sich eine weitergehende Überprüfung (z. B. auf Offenkundigkeit) der geltend gemachten Benutzungshandlung).
2.2.3. Die anderen, im Verfahren berücksichtigten vorveröffentlichten Entgegenhaltungen kommen der Magneteinrichtung gemäß Anspruch 1 nicht näher.
2.2.4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist deshalb neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ.
Im übrigen wurde die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 vom Beschwerdegegner auch nicht bestritten.
2.3. Erfinderische Tätigkeit
D2 wird als nächstliegender Stand der Technik betrachtet, da sie als einzige der auf KST bezogenen Vorveröffentlichungen eine magnetische Abschirmung näher beschreibt.
Von der aus D2 bekannten Magneteinrichtung ausgehend, besteht die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe darin, die geschlossene bzw. quasi-geschlossene Abschirmvorrichtung derart zu verbessern, daß supraleitende Magnete mit seitlich herausragenden Teilen, wie z. B. dem Turm des Kryostaten, eingesetzt werden können, und allgemein der Zugang zur Magnetspulenanordnung erleichtert wird, ohne die für die KST erforderliche Homogenität des Magnetfeldes im Meßbereich zu verschlechtern (vgl. Spalte 2, Zeilen 5 bis 21 und 36 bis 41, der Patentschrift).
Die Anwendung von supraleitenden Magneten auf dem KST-Gebiet ist ein Ziel, das der Entwicklung der Technologie auf dem Gebiet der Hochleistungsmagneten Rechnung trägt. Ferner ist das Erfordernis der hohen Feldhomogenität im Meßbereich eine Selbstverständlichkeit für den Fachmann. Aus diesen Gründen leistet die o. g. Aufgabenstellung als solche keinen Beitrag zur erfinderischen Tätigkeit.
Die gestellte Aufgabe wird gemäß Anspruch 1 durch folgende Merkmale gelöst:
(k) die Auflösung der aus D2 bekannten geschlossenen bzw. quasi-geschlossenen Struktur der Abschirmung, d. h. die Kombination der o. g. Merkmale (j) bis (jjj),
(kk) der Einsatz von Justierelementen entsprechend dem o. g. Merkmal (jjjj).
2.3.1. Von D2 selbst geht keine Anregung zu einer derartigen Lösung aus.
Der Zylindermantel der aus D2 bekannten Magneteinrichtung erfüllt die Funktionen der Abschirmung, der magnetischen Rückführung und der mechanischen Stabilität bei Wahrung der Homogenität des Magnetfeldes.
Die als Möglichkeit erwähnte Schlitzung des Zylindermantels hat nichts mit einer käfigartigen Auflösung der geschlossenen Zylinderstruktur zu tun, sondern lediglich mit einer Unterbrechung der Wirbelströme, für die breitere Zwischenräume keinerlei Vorteil bedeuten würden. Von leichterer Zugänglichkeit ist lediglich auf Seite 12, Zeile 32, bis Seite 13, Zeile 4, die Rede, wo ausgeführt ist, daß der Zylindermantel an zwei diametral gegenüberliegenden Stellen geschlitzt ist, so daß die obere Hälfte des Mantels von der unteren abhebbar ist und die Erregerspule und sonstige innerhalb des Mantels angeordnete Einrichtungen leichter zugänglich werden. Die Zugänglichkeit soll somit nicht durch die Breite der Schlitze, sondern durch die Demontage des oberen Teils des Zylindermantels erreicht werden.
Die Lehre der D2 führt somit eher von der Erfindung weg.
Darüber hinaus stimmt die Kammer dem Beschwerdeführer darin zu, daß der Gedanke der Auflösung der geschlossenen oder quasi-geschlossenen Ausführung der aus D2 bekannten Abschirmung dem Fachmann fernliegen würde, da ihm die Wirkungen auf die Feldhomogenität zumindest zweifelhaft erscheinen müßten.
Angesichts dieser Sachlage erübrigt sich die Prüfung, ob gegenüber D2 das weitere Merkmal (kk) betreffend den Einsatz von Justierelementen ebenfalls einen Beitrag zur erfinderischen Tätigkeit leistet.
2.3.2. Zu den aus D8 entnehmbaren Anregungen ergibt sich folgendes:
2.3.2.1. Diese Entgegenhaltung beschreibt eine Magneteinrichtung für eine Blasenkammer und ist deshalb gattungsfremd. Dies schließt jedoch im vorliegenden Fall ihre Berücksichtigung bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht aus, da es sich um ein Nachbargebiet handelt, auf dem die gleichen oder ähnlichen Probleme eine Rolle spielen wie auf dem Gebiet der Kernspintomographie (vgl. Entscheidung T 0176/84, ABl. EPA 1986, 50), was auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten wird. Wie die für den Einsatz auf dem KST-Gebiet bestimmten Magneten sind auch die Magneten von Blasenkammern durch ein starkes homogenes Magnetfeld gekennzeichnet, das zweckmäßigerweise durch eine Flußrückführung umschlossen wird. Ihre Konstruktion ist ferner mit dem Erfordernis seitlicher Zugänglichkeit der Anlage in Einklang zu bringen.
2.3.2.2. D8 (vgl. insbesondere den Absatz "Magnetic circuit" sowie Figuren 1 und 4) beschreibt eine Magneteinrichtung einer Blasenkammer mit mehreren Magnetspulen, welche eine zur Aufnahme der Blasenkammer geeigneten Innenraum umschließen und in diesem ein hinreichend homogenes Magnetfeld erzeugen, und mit einer die Spulen umgebenden, aus ferromagnetischem Material bestehenden Flußrückführungsvorrichtung, die ein eine zylindermantelförmige Fläche festlegendes Bauteil und an dessen stirnseitigen Enden je ein scheibenförmiges Bauteil mit einer zentralen Öffnung mit vorbestimmtem Radius bezüglich der Zylinderachse aufweist, wobei als die zylindermantelförmige Fläche festlegendes Bauteil der Flußrückführungsvorrichtung sechs baugleiche, in Umfangsrichtung auf der gemeinsamen Zylindermantelfläche regelmäßig verteilt angeordnete balkenartige Elemente vorgesehen sind, und zwischen benachbarten Elementen jeweils ein einen guten seitlichen Zugang zu den inneren Einrichtungen gewährleistender Zwischenraum vorhanden ist, so daß die Flußrückführungsvorrichtung ein starres, käfigartiges Gerüst bildet.
2.3.2.3. Es stellt sich also die Frage, inwieweit sich der Fachmann veranlaßt gesehen hätte, ausgehend von der Magneteinrichtung gemäß D2, auf der Suche nach einer Lösung des Problems, ohne eine Verschlechterung der Feldhomogenität die Einbaumöglichkeiten von Magneten mit sperrigen seitlichen Einrichtungen sowie den seitlichen Zugang zu der Magnetspulenanordnung durch die Abschirmvorrichtung hindurch zu verbessern, den Aufbau der aus D8 bekannten Flußrückführungsvorrichtung als Vorbild heranzuziehen und ihn dadurch zu ändern, daß die Zahl der eingesetzten baugleichen balkenartigen Abschirmelemente auf vier herabgesetzt wird.
Um von der am Prioritätstag des Streitpatents auf dem Gebiet der KST üblichen geschlossenen oder quasi- geschlossenen Abschirmung (vgl. außer D2 auch D7 und (gutachtlich) D14) abzugehen, müßte dem Fachmann die Aussicht vermittelt worden sein, daß eine andere bekannte Konstruktion geeignet sein würde, das bestehende Problem zu lösen. Dies ist aber nach Auffassung der Kammer bei D8 bezüglich eines grundlegenden Teils der Aufgabe nicht der Fall. Zwar konnte der Fachmann aus D8 ersehen, daß durch eine käfigartige Gestaltung der Flußrückführung die Zugänglichkeit der Magnete verbessert wird. Doch nützt dieser Teilaspekt nichts, wenn es keine Anhaltspunkte dafür gibt, daß gleichzeitig die - ganz unverzichtbare - Güte der Magnetfeldhomogenität im Meßbereich erhalten bleiben kann, die sehr kritisch von der Geometrie umgebender Eisenteile abhängt (vgl. z. B. D2, Seite 7, Zeilen 19 bis 22). Die Kammer geht zwar nicht so weit, aufgrund des Fehlens offener Abschirmungsstrukturen in dem zur KST nachgewiesenen Stand der Technik ein Vorurteil der Fachwelt anzunehmen, kann aber andererseits im gesamten zitierten Stand der Technik einschließlich D8 auch keinen positiven Hinweis auf die - keineswegs selbstverständliche - Wahrung der Feldhomogenität sehen, wie dies für das Naheliegen der entsprechenden Kombination von D8 mit D2 erforderlich wäre. Die schlechtere Feldhomogenität bei Blasenkammern (vgl. D8, Seite 373, linke Spalte, oder D11, Seite 618) mag zwar nicht notwendigerweise von der Flußrückführung allein verursacht sein, liefert aber andererseits auch kein Indiz dafür, daß offene Flußrückführungen die Feldhomogenität im erforderlichen Maß (Abweichungen kleiner als ca. 10-5 (vgl. D7, Tabelle 1)) unbeeinflußt lassen.
Außerdem ist nirgends in D8 erwähnt, daß die den magnetischen Fluß rückführenden balkenartigen Elemente, die als "Jochbeine" beschrieben werden, überhaupt eine gute magnetische Abschirmung bewirken sollen, wie dies gemäß D2 und beim Patentgegenstand (vgl. die Bezeichnung "Abschirmvorrichtung") im Vordergrund steht.
D8 ist somit keine Anregung zu entnehmen, bei KST- Anlagen auf eine geschlossene Abschirmung zu verzichten, um einen seitlichen Zugang zu den Inneneinrichtungen zu schaffen, ohne daß die Feldhomogenität zu stark beeinträchtigt wird.
2.3.2.4. Aus den vorangehend genannten Gründen liegt die Kombination der Lehren von D2 und D8 nicht nahe, wobei selbst eine solche Kombination noch nicht direkt zur beanspruchten Magneteinrichtung führen würde, da diese nur vier Abschirmelemente aufweist. Eine derartige Reduzierung der Zahl der eingesetzten Abschirmelemente ist jedoch noch weniger naheliegend, da hierbei die Wahrung der Feldhomogenität noch weniger gesichert erscheinen muß.
Keine der anderen zitierten Druckschriften erwähnt auch nur eine in dem in Anspruch 1 definierten Sinne offene Struktur einer magnetischen Abschirmvorrichtung. Entsprechendes gilt für den Gegenstand der vom Beschwerdegegner behaupteten offenkundigen Vorbenutzung.
2.3.3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht deshalb auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
2.4. Der Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag ist im Sinne von Artikel 52 (1) EPÜ patentfähig.
Das Gleiche gilt aufgrund ihrer Rückbeziehung auf Anspruch 1 für die Ansprüche 2 bis 6 des Hauptantrages.
2.5. Somit stehen die in Artikel 100 a) EPÜ genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang nicht entgegen.
Für die Aufrechterhaltung des Patents ist jedoch noch erforderlich, daß die Beschreibung und ggf. die Zeichnungen des Streitpatents an die neuen Ansprüche angepaßt werden. Um diese Anpassung vornehmen zu lassen und dann das Patent in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten (Artikel 102 (3) EPÜ), wird die Angelegenheit an die Einspruchsabteilung gemäß Artikel 111 (1) EPÜ, 2. Satz, zurückverwiesen.
3. Hilfsanträge
Da der Hauptantrag gewährbar ist, erübrigt sich die Prüfung der Hilfsanträge.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent mit folgenden Ansprüchen, einer noch anzupassenden Beschreibung und ggf. noch anzupassenden Zeichnungen aufrechtzuerhalten:
Ansprüche: Nr. 1 bis 6 gemäß dem Hauptantrag, eingegangen mit Schriftsatz vom 10. März 1993.