European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1988:T001188.19881020 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 20 October 1988 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0011/88 | ||||||||
Anmeldenummer: | 81903246.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | - | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren und Vorrichtung zur Kennzeichnung und/oder Identifizierung eines Datenträgers | ||||||||
Name des Anmelders: | Stockburger, H. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Technische Ausführbarkeit (bejaht) Erfinderische Tätigkeit (ja) Beweismittel - verspätet vorgebracht Technical reproducability (yes); Inventive step (yes); evidence - late submission |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf die unter Inanspruchnahme der Priorität vom 21. November 1980 einer Anmeldung in Deutschland am 20. November 1981 eingereichte europäische Patentanmeldung 81 903 246.7 ist das europäische Patent 0 065 004 erteilt worden.
II. Gegen die Erteilung ist von der Firma GAO, Gesellschaft für Automation und Organisation mbH, München (DE) Einspruch eingelegt worden.
Die Einsprechende hat die Auffassung vertreten, daß mit der im Hauptanspruch angegebenen Lehre das gemäß Aufgabenstellung angestrebte Ziel nicht erreicht werde und daß mit Rücksicht auf druckschriftliche Veröffentlichungen den Gegenständen der Patentansprüche die erfinderische Tätigkeit fehle.
Mit Entscheidung vom 22. September 1987 - zur Post gegeben am 3. November 1987 hat die Einspruchsabteilung den Einspruch zurückgewiesen.
III. Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 28. Dezember 1987 unter Zahlung der entsprechenden Gebühr erhobene Beschwerde der Einsprechenden. Eine Begründung der Beschwerde ist am 7. März 1988 eingegangen. Sie macht
1. mangelnde Ausführbarkeit (Art. 100 b EPÜ) und
2. mangelnde erfinderische Tätigkeit geltend.
Die Patentinhaber haben dem Vorbringen der Einsprechenden widersprochen und keine Änderungen der Patentunterlagen vorgenommen.
Eine mündliche Verhandlung wurde am 20. Oktober 1988 durchgeführt.
IV. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens stützte die Einsprechende ihr Vorbringen auf die folgenden zum Stand der Technik gehörenden Dokumente:
D1: DE-B- 2 635 795 (Die Zitierung dieses schon in der Beschreibung des Patentes gewürdigten Dokumentes als DE-A in der Beschwerdebegründung erfolgte offenbar irrtümlich); D2: WO 82/00062, veröffentlicht: 7. Januar 1982; D3: DE-A- 2 749 641.
Im Laufe der mündlichen Verhandlung beantragte die Einsprechende, auch noch das auf der Titelseite der Patentschrift genannte Dokument DE-A- 1 931 536 in das Verfahren einzuführen.
V. Der zu treffenden Entscheidung liegt das Patent in der erteilten Fassung zu Grunde.
VI. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 6 lauten wie folgt:
"1. Verfahren zur Kennzeichnung und/oder Identifizierung von Datenträgern, die zur Kennzeichnung und Identifizierung in eine Bearbeitungsstation eingeführt werden, unter Verwendung von die Datenträger kennzeichnenden Daten, die von individuellen physischen Eigenschaften in einem ersten Gebiet, das eine erste Anzahl von seitlich nebeneinanderliegenden ersten Spuren auf dem Datenträger umfaßt, abgeleitet und in Form eines Protokolls auf dem Datenträger gespeichert werden, die beim Identifizieren der Datenträger verglichen werden mit Daten, die von den erfaßten physischen Eigenschaften der zu identifizierenden Datenträger abgeleitet werden, dadurch gekennzeichnet, daß bei der Identifizierung eines Datenträgers seine physischen Eigenschaften in einem zweiten Gebiet, das eine zweite Anzahl von seitlich nebeneinanderliegenden zweiten Spuren auf dem Datenträger umfaßt, erfaßt werden, wobei die zweite Anzahl größer als die erste ist und die zweiten Spuren die ersten einschließen, und daß die aus dem zweiten Gebiet bei der Identifizierung abgeleitete Datenmenge mit der Datenmenge, die bei der Kennzeichnung aus dem ersten Gebiet des Datenträgers abgeleitet wird, verglichen und auf das Vorhandensein von Korrelationen zwischen den durch die abgeleiteten Daten dargestellten physischen Eigenschaften untersucht wird.
6. Vorrichtung zur Kennzeichnung und Identifizierung eines Datenträgers, auf dem bei der Kennzeichnung von physischen Eigenschaften des Datenträgers abgeleitete Daten in Form eines Protokolles gespeichert werden, mit einer Bearbeitungsstation, in die der Datenträger zur Kennzeichnung und zur Identifizierung eingeführt wird und die eine Erfassungsvorrichtung zur Erfassung der physischen Eigenschaften des Datenträgers aufweist, wobei beim Identifizieren des Datenträgers das Protokoll mit Daten, die von den erfaßten physischen Eigenschaften des zu identifizierenden Datenträgers abgeleitet werden, verglichen wird, dadurch gekennzeichnet, daß die Erfassungsvorrichtung die physischen Eigenschaften des Datenträgers bei der Kennzeichnung in einem ersten Gebiet, das eine erste Anzahl von seitlich nebeneinanderliegenden ersten Spuren auf dem Datenträger umfaßt und bei der Identifizierung in einem zweiten Gebiet, das eine zweite Anzahl von seitlich nebeneinanderliegenden zweiten Spuren auf dem Datenträger umfaßt, wobei die zweite Anzahl größer als die erste ist und die zweiten Spuren die ersten einschließen, und daß eine Analysevorrichtung vorgesehen ist, welche die aus dem ersten Gebiet und die aus dem zweiten Gebiet abgeleiteten Daten, welche die physischen Eigenschaften des Datenträgers darstellen, miteinander vergleicht und auf das Vorhandensein von Korrelationen zwischen den durch die Daten dargestellten physischen Eigenschaften untersucht."
VII. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäichen Patents Nr. 0 065 004 als Hauptantrag, die Einführung der DE-A- 1 931 536 in das Verfahren als Hilfsantrag und die Vertagung der mündlichen Verhandlung für den Fall, daß die Kammer der Einführung in das Verfahren der genannten DE zustimmt als zweiten Hilfsantrag.
VIII. Die Beschwerdegegner (Patentinhaber) beantragten, die Beschwerde zurückzuweisen als Hauptantrag und die Vertagung der mündlichen Verhandlung für den Fall, daß die genannte DE in das Verfahren eingeführt wird als Hilfsantrag.
IX. Die Argumente der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die zuverlässige Identifizierung des Datenträgers mit Hilfe des auf dem Datenträger gespeicherten "Protokolls" kann nur gelingen, wenn bei der Identifizierung auch exakt die gleichen Spuren auf dem Datenträger miterfaßt werden wie sie bei der Erstellung des Protokolls verwendet wurden. Liegen die bei der Identifizierung erfaßten Spuren zwischen den urpsrünglichen Spuren, so ist mit einer im Vergleich zum Protokoll völlig atypischen Veränderung der von den Spuren abgelesenen Signalpegel zu rechnen.
Dies läßt sich an Hand der in der Beschreibung, Spalte 3, Zeilen 21 bis 41 beispielsweise genannten Bildaufnehmereinrichtung und der physischen Eigenschaften der Datenträger-Oberfläche nachweisen. Geht man von der dort angegebenen "Korngröße" der Kartenoberfläche von 10µm und von 20µm Zeilenabstand der Bildaufnehmerelemente aus, so ist die dem Protokoll entsprechende Erfassung eines einzelnen Kornes oder eines Teiles desselben durch ein Bildaufnehmerelement zwischen den Zeilen völlig verändert, und erst bei einer Verschiebung der Bildaufnehmerelemente um genau eine Zeilenteilung erfaßt das entsprechende Bildaufnehmerelement der Nachbarzeile wieder den ursprünglichen von dem betreffenden Korn ausgehenden Signalwert. Entgegen der dem Patent zu Grunde liegenden Aufgabe (Beschreibung, Spalte 1, Zeile 61 bis Spalte 2, Zeile 5) ist mithin im Rahmen ganzzahliger Vielfacher des Zeilenabstandes sehr wohl eine genaue seitliche Zuordnung von auszuwertendem Bereich und der diesen Bereich erfassenden Einrichtung notwendig.
Eine zur Klärung der Frage nach der erfinderischen Tätigkeit vorgenommene Merkmalsanalyse zeigt, daß gegenüber dem am nächsten kommenden vorveröffentlichten Stand der Technik (D1) als neu lediglich anzusehen ist, daß zum Vergleich zwischen den gemessenen und den gespeicherten Daten Meßdaten aus einem zweiten Gebiet herangezogen werden, das größer ist als das erste Gebiet das die Daten für das Protokoll geliefert hat, dieses Gebiet aber einschließt, und daß bei dem Vergleich die Datenmengen auf das Vorhandensein von Korrelationen untersucht werden.
Diese Maßnahmen erscheinen jedoch aus D3 nahegelegt. Bei diesem Dokument handelt es sich zwar in erster Linie um die Identifizierung von Geldscheinen, aber auch andere Wertpapiere oder Wertmarken werden in Betracht gezogen, weshalb dieses Dokument zum einschlägigen Stand der Technik zu rechnen ist. Insbesondere ist aber in diesem Dokument auch das Problem behandelt, die ursprüngliche(n) Meßspur(en) bei der Identifizierung wiederzufinden, ohne daß es auf eine exakte Positionierung des Datenträgers ankommt. In dem Ausführungsbeispiel nach Figur 4b von D3 (Seite 21 und Seite 22, erster Absatz) sind für die Abtastung 12 Spuren (Abtastelemente 118) vorgesehen obwohl nur Daten für 8 Spuren zum Vergleich dienen. Zwar werden mittels weiterer Seitenversatzsensoren, die den seitlichen Versatz am Rand des Geldscheines erfassen, die entsprechenden acht Abtastelemente angesteuert. Auf Seite 19 wird aber im letzten Absatz auch eine Ausführungsform beschrieben, bei der der Seitenversatz nicht gemessen zu werden braucht, sondern für verschiedene Grade seitlicher Verschiebungen entsprechende Muster im Gedächtnis gespeichert sind, was auf einer Untersuchung der abgetasteten Daten mit gespeicherten Daten auf Korrelationen hinausläuft. Es liegt im Bereich normalen fachmännischen Handelns, die nach Figur 4b vorgeschlagene Vergrößerung des erfaßbaren Datenbereiches auch in Verbindung mit der Speicherung verschiedener Muster gemäß Seite 19, letzter Absatz anzuwenden, wodurch der Fachmann zum Gegenstand des Streitpatentes geführt wird.
Der Gedanke, bei der Identifizierung eine größere Zahl von Spuren abzutasten als sie der Speicherung im Protokoll zu Grunde liegt, ist aber auch der DE-A- 1 931 536 schon zu entnehmen.
X. Die Argumente der Beschwerdegegner (Patentinhaber) lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Einwendungen der Einsprechenden gegen die Ausführbarkeit der Erfindung sind insofern nicht stichhaltig als sie vernachlässigen, daß die Körner an der Datenträger-Oberfläche als dicht gepackt anzunehmen sind, so daß davon auszugehen ist, daß ein Bildaufnehmerelement stets einen integrierten Wert aus mehreren Körnern aufnimmt. Unter diesen Bedingungen kann mit annähernd stetigem Verlauf der von den Bildaufnehmerelementen erfaßten Signalamplituden, sowohl in Abtastrichtung als auch quer dazu gerechnet werden. Die von der Einsprechenden angenommenen, zu völlig atypischen Signalverläufen führenden sprungartigen Signalpegeländerungen zwischen benachbarten Spuren entsprechen einer Betrachtungsweise, die nicht auf der Kornstruktur üblicher Materialien beruht.
Zur Frage der erfinderischen Tätigkeit wird darauf hingewiesen, daß der Stand der Technik durchaus zahlreiche Wege kennt, wie das Problem des Wiederauffindens der Spuren auf dem Datenträger, von denen die zur Speicherung vorgesehenen Daten abgeleitet sind, gelöst werden kann.
Die bekannten Wege sind:
- exakte Führung des Datenträgers durch seitliche Anschläge (D1);
- Nachführung des beweglichen Abtastkopfes auf der Spur (Alternative in D1);
- Aus mehreren Spuren werden die gesuchten Spuren auf Grund einer Messung des seitlichen Datenträgerversatzes indiziert (D3, Figur 4b);
- Den verschiedenen Seitenversetzungen entsprechend werden verschiedene Protokolle gespeichert.
Der erfindungsgemäße Weg, eine erste Datenmenge aus einem ersten Gebiet des Datenträgers zu speichern und mit einer bei der Identifizierung erfaßten zweiten Datenmenge aus einem zweiten, größeren Gebiet auf Korrelationen zu überprüfen, ist von der Fachwelt bisher offensichtlich nicht erkannt worden. Ein solches Verfahren wäre aber sicherlich ebenfalls schon beschrieben worden, wenn es so nahegelegen hätte wie dies die Einsprechende vorgibt.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und der Regel 64 EPÜ und ist daher zulässig.
2. Das im Anspruch 1 genannte Verfahren ist neu.
Vom vorbekannten Stand der Technik kommt gattungsmäßig D1 dem Anspruchsgegenstand am nächsten. Ein Datenträger (10) ist gekennzeichnet durch Daten, die von individuellen physischen Eigenschaften (bedingt durch eingelagerte magnetische Fasern 11) längs einer von einem Magnetkopf (13) abtastbaren Spur abgeleitet und (in einem Schieberegister 24, Figur2) gespeichert werden (Beschreibung, Spalte 5, Zeile 48 bis Spalte 7, Zeile 35). Der gespeicherte Identifikationscode kann auch in verschlüsselter Form auf dem Datenträger selbst zur Verfügung stehen (Spalte 7, Zeilen 36 bis 46). Bei der Identifizierung erfolgt dann ein Datenvergleich zwischen den gespeicherten Daten und den von der Spur abzutastenden Daten. Es können auch die Daten aus mehreren nebeneinander liegenden Spuren als Identifikationscode gespeichert werden (Figur 10, Spalte 11, Zeile 9 bis Spalte 12, Zeile 8). Wichtigster Unterschied zum vorliegenden Anspruchsgegenstand: Das Wiederauffinden der Abtastspur wird entweder durch präzise seitliche Führung des Datenträgers durch Anschläge oder durch Autozentrierung des Abtastkopfes auf die Abtastspur erzielt (Spalte 6, Zeilen 16 bis 25). Eine Auswertung unterschiedlich großer Datenmengen aus einem bei der Identifikation abzutastenden Gebiet des Datenträgers einerseits und aus dem gespeicherten Protokoll andererseits mit Hilfe einer Korrelationstechnik ist in diesem Dokument nicht beschrieben.
Gleiches gilt auch für das Dokument D2. Dieses Dokument beschreibt zwar wesentlich genauere Einzelheiten der Datenerfassung in parallelen Spuren auf dem Datenträger (vor allem in Verbindung mit den Figuren 5 bis 9) und deren Speicherung in einem Protokoll auf dem Datenträger selbst (Seite 22, Zeilen 1 bis 7; Figuren 11 bis 16); jedoch ist es auch hier erforderlich, daß der Datenträger bei der Identifizierung sehr genau positioniert werden muß (Seite 9, Zeilen 26 bis 30 ff). Die Neuheit des genannten Prinzips der Daten-Korrelation ist daher auch gegenüber diesem Dokument nicht bestritten. Da es sich im übrigen bei D2 um die erst nach dem Anmeldetag der dem vorliegenden Patent zu Grunde liegenden Anmeldung erfolgte Veröffentlichung einer früheren Euro-PCT-Anmeldung handelt, ist sie bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht in Betracht zu ziehen (Artikel 56, Satz 2 EPÜ) und wird in der Entscheidung im folgenden nicht mehr berücksichtigt.
D3 betrifft die Identifizierung von Datenträgern in Form von insbesondere Papiergeld, beispielsweise aber auch Aktien, sonstige Wertpapiere, Wertmarken oder dergleichen. Allen Ausführungsbeispielen ist aber gemeinsam, daß nie von einer Speicherung des Protokolls auf dem Datenträger die Rede ist. Da es sich in dieser Hinsicht um eine andere Gattung von Datenträgern handelt, ist auch D3 nicht neuheitsschädlich.
3. Die beanspruchte Erfindung ist im europäischen Patent auch hinreichend deutlich und vollständig offenbart, so daß ein Fachmann sie ausführen kann.
Wenn mit der vorliegenden Erfindung die Aufgabe erfüllt werden soll, daß auf eine genaue seitliche Zuordnung von auszuwertendem Bereich und der diesen Bereich erfassenden Einrichtung verzichtet werden kann, so erfordert dies, daß das im Protokoll gespeicherte Muster auch bei seitlicher Verschiebung der Abtastspuren noch mit hinreichender Genauigkeit im abgetasteten Signalverlauf wiedererkannt werden kann. Bei Verschiebung um genau eine Spurteilung oder ein ganzzahliges Vielfaches einer Spurteilung verschiebt sich der protokoll-konforme Signalverlauf lediglich im gesamten abgetasteten Signalverlauf entsprechend und kann durch Korrelation der Datenmengen identifiziert werden. Damit auch bei Verschiebungen um den Bruchteil einer Spurteilung das im Protokoll gespeicherte Muster im Signalverlauf wiedererkannt werden kann, ist es allerdings erforderlich, daß sich der abgetastete Signalverlauf beim Übergang von einer Spur zur benachbarten Spur nur so wenig ändert, daß wenigstens zwei Spuren nebeneinander Signalveräufe zeigen, die mit den Protokolldaten hinreichend korrelieren. Dies ist zwar in der Patentschrift nicht deutlich angesprochen. Die Kammer ist aber der Auffassung, daß eine derartige Erkenntnis praktischer Notwendigkeit für den Sachkundigen auf der Hand liegt. Der Hinweis in der Beschreibung, daß die Spurenteilung nur etwa 20µm beträgt (Spalte 3, Zeilen 21 bis 29), deutet schon darauf hin, daß es für notwendig angesehen wird, die Spuren sehr eng beeinander zu legen. Wie eng die Spuren beieinander liegen müssen, hängt natürlich von der Struktur des abzutastenden Materials und der Art der Signalerfassungseinrichtung ab. Bei einer körnigen Struktur des Materials, deren Korngröße kleiner ist als der Spurenabstand (z.B. 10µm, Spalte 3, Zeilen 30 bis 34), wird man zu vernünftigen Ergebnissen nur kommen können, wenn der von einem Signalaufnehmer erfaßte Bereich so viel größer als der Korndurchmesser ist, daß sich nicht die mikroskopische Körnigkeit des Materials sondern ein sich im Verhältnis zum Spurenabstand makroskopisch nur langsam ändernder Signalverlauf ergibt.
Die Erwägungen der Einsprechenden, die sich nur mit einer Ausführung der Lehre des Patents befassen, bei der die mikroskopische Kornstruktur mit erfaßt wird, dürften vom Fachmann sofern er sie überhaupt anstellt, aufgrund einfachen Nachdenkens sofort als nicht zum Ziel führend erkannt werden. Die Kammer ist vielmehr überzeugt, daß die vorstehend genannten Überlegungen bezüglich einer geeigneten Wahl des Spurenabstandes und der Ausbildung der Signalerfassungseinrichtung im Rahmen normalen fachmännischen Handelns liegen.
4. Das im Anspruch 1 genannte Verfahren ist auch erfinderisch.
Aufgrund der kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1 ist bei der Identifizierung des Datenträgers weder eine genaue Ausrichtung desselben relativ zu einer Abtasteinrichtung (wie in D1) noch eine Meßeinrichtung zur Ermittlung des Seitenversatzes (wie in D3, Figur 4b) erforderlich. In dieser Hinsicht ist nur die in D3 auf Seite 19, letzter Absatz beschriebene bekannte Variante vergleichbar. Dort werden jedoch, mit ungleich höherem Speicheraufwand als beim vorliegenden Patent, Muster für verschiedene Grade seitlicher Versetzung des Datenträgers gespeichert, so daß die von einem Datenträger abgetastete Information mit allen gespeicherten Mustern so lange verglichen werden kann bis gegebenenfalls Identität festgestellt wird. Demgegenüber beruht aber die erfindungsgemäße Lösung auf einem ganz anderen Prinzip, indem auf dem Protokoll des Datenträgers nur das Muster eines einzigen "ersten" Gebietes gespeichert ist. Auch ist D3 nicht die Lehre entnehmbar, bei der Identifizierung Daten aus einem zweiten, größeren Gebiet, das das erste Gebiet einschließt, zu erfassen, um sie mit den Daten des ersten Gebietes zu korrelieren. Zwar sind nach Figur 4b in D3 zwölf Abtastsensoren 118 vorgesehen, obwohl nur Daten von acht Spuren zum Vergleich gespeichert sind. Wie der Beschreibung, Seite 20, zweiter Absatz bis Seite 22, erster Absatz zu entnehmen ist, ist diese Maßnahme nur in Verbindung mit weiteren Sensoren 122 zu verstehen, die den Seitenversatz des Datenträgers ermitteln, um nur diejenigen acht Sensoren auszuwählen, die dem Gebiet auf dem Datenträger entsprechen, von dem Daten gespeichert worden sind. Auch hier ist also keine Rede davon, daß während eines Identifizierungsvorgangs Daten aus einem zweiten, größeren Gebiet erfaßt werden.
Auch bei einer zusammenfassenden Betrachtung der in D3 beschriebenen Möglichkeiten kann man daher nicht zu dem erfindungsgemäßen Identifizierungsprinzip gelangen.
5.1. Estmals in der mündlichen Verhandlung wurde von der Einsprechenden das Dokument DE-A- 1 931 536 genannt. Sie vertrat die Auffassung, daß dies Dokument im Hinblick auf unterschiedliche Datenmengen für die Speicherung einerseits und für die Abtastung andererseits neben den anderen Dokumenten von Bedeutung sei und daß es als bereits in das Verfahren eingeführt zu gelten habe, da es unter den auf dem Titelblatt der Patentschrift genannten Entgegenhaltungen aufgeführt sei.
5.2. Zur Frage ob das Dokument DE-A- 1 931 536 schon in das Verfahren vor dem Europäischen Patentamt eingeführt worden sei wird folgendes ausgeführt:
Die Erstellung des Rechercheberichtes nach Artikel 92 EPÜ, dessen Ergebnis veröffentlicht wird und in einer Aufzählung der ermittelten "Entgegenhaltungen" auf dem Titelblatt der Patentschrift erscheint, ist zwar schon ein Teil des "Erteilungsverfahrens" im Sinne des vierten Teils des EPÜ aber nicht Teil der Prüfungsverfahren im Sinne des Artikels 96 und folgende des EPÜ solange keiner der Beteiligten dessen Relevanz im Rahmen der Prüfung auf Patentfähigkeit in irgendeiner Form geltend gemacht hat, sei es, daß die Anmelderin das Dokument von sich aus, z.B. in der Beschreibung, gewürdigt hat, sei es, daß die Prüfungsabteilung sachliche Ausführungen zu dem Dokument gemacht hat. Das Dokument hat auch im Einspruchsverfahren oder im Beschwerdeverfahren nie eine Rolle gespielt.
Das Dokument war mithin bis zum Tage der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer weder als im Prüfungsverfahren noch als im Einspruchsverfahren bzw. Einspruchs-/Beschwerdeverfahren befindlich anzusehen.
5.3. Bei dieser Sachlage stellt der Antrag der Einsprechenden, die DE-A- 1 931 536 in das Einspruchs-/Beschwerdeverfahren das Vorbringen eines neuen Beweismittels dar.
Dieses Vorbringen ist als verspätet im Sinne von Artikel 114 (2) EPÜ anzusehen, da es erst lange nach Ablauf der neunmonatigen Einspruchsfrist nach Artikel 99 (1) EPÜ erfolgt ist und die Einsprechende keine überzeugenden Gründe dafür geltend machen kann, weshalb sie nicht schon früher auf das Dokument Bezug genommen hat. So hatte sie während der neunmonatigen Einspruchsfrist reichlich Zeit, auch die im Recherchebericht genannten Dokumente auf ihre Eignung für ihr Einspruchsvorbringen zu überprüfen. Die Einsprechende kann auch nicht für sich geltend machen, daß sie durch eine neue Sachlage dazu veranlaßt worden ist, das Dokument erst so spät zu nennen, da das Patent seit der Erteilung von der Patentinhaberin stets unverändert aufrecht erhalten worden ist.
5.4. Die Kammer hat im Rahmen des Ermittlungsgrundsatzes nach Artikel 114 (1) das Dokument überprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, daß es der Aufrechterhaltung des Patentes weder für sich noch in Verbindung mit den anderen im Verfahren genannten Dokumenten entgegenstehen kann, da ihm im Zusammenhang mit der Anordnung mehrerer Suchlinien nur Hinweise entnehmbar sind, die darauf schließen lassen, daß die Suchlinien bei der Identifizierung, z.B. durch mechanische Lesekopfverschiebung, wieder exakt aufgefunden werden müssen.
Bei dieser Sachlage konnte die Kammer unter Anwendung des durch Artikel 114 (2) EPÜ gegebenen Ermessensspielraumes einer Einführung dieses Dokumentes in das Verfahren nicht zustimmen. Eine weitere Begründung für die fehlende Relevanz dieses Dokumentes ist bei dieser Sachlage nicht erforderlich (vgl. auch die Entscheidung T 156/84, veröffentlicht im Amtsblatt EPA 10/1988, Seiten 372 bis 381).
6. Da mithin das Verfahren nach Anspruch 1 als neu und erfinderisch sowie als technisch ausführbar anzusehen ist, bestehen keine Bedenken gegen eine Aufrechterhaltung des Anspruchs 1.
7. Die vorstehend genannten Gründe gelten auch für den unabhängigen Anspruch 6, der alle notwendigen Elemente einer Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 spezifiziert. Der erste Teilsatz des Kennzeichens des Anspruchs 6 (Spalte 7, Zeile 60 bis Spalte 8, Zeile 6) in zwar grammatisch nicht vollständig. Die Bezeichnung "Erfassungsvorrichtung" für das Subjekt läßt aber zweifelsfrei erkennen, daß die "physischen Eigenschaften ..." erfaßt werden sollen, so daß aus dem Fehlen des Prädikats keine Rechtsunsicherheit resultiert.
Da die übrigen Ansprüche als abhängige Ansprüche zweckmäßige Ausführungsformen betreffen, bestehen auch gegen diese Ansprüche keine Einwendungen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Dem Antrag auf Einführung der DE-A- 1 931 536 in das Verfahren wird nicht stattgegeben.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.