European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1985:T002985.19851205 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 05 Dezember 1985 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0029/85 | ||||||||
Anmeldenummer: | 79103555.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | - | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Vorrichtung zur Messung des Füllstandes in einem mit Flüssigkeit zumindest teilweise gefüllten Behälter | ||||||||
Name des Anmelders: | Siemens | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.4.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit Nichtberücksichtigung neu eingereichter Hilfsansprüche inventive step newly filed auxiliary requests disregarded |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf die am 20. September 1979 eingegangene europäische Patentanmeldung Nr. 79 103 555.3, für welche die Prioritäten vom 26. September 1978 und 13. November 1978 aus Voranmeldungen in der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch genommen sind, ist am 9. März 1983 das europäische Patent 0 009 252 mit der Bezeichnung "Vorrichtung zur Messung des Füllstandes in einem mit Flüssigkeit zumindest teilweise gefüllten Behälter" erteilt worden.
II. Auf den auf Art. 100 (a) EPÜ gestützten Einspruch der
VDO Adolf Schindling AG
Gräfstr. 103, D-6000 Frankfurt
hat die Einspruchsabteilung das Patent in der mündlichen Verhandlung vom 10. Oktober 1984 widerrufen. Die schriftliche Begründung trägt das Datum 23. November 1984. Der Widerruf wurde im wesentlichen damit begründet, daß die Füllstandsmeßvorrichtung nach dem erteilten und unverändert aufrechterhaltenen Anspruch 1 in Ansehung des in der DE-A- 2 700 229 (Dokument 1) und DE-A- 2 302 615 (Dokument 2) offenbarten Standes der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
III. Gegen diese Entscheidung hat die Patentinhaberin am 22. Januar 1985 unter gleichzeitiger Zahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 25. März 1985 eingegangen.
In der mündlichen Verhandlung am 5. Dezember 1985 hat die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent aufrechtzuerhalten
a) auf der Grundlage der erteilten Unterlagen (Hauptantrag)
b) auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung überreichten Ansprüche 1-15 (Hilfsantrag)
c) weiter hilfsweise, die Große Beschwerdekammer mit der Frage zu befassen, ob die Beschwerdekammer erst in der abschließenden mündlichen Verhandlung vorgelegte neue Anspruchsfassungen noch zu berücksichtigen hat.
Der Anspruch 1 nach Hauptantrag hat folgenden Wortlaut (unter Einführung einer Gliederung a), b) und c) im Kennzeichen):
Vorrichtung zur Messung des Füllstandes in einem mit Flüssigkeit zumindest teilweise gefüllten Behälter, insbesondere in einem Kraftstofftank, welche einen temperaturabhängigen elektrischen Widerstand enthält, der aus einer isolierenden Trägerfolie mit darauf angeordneter Metallschicht besteht und Vorrichtungen aufweist, die eine Beheizung des Widerstandes bewirken, und welche ein Meßgerät enthält, welches eine durch die Änderung des Füllstandes bewirkte Änderung des Widerstandswertes anzeigt und in welcher diese Änderung des Widerstandswertes als Maß für den Flüssigkeitsstand dient, dadurch gekennzeichnet, daß (a) die Metallschicht (2) aus Eisen oder Nickel besteht, (b) daß der Flächenwiderstand der Metallschicht (2) etwa 0,6 omega /cm2 beträgt, und (c) daß die Breite der Metallschicht (2) zumindest um den Faktor 10 größer ist als die Dicke der isolierenden Trägerfolie (3).
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag stellt eine Zusammenfassung der erteilten Ansprüche 1 und 9 dar.
IV. Zur Begründung ihres Antrages hat die Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:
Eine gattungsgemäße Vorrichtung sei aus 1) bekannt. In Anbetracht des im vorletzten Absatz auf S. 5 (maschinengeschriebene Numerierung) von 2) gegebenen Hinweises sei nicht anzuschließen, daß der Fachmann u.U. die Verwendung von Eisen oder Nickel als Schichtmaterial in Erwägung ziehen könne, wenngleich in 2) in erster Linie Gold als Schichtwerkstoff empfohlen werde.
Im Hinblick auf das Merkmal b) werde darauf hingewiesen, daß eine zu dünne Schicht (hoher Flächenwiderstand) zum Rauschen neige und dadurch kein verwertbares Augangssignal liefere, während eine zu dicke Schicht (kleiner Flächenwiderstand) für eine Messung des Füllstandes im Kraftstofftank eines Fahrzeuges wegen der dort vorhandenen Versorgungsspannung von nur 12 V (Batteriespannung) nicht geeignet sei. Der Flächenwiderstandswert von 0,6 Omega stelle den optimalen Wert in dem in Betracht zu ziehenden Bereich dar. Dieser sei in 2) nicht offenbart, da bei den in Frage kommenden Schichtdicken keine lineare Abhängigkeit des Flächenwiderstandes von der Schichtdicke bestehe, die dort angegebene Schichtdicke von 0,1 µm (letzter Abs. auf S. 8) nur für eine Goldschicht gelte und ansonsten nur ein sehr weiter Bereich für die Schichtdicke angegeben sei (letzter Abs. auf S. 8 und S. 9).
Mit der Bemessungsvorschrift gemaß Merkmal c) soll den mit der Wärmekapazitat der Trägerfolie zusammenhängenden schädlichen Einflüssen, wie Verzögerung der Anzeige des richtigen Wertes begegnet werden. In 2) finde sich kein Hinweis auf die Relation gemäß Merkmal c). Ein solches Verhältnis könne auch nicht aus den Zahlenangaben in 2) hergeleitet werden. In 2) sei nämlich klar zwischen dem Begriff "Schicht" und "Leiterbahn" unterschieden. So sei im 4. Abs. auf S. 2, im 5. Abs. auf S. 4 und 2. Abs. auf S. 6 von einer dünnen "Schicht" die Rede, welche die gewundene "Leiterbahn" bilde. Im 2. Abs. auf S. 3 erscheine der Ausdruck "gewendelte Leiterbahn" und im ersten Abs. auf S. 7 der analoge Ausdruck "schlangenförmige Leiterbahn". Gemäß dem 4. Abs. auf S. 6 weise der allgemeine Umriß der Leiterbahn die Form eines langgestreckten Rechteckes auf. Wenn nun im letzten Abs. auf S. 5 und in der ersten Z. auf S. 6 angegeben sei, daß die Breite der "Leiterbahn" 80 µm betrage, so könne sich diese Maßangabe nur auf die Breite des von der Mäanderform der Schicht (Fig. 1) abgedeckten Rechteckes beziehen und nicht auf die wesentlich kleinere Breite der Schicht. Schließlich könne auch nicht aus den Figuren 2 und 3 in 2) auf irgendwelche Abmessungen oder Bemessungsvorschriften geschlossen werden, da es sich um rein schematische Darstellungen handle. So sei in den Fig. 2 und 3 die Tiefe von 50 µm (S. 6, Z. 17) der Ausnehmung 20 etwa genau so groß dargestellt wie die Dicke der Trägerfolie, welche jedoch nur 2 µm (S. 6, Z. 7) betrage. Unter diesen Umständen belaufe sich bei dem Meßwiderstand nach 2) die Breite der Metallschicht nur auf einen kleinen Bruchteil von 80 µm, so daß, bezogen auf eine Foliendicke von 2 µm keinesfalls die Relation gemäß dem Merkmal c) erfüllt sei.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich mithin in mehrfacher Hinsicht vom Stande der Technik, so daß es zu seiner Konzipierung einer erfinderischen Tätigkeit bedurfte.
Im Zusammenhang mit dem zu Verhandlungsbeginn vorgelegten neuen Anspruchssatz nach Hilfsantrag führte die Beschwerdeführerin aus, daß ihr auch noch zum diesem Zeitpunkt die Möglichkeit der Unterbreitung eines eingeschränkten Patentbegehrens eingeräumt werden müsse. Im übrigen habe der Berichterstatter der Kammer in der Mitteilung vom 2. September 1985 zum Anspruch 9 Stellung genommen, welcher im Anspruch 1 nach Hilfsantrag aufgegangen sei. Falls die Kammer den Hilfsantrag nicht annehmen sollte, so sei die Große Beschwerdekammer mit dieser Frage zu befassen. Zu diesem Punkt wurde der Vertreter der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung von der Kammer auf folgende Dokumente hingewiesen:
Verfahrensordnung der Beschwerdekammern, veröffentlicht im Amtsblatt EPA 7/1980, S. 171-175 Hinweise für die Parteien im Beschwerdeverfahren und ihre Vertreter, veröffentlicht im Amtsblatt EPA 8/1984, S. 376-381 Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer 3.2.1 vom 9. Oktober 1984 in der Sache T 95/83, veröffentlicht im Amtsblatt EPA 3/1985, S. 75-84.
V. Die Einsprechende (Beschwerdegegnerin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde der Patentinhaberin nach Haupt- und Hilfsantrag.
Sie führte hierzu im wesentlichen folgendes aus:
Das Merkmal a) liege im Hinblick auf die Offenbarung in 2) für den Fachmann auf der Hand. Bediene man sich der in 2) angeführten Größenordnung für die Dicke der Schicht, so ergäben sich durchaus Flächenwiderstände in der Größenordnung von 0,6 omega (Merkmal b)). Schließlich könne kein Zweifel darüber bestehen, daß mit der Maßangabe von 80 µm in der ersten Z. auf S. 6 von 2) nur die Breite der Schicht gemeint sei, wozu auf die Figuren und den 3. Abs. auf S. 6 zu verweisen sei, wonach die Vertiefung (20) die gleiche gewundene Form wie die Leiterbahn (10) habe. Der aus 2) bekannte Meßwiderstand weise daher das Merkmal c) auf. Desweiteren seien in 2) die gleichen Probleme angesprochen wie sie mit der beanspruchten Vorrichtung gelöst werden sollen.
Der Fachmann brauche daher bei einer gattungsgemäßen Füllstandsmeßeinrichtung nach 1) nur das nachzuvollziehen, was in 2) offenbart sei, um zum Gegenstand nach Anspruch 1 zu gelangen. Hierzu bedürfe es keiner erfinderischen Tätigkeit.
Der Anspruchssatz nach Hilfsantrag sei wegen verspäteter Vorlage nicht zu berücksichtigen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie der Regel 64 EPÜ. Sie ist daher zulässig.
2. Nach Prüfung der im Verfahren befindlichen Druckschriften kommt die Kammer zu dem Ergebnis, daß die Vorrichtung zur Messung des Füllstandes nach Anspruch 1 gegenüber diesem Stand der Technik neu ist. Das braucht, da auch die Beschwerdegegnerin insoweit die Neuheit nicht bestritten hat, im einzelnen nicht belegt zu werden.
3. Die Prüfung, ob die Vorrichtung nach Anspruch 1 durch den Stand der Technik nahegelegt ist, ergibt folgendes:
3.1 Eine Vorrichtung mit den Gattungsmerkmalen des Anspruchs 1 ist aus der Druckschrift 1) bekannt. Hier wird als Schichtmaterial vorzugsweise Kupfer empfohlen (S. 3, 2.
Abs.). Über die Bemessung des Flächenwiderstandes und die Abmessungen der Metallschicht und der Trägerfolie finden sich in 1) keine Angaben.
3.2 Gemäß Sp. 2, Z. 14-24, der europäischen Patentschrift 9 252 ist es Aufgabe der Erfindung, eine gattungsgemäße Vorrichtung anzugeben, die die Messung des Füllstandes in Behältnissen mit geringem apparativen Aufwand, hoher Meßgenauigkeit und mit geringem Energieaufwand ermöglicht. Desweiteren soll die Vorrichtung zur Messung des Füllstandes von Behältnissen mit brennbaren, leicht flüchtigen Flüssigkeiten, vorzugsweise mti Vergaserkraftstoffen, geeignet sein, wobei die Messung mit einer sehr geringen Einstellzeit erfolgen soll.
Der apparative Aufwand bei der beanspruchten Vorrichtung ist der gleiche wie bei der aus 1) bekannten, welche zweifelsfrei auch für die Messung des Füllstandes in Kraftstoffbehältern eingesetzt werden kann. Die Erzielung einer hohen Meßgenauigkeit mit geringem Energieaufwand und einer kurzen Einstellzeit sind permanente Bestrebungen auf dem Gebiete der Meßtechnik. So wird mit dem in 2) beschriebenen temperaturabhängigen elektrischen Widerstand für eine Meßsonde eine kleine thermische Zeitkonstante und damit eine kurze Einstellzeit erreicht, vgl. dort den 2. und 3. Abs. auf S. 2. Die Aufgabenstellung vermag daher nichts Besonderes darzutun.
Dieser Aufgabenkomplex wird durch die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1 gelöst.
3.3 In Ermangelung spezieller Angaben über die Widerstandsschicht in 1) ist der Fachmann gehalten, sich auf dem einschlägigen Gebiet der Meßtechnik zwecks Gewinnung von Anregungen und Hinweisen umzusehen, wobei im vorliegenden Fall zumindestens der relativ enge Bereich der Meßtechnik zu berücksichtigen ist, der auf der Änderung eines elektrischen Widerstandes in Abhängigkeit von der Temperatur beruht. Auf diesem Gebiet liegt die Druckschrift 2), vgl. die Bezeichnung und den Wortlaut des Anspruchs 1. In der speziell genannten Messung von Strömungsgeschwindigkeiten (erster Abs. auf S. 2) ist nur ein bevorzugtes aber kein alleiniges Anwendungsgebiet für diese bekannte Sonde zu erblicken, vgl. hierzu auch den letzten Abs. auf S. 3. Es ist für den Fachmann ohne weiteres klar, daß die in 2) beschriebene Sonde bei einer hinreichenden Länge der Leiterbahn auch für Füllstandsmessungen eingesetzt werden kann.
3.4 Es gehört zum Grundwissen des Meßgerätebauers auf dem vorliegenden Gebiet, daß die Meßgenauigkeit und Empfindlichkeit umso höher ist, je größer der Temperaturkoeffizient des spezifischen elektrischen Widerstandes der Metallschicht ist, vgl. in der Streitpatentschrift, Sp. 2, Z. 54-59. Nickel und Eisen sind als Werkstoffe mit einer solchen Eigenschaft dem Fachmann hinreichend geläufig. Die entsprechenden Daten sind in mannigfachen Standardwerken und Handbüchern niedergelegt. Einen nicht zu übersehenden Hinweis für die bedarfsweise Verwendung von Eisen oder Nickel als Schichtmaterial vermittelt dem Fachmann die Druckschrift 2), wo im vorletzten Abs. auf S. 5 Eisen und Nickel angeführt sind. Wenn in 2) Gold als bevorzugtes Schichtmaterial angegeben ist, so hat dies seinen Grund in der besseren Korrosionsbeständigkeit. Zudem ist im dritten Abs. auf S. 7 ausdrücklich auf die Verwendung von anderen Metallen als Gold hingewiesen. Falls an das Korrosionsverhalten keine großen Anforderungen gestellt werden, stellt unter diesen Umständen die Verwendung von Eisen oder Nickel als Schichtwerkstoff (Merkmal a) eine dem Fachmann naheliegende und durch den Stand der Technik angeregte Maßnahme dar, die zur erfinderischen Tätigkeit nichts beitragen kann.
3.5 Die Druckschrift 2) ist ebenfalls für das Merkmal b) von Bedeutung. Vermittelt sie doch die Größenordnung in welcher die Dicke bzw. der Flächenwiderstand der Metallschicht anzusiedeln ist. So ist im letzten Abs. auf S. 8 und im ersten Abs. auf S. 9 angegeben, daß bei guter Homogenität der Aufdampfschichten der Wert von 0,1 µm unterschritten, u.U. aber auch ein Wert von 0,5 µ und darüber wünschenswert sein kann. Selbst wenn man unterstellt, daß dieser Bereich in erster Linie in Verbindung mit Goldschichten genannt ist, so ist auf Grund von unabdingbaren Anforderungen an die Homogenität und mechanische Festigkeit solcher Schichten ohne weiteres einleuchtend, daß für Eisen- oder Nickelschichten etwa der gleiche Dickenbereich in Frage kommt. Ziemlich in der Mitte dieses Bereiches liegt die Schichtdicke bei der beanspruchten Vorrichtung, nämlich bei 0,2 µm, vgl. Sp. 6, Z. 37, mit welcher gemäß Merkmal b) ein Flächenwiderstand von etwa 0,6 omega erzielt wird, ein Wert, welcher zwar auf Grund von Inhomogenitäten in solch dünnen Schichten höher, aber nicht wesentlich höher liegt als der aus den spezifischen Widerstandswerten errechnete, nämlich 0,34-0,47Ú für Nickel und 0,43-0,5 Ú für Eisen. Durch 2) wird mithin der in Betracht zu ziehende Dickenbereich für die Metallschicht abgesteckt. Wie die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, tritt bei einem Flächenwiderstandswert von 0,6 omega auch kein besonderer überraschender Effekt auf. Es handelt sich lediglich um die Optimierung des Wertes in einem Bereich, dessen obere Grenze durch ein verstärktes Rauschem im Meßsignal und dessen untere Grenze durch die in Kraftfahrzeugen zur Verfügung stehende Versorgungsspannung von 12 V festgelegt sind. Solche Optimierungsaufgaben gehören aber zu den fachmännischen Routinetätigkeiten, insbesondere dann, wenn wie im vorliegenden Fall der in Frage kommende Bereich durch den Stand der Technik bereits abgesteckt ist, in dem man das Optimum zu erwarten hat. Ergänzend wird bemerkt, daß der Wert von 0,6 omega Ú offensichtlich nur für die Füllstandsmessung im Tank eines Kraftfahrzeuges das Optimum darstellt vgl. Sp. 3, z. 22-25, so daß für andere Meßaufgaben, die nicht an eine Versorgungsspannung von 12 V gekoppelt sind, eine andere Bemessung des Flächenwiderstandes vorteilhafter sein kann. Nach der in keiner Weise erfinderischen Verwendung von Eisen oder Nickel als Schichtmaterial ist auch die Widerstandsbemessung einer solchen Schicht entsprechend Merkmal b) bar einer erfinderischen Tätigkeit.
3.6 Das Merkmal c) dient der Erzielung einer geringen Einstellzeit. Diese hängt von der Wärmekapazität (Masse) der Trägerfolie ab, welche zusätzlich eine störende Beeinflussung der Messung verursacht, vgl. in der Streitpatentschrift SP. 2, Z. 34-38 und 49-51. Die diesbezüglichen Zusammenhänge sind für den Fachmann ohne weiteres durchschaubar und es liegt auf der Hand, daß eine gattungsgemäße Vorrichtung umso ungenauer und träger arbeitet je ungünstiger das Verhältnis zwischen der durch die Beheizung des Filmes erzeugten Wärmeenergie und der Wärmekapazität der Trägerfolie ist. Bei der bekannten Meßsonde nach 2) mit einer kurzen thermischen Einstellzeit (dritter Abs. auf S. 2) liegt nun eine Relation zwischen der Breite der Metallschicht und der Dicke der Trägerfolie gemäß Merkmal c) vor. So beträgt bei einer Foliendicke von 2 µm (S. 6, Z. 7) die Breite der Metallschicht 80 µm (S. 6, Z. 1). Demnach ist die Breite der Metallschicht um den Faktor 40 größer als die Foliendicke. Die Beschwerdekammer kann sich nämlich der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung nicht anschließen, daß sich die Maßangabe von 80 µm in der ersten Z. auf S. 6 von 2) auf die Breite des von der mäanderförmigen Leiterbahn belegten Rechteckes beziehe und nicht auf die Breite der einzelnen Schlaufen des Mäanders. So kann den unter IV. angeführten Passagen und dem gesamten übrigen Inhalt von 2) lediglich der Umstand entnommen werden, daß die Leiterbahn, worunter offensichtlich der Mäander gemäß Fig. 1 zu verstehen ist, aus einer dünnen Schicht aus einem Widerstandsmaterial besteht. Im letzten Abs. auf S. 5 und in der ersten Z. auf S. 6 ist ausdrücklich angegeben, daß die Breite der Leiterbahn, nämlich die Abmessung längs der Schnittlinie A-A in Fig. 1 80 µm beträgt.
Diese Schnittlinie verläuft aber nicht durch den Schenkel einer Mäanderschlaufe sondern durch den zwei benachbarte Schenkel miteinander verbindenden Steg. Auch aus den Fig. 2 und 3 in Verbindung mit den Zahlenangaben für den Durchmesser des Tragkörpers 10 von 1 mm (S. 6, Z. 10) und die Tiefe der Vertiefung 20 von 50 µm (S. 6, Z. 17) ergibt sich unmißverständlich, daß mit der Maßzahl von 80 µm nur die Breite der einzelnen Mäanderschlaufen gemeint sein kann, selbst wenn man nur den schematischen Charakter solcher Darstellungen ins Auge faßt und keine maßstabsgetreue Wiedergabe unterstellt. So ist in der Fig. 2 die Tiefe der Vertiefung 20 in der richtigen Relation zum Durchmesser des Tragkörpers 16 dargestellt. Ebenso entspricht die Darstellung der Leiterbahn in Fig. 2 den Relationen und Abmessungen der Fig. 1. Lediglich die Dicke der Metallschicht und der Trägerfolie sind größer dargestellt. Dies ist offensichtlich zwangsweise dadurch bedingt, daß bei einer halbwegs maßstabsgetreuen Wiedergabe dieser beiden Abmessungen wegen ihrer Kleinheit (0,1 µm bzw. 2 µm) eine zeichnerische Darstellung nicht mehr möglich gewesen wäre. Folgte man schließlich der Ansicht der Beschwerdeführerin, so ergäbe sich für die eigentliche Leiterbahn eine Breite von nur 10 µm oder kleiner aus den Relationen der Fig. 1, d.h. ein Gebilde, das nur sehr subtil herzustellen ist und den betriebsmäßigen mechanischen Beanspruchungen in keiner Weise mehr gewachsen wäre.
Der Meßwiderstand nach 2) mit einer kurzen Einstellzeit verfügt demnach auch über eine Bemessung entsprechend dem Merkmal c). Es liegt für den Fachmann auf der Hand, diese als günstig erkannte Relation zwischen der Schichtbreite und der Foliendicke auch dann beizubehalten, wenn z.B. bedingt durch die jeweilige Meßaufgabe eine andere Dicke der Trägerfolie notwendig wird. Auf diese Weise wird nämlich für den Fachmann ohne weiteres durchschaubar die Anschlußleistung an die Wärmekapazität angepaßt.
Es vermag somit auch das Merkmal c) mangels erfinderischer Tätigkeit dem Gegenstand des Anspruchs 1 nicht zur Patentfähigkeit zu verhelfen.
3.7 Auch in der Vereinigung des Merkmals c) mit den Merkmalen a) und b) kann nichts Besonderes erblickt werden. Die einzelnen Maßnahmen werden nämlich nur für sich wirksam. So ist es für die Anwendung des Merkmals c), um den schädlichen Einflüssen der Wärmekapazität der Trägerfolie zu begegnen, belanglos, aus welchem Material die Schicht besteht und ob ein Flächenwiderstand von 0,6 omega vorliegt.
3.8 Die Vorrichtung nach Anspruch 1 erweist sich mithin als das Ergebnis einfacher, sich im Stand der Technik und am physikalischen Grundwissen orientierender fachmännischer Überlegungen, um ihr die ohne weiteres als erstrebenswert erkennbaren aufgabengemäßen Eigenschaften zu verleihen. Sie beruht demnach nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Art. 56 EPÜ. Anspruch 1 nach Hauptantrag ist daher nicht gewährbar (Art. 52 (1) EPÜ).
3.9 Die erteilten geltenden Ansprüche 2-16 sind auf den Anspruch 1 rückbezogen. Da Anspruch 1 nicht gewährbar ist, können auch die von ihm getragenen Ansprüche nicht gewährt werden.
4.1 Nach Art. 11 (3) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern, hat sich die Kammer zu bemühen, daß am Ende einer mündlichen Verhandlung die Sache entscheidungsreif ist, sofern nicht besondere Umstände vorliegen. Dieses Gebot für die Beschwerdekammern läßt sich im allgemeinen nicht realisieren, wenn erst in der mündlichen Verhandlung, insbesondere in einer solchen mit mehreren Parteien, neue Patentansprüche vorgelegt werden. Dementsprechend werden in den "Hinweisen für die Parteien im Beschwerdeverfahren und ihre Vertreter", welche gemäß dem einleitenden Absatz auf S. 376 auch für Beschwerden im Einspruchsverfahren anzuwenden sind, unter 2.2 (Einreichung von Änderungen) die Anmelder (Patentinhaber) darauf hingewiesen, daß Änderungen so frühzeitig wie möglich eingereicht werden sollen und der Anmelder damit rechnen muß, daß die Kammer nicht rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung vorgelegte neue Unterlagen nicht berücksichtigt. Die Rechtsgrundlage hierfür bildet die auch im Beschwerdeverfahren anzuwendende (Regel 66 (1) EPÜ) Regel 86 (3) EPÜ, wonach Änderungen der Zustimmung der Prüfungsabteilung (Kammer) bedürfen. Der Umstand, daß die Beschwerdekammern dementsprechend verfahren, sollte der Beschwerdeführerin auch aus der veröffentlichten Entscheidung in der Sache T 95/83 bekannt sein, wonach nicht rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung eingereichte Unterlagen von der Kammer in der Regel nur unter ganz besonderen Umständen, d.h. wenn sowohl für die Änderung als auch für ihre verspätete Einreichung ein triftiger Grund vorliegt, sachlich berücksichtigt werden. Solche besonderen Umstände (z.B. in Form von relevanten Fakten, die erstmalig in der mündlichen Verhandlung auftauchen) sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. So wurde bereits im Einspruchsverfahren der Patentinhaberin von der Einspruchsabteilung eine evtl. Zusammenfassung der erteilten Ansprüche 1 und 9 empfohlen, welche jedoch abgelehnt wurde, vgl. die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 1984 und den letzten Absatz auf S. 6 der Widerrufsentscheidung vom 23. November 1984. Lediglich aus dem Umstand, daß der Berichterstatter der Kammer in der Mitteilung vom 2. September 1985 zum Gegenstand des Anspruchs 9 wie zu denen von anderen abhängigen Ansprüchen relevante Druckschriften genannt hat, kann keineswegs der Schluß gezogen werden, daß die Kammer dem Anspruch 9 eine besondere Bedeutung beigemessen habe und sich deshalb auf die Vorlage des Anspruchssatzes nach Hilfsantrag eingestellt habe. Ausweislich des Rückscheines wurde die Ladung zu der zunächst für den 19. November 1985 anberaumten Verhandlung, welche später auf Antrag der Einsprechenden auf den 5. Dezember 1985 verschoben worden ist, der Beschwerdeführerin am 3. September 1985 zugestellt. Falls die Patentinhaberin nicht schon mit der Beschwerdebegründung neue Unterlagen für den Hilfantrag unterbreiten wollte - der Verlauf des Einspruchsverfahrens hätte hierzu durchaus Anlaß geben können - stand in dem Zeitraum von drei Monaten zwischen der Ladung und der Verhandlung genügend Zeit für eine rechtzeitige Vorlage neuer Unterlagen zur Verfügung. Schließlich waren die Ausführungen in der Mitteilung vom 2. September 1985 keineswegs dazu angetan, bei der Beschwerdeführerin den Eindruck zu erwecken, daß die Kammer gegen die Gewährbarkeit der erteilten Ansprüche keine Bedenken hätte und daher die Einreichung neuer (eingeschränkter) Unterlagen überhaupt nicht ins Auge zu fassen sei. Irgendwelche triftigen Gründe oder besonderen Umstände für die erstmalige Vorlage des Anspruchssatzes nach Hilfsantrag in der mündlichen Verhandlung wurden von der Beschwerdeführerin nicht vorgebracht. Letztlich darf auch nicht übersehen werden, daß durch die Vorlage neuer Ansprüche erst in einer Verhandlung nicht nur die Kammer sondern auch die Einsprechende vor eine Situation gestellt werden, auf die sie nicht vorbereitet sind und die daher eine sachliche Stellungnahme erschwert, wenn nicht gänzlich unmöglich macht.
Lediglich am Rande sei bemerkt, daß keineswegs feststeht, ob dem Hilfsantrag ein Erfolg hätte beschieden sein können.
Unter diesen Umständen war für die Kammer keine Möglichkeit gegeben, einer evtl. Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des Hilfsantrages näherzutreten.
4.2 Da die der Kammer vorgelegte Frage im Übereinkommen eindeutig geregelt ist, die entsprechenden Informationen und Hinweise im Amtsblatt EPA veröffentlicht sind und eine sich nahtlos mit der getroffenen Entscheidung deckende, veröffentlichte Spruchpraxis der Beschwerdekammern vorliegt, sieht die Kammer keinen Anlaß, die Große Beschwerdekammer zu befassen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:
1. Die Beschwerde im Rahmen des Hauptantrages wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag, der Aufrechterhaltung des Patents die in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen nach Hilfsantrag zugrundezulegen, wird zurückgewiesen.
3. Der Antrag, die von der Patentinhaberin formulierte Frage der Großen Beschwerdekammer vorzulegen, wird abgelehnt.