T 0163/90 () of 3.12.1992

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1992:T016390.19921203
Datum der Entscheidung: 03 Dezember 1992
Aktenzeichen: T 0163/90
Anmeldenummer: 85111339.9
IPC-Klasse: E01C 23/06
E01C 6/18
E01C 7/26
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Erneuerung von Fahrbahndecken
Name des Anmelders: Wilhelm Schütz KG
Name des Einsprechenden: Hans-Ulrich Bach
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit (ja)
keine faktische Übereinstimmung mit dem Anspruchsgegenstand
Erfinderische Tätigkeit (ja)
unzulässige Selektion ex post
Novelty (yes) - no factual correspondence with claimed subject- matter
Inventive step (yes) - inadmissible selection ex post
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0162/90
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0021/91

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen das am 22. Juni 1988 auf die am 7. September 1985 ohne Inanspruchnahme einer Priorität eingereichte Patentanmeldung erteilte, fünf Patentansprüche umfassende Patent Nr. 215 139 ist am 18. März 1989 ein Einspruch eingereicht worden, mit dem Antrag, das Patent zu widerrufen, da dessen Gegenstand den Artikeln 52 - 57 EPÜ nicht genüge. Der Einspruch stützte sich insbesondere auf folgende Druckschriften:

D1: "Hüls-Information" Nr. 4274; 2/83/VESTOPLAST (eingetragene Schutzmarke)

D2: "Hüls-Produktinformation" Nr. 2206; 11/84/VESTOPLAST

D3: Römpps Chemie Lexikon, 7. Auflage, Eintrag "Lucobit 1210"

D4: Aufsatz G. Zenke: "Zur Verarbeitung polymermodifizierter Bitumen in Asphaltmischwerken", "Das stationäre Mischwerk"; 1976/6; Seiten 255 bis 264

Die Patentinhaberin verwies noch zusätzlich auf

D5: Technisches Merkblatt BASF "Lucobit 1210", M 2355 d, Januar 1975.

II. Der erteilte Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"1. Verfahren zur Erneuerung von insbesondere deformierten Fahrbahndecken unter Verwendung von Altasphalt mit folgenden Merkmalen;

die zu erneuernde Fahrbahndecke mit der Altasphaltschicht (10) wird aufgeheizt;

die erhitzte Altasphaltschicht (10) wird aufgelockert und dabei erhaltene Partikel auf die Einbaubreite gleichmäßig verteilt, wobei eine Durchmischung der Partikel erfolgt; die in neuer Schicht verteilten Partikel werden zum Erhalt einer Fahrbahndecke verdichtet;

gekennzeichnet durch folgende Maßnahmen:

vor der Durchmischung der Partikel erfolgt eine Zugabe von amorphen Polyolefinen derart, daß das Mischprodukt halbhart bis weich ist und bereits bei erhöhten Außentemperaturen zum Kleben neigt, wobei die amorphen Polyolefine als Copolymer von Alpha-Olefinen mit ausgewählten Monomeren folgende Parameter aufweisen:

Schmelzviskosität etwa 8000 mPa.s (mit dem Rotationsviskosimeter bei etwa 190°C gemessen), Erweichungspunkt etwa 105°C (mit Ring und Kugel nach DIN 52011 gemessen), Penetration 20 (entsprechend DIN 52010), Brechpunkt -30°C (gemessen nach Fraaß, DIN 52012); die Zugabemenge beträgt 0,3 bis 0,5 Gew.% des aufgearbeiteten Altasphalts bzw. etwa 7 % seines Gesamtbindemittelgehalts." (Korrektur in "Rotationsviskosimeter" hinzugefügt).

III. Durch Entscheidung vom 20. Dezember 1989 wurde der Einspruch zurückgewiesen, da die geltend gemachten Entgegenhaltungen dem Fachmann keine ausreichenden Anregungen zu der im Anspruch 1 angegebenen Lösung der gestellten Aufgabe geben konnten.

IV. Die am 6. Februar 1990 unter Zahlung der Beschwerdegebühr eingegangene Beschwerde richtet sich gegen diese Entscheidung der Einspruchsabteilung. Die Begründung der Beschwerde ist am 17. April 1990 eingegangen. Darin bezieht sich der Beschwerdeführer (Einsprechender O1) weiter auf die folgenden Entgegenhaltungen:

D6: FR-A-2 200 335

D7: FR-A-2 284 653

D8: FR-A-2 559 516

D9: "Kurzgutachten zur EP-B1-215 139" von Dr. St. Kägi, Widnau (Schweiz)

und macht geltend, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 weder neu noch erfinderisch sei.

V. Die Argumente des Beschwerdeführers werden wie folgt zusammengefaßt:

a) Aus der Druckschrift D4 sei bezüglich Altasphalt besonders zu entnehmen:

- "Nachträgliche Modifizierung des verlegten Asphalts z. B. durch Imprägnierung mit Polymerlösungen oder Suspensionen" (Seite 257, Ziffer 3).

- "Die nachträgliche Modifizierung durch Polymerzusätze beim Aufmischen im Repaving- Verfahren wäre naheliegend." (Seite 257, im Anschluß an Ziffer 3).

Diese Hinweise seien so zu verstehen, daß der Ausdruck "Polymerlösungen" zweifellos bitumenfreie Polymerlösungen meine bzw. nahelege.

Auf S. 257, Tab. 3, werde erwähnt, daß entsprechend den physikalischen Eigenschaften des Polymers dieses jeweils zum Bitumen bzw. Asphalt zudosiert werde. Es wird insbesondere auf die Abschnitte 2.2, 2.2.1, 2.2.2 und 3. hingewiesen, sowie auf Seite 256, Spalte 2, al. 2: "... kommen für die Verarbeitung in Asphaltmischwerken fast ausschliesslich Thermoplaste und Elastomere in Frage". Selbstverständlich würden darunter sämtliche denkbaren und auch handelsüblichen amorphen Polyolefine bzw. Copolymere der Alpha-Olefine fallen.

b) In D2 würde die Verwendung von Vestoplast für Fahrbahnmarkierungsmassen erwähnt. Diese seien bezüglich Materialeigenschaften und chemischer Zusammensetzung identisch mit Fahrbahnbelagsmassen.

c) Die Druckschriften D6 bis D8 würden sich ebenfalls auf die Zugabe von Polymeren zu Straßenbelagsmischungen beziehen, die alle zur selben Gruppe gehörten wie VESTOPLAST; die grundsätzliche Verwendung von Alpha-Polyolefinen zur Modifikation von Bitumen bzw. Asphalt sei vorbekannt.

d) Es werde bestritten, was die Patentinhaberin geltend gemacht habe, nämlich, daß "kein Polymer dem Bitumen beigesetzt und somit das bituminöse Bindemittel nicht polymermodifiziert" wird. Das könne deshalb nicht stimmen, weil "das Polyolefin bzw. VESTOPLAST von dem (zur Aufnahme erwärmten) bituminösen Bindemittel des Altasphalts aufgenommen" werde. Also bestehe kein Unterschied des Anspruchsgegenstands zum Stand der Technik.

e) Zenke rege in D4 zweifellos an, eine bitumenfreie Polymerlösung oder -suspension zu verwenden, wobei auf die Möglichkeit hingewiesen ist, gefluxte Polymere etwa im Sinne der Ansprüche 4 und 5 zu verwenden.

f) Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit maßgebend sei die Zusammenschau der Dokumente D4 mit D2. Die Auswahl von VESTOPLAST als Polymer könne dem sonst bekannten beanspruchten Verfahren keine erfinderische Qualität verleihen.

g) Auch die Kombination von D4 mit D8 oder D6 führe dazu, die erfinderische Tätigkeit zu verneinen. D6 beziehe sich auf den Straßenbau und spezifiziere die beanspruchten Olefine: "... d'une ou plusieurs mono- alpha-oléfines ..." (Seite 3, Zeile 11); "ce que le copolymère est un colpolymère d'éthylène ..." (Patentanspruch 7).

VI. Die Argumente der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) gemäß Schreiben vom 30. August 1990 und 23. April 1991 werden wie folgt zusammengefaßt:

a) D4 schlage polymermodifiziertes Bitumen (PmB) als Bindemittel in Asphaltmischwerken vor. Bei der Erfindung werde jedoch dem Bitumen kein Polymer beigesetzt; es handle sich nicht um ein PmB. Aus D4 sei kein Hinweis zu entnehmen, daß reines bitumenfreies Polyolefin dem Asphalt zuzusetzen sei, und auch nicht, daß die angegebenen amorphen Olefine bestimmter Spezifikation zu verwenden seien.

b) VESTOPLAST nach D2 beziehe sich auf die amorphen Polyolefine nach beanspruchter Spezifikation, jedoch handle es sich um Schmelzkleber/Hotmelts und um Anwendungen, die nicht unter den Begriff "Fahrbahndecken" fallen würden. "Fahrbahnmarkierungsmassen", die in D2 erwähnt würden, seien nicht mit Fahrbahndecken gleichzusetzen.

c) Im Gutachten D9 würden patentrechtlich relevante Sachverhalte verkannt, wie Kombinationserfindung, Neuheit als "Identität mit Unterschieden", Unterschied zwischen Offenbarungsgehalt und Schutzumfang.

d) Die Schriften D3, D4 und D5 würden die Verwendung von honigweichen, "hochviskosen" Stoffen nicht nahelegen.

e) VESTOPLAST löse sich nicht in Bitumen. Die Erfindung befasse sich nicht mit der Zugabe von Bitumen, auch nicht von polymermodifiziertem Bitumen. Sie gebe zu den Partikeln der Altasphaltschicht spezielle amorphe Polyolefine hinzu.

f) Aromatisches Öl löse sich teilweise in gealtertem Bitumen, was nicht bedeute, daß dies auch hinsichtlich der speziellen amorphen Polyolefine der Fall sei. Bei der Erfindung werde der Asphalt nicht nachträglich, sondern bereits beim Verlegen modifiziert - und zwar vor der Durchmischung der Partikel.

VII. In einer am 23. November 1992 eingegangenen Eingabe des Beschwerdeführers wird als Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung insbesondere auf folgendes hingewiesen:

a) Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht neu, da der Fachmann unter den in D4 genannten EPM-Copolymeren ohne weiteres Vestoplast subsumiere. Dazu wird Seite 259 (linke Spalte, vorletzter Absatz) genannt, wo ausdrücklich auf die Eignung von Polyolefinen des M-Typs hingewiesen werde, zu denen die genannten EPM- Copolymere gehörten. Als kennzeichnendes Merkmal verbleibe daher nur noch das Material Vestoplast. Der Fachmann wußte am Anmeldetag, daß das damals schon sehr propagierte Vestoplast ein Alpha-Olefin-Copolymer sei, das unter die Definition der in D4 genannten EPM falle. Als Anlage 2 wird eine dementsprechend geänderte Abgrenzung des Anspruchs 1 vorgelegt.

b) Der Fachmann wußte, daß sich EPM-Copolymere gut zur Modifizierung von Bitumen eigne (aus D3). Daher hätte es nahe gelegen, EPM-Copolymere auch in Substanz, ohne bituminösen Träger, zur Bitumenmodifizierung einzusetzen, und zwar auch bei den schon sehr lange bekannten Verfahren der Fahrbahnreparatur.

c) In D4 werde festgestellt (Seite 257, nach Tabelle 3):

"Die nachträgliche Modifizierung durch Polymerzusätze bei Aufmischen im Repaving- Verfahren wäre naheliegend ...". Da D4 auch die EPM und den Zusatzmengenbereich ausdrücklich nenne, sei der Patentgegenstand bereits aus dieser Druckschrift D4 allein naheliegend gewesen.

d) Als Anlage 3 wird eine weitere Druckschrift genannt:

D10: Dr. G. Zenke: "Polymer-modifizierte Straßenbaubitumen im Spiegel von Literaturergebnissen -Versuch eines Resümees - Teil 1, Teil 2, Teil 3"; Sonderdruck aus DIE ASPHALTSTRASSE, Heft 1/1985, 4/1985, 6/1985; Seiten 1 bis 3.

Darin werde aufgezeigt, daß es schon erheblich vor dem Anmeldetag des Patents eine umfangreiche Fachliteratur auch zu Bitumen gab, die mit Polyolefinen modifiziert gewesen seien, zu denen auch die EPM- Copolymere, also die Alpha-Olefin-Copolymere gehören würden. Auch deshalb hätte es nahegelegen, das industriell verfügbare Vestoplast als EPM zur Fahrbahnerneuerung einzusetzen.

e) Im Sinne des Europäischen Patentübereinkommens setze die Erteilung und Aufrechterhaltung eines Monopolrechts das Vorliegen einer überdurchschnittlichen erfinderischen Leistung voraus, was hier nicht vorliege.

VIII. Am 3. Dezember 1992 fand eine mündliche Verhandlung statt.

a) Dabei ergänzte der Beschwerdeführer seine bisherige Argumentation insbesondere noch durch die folgenden Ausführungen:

Das Wissen des Fachmanns hätte ausgereicht, um aus den in D4 enthaltenen Angaben in trivialer Weise dasjenige heranzuziehen, was beansprucht ist, weshalb die Neuheit des Gegenstands nach Anspruch 1 bestritten werde. Würde jedoch bei formalistischer Betrachtungsweise die Neuheit anerkannt, könne jedenfalls keine erfinderische Tätigkeit geltend gemacht werden, da die Auswahl von Vestoplast (als einzigem Unterschied zu D4) nur bedeute, daß genommen wurde, was vorhanden war - weshalb etwas Naheliegendes beansprucht sei.

Amorphe Polyolefine würden sehr häufig verwendet; eine kristalline Anordnung jedoch sei infolge der hohen Molekulargewichte nicht einfach zu erreichen. Vestoplast werde zwangsläufig in Bitumen gelöst, auch wenn es primär dem Asphalt zugegeben werde. Deshalb liege dann ebenfalls ein "polymermodifiziertes Bitumen" vor.

b) Die Beschwerdegegnerin hielt insbesondere entgegen:

Die in D4 erwähnte Stelle (Seite 257) erwähne die direkte Modifikation des Asphalts beim Repaving nicht als Tatsache, sondern nur als Hinweis auf ungeprüfte Möglichkeiten. Die beanspruchten Verfahrensschritte seien jedenfalls daraus nicht ableitbar. Keines der beanspruchten Merkmale sei bei Zenke belegt. Die EPM hätten mit Vestoplast nichts zu tun; Vestoplast sei amorph und nicht mit den sonst üblichen kautschukartigen Zusätzen zu vergleichen. Vestoplast lasse sich in Bitumen nicht lösen, sondern nur mischen oder dispergieren. Es sei auch nicht angestrebt gewesen, Bitumen in seinen Eigenschaften zu verändern und damit sei es auch nicht auf die besonderen Anforderungen an die Homogenität eines PmB angekommen. Wie kritisch diese Homogenität sei, gehe aus D4, Seite 1 hervor, wo eine sehr große Variation im Polymergehalt im Zusammenhang mit erheblichen Schäden (Rißbildungen) festgestellt worden seien. Der Fachmann hätte deshalb von D4 keine ausreichenden Anregungen zur beanspruchten Definition erhalten können.

IX. Der Beschwerdeführer beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Neuheit

2.1. Die Kammer vermag der Argumentation der Beschwerdegegnerin (vgl. IV. a)) nicht zu folgen. Generelles allein kann keine Vorwegnahme von Spezifischem darstellen, wie dies in den Richtlinien für die Prüfung am EPA, Teil C-IV, 7.4 in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern (vgl. u. a. T 162/90 - 3.2.3 vom 7. Mai 1992, Gründe Nr. 3., nicht veröffentlicht) festgelegt ist. Daß sämtliche denkbaren und auch handelsüblichen amorphen Polyolefine bzw. Copolymere der Alpha-Olefine" unter den Begriff der "Thermoplaste" fallen, ist kein tatsächlicher Beweis dafür, daß das in Anspruch 1 spezifizierte Verfahren zum Stand der Technik gehörte.

Die oben unter VIII. a) erwähnte geänderte Abgrenzung des Anspruchs 1 setzt die spezifizierte Beziehung der Copolymere von Alpha-Olefinen mit ausgewählten Monomeren im Zusammenhang mit der direkten Asphalt-Zugabe gemäß Oberbegriff voraus - wozu es jedoch in D4 keine Hinweise gibt; die unter VI. a) oben erwähnte Abgrenzung ist somit unbegründet.

Keines der entgegengehaltenen Schriftstücke beschreibt ein Verfahren mit sämtlichen Merkmalen des Anspruchsgegenstands.

Die Neuheit des erteilten Anspruchsgegenstands ist daher nicht in Frage zu stellen.

2.2. Wenn der Beschwerdeführer darin nur eine "formalistische Betrachtungsweise" erkennen will (siehe oben unter VIII. a)), ist darauf hinzuweisen, daß die Kammer davon ausgeht, daß Neuheit eine Frage dessen ist, was als gegenständliches Faktum des Standes der Technik mit dem beanspruchten Gegenstand tatsächlich übereinstimmt. Deshalb bleiben über eine faktische Übereinstimmung hinausgehende bloße Möglichkeiten bei der Neuheit ohne Beweiskraft. Das heißt im vorliegenden Fall, daß die allgemeinen Angaben in D4 bezüglich der Verwendung von Polymeren, insbesondere von EPM, also Äthylen-Propylen- Copolymere, noch nicht ausreichen, um eine faktische Übereinstimmung mit den Spezifikationen des Anspruchsgegenstands zu beweisen - selbst wenn diese Spezifikationen, im nachhinein betrachtet, im logischen Zusammenhang mit den Ausführungen in D4 zu sein scheinen.

3. Stand der Technik, Aufgabe und Lösung

Die Erfindung geht nach der Beschreibung aus von den als "Reshape-, Repave- und Remix-Verfahren" bekannten Methoden zur Erneuerung von Fahrbahndecken, denen die im Oberbegriff des erteilten Anspruchs 1 enthaltenen Merkmale gemeinsam sind. Gegen die in der Beschreibung formulierte Aufgabenstellung ist daher nichts einzuwenden, nach welcher es darum geht, ein Verfahren zur Erneuerung von Fahrbahndecken unter Verwendung von Altasphalt zu schaffen, mit dem die Güte von neuen Fahrbahndecken hinsichtlich Haltbarkeit und Griffigkeit erreicht und übertroffen wird.

Durch die Verwendung des früher vor allem als Klebststoff bekannten Materials Vestoplast als Zusatz zum aufgebrochenen und erhitzten Asphalt erfolgt eine Veränderung der üblichen Matrix, bei welcher die Haftung der Zuschlagstoffe durch die Zusammenwirkung mit Vestoplast und Bitumen offensichtlich verbessert werden kann. Die Aufgabe ist gelöst.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Der Beschwerdeführer knüpft hinsichtlich des Schriftstücks D4 daran an, daß dort auf die Möglichkeit hingewiesen wurde, verlegten Asphalt durch Imprägnierung mit Polymerlösungen nachträglich zu modifizieren. Dieser Hinweis lautet vollständig: "Die nachträgliche Modifizierung ... wäre naheliegend, ist nach Kenntnis des Verfassers aber bisher nicht untersucht worden." (Seite 257; Hervorhebungen hinzugefügt). Dabei fällt der Konjunktiv "wäre naheliegend" auf - offensichtlich "ist" diese Modifizierung in der Sicht des Verfassers von D4 nicht schlechthin naheliegend. Diese zurückhaltende Formulierung erscheint umso verständlicher, als im Abschnitt 4.3 "Homogenität" wesentliche Bedenken gegen die Möglichkeit der direkten Modifikation des Asphalts geäußert werden, da dann die notwendigen Kontrollmöglichkeiten über die Homogenität des (resultierenden) PmB im fertigen PmA verloren gehen würden.

Da es nach Zenke um die Modifikation von Bitumen (für Asphalt und in Asphalt) geht, da nach Zenke dazu jedoch hohe Anforderungen an die Homogenität von solchen modifizierten Bitumen zu stellen sind (siehe die oben unter VIII b) erwähnten Schäden), müssen diese Hinweise eher als Warnung vor der direkten Zugabe zum Asphalt beim Repave-Verfahren gesehen werden. Insofern führen die Mitteilungen nach Zenke - ohne ex-post-Selektion - eher von der angefochtenen Erfindung weg.

4.2. Der Hinweis auf die besondere Eignung der Polymere des M- Typs (siehe oben VIII. a)), also der "Polyolefine wie Polyäthylen und Polypropylen", das heißt nach Ansicht des Beschwerdeführers auf Alpha-Olefine, bezieht sich jedenfalls auf die polymermodifizierten Bitumen (PmB). Diese Ausführungen finden sich im Abschnitt "4.2 Beständigkeit" der PmB ohne Hinweise auf die besonderen Probleme der direkten Asphaltmodifikation. Dabei soll ein minimaler thermischer Abbau erreicht werden. Selbst wenn daher der Fachmann eine solche Möglichkeit in Betracht ziehen würde - was nach Obenstehendem schon über die tatsächlich nahegelegten Lehren hinausgeht - sowohl die unbestimmten Angaben in D4 hinsichtlich der für den vorgesehenen Zweck geeigneten Copolymere wie auch die spezifische Eignung von Vestoplast nach D2 für Markierungsmassen könnten noch keinesfalls ausreichend begründen, daß trotz der geäußerten Bedenken die direkte Modifikation des Asphalts mit einem ganz besonderen Vestoplast (708) gemäß Anspruch 1 zu einem sicheren und interessanten Ergebnis führen würde. Keines der angezogenen Dokumente enthält dazu irgendeinen ausreichend spezifischen Hinweis.

4.3. Dabei bleibt zu beachten, daß die Erfindung weder ein im Sinne Zenkes "polymermodifiziertes Bitumen" anstrebt noch erreicht. Die Kammer kann daher den diesbezüglichen ständig wiederholten Ausführungen des Beschwerdeführers nicht folgen. Die mit dem angefochtenen Verfahren schließlich entstandene Matrix ist grundsätzlich nicht einfach mit der Matrix der in D4 (deutlich) vorgeschlagenen PmB-Verfahren gleichzusetzen. Nach der Beschreibung zeigen die amorphen Polyolefine auch in der Durchmischung mit Asphalt eine gute Haftfähigkeit an den körnigen Bestandteilen der Fahrbahndecke (Spalte 2, Zeilen 33 - 35). Somit ist hier eine erhöhte Konzentration von Vestoplast im Bereich der Korngrenzen nützlich, ein der Erfindung zugrunde liegender Gedanke, der in Zenke in keiner Weise zum Ausdruck kommt und den dortigen Homogenitätsanforderungen direkt widerspricht.

5. Die seitens des Beschwerdeführers geltend gemachten Argumente sind somit insgesamt nicht in der Lage, das Naheliegen des beanspruchten Verfahrens zu begründen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist demnach patentfähig.

Mit Anspruch 1 bleiben auch die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 rechtsbeständig.

6. Die unter VII. e) oben erwähnte Ansicht des Beschwerdeführers, wonach nur eine überdurchschnittliche erfinderische Leistung die Erteilung und Aufrechterhaltung eines Monopolrechts rechtfertige, findet im Europäischen Patentübereinkommen keine Grundlage. Nach Artikel 56 EPÜ kann die erfinderische Leistung nicht in Abrede gestellt werden, wenn das Naheliegen für den Fachmann nicht nachgewiesen ist. Dabei darf die tatsächliche Kenntnis der Erfindung ex post nicht zu einer Beeinflussung der nur ex ante möglichen Argumentation führen.

Wenn der Beschwerdeführer seine Argumentation über die mangelnde erfinderische Tätigkeit auf eine (gezielte) Auswahl der Lösung stützt, so liegt dem eine unzulässige Selektion ex post zugrunde. Überdies werden technische Unterschiede der Erfindung gegenüber dem Stand der Technik außer Acht gelassen (siehe oben 4.3).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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