T 0532/89 () of 23.7.1991

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1991:T053289.19910723
Datum der Entscheidung: 23 Juli 1991
Aktenzeichen: T 0532/89
Anmeldenummer: 81110817.4
IPC-Klasse: B65D 1/10
B29C 45/44
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 821 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung eines Dosenunterteils aus Kunststoff im Spritzgußverfahren
Name des Anmelders: KAHA Kunststoffwerk K. Hädrich
Name des Einsprechenden: 1) Henkel KG
2) Hoechst AG
3) Georg Menschen & Co.
4) Hermann Koch
5) Weener Plastik GmbH
6) Naamloze Vennoot. DSM
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
Schlagwörter: Inventive step (no)
Inadmissible amendment (not finally settled)
Erfinderische Tätigkeit (verneint)
Unzulässige Änderung (nicht abschließend entschieden)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0039/82
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 81 110 817.6 ist am 15. Mai 1985 das europäische Patent Nr. 0 056 495 erteilt worden.

II. Die Beschwerdegegnerinnen I - VII haben gegen das europäische Patent Einspruch eingelegt und u. a. beantragt, das Patent mangels erfinderischer Tätigkeit zu widerrufen. In ihrer Begründung stützten sie sich im wesentlichen auf die Dokumente

(D1) Kunststoff Hoechst "Hostalen P.P", August 1965

(D2) DE-A-2 542 045

(D3) US-A-3 183 292

(D4) "Kunststoffe Hoechst Halbzeugverarbeitung", Dezember 1973.

III. Mit Entscheidung in der mündlichen Verhandlung vom 15. März 1989, in schriftlich begründeter Form am 9. Juni 1989 zur Post gegeben, hat die Einspruchsabteilung das europäische Patent widerrufen. In der angefochtenen Entscheidung wurde ausgeführt, daß der Gegenstand des einzigen geltenden Patentanspruchs im Hinblick auf den Stand der Technik nach den Dokumenten D1 bis D4 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

IV. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 2. August 1989 unter gleichzeitiger Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 4. Oktober 1989 eingegangen.

V. In einer Mitteilung gemäß Art. 11 (2) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern wurde im Zusammenhang mit der Frage der erfinderischen Tätigkeit zusätzlich zu den in der angefochtenen Entscheidung genannten Dokumenten D1 bis D4 auf die folgenden ebenfalls bereits im Verfahren befindlichen Dokumente verwiesen:

(D5) DE-A-2 336 789

(D6) DE-A-3 043 275

(D7) DE-C-834 140

(D8) "Kunststoffe Hoechst, Spritzgießen von Thermoplasten" August 1971, S. 143.

Es wurde darauf hingewiesen, daß in der mündlichen Verhandlung auch die formale Zulässigkeit des geltenden Anspruchs im Hinblick auf Artikel 123 (2) und (3) EPÜ zu diskutieren sein werde, und zwar unter Berücksichtigung des diesbezüglichen Vorbringens der Beschwerdegegnerin I).

VI. Es wurde am 23. Juli 1991 mündlich verhandelt.

In der Verhandlung beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis des einzigen Patentanspruchs eingereicht mit Schreiben vom 20. Februar 1991.

Die Beschwerdegegnerinnen I), IV) und V) beantragten, die Beschwerde zurückzuweisen.

Für die Beschwerdegegnerinnen II), III) und VII) war, obwohl ordnungsgemäß geladen, niemand anwesend. Die Beschwerdegegnerin VI) hat ihren Einspruch mit Schreiben vom 20. Dezember 1989 zurückgenommen.

VII. Zur Begründung ihres Antrags führte die Beschwerdeführerin zum Einwand der unzulässigen Änderung (Art. 100 c) EPÜ) im wesentlichen aus:

Das in den geltenden Patentanspruch wieder aufgenommene Merkmal, daß "das Material des Dosenunterteils wieder in seine Ausgangsform zurückgeht", sei ursprünglich offenbart. In den ursprünglichen Unterlagen werde nämlich mehrfach darauf hingewiesen, daß es beim Anmeldungsgegenstand unter anderem auf eine gute Maßhaltigkeit der nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Dosenunterteile ankäme. Eine gute Maßhaltigkeit könne man aber nur erreichen, wenn, unter anderem, das Material nach dem Abstreifen vom starren Kern wieder in seine Ausgangsform zurückkehre. Wäre dies nämlich nicht der Fall, so wäre die Endform des gespritzten Dosenunterteils nicht maßhaltig, sondern in gewissem Umfang willkürlich. Außerdem sei das Zurückgehen auf die Ausgangsform eine Materialeigenschaft von Polypropylen im Rahmen der beanspruchten Verfahrensführung, insbesondere der Begrenzung der Dehnung auf 8 % des größten Durchmessers.

Zum Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit machte die Beschwerdeführerin geltend, daß die Einbringung von Druckluft für die Entformung den Kern der beanspruchten Erfindung darstelle. Eine Unterstützung des Entformungsvorgangs durch einen Abstreifer könne ergänzend vorgesehen werden, sei aber nur in einem kurzen, begrenzten Hub möglich, da sich bei einem Dosenunterteil der beanspruchten Art, bedingt durch den nach innen zurückspringenden Gewinde- oder Steckabschnitt, eine Kollisionsgefahr mit dem sich erweiternden Kernbereich ergäbe.

Bei Dokument D1 werde kein Dosenunterteil, sondern ein kugelförmiger Schaltknopf hergestellt. Das dort vorgesehene mechanische Abstreifen eines solchen "Behälters" oder Formteils mit einem nach innen zurückspringenden Kragen sei jedoch nicht über die erforderliche Länge des Formteils möglich, da dann der Abstreifer mit dem sich vergrößernden Kern kollidieren würde. Außerdem entstünde beim Entformen im Formteilinnenraum ein Vakuum, welches zur Deformation des Formteilkörpers führen würde. Der dort beschriebene Entformvorgang sei in der Praxis nicht durchführbar, es sei denn, man benutzt keinen starren Kern, sondern einen Faltkern, was bei der Erfindung gerade vermieden werden solle.

Ähnliche Überlegungen würden auch für das aus der D2 bekannte Verfahren gelten, da dort beispielsweise der bei dem Behälter nach den Figuren 17 und 18 vorhandene Wulst ein zerstörungsfreies Entformen bei starrem Kern verhindern würde.

Dokument D3 betreffe ein ganz anderes Verfahren, das mit dem angefochtenen Patentgegenstand nichts zu tun habe. Bei dem Verfahren nach den dortigen Fig. 4 und 5 erstrecke sich eine Naht über die ganze Länge des Behälters, weil beide Formhälften sich ebenfalls über die ganze Behälterlänge erstrecken und geöffnet werden. Grundsätzlich dasselbe Verfahren werde auch bei den dortigen Fig. 1, 2 und 3 angewendet, d. h. es werde zunächst die zweiteilige Außenform geöffnet und dann werde entformt.

Bei dem Verfahren nach D3 werde anschließend ein Schutzbecher von der Bodenseite her teleskopartig über den dort noch nicht entformten Formling geschoben. Dieser Schutzbecher habe keinerlei formgebende Eigenschaften, wie dies bei der Außenform gemäß dem Patentgegenstand der Fall ist. Bei dem Schutzbecher handele es sich vielmehr lediglich um ein Hilfsmittel zum Entformen des Formlings, damit dieser vom starren Innenkern abgeschoben werden könne, ohne sich hierbei aufzublähen.

Die dortige Verfahrensführung sei daher so, daß beim Spritzen eine Außennaht verbleibt, die auch bei aufgesetztem "Deckel" von außen sichtbar ist, und gerade dies soll mit dem Patentgegenstand ja vermieden werden.

Bei Dokument D8 soll eine Kappe mit einer inneren Hinterschneidung durch mechanische Stifte ausgedrückt werden. Lediglich zusätzlich sei Luftunterstützung vorgesehen. Beim Patentgegenstand ist es gerade umgekehrt, da dort notwendigerweise mit Hilfe von Druckluft entformt werde, ggf. unterstützt durch mechanische Mittel.

VIII. Die Argumente der Beschwerdegegnerinnen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Aus der Aussage, daß gute Maßhaltigkeit angestrebt wird, lasse sich das Merkmal ("daß das Material des Dosenunterteils wieder in seine Ausgangsform zurückgeht") keinesfalls herleiten. Gute Maßhaltigkeit könnte nämlich beispielsweise auch dann erzielt werden, wenn das Dosenunterteil nach der Entformung um einen definierten Betrag von z. B. 2 % überdehnt bleiben würde, und der Kern mit dementsprechendem Untermaß dimensioniert wäre.

Gemäß Dokument D4 betrage die zulässige Dehnung bzw. maximale Hinterschneidung bei Polypropylen 6 bis 8,0 %. Bei manchen Polypropylen-Spritzgußmassen und Formdimensionierungen liege die maximale zulässige Hinterschneidung somit bei einem Wert von 6 %, so daß bei nach dem angefochtenen Patent möglichen Hinterschneidungen von 8 % in diesen Fällen bleibende Formänderungen beim Entformen auftreten können.

Im übrigen sei sowohl in der ursprünglichen Beschreibung als auch im Streitpatent ausgeführt, daß die Wandung beim Entfernen "überdehnt" werde.

Das fragliche Merkmal sei somit nicht offenbart.

Zu dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, daß bei Dokument D1 eine störende Vakuumbildung beim Abstreifen des dort gezeigten Teils auftreten würde, sei zu bemerken, daß dem Fachmann aus dem Dokument D3 geläufig sei, daß Kunststoffteile mit eingezogenem oberen Rand mit Druckluft entformt werden können. Selbstverständlich werde der Fachmann auch bei Dokument D1 zusätzlich Druckluft einsetzen, um dort eine saubere Entformung zu erreichen.

Es sei festzustellen, daß der beanspruchte Gegenstand schon durch das Dokument D1 für sich allein unter Heranziehung des allgemeinen, völlig geläufigen Fachwissens der Möglichkeit der Druckluftentformung und der Notwendigkeit der zweiteiligen Ausbildung der äußeren Spritzform im Bereich eines mit Außengewinde versehenen Kragens bei ansonsten zur Vermeidung einer Nahtbildung einteiliger äußeren Spritzgußform nahegelegt sei. Diese letzteren Merkmale seien aus den Dokumenten D3, D8 und D5, die jeweils auf dem identischen Gebiet der Spritzgußherstellung von Kunststoffteilen liegen, in allen Einzelheiten bekannt.

IX. Der geltende einzige Patentanspruch lautet wie folgt:

"Verfahren zur Herstellung eines einstückigen Dosenunterteils aus Kunststoff im Spritzgußverfahren, das am Außenrand einen Gewinde- oder Steckabschnitt (2) hat, der gegenüber dem daran nach unten anschließenden Teil des Dosenunterteils über eine Stufe nach innen zurückspringt, die einen glatten Übergang zwischen den Außenflächen des Dosenunterteils sowie eines zugehörigen Deckels ermöglicht, dadurch gekennzeichnet, daß man das Dosenunterteil (1) aus Polypropylen im Spritzgußverfahren in einen Formhohlraum mit starrem Kern einspritzt, wobei der Formhohlraum im Bereich der Stufe eine Hinterschneidung (3) hat, die einen spitzen Winkel (4) mit der Längsachse (5) des Dosenunterteils (1) einschließt, deren Tiefe bis etwa 8 % des größten Durchmessers des Dosenunterteils beträgt, worauf man nach dem Abkühlen des Kunststoffmaterials das Dosenunterteil vom starren Kern unter Dehnung der Wandung des Dosenunterteils (1) im Bereich des Gewinde- oder Steckabschnitts (2) einschließlich der Hinterschneidung (3) mit Hilfe von Druckluft, ggf. unterstützt von wenigstens einem Auswerfer und/oder einem Abstreifring oder Ausstoßstiften, abstreift und daß man den äußeren Teil der den Gewinde-oder Steckabschnitt (2) ausbildenden Spritzform zweiteilig ausbildet und dieses zweiteilige Spritzformteil öffnet, bevor der Spritzling vom Kern abgezogen wird, worauf das Material des Dosenunterteils (1) wieder in seine Ausgangsform zurückgeht."

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Erfordernissen der Artikel 106 bis 108 EPÜ sowie der Regel 64; sie ist zulässig.

2. Erfordernis des Artikels 123 (2) bzw. 100 c) EPÜ.

Die Kammer teilt die Auffassung der Einspruchsabteilung, daß für das Merkmal "daß das Material des Dosenunterteils nach der Entformung wieder in eine Ausgangsform zurückkehrt" eine direkte Stütze in den ursprünglichen Unterlagen fehlt.

Eine implizite Stütze dürfte jedoch insofern vorliegen, als gemäß dem Patentanspruch die Tiefe der Hinterschneidung bis etwa 8 % des größten Durchmessers des Dosenunterteils betragen soll. Dieses Merkmal war in dem ursprünglich eingereichten Anspruch 4 enthalten und somit ursprünglich offenbart.

Dieses Merkmal ist z. B. aus Dokument D4 bekannt. Dort ist angegeben, daß die zulässige Dehnung bzw. maximale Hinterschneidung bei Spritzlingen aus Polypropylen 6 bis 8 % betragen soll. Eine solche Bedingung ergibt nur dann einen Sinn, wenn bei ihrer Einhaltung beim Entformen eine als nachteilig empfundene bleibende Deformation des Spritzgußteils vermieden wird. Dazu kommt, daß eine dauerhafte Verformung im Hinblick auf das Erfordernis reproduzierbarer Maßhaltigkeit von dem Kunststoffspritzfachmann kaum akzeptiert werden dürfte.

Es ist zwar auf Seite 5 der ursprünglichen Beschreibung ausgeführt, daß sich die Wandung beim Entformen "überdehnt und daher schadlos vom Kern getrennt werden kann". Jedoch wird der Fachmann nach Auffassung der Kammer aufgrund des Gesamtinhalts der ursprünglichen Unterlagen den Begriff "Überdehnung" hier in dem Sinn verstehen, daß die Dehnung innerhalb des beanspruchten Bereichs d. h. bis zu etwa 8 % erfolgen soll, also im elastischen Bereich bleibt.

Die Kammer ist im übrigen der Auffassung, daß diese Frage nicht abschließend geklärt zu werden braucht, da, wie weiter unten ausgeführt, der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs ohne oder mit dem o. g. strittigen Merkmal sich aus dem Stand der Technik in naheliegender Weise ergibt.

3. Neuheit

Die Prüfung des vorliegenden Stands der Technik durch die Beschwerdekammer hat ergeben, daß das Verfahren nach dem geltenden Patentanspruch keiner der vorliegenden Druckschriften als bekannt entommen werden kann und daher im Sinne von Artikel 54 (1) EPÜ neu ist. Dieser Sachverhalt wurde weder im Einspruchs- noch im Beschwerdeverfahren bestritten, so daß sich ein näheres Eingehen hierauf erübrigt.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Der Patentanspruch läßt sich in Anlehnung an die Merkmalsanalyse in der angefochtenen Entscheidung in folgende 17 Einzelmerkmale aufteilen, wobei das rein fakultative Merkmal der Unterstützung des Entformens mittels eines Auswerfers oder dergleichen außer Betracht bleibt:

- Oberbegriff -

1. Herstellungsverfahren für ein einstückiges Dosenunterteil;

2. aus Kunststoff;

3. im Spritzgußverfahren;

4. am Außenrand ist ein Gewinde- oder Steckabschnitt vorhanden;

5. der Gewinde- oder Steckabschnitt springt gegenüber dem nach unten anschließenden Teil nach innen zurück;

6. das Maß des Zurückspringens ermöglicht einen glatten Übergang von der Deckelaußenfläche auf die Außenfläche des Dosenunterteils;

- Kennzeichen -

7. der Kunststoff ist Polypropylen;

8. es wird in einen Formhohlraum mit starrem Kern eingespritzt;

9. der Formhohlraum hat im Bereich der äußeren Stufe eine Hinterschneidung;

10. die Hinterschneidung schließt einen spitzen Winkel mit der Längsachse des Dosenunterteils ein;

11. die Hinterschneidung ist bis etwa 8 % des größten Durchmessers des Unterteils tief;

12. das Kunststoffmaterial wird abgekühlt;

13. Abstreifen des Dosenunterteils unter Dehnung der Wandung des Dosenunterteils im Bereich des Gewinde oder Steckabschnitts einschließlich der Hinterschneidung;

14. mit Hilfe von Druckluft;

15. der äußere Teil der den Gewinde- oder Steckabschnitt ausbildenden Spritzform ist zweiteilig ausgebildet;

16. der zweiteilige Spritzformteil wird geöffnet, bevor der Spritzling vom Kern abgezogen wird;

17. das Material des Dosenunterteils geht nach dem Entformen wieder in seine Ausgangsform zurück.

4.2. Gegenstand des angefochtenen Patents ist somit ein Verfahren zur Herstellung eines einstückigen Dosenunterteils der im Oberbegriff des Patentanspruchs genannten Art.

In der Beschreibungseinleitung des angefochtenen Patents wird u. a. ausgeführt, daß derartige Dosenunterteile mit Hinterschneidung bislang durch Spritzgießen in Formen mit zusammenfaltbaren Kernen hergestellt worden seien. Damit sei ein hoher apparativer Aufwand verbunden, der eine nur begrenzte - gemeint ist relativ lange - Zykluszeit zulasse. Außerdem hätten zusammenfaltbare Kerne geringe Standzeiten. Das Spritzgießen nach Dokument D3 mit starrem Kern unter gewaltsamer Entformung des Spritzgußstückes lasse sich nicht für Dosen heranziehen, da diese wegen der geforderten Maßhaltigkeit nicht aus Kunststoffen mit elastomeren Anteilen hergestellt werden können. Außerdem lasse sich das Verfahren nur bei Teilen mit großen Krümmungsradien und verhältnismäßig geringen Durchmesseränderungen anwenden.

Ein anderes bekanntes Verfahren schlage zweistückige Dosenunterteile vor, die aus einer dünnwandigen äußeren Schale und aus einem den Gewindeteil aufnehmenden Einsatz bestehe, was aber sehr arbeits- und materialaufwendig sei.

4.3. Die dem angefochtenen Patent zugrundeliegende Aufgabe kann daher, wie in der Patentschrift in Spalte 2, Zeilen 40 ff. angegeben, darin gesehen werden, ein Verfahren zu schaffen, mit dem sich Dosenunterteile der genannten Art aus geeigneten Kunststoffmaterialien in Formen mit starrem Kern durch Spritzgießen herstellen lassen, so daß eine kurze Zykluszeit und ein geringer Materialverbrauch möglich sind.

4.4. Diese Aufgabe soll durch die im kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs aufgeführten Merkmale (die Merkmale (7) bis (16) der vorstehenden Merkmalsanalyse) gelöst werden.

4.5. Wie von der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung zutreffend dargelegt wurde, sind bereits in Dokument D1 wesentliche Anregungen enthalten, die durch Einbeziehung des weiteren Fachwissens, wie es u. a. im Dokument D3, D4, D5 und D8 dokumentiert ist, in nahe- liegender Weise zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 führen:

Unter den Beteiligten bestand Einigkeit darüber, daß das Dokument D1 ein Herstellungsverfahren mit den Merkmalen (2) bis (5) und (7) bis (13) der vorstehenden Merkmalsanalyse offenbart.

In Dokument D1 wird zwar kein Dosenunterteil (Merkmal (1)) entformt, sondern eine Schaltknopfhälfte. Aus einem Vergleich der Zeichnungen von Dokument D1 und des angefochtenen Patents ergibt sich jedoch, daß es sich um in ihrer konstruktiven und geometrischen Ausgestaltung praktisch identische Formkörper handelt. Daher ist dieser Unterschied für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit unerheblich. Der Verwendungszweck des gespritzten Formkörpers spielt für das Verfahren dann keine Rolle, wenn sich durch die Verwendung keine spezielle konstruktive Formgebung mit Einfluß auf das Verfahren ergibt. Daß eine solche spezielle konstruktive Formgebung hier nicht vorliegt, wird durch die ursprüngliche Beschreibung belegt, die auf S. 3, Z. 29 bis 32 angibt: "Es können vielmehr beliebige, oben offene Behälter mit einer derartigen stufigen Erweiterung erfindungsgemäß hergestellt werden, beispielsweise Vasen, Becher oder dergleichen Behälter".

Was das Merkmal (6) der vorstehenden Merkmalsanalyse anbetrifft, ist bei Dokument D1 das Maß des Zurückspringens gleichfalls identisch so gewählt, daß ein glatter Übergang vom Gegenstück auf die Außenfläche darunter ermöglicht ist.

Infolgedessen sind die Merkmale (1) bis (13) bei Dokument D1 im wesentlichen verwirklicht. Mit diesen bekannten Merkmalen wird ebenfalls die gleiche oder zumindest eine ähnliche Aufgabe wie im zu entscheidenden Fall gelöst, d. h. ein mit einem nach innen zurückspringenden Kragen versehener Formteil wird im Spritzgußverfahren mit starrem Kern hergestellt, und zwar mit einem relativ geringen Materialverbrauch und kurzer Zykluszeit, dabei ist es unerheblich ob diese Aufgabe ausdrücklich offenbart worden ist, wenn sie sich für den Fachmann beim Lesen des Dokuments ergibt (vgl. Punkt 7.3 der Entscheidung T 39/82; ABl. EPA 1982, 419).

4.6. Gegenüber dem Dokument D1 verbleiben somit als Unterschiede die Merkmale (14) bis (17) des Patentanspruchs des Streitpatents.

Das Merkmal (14), wonach das Abstreifen des Formteils mit Hilfe von Druckluft erfolgt, gehört zum Wissen und Können des Fachmanns auf dem Gebiet des Kunststoffspritzens. Dies wird z. B. durch das Dokument D3 dokumentiert, wo gezeigt wird, daß die Entformung des dortigen Behälters ausschließlich mit Hilfe von Druckluft stattfindet. In gleicher Weise ist auch bei dem Dokument D8 ("Kunststoffe Hoechst, Spritzgießen von Thermoplasten", S 143) der Einsatz von Druckluft für den Entformungsvorgang vorgesehen.

4.7. Gemäß den Merkmalen (15) und (16) soll der äußere Teil der den Gewinde-oder Steckabschnitt ausbildenden Spritzform zweiteilig ausgebildet sein und geöffnet werden, bevor der Formteil vom Kern abgezogen wird. Auch diese Merkmale gehören zum Fachwissen des Kunststoffspritzfachmanns, wie es z. B. durch das Dokument D3 dokumentiert ist. Dort wird der äußere Teil einschließlich der den Gewinde- oder Steckabschnitt ausbildenden Spritzform zweiteilig ausgebildet und geöffnet, bevor der Formteil vom Kern abgezogen wird.

Die Spritzform ist im Dokument D3 zwar über die gesamte Länge zweigeteilt. Will der Kunststoffspritzfachmann aber nun eine sichtbare Längsnaht am Außenumfang des Formteils soweit wie möglich vermeiden, wird er selbstverständlich nur denjenigen Abschnitt der äußeren Spritzform, der zum Entfernen des Kerns aus dem Formteil erforderlich ist, nämlich die äußeren Spritzformteile im Kragenbereich, zweiteilig ausgestalten, während der übrige Bereich der äußeren Spritzform dann selbstverständlich einteilig bleibt. Eine solche dreiteilige Gestaltung der äußeren Spritzform ist dem Fachmann z. B. aus dem Dokument D5 bekannt, das ebenfalls auf dem Gebiet der Spritzgußherstellung von Kunststoffteilen liegt.

4.8. Gemäß dem noch verbleibenden Merkmal (17) soll das Material des Dosenunterteils wieder in seine Ausgangsform zurückgehen. Dieses Merkmal dürfte die zwangsläufige Folge der beanspruchten Merkmale (7) und (11) sein, daß Polypropylen verwendet wird und die Hinterschneidung bis zu etwa 8 % vom größten Durchmesser des Unterteils tief ist. Es handelt sich hierbei mithin nicht um ein eigentliches Verfahrensmerkmal, sondern um einen vom Fachmann zu erwartenden Effekt: So zeigt die Tabelle des Dokuments D4, daß die zulässige Dehnung bzw. maximale Hinterschneidung 6 bis 8 % für Polypropylen beträgt. Wie schon weiter oben ausgeführt, ergibt eine solche Bedingung nur einen Sinn, wenn dadurch eine dauerhafte Deformation und Beschädigung des Formteils beim Entformen vermieden wird. Das Merkmal (17) kann somit keinerlei erfinderischen Abstand begründen.

Aus dem Vorstehenden folgt, daß es für den Fachmann keiner erfinderischen Tätigkeit bedurfte, um zum Gegenstand des Patentanspruchs zu gelangen.

4.9. Der Einwand der Beschwerdeführerin, die Entformung nach Dokument D1 mit einem Abstreifer sei nicht durchführbar, da der Abstreifer mit dem sich nach oben vergrößernden Kern kollidieren würde und weil beim Entformen des Teils im Formteilinnenraum ein Vakuum entstehe, welches zur Deformation des Formteilkörpers führen würde, so daß die D1 als Stand der Technik nicht entgegenstehe, kann nicht durchgreifen.

Dem Fachmann waren Möglichkeiten gegeben, die Lehre nach D1 praktisch auszuführen, um die von der Beschwerdeführerin gesehene Kollision des Abstreifers mit dem starren Kern zu vermeiden, etwa die von der Beschwerdegegnerin VI) erwähnte zweiteilige, verschiebbare Ausbildung des Abstreifers. Daß Kunststoffteile mit eingezogenem oberen Rand mit Druckluft entformt werden können, ist dem Fachmann ebenfalls völlig geläufig, wie es schon vorstehend ausgeführt wurde. Selbstverständlich wird der Fachmann auch bei Dokument D1 Druckluft einsetzen, um dort eine eventuelle Vakuumbildung zu vermeiden und eine saubere Entformung ohne Deformation zu erreichen.

5. Aus alledem folgt, daß der Gegenstand des Patentanspruchs wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig ist und das Patent daher keinen Bestand haben kann.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation