T 0321/92 () of 13.1.1993

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1993:T032192.19930113
Datum der Entscheidung: 13 Januar 1993
Aktenzeichen: T 0321/92
Anmeldenummer: 85904236.8
IPC-Klasse: G11C 17/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Programmierung eines nichtflüchtigen Speichers
Name des Anmelders: ROBERT BOSCH GMBH
Name des Einsprechenden: Siemens Aktiengesellschaft, Berlin und München
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein)
Inventive step (no)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0002/94
T 1117/10

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 26. Februar 1992, mit der der Einspruch der jetzigen Beschwerdeführerin zurückgewiesen wurde.

II. Der unabhängige Patentanspruch 1 lautet:

"1. Verfahren zur Speicherung von Informationen in einem programmierbaren, nichtflüchtigen Speicher (16) eines Rechners (10) zur Datenverarbeitung, der über einen Datenbus (15) und einen Adreßbus (14) mit einem Mikroprozessor (11) fest verbunden ist, in dem über mehrere, an Eingängen des Mikroprozessors angeschlossene Eingangsleitungen (17; Eo, ..., E5) im normalen Betrieb des Rechners laufend veränderliche Daten und Befehle zur Verarbeitung eingelesen werden, wobei mit einem externen Schalter (24, 25, 27) über mindestens eine Eingangsleitung (Eo) ein bestimmter Steuerbefehl (1. Takt) eingegeben und damit ein Unterprogramm (UP1, 2) des Mikroprozessors aufgerufen wird, mit dem zusätzliche Daten von außen zunächst in einen Zwischenspeicher des Mikroprozessors eingelesen und anschließend aus dem Zwischenspeicher in den nichtflüchtigen Speicher (16) eingeschrieben werden, dadurch gekennzeichnet, daß als zusätzliche, von außen kommende Daten für den in einem Fahrzeug zu verwendenden Rechner (10) fahrzeugspezifische Informationen in Form einer Datenfolge über mindestens eine derjenigen weiteren Eingangsleitungen (E1 bis E4) eingelesen werden, die im normalen Betrieb des Rechners (10) an die verschiedenen Signalgeber im Fahrzeug für die laufend veränderlichen Daten und Befehle angeschlossen werden."

Weitere Ansprüche 2 bis 9 hängen von Anspruch 1 ab.

III. Zur Stützung ihres Einwandes mangelnder erfinderischer Tätigkeit verwies die Beschwerdeführerin (Einsprechende) wie im Einspruchsverfahren u. a. zunächst auf folgendes Dokument:

D1: WO-A-80/02881

IV. Im Beschwerdeverfahren fand am 13. Januar 1993 eine mündliche Verhandlung statt, zu der von der Beschwerdekammer unter Hinweis auf die in der Patentschrift im Zusammenhang mit der zu lösenden Aufgabenstellung genannten

D3: DE-A-3 305 579

geladen worden war.

V. Die Beschwerdeführerin argumentierte im wesentlichen wie folgt:

In Übereinstimmung mit der Auffassung der Beschwerdegegnerin und der Beschreibungseinleitung der Patentschrift sei ein Verfahren zur Speicherung gemäß Oberbegriff des Anspruchs 1 aus D1 bekannt. D1 weise auf die Verwendung von Mikrocomputern in Kraftfahrzeugen hin und D3 (insbesondere Figur 2) zeige, daß bei einer solchen Verwendung im Normalbetrieb über Eingangsleitungen Signalgeber an den Mikroprozessor angeschlossen seien. D1 (insbesondere Seite 19, 3. Abschnitt und Seite 30, Zeilen 24 ff.) beinhalte in Verbindung mit Port 3 eine Lösung des Problems der Umprogrammierung des dort beschriebenen Mikrocomputers unter Verwendung des auch für die normale Daten- bzw. Befehlsübertragung dienenden Ports, so daß die Umprogrammierung keine zusätzlichen Eingänge erfordere.

Da die D1 somit auch den dem beanspruchten Verfahren zugrundeliegenden, wesentlichen Lösungsgedanken vorwegnähme, sei das Verfahren nach dem Streitpatent nicht erfinderisch.

VI. Die Beschwerdegegnerin widersprach diesem Vorbringen und machte dabei folgendes geltend:

D1 offenbare lediglich einen Mikrocomputer mit EPROM, aber keine Anschlüsse von Signalgebern eines Kraftfahrzeuges. Weiterhin habe der bekannte Mikrocomputer mehr Ports als beim Streitpatent erforderlich seien. Beim Streitpatent handle es sich um die Lösung eines kraftfahrzeugspezifischen Problems. Es würden nämlich die vorhandenen Anschlußleitungen bzw. Klemmen, an die im normalen Betrieb Kraftfahrzeugsignalgeber angeschlossen seien, auch zur Programmierung des Speichers der als solches käuflichen Datenverarbeitungseinrichtung verwendet. Der zuständige Fachmann arbeite also auf dem Gebiet der Kraftfahrzeugelektronik, aber nicht dem der Datenverarbeitung. Den Kraftfahrzeugfachmann interessiere nicht, wie ein Mikrocomputer intern aufgebaut sei. Dem Stand der Technik fehlten die Anregungen, entsprechend dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 die gleichen Eingangsleitungen, die im normalen Betrieb eines Rechners mit den Signalgebern eines Kraftfahrzeuges verbunden seien, auch zum Einlesen zusätzlich von außen kommender Daten in den Rechner und damit zu dessen Umprogrammierung zu verwenden.

VII. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 233 861.

VIII. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage eines neuen in der Verhandlung eingereichten Anspruchs 1.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich vom Anspruch 1 gemäß Hauptantrag dadurch, daß die im normalen Betrieb übertragenen Befehle Steuerbefehle sein sollen und daß zur Programmierung eine Programmiereinrichtung (23) über eine Steckvorrichtung (22) mit den gleichen Eingangsleitungen (E0, ..., E4) lösbar verbunden ist, über die auch im normalen Betrieb die Daten und Steuerbefehle eingelesen werden.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Gemäß Spalte 1, Zeilen 8 bis 36 der EP-B-233 861 war es aus D3 bekannt, Fahrdaten eines Kraftfahrzeuges von Signalgebern abfühlen und durch einen Mikrocomputer für eine Anzeige umrechnen zu lassen. Gemäß dem Ausführungsbeispiel nach Figur 2 der D3 werden über Sensor-Eingänge 16 analoge oder digitale Meßwerte eingegeben. Eingänge 33 dienen der Eingabe von kraftfahrzeugspezifischen Daten, z. B. der Zylinderzahl, oder der Auswahl von beispielsweise die Reihenfolge der Sensorabtastung festlegenden Programmen und Umrechnungstabellen. Über eine Prüftaste 34 kann ein Prüfprogramm aufgerufen werden. Gemäß D3 werden also über die vorhandenen Eingangsleitungen im Normalbetrieb veränderliche Daten und Steuerbefehle zur Verarbeitung eingelesen ebenso wie nach dem angegriffenen Patent über den Eingangsport 17 laufend veränderliche Sensor-Daten, über den Port 18 Sensor- bzw. Funktionsschalter- oder Tastschalterinformationen und über weitere Eingangsleitungen 21 Steuerbefehle, Daten oder Adressen (vgl. EP-B-233 861, Spalte 3, Zeilen 19 bis 28) eingelesen werden. Eine Vielzahl abweichender Fahrzeugtypen macht ein oftmaliges Umprogrammieren eines solchen, mit einem nichtflüchtigen Speicher (EPROM; vgl. D3, Seite 5) ausgestatteten Mikrocomputers erforderlich. Gemäß Beschreibungseinleitung waren bislang dabei jedoch die für ein Umprogrammieren eines solchen EPROMs erforderlichen Zusatzanschlußstellen als nachteilig empfunden worden.

3. Nach der Beschreibungseinleitung stellte sich daher die Aufgabe, eine Lösung zu suchen, wodurch mit den für den Betrieb der Datenverarbeitungsvorrichtung (Mikrocomputer) ohnehin benötigten Eingängen bzw. Eingangsleitungen eine Programmierung oder Umprogrammierung des nichtflüchtigen Speichers vorgenommen werden kann.

4. Diese Aufgabe wird offensichtlich durch die im Anspruch 1 (gemäß Hauptantrag) angegebenen Verfahrensschritte gelöst, indem

a) mit einem externen Schalter über mindestens eine Eingangsleitung ein bestimmter Steuerbefehl eingegeben und damit ein Unterprogramm des Mikroprozessors aufgerufen wird, mit dem zusätzliche Daten von außen zunächst in einen Zwischenspeicher des Mikroprozessors eingelesen und anschließend aus dem Zwischenspeicher in den nichtflüchtigen Speicher eingeschrieben werden, und

b) die zusätzlichen, von außen kommenden Daten bzw. fahrzeugspezifischen Informationen in Form einer Datenfolge über mindestens eine derjenigen Eingangsleitungen eingelesen werden, die im normalen Betrieb des Rechners an die verschiedenen Signalgeber im Fahrzeug für die laufend veränderlichen Daten und Befehle angeschlossen sind.

5. Ein Fachmann, der sich für die Lösung des Problems der leichten Umprogrammierbarkeit ohne zusätzliche Anschlußstellen auf dem Gebiet von Mikrocomputern informiert, wird geleitet durch den in D1 enthaltenen Hinweis auf die Verwendung von Mikrocomputern bei Kraftfahrzeugen in dieser Druckschrift eine Anregung für die obengenannten Verfahrensschritte finden. Nach Auffassung der Parteien offenbart D1 ein Verfahren mit den im Oberbegriff des Anspruchs 1 angegebenen Merkmalen. Der dort beschriebene Mikrocomputer weist einen Modusauswahlschaltkreis 34 auf, mit dem bei entsprechender Ansteuerung durch Steuerbefehle, beispielsweise mittels eines externen Schalters, ein Mehrfunktionsport 3 derart umprogrammierbar ist, daß er wahlweise in einem Modus 5 zum Anschluß eines externen Datenbus und damit als Eingang für zu verarbeitende Daten geeignet ist oder in einem Modus 0 zunächst zur Übertragung von Befehlen eines Programm-Monitors aus einem externen ROM (40) zum Mikrocomputer (30), die dort die Programmierung eines mikrocomputerinternen EPROM (3) mit einem in einem externen RAM 41 gespeicherten Programm steuern. Dabei wird das zu ladende Programm ebenfalls über den Port 3 übertragen, wobei die einzelnen Programmwörter jeweils in einem Speicher 62 (Figur 4) zwischengespeichert werden.

In D1 (vgl. Seite 2, Zeilen 20 bis 25 und Seite 30, Zeilen 25 bis 29) ist explizit auf die hierdurch ermöglichte Mehrfachnutzung der gleichen Eingangsleitungen hingewiesen. Der Fachmann wird deshalb angesichts der in der Praxis auftretenden Problemstellung der Vermeidung von zusätzlichen Anschlüssen für das Neuladen von fahrzeugspezifischen Informationen den in D3 (vgl. dort Seite 5, Zeilen 18 bis 20) für die zentrale Steuerlogik 14 verwendeten Mikrocomputer mit EPROM gemäß D1 implementieren und dabei Port 3 zur Eingabe der Signaldaten von den Signalgebern und zum Umprogrammieren der fahrzeugspezifischen Informationen verwenden. Eine solche Anwendung beinhaltet zwangsläufig, daß die Leitungen des Port 3 nicht nur mit einem externen ROM und RAM - wie in Figur 1 der D1 gezeigt - sondern auch mit den Signalgebern verbindbar sein müssen. Der Mikrocomputer gemäß D1 weist außerdem einen Adreßbus auf und der Modusauswahlschaltkreis 34 empfängt für den Normal- und Programmierbetrieb Steuerbefehle, die den jeweiligen Modus vorgeben.

6. Der Einwand der Beschwerdegegnerin, der aus D1 bekannte Mikrocomupter weise mehr Ports auf als beim Streitpatent erforderlich seien, vermag nicht zu überzeugen, da in D1 neben der Verwendung in Kraftfahrzeugen auf eine Vielzahl von Anwendungsgebieten für Mikrocomputer hingewiesen ist, bei denen gegebenenfalls auch mehr Ports eingesetzt werden. Der Fachmann wird für den jeweiligen Zweck die erforderliche Anzahl und Art von Ports verwenden. Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Fall war die Frage strittig, welches fachmännische Wissen und Können für die Beurteilung erfinderischer Tätigkeit zugrunde zu legen ist. In Übereinstimmung mit der Entscheidung T 32/81 (ABl. EPA 1982, 225) ist die Kammer der Auffassung, daß dann, wenn - wie im vorliegenden Fall in Verbindung mit D3 dargelegt - die Aufgabe dem Fachmann den Hinweis gibt, die Lösung auf dem technischen Gebiet universell einsetzbarer programmierbarer Steuereinrichtungen bzw. Mikrocomputer zu suchen, der Fachmann dieses Gebietes der zur Aufgabenlösung berufene Fachmann ist.

7. Die Kammer kommt somit zum Ergebnis, daß sich das im Anspruch 1 angegebene Verfahren (Hauptantrag) in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt und somit als nicht erfinderisch anzusehen ist. Mit Anspruch 1 fallen auch die von diesem abhängigen Ansprüche 2 bis 9.

Dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin kann daher nicht entsprochen werden.

8. Hilfsantrag

Nachdem bereits in Verbindung mit dem Hauptantrag dargelegt wurde, daß bei den Lösungen gemäß D3 und D1 (vgl. den Modusauswahlschaltkreis) neben Daten auch Steuerbefehle im Normal- und Programmierbetrieb übertragen werden, fügt der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag dem Verfahren nach dem Hauptantrag lediglich hinzu, daß die Programmiereinrichtung (ROM 40, RAM 41) gemäß D1 über eine Steckvorrichtung mit den gleichen Eingangsleitungen lösbar verbunden ist, über die im normalen Betrieb Daten und Steuerbefehle übermittelt werden. Im Zusammenhang mit dem Hauptantrag war bereits ausgeführt worden, daß beim Einsatz des aus D1 bekannten Mikrocomputers in der Einrichtung gemäß D3 notwendigerweise eine wahlweise Verbindung zwischen der Programmiereinrichtung oder den Signalgebern und Port 3 vorhanden sein muß. Eine solche wahlweise Verbindung über eine Steckverbindung zu realisieren ist aber eine sowohl in der Kraftfahrzeug- als auch Computertechnik allgemein bekannte Maßnahme.

Damit kann auch der hilfsweise Antrag der Beschwerdegegnerin mangels ausreichender erfinderischer Tätigkeit des dort beanspruchten Verfahrens keinen Erfolg haben.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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