T 0868/91 () of 5.3.1993

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1993:T086891.19930305
Datum der Entscheidung: 05 März 1993
Aktenzeichen: T 0868/91
Anmeldenummer: 84112294.8
IPC-Klasse: E05F 15/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung zum automatischen Öffnen und Schließen von Schiebetüren
Name des Anmelders: Landert-Motoren-AG
Name des Einsprechenden: BESAM AB
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit und erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Novelty (yes)
Inventive step (yes)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/91
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die am 12. Oktober 1984 eingegangene Patentanmeldung, die die Priorität der deutschen Voranmeldung DE 3 340 557 vom 9. November 1983 in Anspruch nimmt, wurde am 15. März 1989 das europäische Patent Nr. 0 142 039 mit sieben Ansprüchen erteilt.

II. Anspruch 1 des erteilten Patents hat folgenden Wortlaut:

"1. Vorrichtung zum automatischen Öffnen und Schließen von Schiebetüren mit einem einphasigen Asynchron- Wechselstrommotor (6, 7, 8) mit Drehfeldwicklungen, der über ein Getriebe auf ein in Öffnungs- und Schließrichtung angetriebenes Zugmittel arbeitet, an dem ein oder mehrere Laufwagen (2, 3) befestigt sind, von denen jeder im Innenraum eines in Längsrichtung des Zugmittels sich erstreckenden Tragprofils (1) abrollt, wobei am jeweiligen Laufwagen ein Türflügel (42, 43) befestigt ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Wechselstrommotor (6, 7, 8) dadurch eine extrem kurze Baulänge aufweist, daß er als einphasiger Asynchron-Wechselstrommotor mit einer Ringwicklung (8) ausgebildet ist, mit einer Drehfeld- Charakteristik und entsprechend ausgelegt, daß bei einem durch ein hohes Gegendrehmoment herbeigeführten Stillstand des Motors die Gegeninduktion im Rotor (9) groß und der hierdurch entstehende Kurzschlußstrom klein ist."

III. Gegen das erteilte Patent hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) eingesprochen und den Widerruf des Patents in vollem Umfang beantragt, da dem Gegenstand des Anspruchs 1 dieses Patents die Neuheit fehle bzw. dieser Gegenstand auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhe (Artikel 54 bzw. 56 EPÜ), wobei zusätzlich ein Klarheitseinwand und ein Einwand mangelnder Einheitlichkeit erhoben wurde.

IV. Zur Stützung ihres Vorbringens verwies sie u. a. auf folgende Dokumente:

(D1): DE-A-2 805 411,

(D2): Tormax Prospekt der Landert-Motoren-AG, Bülach, vom Februar 1981,

(D3): Tormax Prospekt der Landert-Motoren-AG, Bülach, vom November 1983,

(D4): Prüfbericht der Besam AB,

(D5): Veröffentlichung, vermutlich von der spanischen Firma Manusa, mit Datum vom 12.12.80,

(D6): zwei Fotografien eines Tonbandgeräts,

(D7): vier Fotografien eines Motors der Firma Landert,

(D8): Tormax Prospekt der LANGELY(ADL)LIMITED, London, vom November 1981 und

(D9): Axem-Prospekte von GEC ALSTHOM.

V. Mit Entscheidung vom 20. September 1991 ist die Einspruchsabteilung dem Antrag der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) gefolgt, indem sie den Einspruch gestützt auf Artikel 102 (2) EPÜ zurückgewiesen und das Patent in seiner erteilten Fassung bestehen lassen hat.

VI. Gegen vorgenannte Entscheidung richtet sich die am 12. November 1991 unter rechtzeitiger Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr eingelegte Beschwerde der Beschwerdeführerin, die sie am 17. Januar 1992 begründet hat. Dem Sinne nach beantragt sie die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Streitpatents, wobei sie in diesem Zusammenhang weitere Beweismittel vorlegt, nämlich

(D4A) Erklärung von Hrn. Olle Olsson vom 31. Januar 1992 bezüglich des Dokuments (D4) und

(D9A) Schreiben der Fa. GEC ALSTHOM vom 14. Juni 1991 bezüglich des Dokuments (D9).

Schließlich legt sie noch Beweismittel (D14) und (D14A) vor, nämlich drei Fotos eines Dachlüfter-Motors und eine Erklärung von Hrn. Göran Nilsson vom 20. Mai 1992.

Sie kommt zusammenfassend zu dem Schluß, daß die Auswahl eines ihrer Meinung nach marktüblichen Motors und dessen Einsatz als Schiebetüren-Antrieb nicht als erfinderisches Tätigwerden angesehen werden könne, da das Endergebnis vorhersehbar gewesen sei.

Mit Telekopie vom 17. September 1992 hat die Beschwerdeführerin mitgeteilt, daß sie im vorliegenden Fall keine zusätzlichen Informationen vorzubringen habe und daß sie der Entscheidung der Beschwerdekammer entgegensehe.

VII. Die Beschwerdegegnerin nahm - aus Kostengründen - Abstand von einer detaillierten Würdigung der vorgelegten Beweismittel und beantragt sinngemäß die Zurückweisung der Beschwerde, da das vorliegende Beweismaterial in keiner Weise ausreiche eine offenkundige Vorbenutzung zu stützen.

In ihrem Schreiben vom 7. April 1992 hat die Beschwerdegegnerin außerdem gebeten, nach Lage der Akten zu entscheiden.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die Beschwerdegegnerin verteidigt das Streitpatent in seiner erteilten Fassung, so daß Einwände wie fehlende Klarheit und Einheitlichkeit von vornherein nicht durchgreifen können, da sie nicht unter die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 EPÜ fallen. Im übrigen wäre die Einheitlichkeit der Erfindung (Artikel 82 EPÜ) von der Kammer selbst dann nicht zu prüfen, wenn die Beschwerdegegnerin die Aufrechterhaltung des Streitpatents in geändertem Umfang (Artikel 102 (3) EPÜ) beantragen würde (siehe Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 1/91 "Einheitlichkeit/SIEMENS"; ABl. EPA 1992, 253).

Die Kammer ist aber auch in der Sache selbst zu der Überzeugung gelangt, daß Anspruch 1 des Streitpatents eine klare Lehre vermittelt, auch wenn in diesem funktionelle bzw. aufgabenhafte Formulierungen enthalten sind. Dem Fachmann ist mit dem globalen Hinweis "kurze Bauweise des Motors" nämlich ebenso eine Richtung für die Motorausgestaltung gegeben, wie mit dem Hinweis auf die Auslegung des Motors in Richtung hoher Gegeninduktion bei Stillstand desselben bzw. auf einen damit einhergehenden kleinen Kurzschlußstrom.

Nach anerkannter Spruchpraxis der Kammern sind derartige Hinweise dann hinzunehmen, wenn eine konkrete Fassung in Form von baulichen Merkmalen nicht möglich ist oder aber zu einem unangemessen eingeschränkten Schutzumfang führen würde.

3. Artikel 123 EPÜ

3.1. Anspruch 1 stützt sich auf die Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 1, wobei seine weiteren Merkmale, wie Drehfeld- Charakteristik und Stillstands-Drehmoment bzw. - Kurzschlußstrom ebenfalls ursprungsoffenbart sind, vgl. ursprüngliche S. 2, Z. 22/23 und S. 2, Z. 23 bis 25 bzw. S. 2, Z. 32 bis S. 3, Z. 3.

3.2. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 7 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen gleicher Zählung.

3.3. Obige Feststellungen zusammenfassend, ergibt sich somit kein Einwand unter Artikel 123 (2) EPÜ.

3.4. Da das erteilte Patent unverändert verteidigt wird, stellt sich die Frage einer Schutzbereichserweiterung erst gar nicht (Artikel 123 (3) EPÜ).

4. Interpretation bzw. Lehre des erteilten Anspruchs 1

4.1. Im Oberbegriff dieses Anspruchs wird ein Antrieb in Form eines einphasigen Asynchron-Wechselstrommotors als bekannt vorausgesetzt, wobei ein solcher gemäß Streitpatentschrift Sp. 1, Z. 3/4 aus der Druckschrift

(D0): DE-A-2 405 281

zum Stand der Technik gehört.

4.2. Dieser als bekannt vorauszusetzende Motor soll gemäß Kennzeichenmerkmalen des Anspruchs 1 dahingehend ausgestaltet werden, daß

i) eine kurze Baulänge vorliegt,

ii) der Motor eine Ringwicklung (8) aufweist,

iii) der Motor eine Drehfeld-Charakteristik hat und

iv) die Motorauslegung so getroffen ist, daß bei Motor- Stillstand, d. h. bei hohem Gegendrehmoment im Rotor (9) eine große Gegeninduktion und daß ein kleiner Kurzschlußstrom auftritt.

4.3. Wie vorstehend unter Abschnitt 2 ausgeführt, richten sich die Anweisungen eines Patentanspruchs an den Fachmann. Dieser weiß aber mit dem bloßen Hinweis, daß der Motor eine kurze Baulänge haben soll etwas anzufangen, weil er im Zweifelsfall lieber den Motor-Durchmesser vergrößern wird und nicht die Axiallänge, um z. B. eine geforderte Motorleistung zu erzielen. Gezielte Gestaltungshinweise können somit durchaus als konkrete Anweisungen an den Konstrukteur zu werten sein.

4.4. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, daß auch die Kammer im vorstehend genannten Merkmal iv) ein technisches Merkmal sieht, weil der Motorenfachmann damit die Randbedingungen bei der Motorenauslegung bekommt, die er aufgrund seines Fachwissens in der Lage ist in konkrete bauliche Maßnahmen umzusetzen, etwa durch die Bemessung von Luftspalten, Vorgabe von magnetischen Eigenschaften seiner Statorbleche, der Anzahl von Wicklungen und dgl. mehr, d. h. Maßnahmen, die an die Parameter "Induktion" bzw. "Kurzschlußstrom" gebunden sind.

4.5. Sollten die Hinweise und konkreten gegenständlichen Merkmale des erteilten Anspruchs 1 den Fachmann an der einen oder anderen Stelle noch nicht voll führen, dann ist es gemäß Artikel 69 (1) EPÜ zulässig und opportun diesen Anspruch z. B. im Lichte der Beschreibung zu lesen, um hieraus weitere Informationen über die Randbedingungen bzw. die Betriebsverhältnisse, die im Zusammenhang mit dem Betrieb von Schiebetüren auftreten, zu erhalten.

4.6. Sp. 1, Abs. 6 der Beschreibung des Streitpatents unterstreicht die Wichtigkeit der kurzen Baulänge des Motors, nämlich allein deshalb, weil die Einbauverhältnisse derartiger Schiebetüren-Antriebe beengt sind. Im dann folgenden Absatz erhält der Leser Informationen über die anzustrebende Motor-Kennlinie, nämlich proportionaler Drehmoment-Drehzahl-Kennlinie. Im Absatz der Sp. 1, Z. 56 bis Sp. 2, Z. 18 ist ausgeführt, warum die Ringwicklung des Motors so wesentlich für den Einsatz des Motors als Schiebetüren-Antrieb ist, z. B. für die geringe Motor-Erwärmung und durch die Möglichkeit, Endschalter als Begrenzungssteuermittel vermeiden zu können. Auf Sp. 5, Z. 26 mit 30 darf in diesem Zusammenhang ergänzend verwiesen werden.

4.7. Es ergibt sich daraus, daß die Kennzeichenkomplexe des Anspruchs 1, nämlich das Merkmal i) auf der einen und die Merkmale ii) bis iv) auf der anderen Seite, einen einheitlichen technischen Erfolg anstreben, vgl. hierzu Aufgabe gemäß Sp. 1, Z. 23 bis 26 der Beschreibung des Streitpatents, nämlich Schaffung eines einfachen und preisgünstigen Schiebetürenantriebes, der möglichst wenig Verschleißteile besitzt und kleinste Einbaumaße aufweist, obwohl der eine Kennzeichenkomplex mehr mechanischer Art (Motorlänge) und der andere Kennzeichenkomplex mehr elektrischer Art ist (Ringwicklung, Motorcharakteristik und Motorstillstandsverhalten).

5. Neuheit

5.1. Der Vergleich des Gegenstands gemäß Anspruch 1 und den Druckschriften (D0) bis (D9A) und (D14/D14A) ergibt aus der Sicht des Artikels 54 EPÜ folgendes:

5.2. Die Dokumente (D6), (D7), (D9), (D9A), (D14) und (D14A) sind gattungsfremd, da sie keine Vorrichtungen zum automatischen Öffnen und Schließen von Schiebetüren betreffen.

5.3. Mit Blick auf das Dokument (D3) mit einem Druckvermerk "11/83" ist es fraglich, ab wann dieses Dokument zum Stand der Technik zu rechnen ist, da es im vorliegenden Fall eine Priorität vom 9. November 1983 zu berücksichtigen gilt. In einem Einspruchs/Beschwerdeverfahren trägt nach anerkannter Spruchpraxis die Einsprechende die Beweislast bezüglich des Datums eines Beweismittels. Das Dokument (D3) bleibt deshalb nachfolgend unberücksichtigt.

5.4. Die Dokumente (D14) und (D14A) sind, wie in Abschnitt 5.2 festgestellt wurde, gattungsfremd, da sie elektrische Dachlüfter betreffen. Es kann keine Rede davon sein, daß es sich hier um ein zum Gegenstand des Streitpatents übergeordnetes oder benachbartes Gebiet handeln könnte. Diese Dokumente können somit nicht als relevant angesehen werden; diese Dokumente (D14/D14A) sind daher nicht weiter zu berücksichtigen.

5.5. Das Dokument (D0) offenbart in S. 2, Abs. 3 und Anspruch 1 einen einphasigen Asynchron-Wechselstrommotor zum Öffnen und Schließen von Türen. Anspruch 1 des Streitpatents geht somit zu Recht von diesem Stand der Technik aus, wobei gegen die vorgenommene Aufteilung in Oberbegriffs-und Kennzeichenmerkmale nichts einzuwenden ist, da die Merkmale Ringwicklung (8) und Drehfeld-Charakteristik des im Kennzeichen beanspruchten Motors - sofern im Zusammenhang gelesen - vom Hinweis der S. 2, letzte drei Zeilen des Dokuments (D0), wonach der bekannte Motor "als Drehfeldmagnet mit 100 % Einschaltdauer ausgebildet (ist)", nicht tangiert ist. Gleiches gilt auch für S. 4, Z. 14/15 des Dokuments (D0) und dessen Hinweis auf einen "Drehfeldmagnet-Getriebemotor".

5.6. Das Dokument (D1) betrifft zwar einen Türantrieb, vermittelt aber keine Aussage darüber, welcher Art der Motor ist.

Das Dokument (D2), vgl. S. 11, linke Spalte, geht über das Dokument (D1) nicht hinaus, da auch hier wiederum nur ein "Drehfeldmagnet" im Zusammenhang mit dem Schiebetüren- Antriebsmotor angesprochen ist.

Das Dokument (D4), vgl. S. 5, Pkt. 3 in Verbindung mit Fig. 5a, erhellt lediglich, daß Antriebsmotoren (A) Verwendung fanden, die die quadratischen Abmessungen 150 x 150 und eine Länge L = 150 aufwiesen. Zunächst ist es strittig, ob das Dokument überhaupt als Stand der Technik gemäß Artikel 54 (2) EPÜ anzusehen ist, da die Kammer davon ausgeht, daß die Beschwerdeführerin ihre Versuchsberichte nicht an einen unbeschränkten Personenkreis ohne jede Geheimhaltungsverpflichtung verteilt. Wenn zudem die vage Aussage des Dokuments (D4A), nämlich "as far as I was able to observe" (soweit ich das beobachten konnte ...), berücksichtigt wird, ist die Kammer der Meinung, daß im hier zu entscheidenden Fall seitens der Beschwerdeführerin nicht schlüssig nachgewiesen wurde, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 offenkundig vorbenutzt wurde.

Das Dokument (D5) vermittelt zum Antriebsmotor des Schiebetüren-Antriebes lediglich Hinweise auf das hohe Drehmoment bei kleiner Drehzahl, auf die möglichen Geschwindigkeiten und den verwendeten Zahnriemen, ohne damit Kennzeichenmerkmale des Anspruchs 1 anzusprechen.

Das Dokument (D8) geht über (D2) nicht hinaus, da erneut nur Drehfeldmagnete Erwähnung finden.

5.7. In der Zusammenfassung vorstehender Argumente ergibt sich, daß der zu berücksichtigende Stand der Technik den Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents nicht neuheitsschädlich vorwegnimmt (Artikel 54 EPÜ).

6. Erfinderische Tätigkeit

6.1. Es verbleibt somit nur noch zu untersuchen, ob der zu berücksichtigende Stand der Technik einzeln oder in Kombination den Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents nahelegt oder nicht, wobei die Fragestellung in diesem Zusammenhang lautet: welche Hinweise enthält der Fachmann, der vom Dokument (D0) ausgeht und dem die Sp. 1, Z. 23 mit 26 der Beschreibung des Streitpatents entnehmbare Aufgabe vorliegt, aus dem zu berücksichtigenden Stand der Technik, um die vorgenannte Aufgabe zu lösen.

Bei der Beurteilung dieser Frage ist der Stand der Technik ohne Kenntnis der erfindungsgemäßen Aufgabenlösung zu untersuchen. Dieser Bedingung scheint die Argumentationskette, die die Beschwerdeführerin gegen die erfinderische Qualität des Gegenstands gemäß Anspruch 1 des Streitpatents anführt, nicht zu unterliegen, wie im einzelnen nachfolgend ausgeführt wird:

6.2. Das gattungsbildende Dokument (D0) gibt als eine mögliche Alternative für den Antriebsmotor einer Schiebetüre an, daß dieser als einphasiger Asynchron-Wechelstrommotor ausgebildet sein kann, wobei der Aspekt des einfachen Antriebes und der leichten Einstellung der Geschwindigkeitsabläufe dort dadurch gelöst ist, daß dem Motor Gleichstromanteile (variabel) und Wechselstromanteile zugeführt werden. Damit ist ganz offensichtlich ein vom Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents wegweisender Weg gewiesen, so daß das Dokument (D0) diesen nicht nahelegen kann.

Die Lehre des Dokuments (D1) erschöpft sich in Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 des Streitpatents, wie Laufwagen, Zugmittel, Türflügel, so daß dieses Dokument bezüglich der Lehre des Anspruchs 1 des Streitpatents irrelevant ist.

6.3. Die Druckschriften (D2), (D3) und (D8) erschöpfen sich in Hinweisen auf kräftige Drehfeldmagnete, ohne einen direkten Bezug zur Lehre des Anspruchs 1 des Streitpatents zu haben, die u. a. auf eine kleine axiale Baulänge des Motors und die Realisierung einer Ringwicklung ausgerichtet ist, dergestalt, daß der Motor insgesamt in Richtung eines speziellen Stillstandsverhaltens optimiert ist, nämlich durch das gezielte Bestreben einer großen Rotor-Gegeninduktion und eines kleinen Kurzschlußstromes. Über diese Lösungsaspekte der objektiv verbleibenden technischen Aufgabe gemäß Einleitungsteil der Beschreibung des Streitpatents geben die in Rede stehenden Dokumente (D2), (D3) und (D8) überhaupt nichts her, so daß der Fachmann hieraus schwerlich einen Hinweis entnehmen kann, die gestellte Aufgabe im Sinne des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 des Streitpatents zu lösen.

Diese Feststellung gilt gleichermaßen für die Beweismittel (D4) und (D4A) bzw. (D5), (D6), (D7), (D9), (D9A), aber auch (D14) und (D14A), die möglicherweise eine Ringwicklung per se zeigen, aber keinerlei Aussage über das Stillstandsverhalten des jeweiligen Motors enthalten. Wenn die Beschwerdeführerin versucht, durch immer neue Beweismittel doch noch den Beweis zu erbringen, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents naheliegend sei, dann ist dieses Vorgehen als reine ex-post Betrachtungsweise zu qualifizieren, welche Betrachtungsweise dem Wesen des "problem - solution - approaches" fremd ist.

Im einzelnen sind die Beweismittel (D6), (D7), aber auch (D14) und (D14A) auf Gegenstände gerichtet, die aus technischen Gebieten stammen, die ein Durchschnittsfachmann in Unkenntnis der Erfindung nicht berücksichtigen würde, weil nämlich keine Rede davon sein kann, daß bei Tonbandgeräten (vgl. Dokument D6) und Motoren für Dachlüfter (vgl. Dokumente D14 und D14A) gleiche oder ähnliche Probleme wie bei Schiebetürenantrieben bestehen. Kein Fachmann würde z. B. einen Dachlüfter mit einem so hohen Gegendrehmoment beaufschlagen, daß der Antriebsmotor zum Stillstand kommt, wobei Analoges für ein Tonbandgerät gilt, schon allein deshalb, um Schäden am Tonträger zuvorzukommen.

Die Dokumente (D7), (D9) und (D9A) mögen ein übergeordnetes technisches Gebiet betreffen, nämlich den allgemeinen Elektromotorenbau. Sollte der Fachmann hieraus in der Tat einen scheibenförmig gestalteten Motor entnehmen, dann wäre bei einer völlig gattungsfremden Einrichtung das erste kennzeichnende Merkmal des Anspruchs 1 des Streitpatents, nämlich kurze Baulänge, möglicherweise "an sich bekannt", es wäre aber immer noch keinerlei Hinweis auf das "Stillstandsverhalten" dieses Motors angesprochen oder dem Fachmann durch implizite Offenbarung nahegelegt.

Es muß damit davon ausgegangen werden, daß selbst in Kenntnis der Beweismittel (D9/D9A) - Scheibenmotoren betreffend - (D7) -möglicherweise einen Motor kurzer Baulänge betreffend - sowie (D14) und (D14A) - Dachlüfterantriebe betreffend, der Fachmann ohne verwertbaren Hinweis für die Lösung des hier angesprochenen Problems bleibt, da es zumindest für den Aspekt "Stillstandsverhalten des Motors" keinerlei Information aus den in Rede stehenden Beweismitteln gibt. Die Worte "einfacher und preisgünstiger Schiebetürenantrieb" der vom Fachmann zu lösenden Aufgabe, vgl. Sp. 1 der Beschreibung des Streitpatents, sind aber ein Synonym für die Möglichkeit, (elektrische) Endschalter wegfallen lassen zu können, weil der Wegfall von Steuerelementen den Antrieb als solches vereinfacht.

Im beanspruchten Stillstandsverhalten des Motors gemäß Anspruch 1 des Streitpatents liegt aber gerade der Kern der beanspruchten Aufgabenlösung, weil die Motorauslegung einen zerstörungsfreien Motorstillstand ermöglicht und - ist eine solche Maßnahme erst einmal technisch gelöst, z. B. durch Realisierung einer großen Gegeninduktion im Rotor und eines kleinen Kurzschlußstromes des Motors - die Voraussetzung dafür schafft, auf Endschalter verzichten zu können.

Aus den vorstehenden Überlegungen resultiert, daß ein richtig angewandter "problem - solution - approach" sehr schnell zu dem Ergebnis führt, daß der hier zu berücksichtigende Stand der Technik dem vor der Lösung der hier zu lösenden Aufgabe stehenden Fachmann wenig hilfreich ist, so daß dieser Überlegungen anstellen mußte, die Vorbekanntes verlassen. Das ist aber insgesamt ein klares Indiz dafür, daß die Lösung der gestellten Aufgabe gemäß Anspruch 1 des Streitpatents auf einer patentbegründenden erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht.

Anspruch 1 des Streitpatents in erteilter Fassung kann somit Rechtsbestand haben. Von ihm getragen sind die Ansprüche 2 bis 7 des erteilten Streitpatents.

Zusammenfassend liegen somit keine Einspruchsgründe vor, die gegen den Rechtsbestand des Streitpatents sprechen.

7. Die Argumente der Beschwerdeführerin, vor allem gemäß ihrer Beschwerdebegründung, beginnend mit Abs. 2 von S. 2 und endend mit dem Abs. 2 von S. 6, vermögen in Anbetracht der vorstehenden detaillierten Ausführungen nicht zu überzeugen, da die Argumentation gemäß den Aspekten "A", "B", "C" und "D" der Beschwerdeführerin ein klassisches Beispiel dafür ist, wie in Kenntnis der Erfindung geurteilt wird.

Im einzelnen ist anzuführen, daß der gattungsbildende Stand der Technik (D0) schon zwiespältig ist, indem nämlich der einphasige Asynchron-Wechselstrommotor zwar expressis verbis angesprochen ist, aber eher stiefmütterlich behandelt wird, wobei schon der Hinweis auf einen zur Regelung des Motors heranzuziehenden Gleichstromanteil gegen das Argument "A" der Beschwerdeführerin spricht, welches auf die private Elektrosteckdose verweist.

Das Argument "B" der Beschwerdeführerin zielt auf den Oberbegriff des Anspruchs 1 des Streitpatents und betrifft somit eine Betrachtung von bekannten Merkmalen, so daß sich hierzu eine nähere Stellungnahme erübrigt, zumal der kennzeichnende Teil des Anspruchs 1 des Streitpatents diese Merkmale nicht weiterbildet.

Das Argument "C" der Beschwerdeführerin macht die rückschauende Betrachtungsweise deutlich, denn die Forderung nach einer Nichtüberhitzung des Motors bei dessen Stillstand stellt sich erst in Kenntnis der Erfindung, da die Realisierung einer Motorabschaltung mittels Endschaltern diesen Aspekt erst gar nicht hervortreten läßt.

Das Argument "D" der Beschwerdeführerin ist überzeugend, da die Verringerung der Baulänge des Motors zu den Grundanforderungen der hier vorliegenden Antriebstechnologie gehören mag. Mit Blick auf Anspruch 1 des Streitpatents ist aber festzuhalten, daß dieses Merkmal des Anspruchs 1 eher flankierender Natur ist, und wenig zur Stützung der erfinderischen Eigenart des beanspruchten Antriebs beiträgt, zum einen, weil es eher aufgabenhaft formuliert ist und zum anderen, weil es per se im vorliegenden Stand der Technik realisiert ist, vgl. Dokumente (D9) und (D9A).

Das weitere Argument der Beschwerdeführerin, daß sich die Erfindung in der bloßen Auswahl eines geeigneten Motors erschöpfe, ist schon aus dem Grunde nicht stichhaltig, weil der hier vorliegende Stand der Technik keinen Hinweis auf das Stillstandsverhalten der jeweiligen Motoren gibt, so daß ihm insgesamt eine wesentliche Facette fehlt.

Der Vorwurf, wonach Anspruch 1 des Streitpatents auf eine Aggregation von Merkmalen gerichtet sei, wurde schon vorstehend entkräftet, da sich auch die kurze Baulänge des Motors in das Lösungsschema der objektiv zu lösenden Aufgabe nahtlos einreiht.

Die Beschwerde kann somit nicht zu einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung Anlaß geben.

8. Bei vorgegebener Sachlage konnte unmittelbar Beschluß gefaßt werden, zumal die Entscheidung der Einspruchsabteilung insgesamt bestätigt wurde, die Beschwerdeführerin weiterhin in ihrer Telekopie vom 17. September 1992 dem Sinne nach ausgeführt hat, daß die Einsprechende im vorliegenden Fall keine zusätzlichen Informationen vorzubringen habe und daß sie der Entscheidung der Beschwerdekammer entgegensehe und zumal die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 7. April 1992 gebeten hat nach Lage der Akten zu entscheiden. Die Verfahrensbeteiligten konnten somit von der Direktentscheidung der Kammer nicht überrascht sein.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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