T 0621/90 () of 22.7.1991

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1991:T062190.19910722
Datum der Entscheidung: 22 Juli 1991
Aktenzeichen: T 0621/90
Anmeldenummer: 81108333.6
IPC-Klasse: H01Q 13/02
H01P 1/16
Verfahrenssprache: DE
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Breitbandiger Rillenhornstrahler
Name des Anmelders: ANT Nachrichten GmbH
Name des Einsprechenden: Messerschmitt-Bölkow-Blohm
Kammer: 3.5.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 114(2)
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
Schlagwörter: Cited document not filed in due time
Relevance or publication denied
Remittal to the first instance
Verspätet eingereichte Entgegenhaltungen
Relevanz bzw. Veröffentlichung bestritten
Zurückverweisung an die erste Instanz
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0258/84
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 13. März 1981 (Prioritätsdokument DE-A-3 109 667) am 15. Oktober 1981 angemeldete und am 29. September 1982 veröffentlichte europäische Patentanmeldung 81 108 333.6 wurde das europäisches Patent EP-B1-0 060 922 erteilt.

Der Hinweis auf die Erteilung wurde am 28. Januar 1987 bekanntgemacht.

Der erteilte Patentanspruch 1 lautete wie folgt:

"Breitbandiger Rillenhornstrahler, mit einem mit einer Rillenstruktur versehenen Hybridmodenanregungsteil (1), das einen über seine gesamte Länge sich nicht ändernden inneren lichten Querschnitt von runder Form aufweist, wobei Länge und Querschnitt so bemessen sind, daß eine eingespeiste Hohlleiterwelle vollständig nur in einen gewünschten Hybridwellentyp umgewandelt wird, und mit einem ebenfalls mit einer Rillenstruktur versehenen Übergangsabschnitt (2, 3), dessen innerer lichter Querschnitt von dem des Hybridmodenanregungsteil auf den Querschnitt der Hornapertur übergeht, dadurch gekennzeichnet, daß der Übergangsabschnitt (2, 3) in einer ersten Zone (2) auf einen elliptischen Querschnitt übergeht, der das gleiche Achsenverhältnis wie der elliptische Hornaperturquerschnitt aber nahezu die gleiche Größe wie der Querschnitt des Hybridmodenanregungsteil (1) besitzt, und daß der Übergangsabschnitt sich in einer zweiten Zone (3) auf die Größe des Hornaperturquerschnitts aufweitet".

II. Am 28. Oktober 1987 legte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) gegen das genannte europäische Patent Einspruch ein und beantragte dessen Widerruf mit der Begründung, daß dessen Gegenstand im Hinblick auf die zum Stand der Technik gehörenden Entgegenhaltungen:

D1: V.J. Vokurka: "Elliptical Corrugated Horn for Broadcasting-Satellite Antennas", ELECTRONICS LETTERS, Vol. 15, 1979, Nr. 20 (von der Beschwerdeführerin ins Einspruchsverfahren eingeführt), und D2: EP-A1-0 023 933 (bereits im Recherchenbericht genannt) auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhe.

III. In ihrer Entscheidung vom 1. Juni 1990 hat die Einspruchsabteilung festgestellt, daß im Hinblick auf die oben genannten Entgegenhaltungen D1 und D2 Einspruchsgründe nach Artikel 100 (a) EPÜ der Aufrechterhaltung des europäischen Patentes EP-B1-0 060 922 nicht entgegenstünden und demgemäß den Einspruch zurückgewiesen.

Diese Entscheidung wurde von der Einspruchsabteilung getroffen, ohne vorher den Parteien ihre vorläufige Meinung in einem Zwischenbescheid nach Artikel 101 (2) EPÜ mitgeteilt zu haben.

IV. Am 27. Juli 1990 legte die Beschwerdeführerin unter Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr gegen diese Entscheidung Beschwerde ein. Sie beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Hilfweise beantragte sie, mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Die Beschwerdebegründung ging am 1. Oktober 1990 beim EPA ein.

V. In ihrer Beschwerdebegründung führt die Beschwerdeführerin aus, daß ihre im Einspruchsverfahren vorgebrachten Argumente in der angefochtenen Entscheidung nicht zutreffend gewürdigt worden seien.

Zur Stützung ihres Vorbringens führt die Beschwerdeführerin zwei neue Entgegenhaltungen auf, nämlich:

D3: J.K.M. Jansen & M.E.J. Jeuken: "Propagation and Radiation Properties of Elliptical Waveguide with Anisotropic Boundary", ESTEC-Contract No. 1657/72 HP, Part 1, 20th October 1973, und D4: Bericht Nr. A3-01-TN-00-617-03-00 zur Abschlußphase C für TV-SAT, mit dem Titel: "Electrical Design and est Results of RX Feed Horn", welcher am 30. Oktober 1980 an die Deutsche Forschungs- und Versuchanstalt für Luft- und Raumfahrt (DFVLR) gesandt worden ist.

Die Beschwerdeführerin führt aus, daß der Gegenstand des Streitpatents im Hinblick auf die von diesen beiden zum Stand der Technik gehörenden Entgegenhaltungen offenbarte Lehre auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhe.

VI. Am 12. November 1990 ging die Stellungnahme der Beschwerdegegnerin zu der von der Beschwerdeführerin eingereichten Beschwerdebegründung beim EPA ein.

In dieser Stellungnahme führt die Beschwerdegegnerin aus, daß die in den beiden Entgegenhaltungen D3 und D4 offenbarte Lehre nicht gegen die erfinderische Tätigkeit angeführt werden könne, die dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 zugrunde liegt.

Die Beschwerdegegnerin führt außerdem aus, daß es noch nicht geklärt sei, ob die Entgegenhaltung D4 überhaupt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist. Und wenn dies auch tatsächlich der Fall gewesen sein sollte, dann stellt die Beschwerdegegnerin in Frage, ob die Veröffentlichung vor dem Prioritätstag des Streitpatents stattgefunden hat.

Die Beschwerdegegnerin trägt im übrigen vor, daß die erstmals in der Beschwerdebegründung genannten Entgegenhaltungen D3 und D4 als verspätet vorgebrachte Unterlagen betrachten werden könnten, die die Kammer nicht zu berücksichtigen brauche.

Es gebe nämlich keinen ersichtlichen Grund für diese verspätete Einreichung der neuen Entgegenhaltungen, da die Beschwerdeführerin diese bereits vor Einreichung ihres Einspruchs gekannt haben mußte.

Die Entgegenhaltung D3 sei bereits in der früher von der Beschwerdeführerin eingeführten Entgegenhaltung D1 zitiert worden, und die Entgegenhaltung D4 sei von der Beschwerdeführerin selbst verfaßt worden.

In diesem Zusammenhang, wies die Beschwerdegegnerin auf die Entscheidung T 258/84 hin (s. Amtsblatt des EPA 1987, Seite 119).

Die Beschwerdegegnerin beantragte, der Beschwerde nicht stattzugeben und das Patent nicht zu widerrufen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und der Regel 64 EPÜ und ist somit zulässig.

2. Die Kammer stellt fest, daß die Entgegenhaltung D3 bereits in der früher von der Beschwerdeführerin ins Einspruchsverfahren eingeführten Entgegenhaltung D1 zitiert worden war (vgl. "References", Punkt 1, am Ende dieser Entgegenhaltung) und daß die Entgegenhaltung D4 von der Beschwerdeführerin selbst verfaßt worden ist.

Die Kammer ist daher der Meinung, daß die Beschwerdeführerin normalerweise zum Zeitpunkt des Einspruchs davon gewußt haben müßte.

3. Die Kammer stellt aber fest, daß die Einspruchsabteilung die angefochtene Entscheidung getroffen hat, ohne vorher den Parteien ihre vorläufige Meinung in einem Zwischenbescheid nach Artikel 101 (2) EPÜ mitgeteilt zu haben.

Die Kammer ist daher der Meinung, daß die Beschwerdeführerin keinen Anlaß bzw. keine Gelegenheit gehabt hat, die beiden Entgegenhaltungen D3 und D4 bereits ins Einspruchsverfahren einzuführen, und daß diese Tatsache als ein ersichtlicher Grund für die verspätete Einreichung der neuen Entgegenhaltungen D3 und D4 betrachten werden kann.

4. Die Kammer hat geprüft, ob sie diese verspätet eingereichten Entgegenhaltungen D3 und D4 gemäß Artikel 114 (2) EPÜ berücksichtigen soll.

Wegen der nicht unerheblichen Relevanz dieser beiden Entgegenhaltungen ist die Kammer der Meinung, daß sie gemäß Artikel 114 (2) EPÜ von Amtswegen berücksichtigt werden sollen, um die Patentfähigkeit des Gegenstandes des Streitpatents vollständig beurteilen zu können.

5. Da die Beschwerdegegnerin nicht nur die Relevanz der beiden neuen Entgegenhaltungen bestritten bzw. Einwände gegen deren verspätete Vorlage erhoben hat, sondern auch in Frage gestellt hat, ob die Entgegenhaltung D4 überhaupt der Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag des Streitpatents zugänglich gemacht worden ist, macht die Kammer, im vorliegendem Fall von ihrer Befugnis nach Artikel 111 (1) EPÜ Gebrauch und verweist die Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zurück, um den beiden Parteien die sachliche Prüfung ihrer Anträge - der Beschwerdegegnerin die sachliche Prüfung ihrer Erfindung, bzw. der Beschwerdeführerin die sachliche Prüfung ihres Einspruchs - im Hinblick auf die genannten neuen Entgegenhaltungen D3 und D4 in zwei Instanzen nicht vorzuenthalten (s. die von der Beschwerdegegnerin erwähnte Entscheidung T 258/84, Amtsblatt des EPA 1987, Seite 119).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen.

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