T 0105/89 () of 30.10.1990

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1990:T010589.19901030
Datum der Entscheidung: 30 October 1990
Aktenzeichen: T 0105/89
Anmeldenummer: 83107494.3
IPC-Klasse: H02M 7/217
Verfahrenssprache: DE
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Stromversorgung
Name des Anmelders: Robert Bosch GmbH
Name des Einsprechenden: 1) NV Philips Gloeil.
2) Interessengemeinschaft
3) BRAUN AG
Kammer: 3.5.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 102(1)
European Patent Convention 1973 Art 106
European Patent Convention 1973 Art 107
European Patent Convention 1973 Art 108
European Patent Convention 1973 Art 122
European Patent Convention 1973 R 9(3)
European Patent Convention 1973 R 64
European Patent Convention 1973 R 65
European Patent Convention 1973 R 68
European Patent Convention 1973 R 70
European Patent Convention 1973 R 77
European Patent Convention 1973 R 89
Schlagwörter: Completely wrong 'copy' (Rule 77 EPC) of the original decision (use of the wrong form) is null and void - the later correct reproduction of the original decision by using the right form is the first real 'copy' of the original decision - correction of the obviously wrong order of the decision (Rule 89 EPC) alternatively possible
Re-establishement of rights (Art. 122 EPC) with the aim to reinstate a withdrawn appeal of the opponent (no)
Inventive step (no)
Vollkommen unrichtige "Abschrift" (R. 77 EPÜ) der Originalentscheidung (Verwendung eines falschen Formblatts) null und nichtig - spätere korrekte Wiedergabe durch richtiges Formblatt ist erste tatsächliche "Abschrift" der Originalentscheidung - Berichtigung der offenbar unrichtigen Wiedergabe der Originalentscheidungsformel (R 89 EPÜ) alternativ ebenfalls möglich
Wiedergeinsetzung in den vorigen Stand (Art. 122 EPÜ) zur Wiederherstellung einer zurückgezogenen Beschwerde der Einsprechenden (nein)
Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
G 0001/97

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 23. September 1982 am 29. Juli 1983 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 83 107 494.3 war das europäische Patent 106 041 erteilt worden. Der Hinweis auf die Erteilung wurde am 13. November 1985 bekanntgemacht.

II. Auf drei zulässige Einsprüche hin, die auf Artikel 100 a) EPÜ gestützt waren, hat die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts entschieden, das Patent zu widerrufen.

Diese Entscheidung wurde ausweislich eines in der amtlichen Akte befindlichen, von den drei Mitgliedern der Abteilung unterschriebenen Formblattes (Form 2339.1) am 22. November 1988 getroffen. Auf dem Formblatt ist der Text "Widerruf des europäischen Patents (Art. 102 (1) EPÜ) mit Form 2331" sowie der Text "Widerruf nach Erstbescheid" angekreuzt.

Entgegen dieser Anweisung wurde am 8. Dezember 1988 ein Formblatt "Zurückweisung des Einspruchs gemäß Artikel 102(2) EPÜ" (Form 2330) an die Beteiligten versandt, welches die Namen der Mitglieder handschriftlich in Blockschrift sowie ein Dienstsiegel trägt und in welchem folgender Text vorgedruckt ist: "Die Einspruchsabteilung erläßt nach Prüfung der Einsprüche folgende Entscheidung: Die Einsprüche gegen das oben genannte europäische Patent werden zurückgewiesen."

Als Anlage waren dieser Entscheidung Gründe beigeheftet, welche sowohl inhaltlich als auch formell besagen, daß "das angefochtene Patent widerrufen werden (muß)". Jede Seite dieser Entscheidungsgründe trägt den Hinweis, daß es sich um die "Gründe für die Entscheidung vom 08.12.88" betreffend die "Anmelde-Nr.: 83 107 494.3" handelt.

Am 16. Dezember 1988 wurde an die Beteiligten ein Formblatt "Widerruf des europäischen Patents gemäß Artikel 102 (1) EPÜ" (Form 2331) versandt, in welchem folgender Text vorgedruckt ist: "Die Einspruchsabteilung erläßt nach Prüfung der Einsprüche folgende Entscheidung: Das obengenannte europäische Patent wird widerrufen."

Diese Entscheidung ist mit dem handschriftlichen Zusatz "unter Aufhebung der Entscheidung vom 8. Dezember 1988" und einem Hinweis darauf versehen, daß die frühere Entscheidung irrtümlich übersandt wurde, und trägt ebenfalls die Namen der Mitglieder in Blockschrift und ein Dienstsiegel. Dieser Entscheidung sind die gleichen Gründe wie der Entscheidung vom 8. Dezember 1988 beigefügt.

Beide Entscheidungen enthalten eine Rechtsmittelbelehrung.

Am 29. Dezember 1988 erging eine "Kurzmitteilung", welche besagt, daß die mit der Entscheidung vom 16. Dezember 1988 mitgeteilte Aufhebung der Entscheidung vom 8. Dezember 1988 mangels Rechtsgrundlage ungültig und daher null und nichtig sei.

Dieser Mitteilung war als Anlage ein von den Mitgliedern der Einspruchsabteilung unterzeichneter "Berichtigungsbeschluß gemäß Regel 89 EPÜ" mit folgendem Tenor beigefügt:

"Die Entscheidung vom 8. Dezember 1988 ... wird dahingehend berichtigt, daß anstelle von:

"Zurückweisung des Einspruchs ..."

die Entscheidungsformel richtig heißen muß:

"Widerruf des europäischen Patents ...: ... das oben genannte europäische Patent wird widerrufen (Art. 102 (1) EPÜ)"."

Der Berichtigungsbeschluß ist mit einer Begründung versehen, welche besagt, daß die Entscheidungsformel der Entscheidung vom 8. Dezember 1988 eine aufgrund der beigefügten Entscheidungsgründe offensichtliche Unrichtigkeit darstelle.

III. Die den Entscheidungen vom 8. und vom 16. Dezember 1988 beigefügten Widerrufsgründe können wie folgt zusammengefaßt werden:

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich vom nächstliegenden Stand der Technik, der durch die Entgegenhaltung E1= US-A-4 001 668 repräsentiert wird, zwar durch drei Merkmale; zwei dieser Merkmale seien aber aus E2= Zeitschrift "Elektor" 1971, Heft 4, Seite 421 bis 423, an sich bekannt und es liege nahe, sie auf die Vorrichtung gemäß E1 zu übertragen, und ferner stelle das dritte Merkmal lediglich eine für den Fachmann im Bedarfsfall selbstverständliche Maßnahme dar.

Von der folgenden Einspruchs-Entgegenhaltung wird in den Entscheidungsgründen kein Gebrauch gemacht:

E3= Halbleiter-Schaltbeispiele, Siemens AG, April 1968, Seite 103 bis 105.

IV. Am 16. Dezember 1988 erhob die Einsprechende II Beschwerde gegen die Entscheidung vom 8. Dezember 1988, zog diese aber "auf Empfehlung des Europäischen Patentamts (heutiger Anruf von ....)" am 10. Januar 1989 wieder zurück.

Den anderen am Verfahren beteiligten Parteien wurde dieser Vorgang offenbar nicht zugestellt.

V. Am 4. Februar 1989 erhob die Patentinhaberin Beschwerde "gegen die Entscheidungen vom 16. Dezember 1988 und 29. Dezember 1988" und beantragte, diese für ungültig zu erklären bzw. als unzulässig aufzuheben.

Gemäß einem weiteren Antrag richtet sich diese Beschwerde jedoch auch gegen die der Entscheidung vom 8. Dezember 1988 beigefügte Begründung, indem die Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten (Regel 89 EPÜ) in diesen Entscheidungsgründen beantragt wurde.

Gleichzeitig zahlte die Beschwerdeführerin die Beschwerdegebühr und fügte eine Beschwerdebegründung bei.

Diese Beschwerde wurde der Kammer vorgelegt.

VI. Auf einen Bescheid und eine weitere Mitteilung der Kammer hin reichte die Beschwerdeführerin am 15. Februar 1990 eine neue Beschreibung und am 13. September 1990 neue Ansprüche ein und strich die Figur 3.

Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Vorrichtung zur Gleichspannungsversorgung von elektrischen Baugruppen in netzbetriebenen Geräten mit einem Gleichrichter (3), einem Vorwiderstand (4), einem Ladekondensator (5), einem als Transistor (8) ausgebildeten elektronischen Schalter, der nur zu Beginn und am Ende einer Netzhalbwelle eingeschaltet ist und durch den der Ladekondensator (5) ladbar ist, mit einem Hilfstransistor (11), dessen Kollektor über einen Widerstand (10) von der gleichgerichteten Netzspannung und dessen Basis über einen Spannungsteiler mit einem Teil der gleichgerichteten Netzspannung versorgbar ist und dessen Emitter mit dem anderen Netzanschluß (1) verbunden ist, und der beim Überschreiten eines vorgegebenen Spannungswertes der Netzspannung den Transistor (8) ausschaltet, dadurch gekennzeichnet, daß die Schaltschwelle des Transistors (8) allein durch die Basis- Emitter-Spannung des Hilfstransistors (11) bestimmt ist, daß der Transistor (8) mit seinem Kollektor über den Vorwiderstand (4) mit der gleichgerichteten Netzspannung in Verbindung steht, sein Emitter mit dem Ladekondensator (5) verbunden ist, daß eine Diode (9) vorgesehen ist, deren Kathode mit der Basis des Transistors (8) und deren Anode mit dem Kollektor des Hilfstransistors (11) verbunden ist und daß der Mittenabgriff des Spannungsteilers (12, 13) direkt mit der Basis des Hilfstransistors (11) verbunden ist."

Anspruch 2 ist ein abhängiger Anspruch.

VII. Gemäß Hilfsantrag der Beschwerdeführerin wurde am 30. Oktober 1990 mündlich verhandelt.

VIII. Von ihren ursprünglichen Anträgen hielt die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) aufrecht bzw. stellte in der mündlichen Verhandlung folgende Anträge:

1. die Entscheidung vom 16. Dezember 1988 für ungültig zu erklären, den Beschluß vom 29. Dezember 1988 als unzulässig aufzuheben und in der Entscheidung vom 8. Dezember 1988 die beanstandeten offenbaren Unrichtigkeiten der Begründung zu berichtigen (Regel 89 EPÜ);

2. hilfsweise die Entscheidung vom 16. und den Beschluß vom 29. Dezember 1988 in der Sache aufzuheben und das Patent im Umfang der Ansprüche vom 3. September 1990 (eingegangen am 13. September) aufrechtzuerhalten.

Die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechenden) hielten aufrecht bzw. stellten folgende Anträge:

1. die Beschwerde der Patentinhaberin als unzulässig zurückzuweisen, da sie nicht gegen die Entscheidung vom 8. Dezember 1988 gerichtet sei;

2. hilfsweise die Beschwerde gegen die Entscheidung vom 16. Dezember 1988 und gegen den Beschluß vom 29. Dezember 1988 aus sachlichen Gründen (Art. 56 EPÜ) zurückzuweisen.

Die Beschwerdegegnerin II beantragte ferner:

3. hilfsweise die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Wiederherstellung ihrer inzwischen zurückgezogenen Beschwerde vom 16. Dezember 1988 gegen die Entscheidung vom 8. Dezember 1988.

Die Beschwerdeführerin beantragte daraufhin:

3. den Wiedereinsetzungsantrag der Beschwerdegegnerin II als unbegründet zurückzuweisen.

IX. Nach einer Zwischenberatung verkündete der Vorsitzende folgende Zwischenentscheidung:

1. Der Hauptantrag (Antrag 1) der Beschwerdeführerin, die Entscheidung vom 16. Dezember 1988 für ungültig zu erklären und den Beschluß vom 29. Dezember 1988 als unzulässig aufzuheben sowie in der Entscheidung vom 8. Dezember 1988 die beanstandeten offenbaren Unrichtigkeiten in der Begründung zu berichtigen, wird zurückgewiesen.

2. Der Hauptantrag (Antrag 1) der Beschwerdegegnerinnen, die Beschwerde der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückzuweisen, wird zurückgewiesen.

3. Die Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig.

4. Der zweite Hilfsantrag (Antrag 3) der Beschwerdegegnerin II auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich ihrer zurückgezogenen Beschwerde gegen die Entscheidung vom 8. Dezember 1988 wird mangels eines eingetretenen Rechtsverlusts als gegenstandslos zurückgewiesen.

5. Der Antrag (Antrag 3) der Beschwerdeführerin, den Wiedereinsetzungsantrag der Beschwerdegegnerin II als unbegründet zurückzuweisen, ist damit ebenfalls gegenstandslos.

X. Ihre Anträge zur Sache (Antrag 2) begründeten die Parteien im wesentlichen wie folgt:

Beschwerdeführerin:

Weder ist das sich auf die Diode beziehende Merkmal der beanspruchten Vorrichtung aus E1 oder E2 bekannt oder die Möglichkeit der Weglassung der Zenerdiode aus E1 entnehmbar, noch ist die Kombination aller kennzeichnenden Merkmale durch den Stand der Technik nahegelegt.

Im übrigen weist die beanspruchte Vorrichtung wesentliche Vorteile auf, beispielsweise eine durchgehende Masseleitung, Sicherheit durch die zusätzliche Diode gegen Störungen, insbesondere vom Ausgang her, die Vermeidung der Nachteile einer Zenerdiode, insbesondere ihrer Schwingungseffekte und ihres positiven Temperaturkoeffizienten, sowie die belastungsunabhängige Direktankopplung der Steuerschaltung.

Beschwerdegegnerinnen:

Die angegriffene Entscheidung, das Patent zu widerrufen, ist schlüssig. Die geltend gemachten Unterschiede vom Stand der Technik sind zum Teil naheliegende Alternativen und ergeben sich im übrigen als offensichtlich notwendig.

Beim Gegenstand des Anspruchs 1 handelt es sich ebenso wie bei E1 um einen Längsregler mit völlig äquivalentem Massestromkreis und äquivalenter Beschaltung sowie gleicher Funktion (vgl. Figur 2 des Patents mit Figur 5 oder 6 von E1).

Die Diode 9 ist durch das Fachwissen nahegelegt. In diesem Zusammenhang kann auf die Ausführungen in E1 zur Zenerdiode (45), die im Prinzip auch für die Diode 9 beim Patentgegenstand gelten, sowie auf folgende Druckschrift verwiesen werden:

E4= U. Tietze und Ch. Schenk: Halbleiter-Schaltungstechnik, Berlin und Heidelberg 1969, Seiten 72/73 und 256 bis 259.

Das Weglassen der Zenerdiode in E1 ist eine von der gewünschten Ausgangsspannung abhängige Angelegenheit des Bedarfs und aufgrund der Angaben in E1 naheliegend.

Entscheidungsgründe

1. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens und damit der vorliegenden Entscheidung ist die von der Patentinhaberin am 4. Februar 1989 erhobene Beschwerde.

Die Prüfung dieser Beschwerde auf Zulässigkeit hat folgendes ergeben:

1.1. Mit der Beschwerde wird die Entscheidung vom 16. Dezember 1988 angefochten.

Es unterliegt somit keinem vernünftigen Zweifel, daß feststeht, welche Entscheidung im Sinne von Artikel 106(1) EPÜ mit der Beschwerde angefochten wird.

Darüber hinaus richtet sich die Beschwerde zwar konsequenterweise auch gegen den Berichtigungsbeschluß vom 29. Dezember 1988 und damit gegen die hierdurch berichtigte Entscheidung vom 8. Dezember 1988, also effektiv gegen die in den Gründen der Entscheidung vom 8. Dezember 1988 zum Ausdruck gebrachte Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent zu widerrufen. Diese ist jedoch mit der Entscheidung vom 16. Dezember 1988 identisch.

1.2. Die Kammer möchte ergänzend zur Frage, welches die angefochtene Entscheidung ist, folgendes bemerken:

Die Entscheidung vom 8. Dezember 1988 ist gemäß Regel 77(1) EPÜ mit einem Dienstsiegel anstelle von Unterschriften versehen. Sie ist also keine Originalentscheidung, die nur nach Regel 89 EPÜ berichtigungsfähig wäre, sondern stellt eine "Abschrift" dar, welche den Inhalt einer eigentlichen Originalentscheidung wiedergeben soll. Letztere ist ausweislich der Akte am 22. November 1988 von den Mitgliedern der Einspruchsabteilung erlassen und unterschrieben worden. Als Entscheidungsformel ist darin "Widerruf des europäischen Patents" angekreuzt.

Das Schriftstück vom 8. Dezember 1988 (mit Form 2330) ist somit eine entgegen der in der Originalentscheidung gegebenen Anweisung ("mit Form 2331") erlassene, in der Entscheidungsformel vollkommen unrichtige Wiedergabe und damit Nicht-Wiedergabe der Originalentscheidung. Aus diesem Grunde kann die Entscheidung vom 8. Dezember 1988 - trotz Dienstsiegels - als mangels Rechtsgrundlage null und nichtig und die Entscheidung vom 16. Dezember 1988 als die erste "Abschrift" angesehen werden, welche - der in der Originalentscheidung gegebenen Anweisung entsprechend -die tatsächliche Entscheidung der Einspruchsabteilung wiedergibt.

Eine ergangene Entscheidung kann normalerweise nicht durch einfachen Verwaltungsakt aufgehoben werden. Die Angabe in der Entscheidung vom 16. Dezember 1988, die irrtümlich übersandte Entscheidung vom 8. Dezember 1988 werde "aufgehoben", ist daher mißverständlich. Im gegebenen Fall ist sie aber so zu verstehen, daß die Entscheidung vom 8. Dezember 1988 als null und nichtig anzusehen ist.

Dies heißt nicht unbedingt, daß nicht auch der Berichtigungsbeschluß gemäß Regel 89 EPÜ vom 29. Dezember 1988 möglicherweise eine zulässige Art der Behebung der Unrichtigkeit der "Entscheidung" vom 8. Dezember 1988 dargestellt hätte. Eine Entscheidung hierüber ist aber nicht notwendig; denn nachdem die Entscheidung vom 16. Dezember 1988 ergangen war und das erste und einzige Schriftstück mit einer jedenfalls hinsichtlich der Entscheidungsformel zutreffenden Wiedergabe der Originalentscheidung, darstellte, ist der Berichtigungsbeschluß jedenfalls von diesem Zeitpunkt ab als nicht mehr erforderlich gewesen anzusehen.

Im übrigen hätte auch die Entscheidung vom 16. Dezember 1988 - jedenfalls im Ergebnis - als Berichtigungsbeschluß gemäß Regel 89 EPÜ angesehen werden können.

1.3. Artikel 107 EPÜ ist ebenfalls erfüllt.

1.4. Die Beschwerde ist fristgerecht im Sinne von Artikel 108 EPÜ eingelegt. Dies wäre selbst dann der Fall, wenn nicht das Datum der Entscheidung vom 16., sondern das der Entscheidung vom 8. Dezember 1988 zugrundegelegt würde.

1.5. Die Beschwerdeschrift enthält - neben den Angaben gemäß Regel 64 a) -auch einen Antrag, der die angefochtene Entscheidung (siehe 1.1) und den Umfang angibt, in dem ihre Änderung oder Aufhebung begehrt wird (siehe V.).

Regel 64 b) EPÜ ist somit ebenfalls erfüllt.

1.6. Die Beschwerde ist daher zulässig, ohne daß es auf das weitere Vorbringen der Beteiligten im Detail ankäme, und der (Haupt-) Antrag der Beschwerdegegnerinnen, die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen, muß deshalb zurückgewiesen werden.

1.7. Bei der gegebenen Sachlage muß auch der (Haupt-) Antrag der Beschwerdeführerin, die Entscheidung vom 16. Dezember 1988 für ungültig zu erklären und den Beschluß vom 29. Dezember 1988 als unzulässig aufzuheben sowie in der Entscheidung vom 8. Dezember 1988 die beanstandeten offenbaren Unrichtigkeiten in der Begründung zu berichtigen, zurückgewiesen werden:

Aus vorstehenden Gründen (1.2) geht nämlich hervor, daß die Entscheidung vom 16. Dezember 1988 nicht ungültig ist und daß der Beschluß vom 29. Dezember 1988 gegenstandslos ist.

Ferner sind keinesfalls offenbare Unrichtigkeiten in der Begründung der Entscheidung vom 8. Dezember 1988 zu erkennen. Wenn diese Entscheidung nach Regel 89 EPÜ berichtigungsfähige offenbare Unrichtigkeiten enthält, dann jedenfalls befinden sie sich nicht in der Begründung, sondern allenfalls in der (vorgedruckten) Entscheidungsformel.

Die Ansicht der Beschwerdeführerin, man hätte auch vermuten können, daß es sich bei den der Entscheidung beigehefteten Gründen um ein nur versehentlich beigefügtes Minderheitenvotum handelte, erscheint durch nichts begründet. Im übrigen hätte eine etwaige Einsichtnahme in die Originalentscheidung vom 22. November 1988 durch Akteneinsicht eine solche Vermutung sofort widerlegt.

2. Die Beschwerde ist deshalb nunmehr gemäß den Anträgen 2 der beiden Parteien in der Sache zu prüfen.

Vorweg ist festzustellen, daß die im Patent vorgenommenen Änderungen gegen keine der in Artikel 123 (2) und (3) EPÜ erwähnten Vorschriften verstoßen.

Im Hinblick auf das nachstehende Ergebnis der Sachprüfung bedarf dies keiner Begründung.

3. Der Gegenstand des Patents ist unstreitig neu, beruht jedch nicht auf erfinderischer Tätigkeit, wie nachfolgend dargetan wird.

3.1. Wird vom Wortlaut des Anspruchs 1 (siehe VI.) ausgegangen, so unterscheidet sich sein Gegenstand von dem ihm am nächsten kommenden, im Oberbegriff berücksichtigten Stand der Technik, nämlich E1, durch die vier jeweils mit "daß" eingeleiteten kennzeichnenden Merkmale.

Es erscheint jedoch zweckmäßig, deren Bedeutung unabhängig vom Anspruchswortlaut in folgender Weise näher zu charakterisieren:

a) (1. und 4. kennzeichnendes Merkmal):

Die in E1 der Basis des Hilfstransistors (46) seriell vorgeschaltete Zenerdiode (45) ist weggelassen, d. h. die Basis unmittelbar an den Spannungsteiler angeschlossen, so daß allein das Überschreiten der Schaltschwelle des Hilfstransistors (11) durch die am Spannungsteiler (12/13) abgegriffene Spannung den Schaltzeitpunkt des Transistors (8) bestimmt.

b) (2. kennzeichnendes Merkmal):

Der Vorwiderstand 4 (in E1: 48) ist dem Schalttransistor 8 unmittelbar vorgeschaltet, so daß die Ansteuerschaltung 10 bis 13 unabhängig vom Spannungsabfall an diesem Widerstand direkt von der gleichgerichteten Netzspannung gesteuert wird.

c) (2. und 3. kennzeichnendes Merkmal):

Der Schalttransistor 8 (in E1: 47) ist umgekehrt gepolt, d. h. in sogenannter Emitterschaltung statt Kollektorschaltung betrieben.

d) (3. kennzeichnendes Merkmal):

Der Basis des Schalttransistors 8 ist eine Diode 9 seriell vorgeschaltet.

3.2. Merkmal c):

Dem Fachmann sind sogenannte analoge oder duale Schaltungen allgemein geläufig. Entweder werden hierbei analoge Schaltelemente, z. B. NPN-statt PNP-Transistoren, oder analoge Schaltungsarten, z. B. umgekehrt gepolte Dioden und Transistoren (Emitter- statt Kollektorausgang) verwendet. In Gleichspannungsversorgungseinrichtungen hängt diese Verwendung der einen oder anderen Schaltung auch von der gewünschten Polarität der Gleichspannung ab. Dabei ist es, abhängig von der Anwendung, entweder üblich oder nicht notwendig, eine der beiden Polaritäten als Bezugspotential (sog. Masse) zu wählen und von seriellen Schaltungselementen freizuhalten.

Merkmal c) stellt lediglich eine in diesem Sinne analoge und daher äquivalente Schaltungsart dar.

Die im Merkmal c) ausgedrückte Umpolung des Schalttransistors gegenüber E1, Figur 4, kann entweder als dadurch bedingt angesehen werden, daß die Ausgangsspannung als umgekehrt gepolt betrachtet wird (dann wäre Figur 4 von E1 zum Zwecke eines Vergleichs mit Figur 1 des Patents zu "spiegeln") oder als dadurch bedingt, daß der Schalttransistor von der Minusleitung (unten) in die Plusleitung (oben) verlegt wurde.

Irgendein erfinderischer Gedanke ist in einem solchen Austausch äquivalenter analoger Schaltungen auch dann nicht zu sehen, wenn das allgemeine Fachwissen nicht durch ausdrückliche Bezugnahme auf eine Druckschrift belegt wird.

3.3. Merkmal b):

Der Vorwiderstand 4 hat - wie bei E1 (48), siehe Spalte 4, Zeile 28 bis 29 - nur die Funktion eines Strombegrenzers, insbesondere bei der Einschaltflanke des Stromimpulses, und ist daher relativ niederohmig (Spalte 2, Zeilen 50 bis56 des Patents).

Für diese Funktion ist es völlig ohne Bedeutung, an welcher Stelle (in E1: vor dem Gleichrichter 44 oder irgendwo zwischen Gleichrichter und Kondensator 49, oder auch vor dem Schalter 18 oder irgendwo zwischen Schalter und Schalttransistor 47) er liegt.

Der Fachmann erkennt auch ohne weiteres, daß dann, wenn der Vorwiderstand nicht vor, sondern hinter der Ansteuerschaltung (E1: 50/51, 45, 46, 52) eingefügt ist, der von dieser verbrauchte Strom nicht über den Strombegrenzungswiderstand fließt und daher keinen Beitrag mehr zum Spannungsabfall an diesem Widerstand liefert. Dieser Beitrag ist jedoch bei E1 - wie der Fachmann ebenfalls erkennt - wegen der Niederohmigkeit des Vorwiderstandes und des relativ niedrigen Stromverbrauchs der Ansteuerschaltung vernachlässigbar klein, und eine hierdurch bedingte kleine Potentialverschiebung am Schalttransistor-Kollektor würde sich ohnehin praktisch nicht auswirken.

Allerdings würde sich der Schaltzeitpunkt deswegen geringfügig verschieben, weil der Gesamtspannungsabfall am Vorwiderstand im Falle von E1 - unter entsprechender Teilung (50/51) - in die Ansteuerspannung des Hilfstransistors (46) eingeht, was beim Patentgegenstand nicht der Fall ist.

Dieser Wegfall des Einflusses des Ladestromes auf die Ansteuerschaltung kann zwar als Vorteil angesehen werden, ist aber für den Fachmann offensichtlich.

Im übrigen kann diese - geringfügige - Schaltverschiebung durch eine geringfügig andere Bemessung des Spannungsteilers bei Bedarf unschwer ausgeglichen werden.

3.4. Merkmal a):

Dieses Merkmal wurde von der Beschwerdeführerin besonders hervorgehoben, und zwar weil damit der positive Temperaturkoeffizient der Zenerdiode, welcher den negativen Temperaturkoeffizienten der Hilfstransistorschaltung bei E1 überkompensiert, wegfällt, so daß die beanspruchte Schaltung wegen dieses negativen Temperaturkoeffizienten temperaturstabilisiert wird. Ferner deswegen, weil die unangenehmen Auswirkungen der Schwingungen, zu denen die Zenerdiode im Übergangsbereich neigt, vermieden werden. E1 ist lediglich eine Anregung entnehmbar, Temperatureffekte auf andere Weise, nämlich durch Thermistoren im Spannungsteiler, zu beseitigen (Spalte 6, letzter Absatz).

Nach Ansicht der Beschwerdegegnerinnen ergibt sich die Weglassung der Zenerdiode jedoch bereits dann als offensichtlich, wenn von einer wesentlich niedrigeren zu erzeugenden Versorgungsspannung ausgegangen wird. Auch sei E1 eine Anregung für den Fachmann entnehmbar (Spalte 6, Zeilen 5 bis 9), die Schwellenspannung der Zenerdiode (45) ebenso individuell zu wählen wie das Teilungsverhältnis des Spannungsteilers (50/51), so daß auch ein Zenerspannungswert 0 eine in Betracht zu ziehende Möglichkeit darstellt. Dies auch deshalb, weil in den Ansprüchen 1 bis 6 von E1 eine Zenerdiode keineswegs gefordert wird, diese vielmehr erst im abhängigen Anspruch 7 als Weiterbildung genannt ist.

Die Kammer stimmt dieser Ansicht zu. Die Versorgungsspannung für einen elektrischen Rasierer (E1, Figuren 1 und 2) liegt bei 100 V (siehe Figuren 3, 5 und6). Elektronische Schaltungen (z. B. die in Spalte 4 des Patents erwähnten digitalen Uhren) benötigen aber normalerweise Versorgungsspannungen, die um eine Größenordnung niedriger liegen. Mindestens in solchen Fällen bietet es sich an, die notwendigerweise niedrigere Steuerspannung für den Hilfstransistor nicht oder nicht allein durch andere Bemessung des Spannungsteilers (12,13), die zu einem extrem niedrigen Teilerverhältnis führen könnte, herbeizuführen, sondern durch Weglassung der Zenerdiode, weil dann die - dem Fachmann bekannte - potential-verschiebende Wirkung dieser Diode offensichtlich wegfällt.

Daß dabei zusätzliche Vorteile erzielt werden, die übrigens im Streitpatent nicht offenbart sind, so beispielsweise die erwähnte Temperaturstabilisierung und Schwingungsvermeidung, ist nicht als eine erfinderische Tätigkeit begründender überraschender Effekt zu werten, sondern als Bonuseffekt, der sich überdies aus den dem Fachmann bekannten Eigenschaften von Zenerdioden ableiten läßt und daher erwartet werden kann.

3.5. Merkmal d):

Die Diode 9 verhindert nach Angaben im Streitpatent (Spalte 3, Zeilen 21 bis 25) den Rückfluß der Kondensatorladung über die Emitter-Basis-Strecke des Transistors 8 (und ist deshalb gemäß Spalte 4, Zeilen 19 bis 23 bei dem in Kollektorschaltung betriebenen Transistor 32 nicht erforderlich) und dem Transistor 11 in der Zeit, in der dieser leitend ist.

Von den Beschwerdegegnerinnen wird diese Zweckbestimmung bestritten, da auch die Emitter-Basis-Strecke des Transistors 8 an sich nicht rückwärts leiten dürfte. Nur der Einschaltpunkt werde durch die Diode genauer definiert. Dies sei aber aus E1 im Zusammenhang mit der Zenerdiode (45) beschrieben (Spalte 5, Zeilen 26 bis 33) und gelte, wie der Fachmann weiß, für Dioden allgemein, so daß solche einer Transistorbasis vorgeschaltete Dioden zum allgemeinen Fachwissen zählen. Beispielsweise könne dies auch durch E4 (Abbildung 13.9) belegt werden.

Nach Ansicht der Kammer würde E4, und zwar Seite 258, Zeilen 2 bis 4, jedoch eher die Angaben in der Beschreibung des Patents (Spalte 3, Zeilen 21 bis 25) stützen.

In diesem Zusammenhang erschiene beispielsweise auch E3 relevant.

Wie dem aber auch sei, jedenfalls erscheint eine einer Transistorbasis vorgeschaltete Diode auch ohne ins Detail gehende Berücksichtigung der an sich verspätet genannten Entgegenhaltung E4 oder der nur während des Einspruchsverfahrens genannten Entgegenhaltung E3 insbesondere dann als nichts Besonderes, wenn eine zusätzliche Sicherheit gegen ein Rückwärtsleiten oder gegen Spannungsspitzen gefragt ist; denn dies ist die normale Funktion einer solchen Diode.

Die Einfügung der Diode 9 gemäß dem Merkmal d) wird daher für nicht erfinderisch erachtet.

3.6. Es verbleibt noch nachzuprüfen, ob sich für die Kombination aller kennzeichnenden Merkmale bei dem im Oberbegriff definierten Gegenstand etwas über die naheliegende Anwendung jeder einzelnen der vorstehend abgehandelten Merkmale Hinausgehendes ergibt.

Nach Ansicht der Kammer ist dies nicht der Fall.

Zwar mag jeweils die eine oder andere Maßnahme Auswirkungen auf die Bemessung der in den übrigen Merkmalen genannten Schaltungselemente haben; es ist aber nicht erkennbar, daß eine andere Gesamtwirkung als diejenige erzielt würde, welche aus den von den einzelnen Merkmalen geleisteten Beiträgen (siehe 3.2 bis 3.5) besteht.

3.7. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher nicht auf erfinderischer Tätigkeit, und der abhängige Anspruch 2 ist - als solcher - damit ebenfalls nicht gewährbar.

4. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das angefochtene Patent zu widerrufen, muß daher im Ergebnis bestätigt und die Beschwerde deshalb zurückgewiesen werden.

5. Da somit dem Antrag 2 der Beschwerdegegnerinnen stattzugeben ist, ist der weitere Hilfsantrag (Antrag 3) der Beschwerdegegnerin II an sich nicht mehr relevant.

Dieser Antrag ist darüber hinaus schon deswegen gegenstandslos, weil die Antragstellerin durch die Zurückziehung ihrer Beschwerde gegen die Entscheidung vom 8. Dezember 1988 keinen Rechtsverlust erlitten hat, wie er Voraussetzung für einen Wiedereinsetzungsantrag gemäß Artikel 122 (1) EPÜ wäre, und die Kammer hat deshalb in der mündlichen Verhandlung vorab entschieden, diesen Antrag zurückzuweisen.

Diese Entscheidung beruht auf der Erwägung, daß die Antragstellerin am vorliegenden Verfahren, welches durch die Beschwerde der Patentinhaberin vom 4. Februar 1989 in Gang gesetzt wurde, als Beschwerdegegnerin in gleicher Weise, nämlich mit dem gleichen Recht Anträge zu stellen, beteiligt ist, wie sie es seinerzeit an dem durch ihre eigene Beschwerde in Gang gesetzten, durch ihre Zurückziehung jedoch wieder beendeten Verfahren war bzw. gewesen wäre. Eine etwaige Wiedereinsetzung würde ihr deshalb keinerlei Vorteil gegenüber ihrer jetzigen Stellung im vorliegenden Verfahren verschaffen.

Da somit der Wiedereinsetzungsantrag der Einsprechenden II ohnehin als gegenstandslos zurückgewiesen werden muß, braucht nicht entschieden zu werden, ob andere Voraussetzungen für eine etwaige Wiedereinsetzung gemäß Artikel 122 gegeben gewesen wären. So ist beispw. nicht zu entscheiden, ob ein Ausnahmefall vorliegt, der es erlauben würde, diesen nur Anmelder und Patentinhaber expressis verbis nennenden Artikel auf Einsprechende anzuwenden. Ferner bedarf es keiner weiteren Prüfung der Frage, ob in der Zurückziehung einer Beschwerde überhaupt eine "Verhinderung", eine "Frist einzuhalten" erblickt werden kann, wie dies jener Artikel voraussetzt.

6. Bei dieser Sachlage ist der weitere Hilfsantrag (Antrag 3) der Patentinhaberin gleichfalls gegenstandslos.

7. Obwohl nach Obigem das seinerzeitige, durch die Einsprechende II am 16. Dezember 1988 in Gang gesetzte und am 10. Januar 1989 wieder beendete Beschwerdeverfahren nicht Gegenstand vorliegender Entscheidung ist, sieht sich die Kammer veranlaßt, in diesem Zusammenhang folgendes zu bemerken:

7.1. Es ist für den vorliegenden Fall nicht relevant, ob die Einsprechende II jene Beschwerde tatsächlich auf eine "Empfehlung" einer Bediensteten des Europäischen Patentamts hin zurückgezogen hat. In dem von der betreffenden Bediensteten unterzeichneten Protokoll über das Ergebnis der Rücksprache vom 9. Januar 1989 ist eine solche Empfehlung nicht erwähnt. Es enthält außer der Feststellung, daß die Einsprechende die Beschwerde noch innerhalb der Beschwerdefrist zurücknehmen "wird", lediglich einen Hinweis, welcher darauf schließen läßt, daß der Einsprechenden für diesen Fall die "Rückerstattung (der) Gebühr" in Aussicht gestellt wurde.

Sollte tatsächlich seitens der Bediensteten eine Empfehlung zur Zurücknahme der Beschwerde ausgesprochen worden sein, so möchte die Kammer hiermit feststellen, daß eine solche Empfehlung nicht hätte gegeben werden dürfen. Zum betreffenden Zeitpunkt war nämlich bei der gegebenen Sachlage (siehe II.) keineswegs überschaubar, welche Rechtsfolgen eine Zurückziehung der betreffenden Beschwerde für die Einsprechende II haben konnte, insbesondere für den Fall, daß keine weitere Beschwerde eingehen würde.

Überdies wäre eine solche Empfehlung nicht durch die Übertragungsverordnung (ABl. EPA 1984, 319) gedeckt gewesen, da es sich hierbei, wie z. B. die Entscheidung vom 16. und der Beschluß vom 29. Dezember 1988 zeigen, nicht um ein Geschäft handelte, das im Sinne von Regel 9(3) EPÜ technisch oder rechtlich keine Schwierigkeiten bereitet.

Dennoch ist weiterhin festzustellen, daß unabhängig davon, ob eine "Empfehlung" gegeben wurde oder nicht, die Verantwortlichkeit für die Zurückziehung jener Beschwerde bei der Einsprechenden lag, die sie erhoben hatte.

7.2. An dem durch die seinerzeitige Beschwerde der Einsprechenden II am 16. Dezember 1988 in Gang gesetzten Beschwerdeverfahren wären gemäß Artikel 107 EPÜ auch die Patentinhaberin und die übrigen Einsprechenden beteiligt gewesen.

Auch aus diesem Grunde hätte eine einseitige "Empfehlung", falls sie gegeben wurde, nicht gegenüber der Einsprechenden II allein angesprochen werden dürfen.

7.3. Die betreffenden Vorgänge vom 16. Dezember 1988 und vom 9. und 10. Januar 1989 hätten im übrigen den anderen Parteien, da sie Verfahrensbeteiligte waren, zugestellt werden müssen.

Nach Aktenlage ist dies jedoch nicht geschehen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Der Antrag der Beschwerdeführerin, die Entscheidung vom16. Dezember 1988 für ungültig zu erklären und den Beschluß vom 29. Dezember 1988 als unzulässig aufzuheben sowie in der Entscheidung vom 8. Dezember 1988 die beanstandeten offenbaren Unrichtigkeiten in der Begründung zu berichtigen, wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag der Beschwerdegegnerinnen, die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen, wird zurückgewiesen; die Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig.

3. Der Antrag der Beschwerdegegnerin II auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Wiederherstellung ihrer inzwischen zurückgezogenen Beschwerde vom 16. Dezember 1988 gegen die Entscheidung vom 8. Dezember 1988 wird zurückgewiesen; der Antrag der Beschwerdeführerin, diesen Wiedereinsetzungsantrag als unbegründet zurückzuweisen, ist damit gegenstandslos.

4. Die Beschwerde der Patentinhaberin wird in der Sache zurückgewiesen und das angefochtene Patent widerrufen.

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