T 0673/91 () of 16.6.1992

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1992:T067391.19920616
Datum der Entscheidung: 16 Juni 1992
Aktenzeichen: T 0673/91
Anmeldenummer: 86103644.0
IPC-Klasse: F16B 41/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Sicherheitsschraube für unlösbare Verbindungen
Name des Anmelders: Schneider, Eduard
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - verneint
Inventive step (no)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0039/82
T 0142/89
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0570/91

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 86 103 644.0 (Veröffentlichungsnummer 0 237 595) wurde durch Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 8. April 1991 zurückgewiesen.

II. Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß der Gegenstand des am 22. Dezember 1990 eingereichten Anspruchs 1 im Hinblick auf das Dokument

D1: FR-A-2 434 952

auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhe.

III. Gegen diese Entscheidung legte der Beschwerdeführer (Anmelder) am 5. Juni 1991 unter rechtzeitiger Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde ein. Er reichte mit der Beschwerdebegründung vom 11. August 1991 neue Ansprüche 1 und 2 ein.

IV. In einer Mitteilung gemäß Artikel 11 (2) VOBK verwies die Kammer zusätzlich auf das im Recherchenbericht aufgeführte Dokument

D2: FR-A-2 554 186.

Sie teilte dem Beschwerdeführer unter anderem ihre vorläufige Auffassung mit, daß es für den Fachmann naheliegend erscheine, die Lehre des Dokuments D1 mit derjenigen des Dokuments D2 zu kombinieren, zumal bei dem Dokument D2 ein Schraubenkopf mit einer glatt-runden Oberfläche zur Lösung derselben Aufgabe wie beim vorliegenden Patent offenbart sei.

V. Es wurde am 16. Juni 1992 mündlich verhandelt.

Der Beschwerdeführer beantragte, die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Basis des Anspruchs 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung, des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Anspruchs 2 und der mit Eingabe vom 20. Dezember 1990 eingereichten Beschreibung und Figuren zu erteilen.

Anspruch 1 lautet:

"1. Sicherheitsschraube, für Verschraubungen an einem Gehäuse, einem Fenster bzw. einer Türe od. dgl., mit gesperrter unbefugter Lösbarkeit des Schraubenkopfes, mit einer an der Unterseite des Kopfes im wesentlichen ebenen Grundfläche, dem Kopf von am Ansatz eines Schafts größeren Durchmesser, mit einem im kopfnahen Bereich gewindefreien Schaft, und mit einer zentrischen Ausnehmung in der oberen Fläche des Kopfes zur Montageergänzung durch Einbringung eines Steckteils in Festsitz-Passung für nachfolgenden Verschluß bei Gebrauch mit ein- bzw. aufsteckbaren Werkzeugen, z. B.: eines Schraubendrehers bzw. -schlüssels zum Drehantrieb für die Verschraubung von Teilen mit dem ortsfesten oder beweglichen Widerlager, wobei das Steckteil (25, 35) in einer zentrischen regelmäßig-N- eckigen Ausnehmung (24, 34, 54) in festem Preß-Sitz einsteckbar und a) nicht unzerstörbar lösbar und b) kraftschlüssig vernietbar ist, wobei seine Höhe kleiner ist als der Abstand der Fläche der Ausnehmung vom oberen Ende bis zu der Grundfläche derselben,

dadurch gekennzeichnet,

daß der Kopf oben eine glatt-runde äußere Oberfläche ohne vorstehende Kanten und unterhalb der Grundfläche außerhalb des Schaftumfangs sowie an keiner Stelle der der Fläche gegenüberliegenden Ebene Angriffsflächen enthält,

so daß die Kombination der Schraube eine Arretierung des Steckteils in der Ausnehmung des Kopfes herbeiführt und eine unzugängliche Verstellung des Gewindeschafts durch gegenseitiges Abrutschen versperrt."

VI. Zur Stützung ihres Antrags machte der Beschwerdeführer im wesentlichen folgendes geltend:

Wie aus den Figuren von Dokument D1 ersichtlich sei, müsse das zu befestigende Werkstück zum Aufnehmen der Sicherheitsschraube mit einer Versenkung versehen werden, deren Durchmesser etwas größer ist als der des darin angeordneten zylindrischen Schraubenkopfes. Dies sei ein gravierender Nachteil gegenüber der Schraube nach der Erfindung, der die Verwendungsmöglichkeiten der bekannten Schraube sehr einenge und deren Einsatz verteuere. Da die Schraube zuerst in die Versenkung eingeschraubt werden müsse, sei auch die Vernietung des Steckteils mittels eines gebräuchlichen Werkzeugs in der Ausnehmung des Schraubenkopfes erschwert.

Darüber hinaus sei ein unbefugtes Lösen der Verschraubung mittels eines geeigneten Werkzeugs nicht ausgeschlossen, da der ringförmige Raum zwischen dem Schraubenkopf und der Versenkungswand eine Angriffsmöglichkeit für eine unbefugte Handhabung biete. Mithin sei die der angefochtenen Patentanmeldung zugrundeliegende Aufgabe durch diese Lehre in keiner Weise gelöst.

Gemäß Dokument D2 habe der Kopf der Sicherheitsschraube eine Ausnehmung zur Aufnahme eines Steckteils aus Kunststoff oder Elastomer. Dieses Steckteil könne mittels eines Werkzeugs ohne weiteres entfernt werden und sobald die Verstopfung gelöst sei, liege der Schraubenkopf völlig frei. Eine solche Verschraubung biete deshalb keine Sicherheit.

Es sei bei dieser Sachlage nicht erkennbar, wie die Kombination der Lehren der Dokumente D1 und D2 den erfindungsgemäßen Vorschlag nahelegen könnte, da weder das eine noch das andere Dokument eine Sicherheitsschraube, die selbst mit Hilfe von Spezialwerkzeugen nicht mehr gelöst werden kann, zeige oder beschreibe.

Darüber hinaus weise die Sicherheitsschraube gemäß Dokument D2 im kopfnahen Bereich keinen gewindefreien Schaft auf, so daß das zu befestigende Werkstück zum Aufnehmen des Gewindeschafts mit einer Bohrung versehen werden müsse, dessen Durchmesser etwas größer sei als der des Gewindeschafts. Diese Verschraubung bedürfe somit wie die des Dokuments D1 eines ringförmigen freien Raums, welcher sich in diesem Fall zwischen dem Schraubenschaft und der Bohrung in dem zu befestigenden Werkstück erstrecke.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Erfordernissen der Artikel 106 bis 108 sowie der Regeln 1 (1) und 64 EPÜ; sie ist zulässig.

2. Aufgabe und Lösung

2.1. Der Oberbegriff des geltenden Anspruchs 1 enthält all diejenigen Merkmale des Gegenstands des Anspruchs, die in Verbindung miteinander durch das am nächsten kommende Dokumente D1 bekannt geworden sind (Regel 29 (1) a).

Bei der Verschraubung nach Dokument D1 ist der zylindrische Schraubenkopf in einer Versenkung des zu befestigenden Werkstücks aufgenommen, welche der Form des zylindrischen Schraubenkopfes angepaßt, aber etwas weiter ist.

Ein geeignetes Werkzeug kann ohne weiteres in den ringförmigen Freiraum zwischen die Versenkungswandung und den zylindrischen Schraubenkopf hineingesteckt werden, was ein unbefugtes Lösen der Sicherheitsschraube ermöglicht.

Wenn der bekannte Schraubenkopf, anders als in Dokument D1 gezeigt, nicht versenkt, sondern aufsitzend also erhaben angeordnet ist, biete er noch weniger Sicherheit gegen unbefugtes Lösen, da er sich wegen seines zylindrischen Profils ohne weiteres z. B. mit einer Zange packen läßt. Die bestehende ungenügende Sicherheit gegen unbefugte Handhabung hat der Beschwerdeführer als nachteilig angesehen.

2.2. Die der Anmeldung zugrundeliegende Aufgabe kann daher, wie in der veröffentlichten Patentanmeldung auf Seite 1, Spalte 2, Zeilen 36 bis 39 angegeben, darin gesehen werden, die bekannte Sicherheitsschraube so zu verbessern, daß sie nach durchgeführter Verschraubung mit keinem Werkzeug, auch nicht mit Hilfe von Spezialwerkzeugen, mehr gelöst werden kann, oder zumindest daß deren Lösen wesentlich erschwert ist.

2.3. Diese Aufgabe soll durch die Sicherheitsschraube gemäß den Merkmalen des Oberbegriffs von Anspruch 1 in Verbindung mit den im Kennzeichen angegebenen Merkmalen gelöst werden, so daß der Kopf oben eine glattrunde äußere Oberfläche ohne vorstehende Kanten hat und auch unterhalb seiner Grundfläche und über das zu befestigende Werkstück keine Angriffsflächen aufweist.

Die weitere Angabe im Kennzeichen "so daß die Kombination ... durch gegenseitiges Abrutschen versperrt" stellt kein die Schraube definierendes konstruktives Merkmal dar, durch das sich die beanspruchte Sicherheitsschraube von anderen Schrauben unterscheiden läßt, sondern gibt lediglich das erreichte oder gewünschte Ergebnis wieder, das bereits in der Aufgabenformulierung angesprochen ist. Für die Prüfung der Patentfähigkeit ist diese Angabe daher ohne zusätzliche Bedeutung.

3. Neuheit

Wie sich aus den Ausführungen in Abschnitt 2.1 und 2.3 ergibt, unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von der in Dokument D1 beschriebenen Sicherheitsschraube durch die im ersten Absatz des Kennzeichens des Anspruchs 1 aufgeführten Merkmale.

Durch das Dokument D2 ist der Gegenstand des Anspruchs 1 ebenfalls nicht bekannt geworden. Dies folgt schon daraus, daß das dort beschriebene Steckteil weder im festen Preß- Sitz in die Ausnehmung des Kopfes einsteckbar noch kraftschlüssig vernietbar ist.

Die Sicherheitsschraube nach Anspruch 1 ist daher gegenüber dem vorstehenden Stand der Technik neu.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Bei der Ausführungsform der Fig. 7 von Dokument D2 ist der Kopf der Sicherheitsschraube nicht versenkt, sondern ebenso wie bei der Schraube nach der Erfindung gegenüber dem befestigten Werkstück erhaben. Das befestigte Werkstück selbst weist somit in dem umgebenden Bereich keine Angriffsfläche auf.

Wie aus der Fig. 7 ersichtlich ist, verläuft das Steckteil bündig mit der Oberfläche des Schraubenkopfes.

Dazu kommt, daß der Kopf der dort gezeigten Sicherheitsschraube ebenfalls eine glatt-runde Oberfläche ohne vorstehende Kanten aufweist. Auf Seite 4, Zeilen 5 bis 7 dieses Dokuments ist expressis verbis angegeben, daß ein solches Profil keinen Angriff für ein Werkzeug, wie eine Zange oder einen Schraubenschlüssel, bietet.

Mithin ist es unstrittig, daß mit dem glatt-runden Profil im Dokument D2 auf demselben begrenzten Fachgebiet wie demjenigen der Erfindung im wesentlichen dasselbe bezweckt und erreicht wird wie vorliegendenfalls mit dem Gegenstand des Anspruchs 1, nämlich ein Schutz gegen unbefugtes Lösen durch Werkzeugangriff im Bereich der Ober- und Außenseite des Kopfes und des anschließenden Schaftbereichs.

4.2. Bei der Ermittlung der erfinderischen Tätigkeit kommt es bezüglich der Frage, ob der Fachmann Merkmale aus einer Entgegenhaltung auf einen den Ausgangspunkt für seine Überlegungen bildenden Stand der Technik überträgt, nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern auf die Übereinstimmung der Aufgabe, die mit einer bekannten Maßnahme in einem bekannten Fall gelöst worden ist, mit der Aufgabenstellung in dem zu entscheidenden Fall an. Wenn diese Untersuchung ergibt, daß Übereinstimmung zwischen den beiden Aufgabenstellungen - wie es hier der Fall ist - besteht, legt dies im Regelfall den Schluß nahe, daß keine erfinderische Tätigkeit vorliegt (vgl. insbesondere T 39/82, ABl. EPA 1982, 419 und T 142/84, ABl. EPA 1987, 112, Punkt 8.2).

4.3. Es steht außer Frage, daß sich der Gegenstand des Anspruchs 1 und die Sicherheitsschraube nach Dokument D2 voneinander unterscheiden, wie es der Beschwerdeführer vorgebracht hat. Insbesondere ist die Schraubenschaft im kopfnahen Bereich nicht gewindefrei und das Steckteil aus Kunststoff oder Elastomer kann mittels Werkzeugs entfernt werden. Sobald das Steckteil gelöst ist, ist der Schraubenkopf zum Lösen der Schraube wieder gut zu fassen. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß Dokument D2 dem Fachmann den klaren Hinweis gibt, daß eine glatt-runde Oberfläche eines erhaben ausgebildeten und ohne Versenkung angeordneten Kopfes dazu dient, einen Angriff mit einem Werkzeug, z. B. einer Zange zum Lösen der Schrauben zu verhindern. Diese Maßnahme bei der bekannten Sicherheitsschraube nach Dokument D1 anzuwenden, um eine gleiche oder eine ähnliche Aufgabe zu lösen, muß daher als im Bereich fachmännischer Überlegungen liegend angesehen werden.

4.4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ. Anspruch 1 kann mithin gemäß Artikel 52 (1) EPÜ nicht gewährt werden.

4.5. Der Anspruch 2 ist von dem nicht gewährbaren Anspruch 1 abhängig und teilt deshalb dessen Rechtsschicksal.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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