T 0631/89 () of 10.4.1992

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1992:T063189.19920410
Datum der Entscheidung: 10 April 1992
Aktenzeichen: T 0631/89
Anmeldenummer: 84105163.4
IPC-Klasse: B29C 39/00
B29C 39/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Einrichtung zum kontinuierlichen Herstellen von Schaumstoffbahnen
Name des Anmelders: Bayer AG
Name des Einsprechenden: Elastogran Polyurethane
Kammer: 3.2.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Inventive step (no)
Erfinderische Tätigkeit (verneint)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0680/98
T 1212/01

Sachverhalt und Anträge

I. Auf der Basis der am 8. Mai 1984 eingereichten Patentanmeldung Nr. 84 105 163.4 wurde am 7. Oktober 1987 das europäische Patent Nr. 0 126 370 erteilt. Seine unabhängigen Ansprüche 1 und 3 lauten wie folgt:

"1. Verfahren zum kontinuierlichen Herstellen von Schaumstoffbahnen (26) mit mindestens einer von einer Rolle (1) abziehbaren Deckschicht (2), wobei diese Deckschicht (2) auf einer horizontalen oder leicht geneigten Unterlage (4, 5) gefördert wird und ein fließfähiges Reaktionsgemisch auf eine der Unterlage (4, 5) zugeordnete, geneigte Ebene (3) mittels eines über die Arbeitsbreite hin- und herwandernden Strahles aufgetragen wird; auf dieser Ebene herabläuft und mit der Deckschicht (2) gefördert und auf ihr egalisiert wird; zur Schaumstoffbahn (26) aufschäumt und schließlich das Produkt aus Schaumstoffbahn (26) und Deckschicht (2) von der Unterlage (4, 5) abgenommen wird, wobei die Deckschicht (2) über die geneigte Ebene (3) an dieser anliegend gleitend geführt wird, dadurch gekennzeichnet, daß

a) das Reaktionsgemisch auf die Deckschicht (2) als ein sich in Förderrichtung vorhangartig erstreckender, flacher Strahl aufgegeben wird; und

b) die Bildung eines gleichmäßig dicken Gemischfilms (20) auf der Deckschicht (2) lediglich durch Fließen des Reaktionsgemisches während des Transportes der Deckschicht (2) auf der geneigten Ebene (3) zwischen der Aufgabestelle bis in den Übergang (6) auf die Unterlage (4, 5) durchgeführt wird.

3. Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens gemäß Anspruch 1, bestehend aus einer Transportfläche (4, 5) als Unterlage, über welcher aufgabeseitig ein in Förderrichtung geneigter Aufgabetisch (3) als geneigte Ebene angeordnet ist; aus einer über dem Aufgabetisch (3) angeordneten Gemischaufgabevorrichtung (14) mit quer hin- und herfahrbarem Mischkopf (16); aus einer von einer Rolle (1) abziehbaren, auf der Transportfläche (4, 5) geförderten Deckschicht (2) und einer in Förderrichtung hinter der Gemischaufgabevorrichtung (14) angeordneten Egalisiervorrichtung, wobei der Förderweg der Deckschicht (2) über den Aufgabetisch (3) führt; und der Deckschicht (2) Mittel (11, 12) zum anliegenden Führen zumindest im Bereich des Überganges (6) zwischen Aufgabetisch (3) und Transportfläche (4, 5) zugeordnet ist; dadurch gekennzeichnet, daß

a) die Gemischaufgabevorrichtung (14) ein in Förderrichtung der Deckschicht (2) gerichtetes Auftragsrohr (17) aufweist, welches an seiner untersten Mantellinie mit einer aus einer oder mehreren Öffnungen bestehenden, einen vorhangartigen Flachstrahl bewirkenden Auftragsdüse (18) versehen ist, und

b) der sich zwischen der Gemischaufgabestelle bis in den Übergang (6) zur Transportfläche (4, 5) erstreckende Bereich des Aufgabetisches (3) bzw. der darüber geförderten Deckschicht (2) die alleinige Egalisiervorrichtung für den Gemischfilm (20) darstellt."

II. Nachdem gegen das Patent ein auf Artikel 100 a) EPÜ gestützter Einspruch eingelegt worden war, hat die Einspruchsabteilung in der Entscheidung vom 9. August 1989 das Patent mit der Begründung widerrufen, der Gegenstand der Ansprüche 1 und 3 beruhe gegenüber dem Stand der Technik, wie er aus der Druckschrift DE-A-2 135 672 sowie der im Einspruchsschriftsatz genannten Anlage 3: "EMB-Doppelband-Anlagen", Elastogran Maschinenbau GmbH + Co., Druckvermerk 084-3-79 und Anlage 4: "Urethane Foam Panel Line Features Total Eletronic Control", Plastics Technology, Vol. 28, No. 12, November 1982 hervorgehe, auf keiner erfinderischen Tätigkeit.

III. Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 30. September 1989 unter gleichzeitiger Zahlung der Beschwerdegebühr eingegangene und begründete Beschwerde.

IV. In einem Bescheid vom 31. Januar 1992 hat die Kammer auf die im Recherchenbericht zitierte und im Einspruchsverfahren diskutierte Druckschrift EP-A-0 021 158 hingewiesen und die vorläufige Auffassung vertreten, daß diese Schrift dem Gegenstand des Streitpatents am nächsten kommen könnte und ihn in Verbindung mit den vorstehend unter Ziffer II genannten Anlagen 3 und 4 nahezulegen scheine.

V. Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Eingabe vom 25. März 1992 dieser Auffasung widersprochen. Insbesondere verwies sie auf den Unterschied zwischen dem aus den Anlagen 3 und 4 bekannten Auftrag eines Reaktionsgemisches mittels einer oszillierenden Breitstrahldüse auf eine horizontale Ebene und einem entsprechenden Auftrag auf eine geneigte Ebene, bei dem ein Querfließen so gut wie nicht möglich sei. Es sei das Verdienst der Erfindung, das gegen die Kombination der Druckschrift EP-A-0 021 158 und den Anlagen 3 und 4 sprechende Vorurteil überwunden zu haben.

VI. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Sie hält ihre zwei Hilfsvorschläge vom 2. November 1988 nur für den Fall aufrecht, daß die Beschwerdekammer die erfinderische Tätigkeit zwar grundsätzlich anerkennt, aber in der Anspruchsfassung den Stand der Technik besser berücksichtigt haben möchte.

Die Beschwerdegegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Neuheit

Keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften offenbart ein Verfahren zum kontinuierlichen Herstellen von Schaumstoffbahnen oder eine Einrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens mit sämtlichen im Anspruch 1 bzw. 3 enthaltenen Merkmalen. Die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 3 sind daher unbestritten neu.

3. Nächstkommender Stand der Technik

Die Druckschrift EP-A-0 021 158 stellt nach Auffassung der Kammer, der von der Beschwerdeführerin nicht widersprochen worden ist, den dem Gegenstand der Ansprüche 1 und 3 am nächsten kommenden Stand der Technik dar. Aus dieser Schrift sind ein Verfahren und eine Einrichtung bekannt, die sämtliche in den Oberbegriffen der Ansprüche 1 und 3 enthaltenen Merkmale aufweisen mit Ausnahme des Merkmals, daß der Gemischauftragstrahl bzw. Mischkopf über die Arbeitsbreite hin-und herwandert.

4. Aufgabe und Lösung

Da bei dem bekannten Verfahren bzw. der bekannten Einrichtung ein feststehender Mischkopf verwendet wird, kann sich das aufgetragene Reaktionsgemisch während des Transports der Deckschicht auf der geneigten Ebene zwischen der Aufgabestelle und dem Übergang auf die horizontale oder leicht geneigte Unterlage nicht ausreichend egalisieren, so daß sich in diesem Bereich kein gleichmäßig dicker Gemischfilm auf der Deckschicht ausbildet. Deshalb ist bei dem bekannten Verfahren im Übergangsbereich ein Querverteilorgan erforderlich.

Ausgehend von dem nächstkommenden Stand der Technik kann die dem Gegenstand der Ansprüche 1 und 3 objektiv zugrunde liegende Aufgabe somit darin gesehen werden, das bekannte Verfahren bzw. die bekannte Einrichtung so abzuwandeln, daß ohne gesondertes Querverteilorgan ein gleichmäßiger Gemischfilm erzielbar ist, der aus einem Gemischauftrag mit schmalem Verweilzeitspektrum besteht.

Diese Aufgabe wird gemäß Anspruch 1 dadurch gelöst, daß das Reaktionsgemisch statt mit einem feststehenden Mischkopf mittels eines über die Arbeitsbreite hin- und herwandernden Strahles auf die Deckschicht als ein sich in Förderrichtung vorhangartig erstreckender, flacher Strahl aufgetragen wird und die Bildung eines gleichmäßig dicken Gemischfilms auf der Deckschicht lediglich durch Fließen des Reaktionsgemisches während des Transportes der Deckschicht auf der geneigten Ebene durchgeführt wird. Im Anspruch 3 wird eine Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens gemäß Anspruch 1 angegeben, die zur Lösung der Aufgabe einen quer hin- und herfahrbaren Mischkopf und die Merkmale a) und b) aufweist.

5. Erfinderische Tätigkeit

5.1. Aus Seite 2, Zeilen 15 bis 20 der Druckschrift EP-A- 0 021 158 geht hervor, daß beim Auftragen des Reaktionsgemisches die Verwendung eines geneigten Aufgabetisches gegenüber einem horizontalen Aufgabetisch den Vorteil hat, daß das aus dem Mischkopf ausströmende Gemisch infolge des Neigungswinkels sanfter auf die Aufgabefläche auftrifft und dabei bereits auf diesem Aufgabetisch teilweise über die Arbeitsbreite verteilt wird. Durch die Neigung des Aufgabetisches wird somit eine gewisse Querverteilung des Reaktionsgemisches erzielt. Daß das Ausmaß dieser Querverteilung bei Einsatz eines feststehenden Mischkopfes (vgl. Seite 14, Zeile 5) beschränkt ist, ist ohne weiteres verständlich.

5.2. Vor der unter Ziffer 4 genannten Aufgabe stehend, wird der Fachmann nach Wegen suchen, die Querverteilung des Reaktionsgemisches bereits beim Auftragen des Gemisches zu verbessern. Hierbei bietet sich ihm der Ersatz des im Stand der Technik verwendeten feststehenden Mischkopfes durch einen über die Arbeitsbreite hin- und herfahrbaren Mischkopf mit einer Auftragsdüse, die einen sich in Förderrichtung vorhangartig erstreckenden, flachen Strahl bewirkt, an. Denn derartige Gemischaufgabeköpfe, wie sie in den als Anlagen 3 und 4 bezeichneten Druckschriften offenbart sind, zeichnen sich dadurch aus, daß sie einen gleichmäßigen Gemischauftrag bewirken. Diesbezüglich wird auf Seite 6, unteres Drittel und Seite 7, mittleres Drittel der Anlage 3 sowie insbesondere auf den Absatz "Splatter-free foam pouring" der Anlage 4 und das Foto auf der ersten Seite, rechts unten hingewiesen. In der Anlage 4 wird im Zusammenhang mit der Gleichmäßigkeit des Gemischauftrags auch betont, daß durch Beschleunigung und Verzögerung der Mischkopfbewegung an den Umkehrpunkten Materialanhäufung ausgeglichen wird.

Die Verwendung einer derartigen, einen vorhangartigen Flachstrahl bewirkenden Gemischaufgabevorrichtung in einem aus der Druckschrift EP-A-0 021 158 bekannten Verfahren ist daher als naheliegend anzusehen.

5.3. Nachdem durch eine solche Gemischaufgabevorrichtung ein gleichmäßig dicker Gemischfilm, der aus einem Gemischauftrag mit schmalem Verweilzeitspektrum besteht, erzielt werden kann, erübrigt sich die Verwendung eines speziellen Querverteilorgans, wie es bei dem bekannten Verfahren noch erforderlich ist. Daraus ergibt sich die Maßgabe gemäß Merkmal b) des Anspruchs 1, daß die Bildung dieses Gemischfilms auf der Deckschicht lediglich durch Fließen des Reaktionsgemisches während des Transports der Deckschicht auf der geneigten Ebene durchgeführt wird, von selbst.

5.4. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 25. März 1992 stehen zum Teil in Widerspruch zu den Lehren der Druckschriften gemäß Anlagen 3 und 4 und der Druckschrift EP-A-0 021 158. Wie vorstehend unter Ziffer 5.2 ausgeführt, kann bei dem aus der Anlage 4 bekannten, eine horizontale Auftragsfläche verwendenden Verfahren durch entsprechende Verfahrensführung Materialanhäufung an den Rändern ausgeglichen werden. Daher vermag die Kammer den auf der Behauptung einer Materialanhäufung an den Rändern basierenden Überlegungen der Beschwerdeführerin, daß bei einer geneigten Auftragsebene kein enges Verweilzeitspektrum zu erwarten sei, nicht zu folgen. Sie kann auch nicht der Aussage zustimmen, daß ein Querfließen auf der geneigten Ebene so gut wie nicht möglich sei. Aus der Druckschrift EP-A- 0 021 158 (vgl. Seite 2, Zeilen 15 bis 20) geht nämlich hervor, daß bei Einsatz eines geneigten Aufgabetisches durchaus bereits auf dem Aufgabetisch teilweise eine Verteilung des Reaktionsgemisches in Querrichtung stattfindet, so daß bei Verwendung einer oszillierenden Breitstrahldüse ein gleichmäßiger Gemischfilm zu erwarten ist.

Somit kann die Kammer das geltend gemachte, nach Auffassung der Beschwerdeführerin gegen die Kombination der genannten Druckschrift und den Anlagen 3 und 4 sprechende Vorurteil nicht als Beweisanzeichen für das Vorliegen von erfinderischer Tätigkeit anerkennen. Im übrigen hat die Beschwerdeführerin nicht den Beweis erbracht, daß ein solches Vorurteil der Fachwelt tatsächlich bestanden hat.

5.5. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 beruht daher auf keiner erfinderischen Tätigkeit (Art. 56 EPÜ). Der Anspruch 1 ist deshalb im Hinblick auf Artikel 52 (1) EPÜ nicht gewährbar.

5.6. Die vorstehenden Ausführungen unter Ziffer 5.1 bis 5.4 gelten entsprechend auch für den auf eine Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens gemäß Anspruch 1 gerichteten Anspruch 3. Die Verbindung der Lehre der Druckschrift EP- A-0 021 158 mit derjenigen der Anlage 3 ist, wie im Zusammenhang mit Anspruch 1 dargelegt, naheliegend und führt zu einer Einrichtung mit den im Anspruch 3 genannten Merkmalen. Daher ist der Anspruch 3 aus demselben Grund wie der Anspruch 1 nicht gewährbar.

5.7. Mit den nicht gewährbaren unabhängigen Ansprüchen 1 und 3 fallen auch die von ihnen abhängigen Ansprüche.

6. Nachdem die Kammer die erfinderische Tätigkeit nicht anerkennt, brauchen, entsprechend dem Antrag der Beschwerdeführerin, die Hilfsvorschläge nicht betrachtet zu werden (vgl. Ziffer VI oben).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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