European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1993:T005990.19930312 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 12 März 1993 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0059/90 | ||||||||
Anmeldenummer: | 84113531.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | C08G 59/40 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Härter für Epoxidharzmassen | ||||||||
Name des Anmelders: | SKW Trostberg Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen | ||||||||
Kammer: | 3.3.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (bejaht) Erfinderische Tätigkeit - Aufgabe und Lösung Novelty (yes) Inventive step - problem and solution |
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Orientierungssatz: |
Erfinderische Tätigkeit wegen im Stand der Technik ungenannter Aufgabe bejaht |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin des europäischen Patents 0 148 365, erteilt am 29. Juli 1987 auf die am 9. November 1984 mit der deutschen Priorität vom 11. November 1983 eingereichte Patentanmeldung Nr. 84 113 531.2.
Die unabhängigen Ansprüche 1 und 4 lauteten, wie folgt:
"1. Härter für Epoxidharzmassen auf Basis von Dicyandiamid dadurch gekennzeichnet, daß er
a) Dicyandiamid mit einer Korngröße > 90 % < 10 my m und
b) 0,1 bis 30 Gew.% Siliziumdioxid und/oder ein Metalloxid der II. Haupt-oder Nebengruppe mit einer spezifischen Oberfläche nach BET von mindestens 50 m2/g enthält.
4. Verfahren zur Herstellung eines Härters für Epoxidharzmassen nach den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß man das Siliziumdioxid und/oder das Metalloxid der II. Haupt- oder Nebengruppe mit dem Dicyandiamid vor dem Mahlvorgang zudosiert und dann gemeinsam auf die angegebene Korngröße vermahlt."
II. Gegen das Patent hat die Beschwerdegegnerin am 16. April 1988 wegen mangelnder Neuheit (geltend gemachter offenkundiger Vorbenutzung) und erfinderischer Tätigkeit, gestützt auf die folgenden Dokumente
(1) Merkblatt DICYANDIAMID der Firma SKW Trostberg, Ausgabe Juni 1983,
(2) Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie, 4. Auflage 1982, Band 21, Seiten 467 und 470, später auch 471,
(3) JP-A-57-047323 (Derwent-Referat),
(5) E.Sacher, "Kinetics of Epoxy Cure": The systems bisphenol A epoxides/dicy in POLYMER 1973, Band 14, Seite 94,
später ergänzt durch das zugelassene Dokument
(4) US-A-3 882 064
Einspruch erhoben.
III. Mit Entscheidung vom 23. Oktober 1989, zur Post gegeben am 17. Januar 1990, widerrief die Einspruchsabteilung das Patent. Die angefochtene Entscheidung erachtete (1) als nicht vorveröffentlicht, sah offenkundige Vorbenutzung nicht als erwiesen an und anerkannte die Neuheit des Patentgegenstandes. Sie verneinte jedoch das Vorliegen von erfinderischer Tätigkeit im Hinblick auf Dokument (3) in Verbindung mit (2) oder (4) oder auch auf Dokument (4) in Verbindung mit (5).
IV. Gegen die genannte Entscheidung hat die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) am 22. Januar 1990 unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde eingelegt und hierzu am 18. Mai 1990 eine Begründung sowie neue Vergleichsversuche eingereicht.
Mit Schriftsatz vom 20. September 1991 legte die Beschwerdeführerin hilfsweise einen eingeschränkten Anspruch 1 vor, den sie später zur Grundlage ihres Hauptantrages machte. Er lautet, wie folgt:
"1. Härter für Epoxidharzmassen auf Basis von Dicyandiamid, dadurch gekennzeichnet, daß er a) gemahlenes Dicyandiamid mit einer Korngröße > 90 % < 10 my m und
b) 0,1 bis 30 Gew.% Siliziumdioxid und/oder ein Metalloxid der II. Haupt-oder Nebengruppe mit einer spezifischen Oberfläche nach BET von mindestens 50 m2/g enthält, welches dem Dicyandiamid vor dem Mahlvorgang zudosiert wurde."
V. Die Argumente der Beschwerdeführerin, die sie in der mündlichen Verhandlung vom 12. März 1993 noch vertieft hat, lassen sich wie folgt zusammenfassen: Ausgehend von (4) als nächstem Stand der Technik sieht sie demgegenüber die Aufgabe des Patentgegenstandes in der Entwicklung eines Härters, der das Erreichen kürzerer Gelierzeiten und gleichzeitig die Herstellung gegen Sedimentation stabiler Dispersionen in flüssigen Epoxidharzen ermöglicht. Sie meint, daß der Fachmann dem Dokument (3) nicht habe entnehmen können, daß Dicyandiamid (im folgenden DCD) mit einer DCD-Korngröße > 90 % < 10 my m zur Lösung dieser Aufgabe geeignet sei, weil einerseits die in (3) geoffenbarten DCD-Fraktionen kleiner Korngröße (> 90 % < 5 my m) durch Windsichten (nicht Mahlen) aus handelsüblichem kristallinem DCD hergestellt worden seien und andererseits (3) keine Information darüber enthalte, wie die - durch das patentgemäße Herstellen durch Mahlen noch gesteigerte - die Dispersionsstabilität beeinträchtigende Agglomerationsneigung unterdrückt werden könne.
Daß diese Aufgabe - wie insbesondere die neu vorgelegten Beispiele 6 und 7 belegten - durch Mahlen des DCD in Gegenwart von Siliziumdioxid großer spezifischer Oberfläche gelöst werden könne, sei im Hinblick auf (2), Seite 471, Abb. 30 und (5), Seite 94 "Effect of surfactant" überraschend, da diese Literaturstellen bei der patentgemäßen Vorgangsweise eine die Reaktivität der DCD-Partikel durch Oberflächenbeladung mit Siliziumdioxidteilchen stark beeinträchtigende Umhüllung erwarten ließen.
VI. Die Beschwerdegegnerin anerkennt die Neuheit des Gegenstandes des neuen Hauptantrages, bestreitet aber, daß er auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Sie geht von (3) als nächstem Stand der Technik aus und meint, daß durch die kleinen DCD-Partikel die patentgemäße Aufgabe automatisch gelöst sei, weil gemäß dem allgemeinen Fachwissen kleine Teilchen im Vergleich zu größeren eine geringere Sedimentationsneigung aufwiesen und sich schneller im Epoxidharz lösten, was wiederum zu einer Verkürzung der Gelierzeiten führen müsse. Dies werde auch durch (5), Seite 94 "Effect of particle size" bestätigt.
Es sei für den Fachmann, der der Agglomerierungsneigung von kleinen DCD-Partikeln begegnen wollte, naheliegend gewesen, dies durch Zumischen von Siliziumdioxid großer spezifischer Oberfläche zu tun, weil die Eignung von Siliziumdioxid zum Zweck der Verbesserung der "handling characteristics" von DCD-Pulver oder der Verbesserung der Rieselfreudigkeit und des Verhinderns des Zusammenbackens von Feststoff-Pulvern im allgemeinen aus (4), Spalte 2, Zeilen 50 bis 55, bzw. (2), Seite 470 "Verwendung als Fließhilfsmittel für Feststoffe" bekannt gewesen sei.
Ein DCD-Pulver sehr kleiner Korngröße durch Mahlen anstelle von Windsichten herzustellen, sei bei großtechnischer Herstellung selbstverständlich, und auch das Zumischen des Siliziumdioxids zum DCD vor dem Mahlen entspreche nur der für den Fachmann naheliegendsten Vorgangsweise; überdies lägen für diese Merkmale des Anspruchs 1 des Patentes keine Versuchsergebnisse vor, die ihre Vorteilhaftigkeit gegenüber den DCD-Teilchen entsprechender Korngröße aus (3) bewiesen. Den von der Beschwerdeführerin behaupteten "Umhüllungseffekt" bestreitet die Beschwerdegegnerin.
VII. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des am 20. September 1991 eingegangenen Patentanspruchs 1 und der erteilten Ansprüche 2 bis 4, hilfsweise unter Einfügung des Wortes "flüssige" vor dem Wort "Epoxidharzmassen" im Anspruch 1.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 und 108 sowie Regel 64 und ist zulässig.
2. Gegenüber der erteilten Fassung, die auf den Merkmalen der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 und 3 beruht, ist der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag auf gemeinsam mit dem Siliziumdioxid und/oder einem Metalloxid der II. Haupt- oder Nebengruppe zur beanspruchten geringen Korngröße gemahlenes DCD beschränkt, und die Ansprüche 2 bis 4 blieben unverändert; daher liegt kein Verstoß gegen Art. 123 (3) EPÜ vor.
Die hinzugefügten Merkmale sind in den Erstunterlagen auf Seite 6, letzter Absatz (entsprechend Seite 2, Zeilen 53 bis 56 der Patentschrift) geoffenbart. Die Bedingungen des Art. 123 (2) EPÜ sind somit erfüllt.
3. Die Kammer hat sich davon überzeugt, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber dem bekannten Stand der Technik neu ist; dies wurde von der Beschwerdegegnerin auch nicht bestritten.
4. Als nächsten Stand der Technik sieht die Kammer (4) an, das einen Härter für Epoxidharzmassen offenbart, der aus einem Gemisch von DCD und fein verteiltem Siliziumdioxid im Verhältnis 95/5 besteht (Spalte 2, Zeilen 51 bis 56; Beispiel 1). Die Korngröße des verwendeten DCDs und die spezifische Oberfläche des Siliziumdioxids sind in (4) nicht erwähnt; nach Überzeugung der Kammer ist jedoch davon auszugehen, daß es sich um handelsübliches kristallines DCD einer durchschnittlichen Korngröße von etwa 80 µm und um Siliziumdioxid einer spezifischen Oberfläche von mindestens 50 m2/g handelte, wie von der Beschwerdegegnerin u. a. unter Hinweis auf Tab. 12 in (2), Seite 467 unbestritten dargelegt.
Entsprechend unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von der Offenbarung in (4) durch die Wahl einer Korngröße des DCDs von > 90 % < 10 my m und die Verwendung eines gemeinsam mit dem Siliziumdioxid gemahlenen DCDs.
5. Ausgehend von (4) kann die objektive Aufgabe des Streitpatents darin gesehen werden, einen DCD-Härter für Epoxidharzmassen zu entwickeln, der a) unter Vermeidung einer sonst bei feinen DCD-Teilchen auftretenden Partikelagglomerierung b) besser geeignet zur Bereitung gegen Partikelsedimentation lagerstabiler Dispersionen in flüssigen Epoxidharzen ist; und c) gemessen als Gelierzeit, eine erhöhte Reaktivität gegenüber Epoxidharzen aufweist.
6. Die Kammer ist im Hinblick auf Beispiel 1 sowie die nachgereichten Beispiele 6 und 7 davon überzeugt, daß diese Aufgabe durch den Gegenstand des Anspruchs 1 gelöst ist.
7. Wie oben erwähnt, ist in (4) über die Korngröße des verwendeten Siliziumdioxids nichts ausgesagt. Die Erwähnung einer Partikelgröße von 10 bis 75 my m (Spalte 1, Zeilen 65 bis 66) und eines Heraussiebens von Partikeln > 74 my m (Spalte 3, Zeile 59) bezieht sich auf Epoxidharzmischungen, nicht auf das eingesetzte DCD. (4) enthält auch keine Information über die Lagerstabilität von DCD-Dispersionen in flüssigen Epoxidharzen und deren Gelierzeiten. Wohl sind Backzeiten für einen aus den Epoxidharzmischungen hergestellten Pulverlack angegeben (Spalte 4, Zeile 10 und Spalte 5, Zeilen 40 bis 41), diese lassen aber keinen Schluß auf die Dauer der Gelierzeit und noch weniger auf den Einfluß der DCD-Korngröße auf die Gelierzeit zu. Auch für ein mögliches Mahlen des DCD findet sich in (4) kein Hinweis.
Dokument (4) alleine kann somit keine Anregung zur Lösung der gestellten Aufgabe, schon gar nicht mittels der patentgemäß gewählten Maßnahmen, entnommen werden.
8. Von der Beschwerdegegnerin wurde zwar argumentiert, daß es dem allgemeinen Fachwissen des Fachmannes entsprochen habe, die Lagerstabilität von DCD-Dispersionen durch Wahl kleinerer DCD-Teilchen zu verbessern. Es sei auch auf der Hand gelegen, daß durch dieselbe Maßnahme die Gelierzeit verkürzt werden könne, da die kleineren DCD-Teilchen sich bei Temperaturerhöhung rascher im flüssigen Epoxidharz lösten und folglich schneller zur Reaktion mit dem Epoxidharz verfügbar seien. Dieses Fachwissen werde auch durch (5) Seite 94; "Effect of particle size", Absatz 3, Zeilen 7 bis 10 bestätigt. Wenn die Beschwerdeführerin nun festgestellt habe, daß sehr kleine DCD-Teilchen in unerwünschter Weise agglomerieren, so sei (4) schon die Lehre zu entnehmen, wie dieser Nachteil zu beheben sei, nämlich durch Vermischen des DCDs mit feinteiligem Siliziumdioxid, was in (4), Spalte 2, Zeilen 53 bis 56 schon zur Verbesserung der "handling characteristics" des DCDs empfohlen werde. Gemäß der Beschwerdegegnerin seien, unter Hinweis auf (2), Seite 470, rechte Spalte, vorletzter Absatz und auf (4) Spalte 3, Zeilen 14 bis 19, unter "handling characteristics" die Rieselfreudigkeit, Dosierbarkeit und die Verhinderung des Zusammenbackens zu verstehen.
Die Kammer kann sich aber dieser Auffassung der Beschwerdegegnerin aus folgenden Gründen nicht anschließen: Das Naheliegen eines Lösungsgedankens für eine Aufgabe setzt das Erkennen des zugrundeliegenden Problems voraus. Das Problem des Agglomerierens von DCD- Teilchen konnte aber (4) nicht entnommen werden, weil das patentgemäße Agglomerierungsproblem sich von dem Problem, das in (4) mit "handling characteristics" umschrieben wird, unterscheidet: das Zusammenbacken eines Feststoffpulvers und damit der zumindest teilweise Verlust seiner Rieselfähigkeit und Dosierbarkeit ist - trotz der beiden Phänomenen gemeinsamen Ursache, nämlich der Teilchencohäsion - von der patentgemäßen Art der Agglomerierung zu unterscheiden, die sich in einem kleineren Teilchengrößenbereich abspielt und sich am Ausflocken der DCD-Teilchen aus der Dispersion zeigt; daß es sich hier um zwei unterschiedliche Geschehnisse handelt, kann dem patentgemäßen Beispiel 4 entnommen werden, das demonstriert, daß der in (4) verwendete handelsübliche kristalline DCD-Härter (ohne Siliziumdioxidbeimengung) sich in 4 Wochen fast vollständig absetzt, während der ohne Siliziumdioxidzusatz gemahlene DCD-Härter e) etwa zur Hälfte unter (beim handelsüblichen DCD nicht berichteter) Teilchenagglomerierung ausflockt. Das durch das Ausflocken demonstrierte Agglomerierungsverhalten kann dem die Handhabung behindernden Zusammenbacken qualitativ nicht gleichgesetzt werden. Anders ausgedrückt bezieht sich (4) hinsichtlich der Siliziumdioxidzugabe nicht auf das patentgemäß zu verhindernde Agglomerierungsverhalten, sondern auf eine die Handhabung des DCD-Pulvers, d. h. das Manipulieren (z. B. Fördern und Dosieren) beeinträchtigende Eigenschaft, die auch keinen Schluß auf die patentgemäß angestrebte Vermeidung des Ausflockens kleiner, gemahlener DCD-Teilchen aus ihren Dispersionen in flüssigen Epoxidharzen zuläßt.
Daraus muß geschlossen werden, daß aus (4) das der patentgemäßen Aufgabe zugrundeliegende Problem nicht bekannt war, und demzufolge auch die Lösung der Aufgabe aus (4) in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen nicht nahegelegt gewesen sein kann.
9. Es bleibt zu prüfen, ob einem der im Verfahren befindlichen weiteren Dokumente eine Anregung zur Lösung der Aufgabe entnommen werden kann.
Das Dokument (3), das von der Beschwerdegegnerin in einer von der Beschwerdeführerin unbestrittenen deutschen Teilübersetzung vorgelegt wurde, beschreibt im Ausführungsbeispiel 2 eine Epoxidharzmischung, die u. a. 8 Teile DCD und 2 Teile nicht-kristallines Siliziumdioxid enthält. Eine Vormischung dieser beiden Mischungsbestandteile ist nicht beschrieben, und auch über die Funktion des Siliziumdioxids ist nichts ausgesagt. Auch werden die bezüglich der Korngröße dem Anspruch 1 des Patentes entsprechenden DCD-Fraktionen Nr. 1 und 2 (mit Korngrößen < 3 my m bzw. < 5 my m: siehe Ausführungsbeispiel 1) durch Windsichten (nicht durch Mahlen) hergestellt, wobei das Ausgangs-DCD, wie die Kammer mangels Angaben in (3) in Übereinstimmung mit beiden Verfahrensbeteiligten annimmt, handelsübliches kristallines DCD war.
In (3) findet sich keine Aussage über die Lagerstabilität von DCD-Dispersionen in flüssigem Epoxidharz und über deren Gelierzeiten; ebensowenig wird das Phänomen der Partikelagglomerierung erwähnt, und es ist ungeklärt, ob und in welchem Umfang es bei den durch Windsichten gewonnenen DCD-Teilchen überhaupt auftritt. Die sachkundigen Beteiligten waren sich darin einig, daß dieses Phänomen bei gemahlenen Partikeln wegen der beim Mahlen auftretenden Oberflächenaktivierung jedenfalls in ungleich stärkerem Maße zu beobachten sein wird. (3) enthält somit keinen Hinweis, wie dem Phänomen der Partikelagglomerierung begegnet werden kann, die im Falle der Herstellung eines feinen DCD-Pulvers durch Mahlen die Vorteile der kleinen Korngröße hinsichtlich der Lagerstabilität der Dispersionen und ihrer Gelierungszeiten zumindest beeinträchtigt und die Lösung der patentgemäß gestellten Aufgabe somit verhindert.
Aus diesen Gründen kann (3) dem Fachmann, der von (4) ausgeht und die oben definierte Aufgabe des Patentes lösen will, auch keine Anregung dazu vermitteln, so daß die patentgemäße Aufgabenlösung durch diese Kombination von (4) mit (3) nicht nahegelegt war.
Soweit nicht auf einzelne Stellen von (2) und (5) bereits vorstehend eingegangen wurde, liegen diese Dokumente vom Gegenstand des Streitpatentes weiter ab und können daher den Fachmann ebenfalls nicht zur Lösung der bestehenden Aufgabe im vorgeschlagenen Sinn anregen.
Man gelangt auch zu keinem für die Beschwerdegegnerin günstigeren Ergebnis, wenn man, wie sie vorschlägt, von (3) als nächstem Stand der Technik ausgeht und entsprechend die Aufgabe des Patentgegenstandes nur in der Verhinderung der Agglomerierungsneigung der dort geoffenbarten kleinen DCD-Partikel sieht. Wie unter Punkt 8. der Gründe ausgeführt, kann nämlich weder (4) noch der Nachschlagliteratur (2) eine Anregung zur Lösung des Agglomerierungsproblems, das der patentgemäßen Aufgabe zugrundeliegt, entnommen werden.
Bei diesen Überlegungen ist es unerheblich, ob die in keinem der zitierten Dokumente erwähnte Maßnahme des gemeinsamen Mahlens von DCD und Siliziumdioxid als "selbstverständlich" zu beurteilen ist oder nicht. Dasselbe gilt für das von der Beschwerdeführerin behauptete Vorurteil wegen eines angeblich zu erwartenden "Umhüllungseffekts", das für die Kammer nicht als erwiesen gilt.
10. Dem Hauptantrag war daher stattzugeben. Bei dieser Sachlage erübrigt es sich, auf den Hilfsantrag einzugehen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Weisung, das Patent mit dem am 20. September 1991 eingegangenen Patentanspruch 1 und den erteilten Ansprüchen 2 bis 4 sowie einer noch anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.