T 0223/90 () of 11.2.1992

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1992:T022390.19920211
Datum der Entscheidung: 11 Februar 1992
Aktenzeichen: T 0223/90
Anmeldenummer: 84104991.9
IPC-Klasse: B23B 27/16
Verfahrenssprache: DE
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Schneideinsatz für ein Zerspanungswerkzeug
Name des Anmelders: Metallwerk Plansee Gesellschaf
Name des Einsprechenden: 1) Krupp Widia GmbH
2) Sandvik Aktiebolag
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Combination of features - inventive step (yes)
Merkmalskombination - erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0020/85
T 0037/85
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf den Gegenstand - ein Schneideinsatz für ein Zerspanungswerkzeug - der am 3. Mai 1984 angemeldeten europäischen Patentanmeldung Nr. 84 104 991.9 ist am 12. August 1987 das vier Ansprüche umfassende europäische Patent Nr. 125 568 erteilt worden.

Der Anspruch 1 des erteilten Patents lautet:

"Schneideinsatz mit mindestens einer Schneidecke (4), von der aus sich je zwei Schneidkanten (3) mit daran angrenzenden Spanleitstufen (7) erstrecken, bei dem die Schneidkanten (3) von der Schneidecke (4) zur Schneidkantenmitte hin zumindest im Bereich der Schneidecke (4) unter einem Neigungswinkel 5 <Lambda<20° abfallen, die Spanleitstufen (7) sich über den Eckenbereich und zumindest die angrenzenden Bereiche abfallender Schneidkantenabschnitte (3a) kontinuierlich erstrecken, die abfallende Flanke (7a) jeder Spanleitstufe (7) einen Spanwinkel Gamma 1 > 15° aufweist und im abfallenden Schneidkantenabschnitt (3a) von der Schneidecke (4) zur Schneidkantenmitte hin in ihrer Breite zunimmt und die abfallenden Flanken (7a, 7b) jeder Spanleitstufe (7) mit einem Winkel ß1, ß2 > 130° an einen gegenüber den Schneidkanten (3) abgesenkten Mittelteil (6) des Schneideinsatzes angrenzen."

II. Gegen das Patent sind von den Beschwerdegegnern (Einsprechender 01 und 02) Einsprüche eingelegt worden mit dem Antrag, das Patent zu widerrufen, da dessen Gegenstand nicht neu sei oder nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Die Begründung ist u. a. auf folgende Druckschriften

D4: DE-A-2 810 824,

D6: DE-C-2 529 526,

D10: US-A-4 340 324 und

D11: US-A-4 288 179

gestützt.

III. Mit der am 23. Januar 1990 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung ist das Patent widerrufen worden mit der Begründung, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 des erteilten Patents und der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag vom 16. August 1989 mit Rücksicht auf die den Druckschriften D4 und D6 zu entnehmenden Lehren nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen. Darüber hinaus werde durch das zusätzliche Merkmal im Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag keine neue, unvorhersehbare Wirkung erreicht.

IV. Am 9. März 1990 hat der Beschwerdeführer (Patentinhaber) Beschwerde erhoben und die Gebühr bezahlt. Die Beschwerdebegründung ist am 22. Mai 1990 eingegangen.

V. Mit Schriftsätzen vom 20. September 1990 und 20. März 1991 hat der Beschwerdegegner erstmals folgende Druckschriften

D19: Valenite-Modco (N/P-5-1973): Negativ/positiv- Wendeschneidplatten, S. 4 und 5;

D20: Kennametal Catalog 77: Metalcutting tools for greater productivity, S. 12 und 14;

D21: WIDIA Wendeschneidplatten Typ 4, Fried. Krupp GmbH, Krupp Widia (1981);

D22: Kennametal Wendeschneidplatten und Lötplatten - 102 (1978), S. 16, 20 und 22 (Kenloc- Wendeschneidplatten), und

D23: GB-A-2 055 636 genannt.

VI. Eine mündliche Verhandlung hat am 11. Februar 1992 stattgefunden. Im Verlauf dieser Verhandlung hat der Beschwerdegegner 01 erstmals auf die Druckschrift D24: R. Kiefer und Benesovsky: Hartmetalle, 1965, Springer-Verlag, Wien, New York, S. 351 hingewiesen.

1. Alle Beteiligten waren sich darin einig, daß der Schneideinsatz nach der Druckschrift D4 bzw. D11 den Stand der Technik darstelle, der dem Gegenstand des Anspruchs 1 des erteilten Patents am nächsten komme.

2. Der Beschwerdeführer hat im wesentlichen vorgetragen, daß von den Merkmalen, in denen sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von dem Schneideinsatz nach der Druckschrift D4 oder nach der dieser entsprechenden amerikanischen Druckschrift D11 unterscheide, jedes für sich bekannt sein möge, ihre Kombination jedoch miteinander und mit den restlichen aus der Druckschrift D4 bekannten Merkmalen durch den schriftlich belegten Stand der Technik nicht nahegelegen habe. Entsprechend der Lehre des Anspruchs 1 müssen alle die Bearbeitung eines Werkstücks beeinflussenden Elemente eines Schneideinsatzes derart aufeinander abgestimmt sein, um die dem Gegenstand des Anspruchs 1 zugrundeliegende Aufgabe zu lösen.

3. Nach Ansicht der Beschwerdegegner unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 des erteilten Patents von dem Schneideinsatz nach der Druckschrift D4 nur noch durch das Merkmal, daß die abfallende Flanke jeder Spanleitstufe im abfallenden Schneidkantenabschnitt von der Schneidecke zur Schneidkantenmitte hin in ihrer Breite zunimmt.

Die Druckschrift D4 offenbare nämlich auch mit einem Winkel von 4 bis 8° einen Neigungswinkel für die zur Schneidkantenmitte hin abfallenden Schneidkanten, der sich mit dem Neigungswinkel von 5 bis 20° gemäß dem Anspruch 1 überlappe und somit in diesen Bereich falle, sowie ein gegenüber den Schneidkanten abgesenktes Mittelteil, wie der Figur 4 in Verbindung mit Figur 1 und mit dem Anspruch 3 dieser Druckschrift für den Fachmann zu entnehmen sei. Außerdem sei ein Mittelteil vorhanden, an das aufgrund des genannten Spanwinkels von 15 bis 30° die Spanleitstufen mit einem Winkel, der größer sei als 130°, angrenzen, und das abgesenkt sei, da die Oberfläche der im Zentrum angeordneten Erhebung nach dem Anspruch 3 dieser Druckschrift tiefer liegen könne als der tiefste Punkt der Schneidkanten.

Der Fachmann wisse auch, wie eine Spanleitstufe ausgebildet sein müsse, so daß ihre Ausbildung gemäß dem Anspruch 1 des erteilten Patents für ihn auf der Hand liege. Im besonderen sei ihm die Verbreiterung der Spanleitstufe, dies auch im Zusammenhang mit einem abgesenkten Mittelteil, und die dadurch bedingten vorteilhaften Wirkungen geläufig, wie den Druckschriften D19 bis D23 entnommen werden könne.

Vor allem aber die Druckschriften D6 und D10 geben hierzu die entscheidenden Anregungen.

VII. Der Beschwerdeführer beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt bzw. die Aufrechterhaltung des Patents mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Ansprüchen 1 und 4 sowie mit den erteilten Ansprüchen 2 und 3.

Die Beschwerdegegner beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Neuheit

Ein Schneideinsatz nach dem Anspruch 1 des erteilten Patents ist durch keine der vorliegenden Druckschriften bekannt geworden. Da die Neuheit nicht bestritten worden ist, erübrigt es sich, hierfür eine Begründung zu geben.

3. Stand der Technik

Der Gegenstand des Anspruchs 1 betrifft einen Schneideinsatz, der als Zerspanungswerkzeug zur Bearbeitung von Aluminium, Molybdän und deren Legierungen, Kunststoffen und ähnlichen Materialien Verwendung findet.

3.1. Bekanntlich benötigen Schneideinsätze zum Bearbeiten von derartigen weichen Werkstoffen vergleichsweise große Spanwinkel (vgl. Druckschrift D24, Abschn.: "Am Werkzeug unterscheidet man folgende Winkel:"). Nachteilig ist dabei, daß sich durch das Einschleifen der Spanleitstufen der für die Bearbeitung erforderliche möglichst große positive Spanwinkel nur im Bereich der Hauptschneidkante erreichen läßt. Im Bereich der Schneidspitze des Schneideinsatzes wird der Spanwinkel immer kleiner bis auf 0° und steigt beim Übergang in die Nebenschneidkante sogar auf einen negativen Wert an. Diese Abnahme des positiven Spanwinkels an der Schneidspitze kann insbesondere beim Eingriff der Schneidkante bis in den Nebenschneidkantenbereich, was z. B. beim Kopierdrehen häufig auftritt, zu einem Aufreißen der bearbeiteten Oberfläche und damit zu unzureichenden Oberflächenqualitäten führen.

Darüber hinaus wird durch die, entsprechend bekannten Ausführungen, geraden und parallel zur Grundfläche verlaufenden Schneidkanten sowie durch die kleineren Übergangswinkel zwischen abfallenden und ansteigenden Spanleitstufenflanken, die in der Regel zwischen 90 bis 110° liegen, vielfach nur eine ungünstige Spanbildung erreicht. Die Gefahr einer Schneidkantenbeschädigung und einer sehr großen Aufbauschneidenbildung ist somit beträchtlich. Auch sind die Schnittkräfte im Bereich der Schneidecke sehr groß, so daß die Bruchgefahr in der Schneidecke besonders groß ist.

3.2. Die Druckschrift D4 (Ausführungsform gemäß Figur 1) bzw. die entsprechende amerikanische Druckschrift D11 betrifft einen Schneideinsatz mit Schneidkanten und Spanleitstufen, der tatsächlich dem Gegenstand des Anspruchs 1 des erteilten Patents am nächsten kommt (s. a. EP-B-0 125 568: S. 2, lk. Sp., Z. 45 bis 55).

3.2.1. Bei diesem bekannten Schneideinsatz fallen die Schneidkanten von der Schneidecke zur Schneidkantenmitte hin zumindest im Bereich der Schneidecke mit einem Neigungswinkel von 4 bis 8°, vorzugsweise 6°, ab, der sich somit mit dem im Anspruch 1 des erteilten Patents angegebenen Bereich von 5 bis 20° überschneidet.

Nach Bekundung des Beschwerdeführers kann sich jedoch der in der Druckschrift D4 angegebene Bereich bis zu einem Neigungswinkel von 10° erstrecken. Außerdem sind dem Fachmann die Wirkungen eines positiven Neigungswinkels in Abhängigkeit von dessen Größe hinsichtlich der Schnittwirkung, der Schnittkräfte sowie der Spanabflußrichtung und, mit letzterer verbunden, der Güte der bearbeiteten Werkstückoberfläche, geläufig (vgl. z. B. Druckschrift D4: S. 6, Z. 21 bis S. 7, Z. 2).

Es ist daher begründet, davon auszugehen, daß der Fachmann durch die Druckschrift D4 oder durch den vorliegenden, schriftlich belegten Stand der Technik nicht davon abgehalten wird, für den Neigungswinkel Werte im Überlappungsbereich (5 bis 8°) anzuwenden, und zwar dies um so mehr, als in der Druckschrift D4 (Anspruch 9; S. 6, Z. 23) angegeben ist, daß vorzugsweise ein Neigungswinkel von 6° benutzt wird. Gemäß der gängigen Rechtsprechung ist daher das Merkmal des Anspruchs 1 des erteilten Patents, daß der Neigungswinkel 5 bis 20° beträgt, ebenfalls durch den Stand der Technik nach der Druckschrift D4 abgedeckt (vgl. z. B. Entscheidung: "Dicke magnetische Schichten/ TOSHIBA", T 26/85, ABl. EPA 1990, 22, Abschn. 8 bis 9).

3.2.2. Die Spanleitstufen des bekannten Schneideinsatzes erstrecken sich kontinuierlich über die Eckenbereiche und zumindest über die angrenzenden Bereiche abfallender Schneidkantenabschnitte, wobei die abfallenden Flanken einen Spanwinkel von 15 bis 30° aufweisen. Die Breite der Spanleitstufen ist nur im Bereich der Schneidecken, also im Verschneidungsbereich der Spanleitstufen, gegenüber der konstanten Breite der Spanleitstufen in den abfallenden Schneidkantenabschnitten verringert. Diese im Verschneidungsbereich der Spanleitstufen zwangsläufig auftretende Verringerung der Breite der Spanleitstufen ist nicht mit der im Anspruch 1 des in Frage gestellten Patents definierten und gezielt gewollten Zunahme der Breite der abfallenden Flanke jeder Spanleitstufe im abfallenden Schneidkantenabschnitt von der Schneidecke zur Schneidkantenmitte hin vergleichbar.

3.2.3. Es sind auch Spanformelemente in Form einer Erhebung im gegenüber den Randzonen der Oberseite abgesenkten Zentrum sowie in Form von zwischen diesem Zentrum und den Schneidkanten liegenden Flächen vorgesehen. Das Zentrum und die Flächen bilden demnach das Mittelteil des Schneideinsatzes. Die Erhebung selbst, die als wesentlich angesehen wird (vgl. Ansprüche 1 bis 6), reicht jedoch im Bereich der Schneidkantenmitte in die abfallenden Flanken der Spanleitstufen. Aus diesem Grunde können die abfallenden Flanken sich nicht auf ihrer ganzen Länge mit einem Winkel von größer als 130° an das abgesenkte Zentrum anschließen (vgl. S. 6, Z. 1 bis 14 sowie Fig. 1 und 3).

3.2.4. Bei dem bekannten Schneideinsatz wird die Aufgabe gelöst, die Bruchsicherheit desselben zu verbessern, eine günstige Spanformung durch dessen Spanformelemente zu bewirken und die Schnittkräfte zu reduzieren. Dies wird durch das Zusammenwirken aller Elemente des bekannten Schneideinsatzes, nämlich Schneidkanten, Spanleitflächen und Spanformelemente, so wie sie in der Druckschrift D4 aufgeführt sind, erreicht. Hierbei kommt vor allem der Erhebung (Spanformelement) im Zentrum des Schneideinsatzes eine Bedeutung zu (s. S. 5, Z. 6 bis 25; Ansprüche 1 bis 6).

Wie von den Beteiligten mehrmals hervorgehoben worden ist, ist es von der Fachwelt unbestritten, daß bei solchen Schneideinsätzen nur das Zusammenwirken aller einzelnen Elemente zu dem gewünschten technischen Gesamterfolg führen kann. Daraus folgt, daß auch der bekannte Schneideinsatz nur als eine Kombination der ihn bildenden Elemente zu sehen ist.

3.2.5. Der Schneideinsatz gemäß der Druckschrift D4 eignet sich zur spanenden Bearbeitung von Eisenwerkstoffen, insbesondere von Stählen niedriger Festigkeit sowie hochlegierten und nichtrostenden Werkstoffen.

Nach Ansicht des Beschwerdeführers ist mit ihnen jedoch eine Bearbeitung von Aluminium, Molybdän, Kunststoffen und ähnlichen Materialien noch nicht möglich.

4. Aufgabe

Unter Berücksichtigung des Standes der Technik, der Beschreibung des in Frage gestellten Patents und des Vortrags des Beschwerdeführers ergibt sich als Aufgabe, den Schneideinsatz nach der Druckschrift D4 so weiter- zubilden, daß bei der Bearbeitung von Werkstücken aus Aluminium, Molybdän, Kunststoffen oder ähnlichen Materialien mit verringerten Schnittkräften eine optimale Spanbildung erzielt wird.

5. Lösung

5.1. Die Aufgabe wird gemäß der Lehre des Anspruchs 1 des erteilten Patents durch die aus der Druckschrift D4 bekannten, die Schnittkanten und Spanleitstufen betreffenden Merkmale, so wie diese in den obigen Abschnitten 3.2.1 und 3.2.2 angegeben sind, in Verbindung mit den Merkmalen,

- daß die abfallende Flanke jeder Spanleitstufe - im abfallenden Schneidkantenabschnitt von der Schneidecke zur Schneidkantenmitte hin in ihrer Breite zunimmt, und

- mit einem Winkel ß1, ß2 größer als 130° an einen gegenüber den Schneidkanten abgesenkten Mittelteil angrenzt, gelöst.

Das zuletzt genannte Merkmal ist dabei aufgrund der Beschreibung (s. Sp. 4, Z. 12 bis 22) in Verbindung mit der Figur 1 so zu verstehen, daß die abfallende Flanke auf der ganzen Länge jeder Spanleitstufe mit dem genannten Winkel an das abgesenkte Mittelteil angrenzt, wogegen bei dem bekannten Schneideinsatz dies aufgrund der Erhebung nur für Teile jeder Spanleitstufe zutrifft, wie im obigen Abschnitt 3.2.3 dargelegt ist.

5.2. Die Lösung beruht mithin auf dem Gedanken, die Schneideigenschaften des Schneideinsatzes nach der Druckschrift D4 durch die Verbindung bekannter Elemente - großer positive Neigungswinkel, großer Spanwinkel, abfallende Flanken der Spanleitstufen, die sich über den Eckenbereich erstrecken, deren vorteilhafte Wirkungen hinsichtlich der Spanbildung, des Spanablaufs, der Oberflächengüte des bearbeiteten Materials, der Schnittleistung und der Schnittkräfte (s. a. EP-B- 0 125 568: Sp. 2, Z. 24 bis 35 und 42 bis 58) bekannt sind, - mit den zusätzlichen Merkmalen hinsichtlich der Spanbildung und Schnittkräfte zu verbessern.

Die zunehmende Breite der abfallenden Flanke jeder Spanleitstufe von der Schneidecke zur Schneidkantenmitte hin, bewirkt ebenfalls eine optimale Spanbildung sowohl bei großen als auch kleinen Schnittiefen sowie eine verstärkte Wendelspanbildung. Die abfallende Flanke jeder Spanleitstufe verbessert diese Spanbildung zudem dadurch, daß die Flanke mit einem Winkel von größer als 130° in das abgesenkte Mittelteil des Schneideinsatzes übergeht, so daß der ablaufende Span auf keine stark ansteigende Fläche trifft und daher nicht übermäßig gestaucht wird. Die Folge dieses weichen Spanablaufs sind wiederum niedrige Schnittkräfte (s. a. EP-B-0 125 568: Sp. 2, Z. 36 bis 41 sowie Sp. 2, Z. 59 bis Sp. 3, Z. 4).

5.3. Aus dem Obigen ergibt sich, daß die vereinigten Elemente oder Merkmale in einer funktionellen Wechselwirkung miteinander stehen, derart, daß sie sich einander gegenseitig zur Erreichung eines über die Summe ihrer jeweiligen Einzelwirkungen hinausgehenden technischen Erfolgs beeinflussen. Denn durch dieses Zusammenwirken der Merkmale im Sinne einer Kombination wird erreicht, daß der Schneideinsatz nach Anspruch 1 des in Frage gestellten Patents auch zur Bearbeitung von Aluminium, Molybdän, Kunststoffen oder ähnlichen Materialien eingesetzt werden kann. Dies ist von dem Beschwerdegegner nicht angezweifelt worden.

6. Erfinderische Tätigkeit

Zur Frage, ob der schriftlich belegte Stand der Technik für das Zusammenwirken aller Merkmale unter Berücksichtigung ihrer Funktion innerhalb einer Kombination im Sinne der Lehre des Anspruchs 1 des erteilten Patents eine Anregung geben konnte, wird folgendes ausgeführt:

6.1. Nach der Lehre der Druckschrift D4 ist zur Erzielung einer günstigen Spanform und zur Verringerung der Schnittkräfte die Merkmalskombination von geneigten Schneidkanten, geneigten Spanleitstufen von konstanter Breite und Spanformelementen in Form von Erhebungen im abgesenkten Zentrum des Schneideinsatzes sowie in Form von Flächen zwischen dem Zentrum und den Schneidkanten wesentlich (s. a. obigen Abschnitt 3.2). Irgendwelche Hinweise, die den Fachmann veranlassen könnten, von dieser Merkmalskombination abzulassen, um das zuvor genannte technische Problem auch mit einer anderen Merkmalskombination zu lösen, ist der Druckschrift D4 nicht zu entnehmen.

6.2. Die Druckschrift D6 betrifft einen Schneideinsatz, der ein gegenüber den Schneidkanten abgesenktes Mittelteil aufweist, bei dem der Spanwinkel der abfallenden Flanken der Spanleitstufen und der Winkel zwischen den Flanken und dem Mittelteil in etwa den im in Frage gestellten Patent festgelegten Werten entspricht, wobei zwischen den Schneidkanten und den Spanleitstufen eine Fase vorgesehen sein kann (s. Ansprüche 1 und 4 sowie Figuren).

Bei dem Schneideinsatz gemäß der Druckschrift D10, der auch ein gegenüber den Schneidkanten abgesenktes Mittelteil hat, ist dagegen die Fase zwischen den Schneidkanten und den Spanleitstufen zwingend vorgesehen (s. Anspruch 1, Z. 39 und 40). Auch nimmt die Breite der abfallenden Flanken der Spanleitstufen von den Schneidecken zur Schneidkantenmitte hin zu (s. Fig. 1).

Trotz dieser unterschiedlichen Merkmalskombinationen wird bei diesen beiden Schneideinsätzen jedoch die gleiche Aufgabe gelöst, nämlich eine verbesserte und zuverlässige Kontrolle des Spanablaufs bei verminderter Antriebsleistung zu erzielen (s. Druckschrift D6: Sp. 2, Z. 4 bis 8; Druckschrift D10: Sp. 1, Z. 50 und 51 sowie Sp. 2, Z. 34 bis 36).

Anregungen, die den Fachmann veranlassen könnten, von der jeweiligen, für die Lösung der in den Druckschriften D6 und D10 genannten Aufgabe als wesentlich gefundenen Merkmalskombination abzugehen, sind in diesen Druckschriften nicht zu finden.

6.3. Aus den Abschnitten 3.2, 6.1 und 6.2 geht hervor, daß ein ganz bestimmter technischer Gesamterfolg immer auf dem gezielten Zusammenwirken ganz bestimmter Merkmale unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Funktionen beruht.

Es ist daher nicht erkennbar und auch von den Beschwerdegegnern nicht begründet worden, was den Fachmann veranlassen könnte, welches Merkmal oder welche Merkmalsgruppen der Merkmalskombination nach der Druckschrift D6 oder D10, die für den jeweiligen Schneideinsatz wesentlich ist, gezielt aus der jeweiligen Merkmalskombination herausgelöst werden sollten, um mit einem ganz bestimmten Merkmal oder einer ganz bestimmten Merkmalsgruppe, gezielt herausgelöst aus der Merkmalskombination nach der Druckschrift D4, zu einem ganz bestimmten Schneideinsatz wieder verbunden zu werden, mit dem dann auch Aluminium, Molybdän, Kunststoffe oder ähnliche Materialien bearbeitet werden können. Dabei spielt es keine Rolle, daß einzelne Merkmale der Merkmalskombination an sich bekannt sind, denn das Bekanntsein einzelner oder auch mehrerer Merkmale läßt keinen zuverlässigen Schluß auf das Naheliegen einer Kombination zu (folgend der Entscheidung: "Gießpfanne/ MANNESMANN", T 37/85, ABl. EPA 1988, 086; Abschnitt 4.5).

6.4. Die erstmals im Beschwerdeverfahren genannten Druckschriften D19 bis D23 zeigen eine Vielzahl von Schneideinsätzen mit unterschiedlichen Merkmalskombinationen für unterschiedliche Anwendungsbereiche, die jedoch nicht über das hinausgehen, was dem oben erörterten Stand der Technik zu entnehmen ist. Diese Druckschriften können daher, wie im übrigen auch die restlichen, in den Verfahren vor dem Europäischen Patentamt genannten Druckschriften, weder für sich noch in Verbindung mit den durch den erörterten Stand der Technik vermittelten Lehren eine Anregung geben, aufgrund deren der Fachmann ohne erfinderische Tätigkeit zu einem Schneideinsatz gemäß der Lehre des Anspruchs 1 gelangen würde.

6.5. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des erteilten Patents beruht mithin auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

7. Das Patent hat deshalb Bestand und kann mit dem Anspruch 1 sowie den auf ihn rückbezogenen Ansprüchen 2 bis 4 in unveränderter Form aufrechterhalten werden.

8. Bei dieser Sachlage erübrigt sich ein Eingehen auf den Hilfsantrag des Beschwerdeführers.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückverwiesen, das Patent, wie erteilt, aufrechtzuerhalten.

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