T 0181/84 () of 24.3.1987

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1987:T018184.19870324
Datum der Entscheidung: 24 März 1987
Aktenzeichen: T 0181/84
Anmeldenummer: 79101559.7
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verstellbares Ecklager für Dreh-Kippflügel von Fenstern, Türen oder dgl.
Name des Anmelders: Siegenia-Frank KG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 123(3)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit
Umformulierung eines rückbezogenen Patentanspruchs
inventive step
reformulation of a dependent claim
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0288/89

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die am 22. Mai 1979 angemeldete europäische Patentanmeldung 79 101 559.7, für die die Priorität einer früheren Anmeldung vom 23. Juni 1978 in Anspruch genommen wird, ist am 5. August 1981 das elf Patentansprüche umfassende europäische Patent 0 006 440 erteilt worden.

II. Gegen das erteilte Patent haben zwei Einsprechende Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent zu widerrufen, da der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 nicht neu sei bzw. nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

III. Durch Entscheidung vom 7. Juni 1984 hat die Einspruchsabteilung das europäische Patent 0 006 440 widerrufen mit der Begründung, daß der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 im Hinblick auf die Dokumente DE-U-1 783 611 und 7 504 333 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

IV. Gegen diese Entscheidung hat die Patentinhaberin am 27. Juli 1984 unter gleichzeitiger Entrichtung der Gebühr Beschwerde erhoben.

Mit der am 11. Oktober 1984 eingegangenen Beschwerdebegründung hat sie zwei unabhängige Patentansprüche sowie sieben abhängige Patentansprüche eingereicht und die Gründe vorgetragen, die nach ihrer Ansicht für die erfinderische Qualität der Gegenstände der Patentansprüche 1 und 2 sprechen.

V. In der mündlichen Verhandlung am 24. März 1987 begründete die Patentinhaberin noch einmal ihre Auffassung und beantragte, das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüchen 1 bis 9 und diesen angepaßten Beschreibungsteilen, im übrigen mit den erteilten Unterlagen aufrechtzuerhalten. Die Einsprechenden beantragten, die Zurückweisung der Beschwerde, da der neue unabhängige Patentanspruch 2 in der Weise geändert worden sei, daß dessen Schutzbereich entgegen der Vorschrift des Artikels 123 (3) EPÜ erweitert sei, und da der Gegenstand des neuen Patentanspruchs 1 im Hinblick auf die den Dokumenten DE-U-1 783 611, DE-U-7 504 333, Prospekt "Jet 77 G.U.-Drehkippbeschlag" sowie DE-A-2 527 348 zu entnehmenden Lehren nichts Erfinderisches mehr aufweise.

VI. Die geltenden unabhängigen Patentansprüche lauten wie folgt:

1. Verstellbares Ecklager für Dreh-Kippflügel von Fenstern, Türen od. dgl. mit einem am feststehenden Rahmen über eine Stützplatte (1) anschraubbaren sowie mit mindestens einem rückseitig über die Stützplatte (1) vorstehenden Gewindeglied (8) in eine Bohrung des feststehenden Rahmens eingreifenden Lagerbock (11), der einen um eine horizontale Achse kippbaren Gelenkbolzen (18) trägt, welcher in ein am Flügel mit dessen seitlicher, lotrechter Drehachse (6-6) fluchtend angeordnetes Gelenkband stützend eingreift, wobei der Lagerbock (11) relativ zur Stützplatte (1) und quer zur Ebene des feststehenden Rahmens über das Gewindeglied (8) verstellbar ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Stützplatte (1) mit parallel zur Achsrichtung des Gewindegliedes (8) über ihre Vorderseite vorstehenden, starren Führungsnocken (5) versehen ist, die der Lagerbock (11) mit rückseitig eingeformten Führungskulissen (12) formschlüssig umgreift, daß das Gewindeglied (8) einerseits in der Stützplatte (1; Fig. 3) nur drehbar, aber unverschiebbar gelagert ist, während es andererseits durch Drehung axial relativ verstellbar in den Lagerbock (11; Fig. 3)eingreift, daß die Führungsnocken (5) durch zwei parallele Zapfen gebildet sind, die in passende Führungslöcher (12) des Lagerbockes (11) hineinragen, während das Gewindeglied (8) zwischen diesen Zapfen (5) in der Stützplatte (1) drehbar lagert und mit einem nach rückwärts einstückig angeformten, glatten sowie über diese hinausragenden Verlängerungsschaft (9) drehbar in die Bohrung des feststehenden Rahmens eingreift (Fig. 2 und 3), und daß dabei Stützplatte (1) und Lagerbock (11) oberhalb der Führungslöcher (12) und Führungszapfen (5) jeweils Durchgangslöcher (4, 13) aufweisen, durch die Befestigungsschrauben in den feststehenden Rahmen eindrehbar sind (Fig. 4).

2. Verstellbares Ecklager für Dreh-Kippflügel von Fenstern, Türen od. dgl. mit einem am feststehenden Rahmen über eine Stützplatte (1) anschraubbaren sowie mit mindestens einem rückseitig über die Stützplatte (1) vorstehenden Gewindeglied (8) in eine Bohrung des feststehenden Rahmens eingreifenden Lagerbock (11), der einen um eine horizontale Achse kippbaren Gelenkbolzen (18) trägt, welcher in ein am Flügel mit dessen seitlicher, lotrechter Drehachse (6-6) fluchtend angeordnetes Gelenkband (37) stützend eingreift, wobei der Lagerbock (11) relativ zur Stützplatte (1) und quer zur Ebene des feststehenden Rahmens über das Gewindeglied (8) verstellbar ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Stützplatte (1) mit einem parallel zur Achsrichtung des Gewindegliedes (8) über ihre Vorderseite vorstehenden, starren Führungsnocken (25) versehen ist, den der Lagerbock (11) mit einer rückseitig eingeformten Führungskulisse (28) formschlüssig umgreift, daß das Gewindeglied (8) einerseits am Lagerbock (11; Fig. 7) drehbar, aber unverschiebbar lagert, während es andererseits durch Drehung axial relativ verstellbar in die Stützplatte (1; Fig. 7) eingreift, daß ein Mehrkantansatz der Stützplatte (1) als Führungsnocken (25) ausgebildet ist, der in eine entsprechende Mehrkantvertiefung (28) des Lagerbocks (11) eingreift und eine koaxiale Bohrung (26) aufweist, in die ein Hals (29) des Lagerbockes (11) hineinragt, und daß im Hals (29) des Lagerbockes (11) das Gewindeglied (8) mit einem glatten Schaftabschnitt (33) ausschließlich drehbar lagert, während es mit seinem Gewindeabschnitt (32) in eine Gewindebohrung (27) eingreift, die sich in dem als Tragbolzen oder -zapfen in die Bohrung des feststehenden Rahmens hineinragenden Verlängerungsschaft (9) der Stützplatte (1) befindet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.

2. Die Merkmale der geltenden unabhängigen Patentansprüche 1 und 2 sind den Unterlagen, mit denen das Patent erteilt worden ist, als Bestandteil der unter Schutz gestellten Erfindung zu entnehmen.

Der Patentanspruch 1 ist auf die in den erteilten Patentansprüchen 2 und 3 angegebene Ausführungsform des im erteilten Patentanspruch 1 gekennzeichneten Ecklagers gerichtet, für das u.a. charkteristisch ist, daß es mehrere Führungsnocken und Führungskulissen aufweist. Gegen den neuen Patentanspruch 1 sind auch seitens der Einsprechenden keine Einwendungen erhoben worden. Der geltende Patentanspruch 2 geht auf den erteilten Patentanspruch 6 zurück. Es ist richtig, daß dieser Patentanspruch auf den (erteilten) Patentanspruch 1 rückbezogen war. Der Fachmann konnte beim Lesen der Patentschrift (vgl. dort Beschreibung, Spalte 3, Zeilen 10 bis 15; Spalte 5, Zeile 37 bis Spalte 6, Zeile 27; Figuren 6 und 7 der Zeichnung) jedoch auf den ersten Blick erkennen, daß Gegenstand des Anspruchs 6 nicht eine besondere Ausführungsform des Ecklagers nach Patentanspruch 1, sondern eine andere Ausführungsform eines Ecklagers nach der Erfindung war, die sich von dem Lager nach dem erteilten Patentanspruch 1 dadurch unterscheidet, daß sie nicht mehrere Führungsnocken und Führungskulissen, sondern nur einen Nocken und eine Kulisse (Mehrkantvertiefung) aufweist. Zwischen den erteilten Patentansprüchen 1 und 6 sowie den zu ihrer Auslegung heranzuziehenden Teilen der Beschreibung und den in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispielen bestand mithin ein Widerspruch. Er ist durch die Umformulierung des auf den erteilten Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentanspruchs 6 in den unabhängigen Patentanspruch 2 beseitigt worden. Sie stellt mithin eine Klarstellung des Gegenstands der Erfindung im Sinne des Artikels 84 EPÜ dar, durch die im Hinblick auf Artikel 69 (1) Satz 2, nach dem die Beschreibung und Zeichnungen zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen sind, mögliche Zweifel über den Schutzbereich vermieden werden.

Der Ersatz des im Oberbegriff des erteilten Patentanspruchs 1 verwendeten Begriffs "Tragbolzen oder - zapfen" durch "Gewindeglied" im Oberbegriff der Patentansprüche 1 und 2 ist zulässig. Hierdurch ist der nächstkommende Stand der Technik nach der DE-U-1 783 611 ausreichend berücksichtigt. Die Einfügung der Worte "als Tragbolzen oder -zapfen" in das aus dem Patentanspruch 6 übernommene letzte Merkmal im geltenden Patentanspruch 2 und die anderen Änderungen in den Patentansprüchen sowie in der Beschreibung dienen der weiteren Verdeutlichung des Inhalts dieser Patentansprüche oder stellen Berichtigungen dar.

Die geltenden Patentansprüche 3 bis 9 sind identisch mit den erteilten Patentansprüchen 4, 5 sowie 7 bis 11.

Der Schutzbereich der Patentansprüche ist daher nicht erweitert worden (Artikel 123 (3) EPÜ).

3. Die Herleitung des Oberbegriffs der Patentansprüche 1 und 2 aus der DE-U- 1 783 611 ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Das durch dieses Dokument bekanntgewordene Ecklager kommt der Erfindung deshalb am nächsten, weil es ohne Herstellung einer Ausnehmung am feststehenden Rahmen befestigt werden kann (vgl. im übrigen hierzu die Ausführungen in den beiden folgenden Kapiteln).

Es ist bekannt, verstellbare Ecklager für Dreh-Kippflügel von Fenstern, Türen od. dgl. dann vorzusehen, wenn der zur Dichtung erforderliche Anpreßdruck des geschlossenen Flügels gegen den feststehenden Rahmen bedarfsabhängig verstellbar sein soll. Für eine dauerhaft einwandfreie Funktion der Fenster und Türen ist es notwendig, daß das Ecklager unter der Einwirkung schwerer Flügel einen dauerhaft sicheren Sitz am feststehenden Rahmen behält (Spalte 1, Zeilen 16 bis 38 der EP-B-6440).

Ein diesen Anforderungen entsprechendes Ecklager für Dreh-Kippflügel ist bekannt aus der DE-A-2 527 348. Dieses Ecklager hat ein Gehäuse, das in eine an das Gehäuse angepaßte Ausnehmung eines feststehenden Rahmens eingesetzt wird und einen Lagerbock trägt, der relativ zu dem Gehäuse und quer zu dem feststehenden Rahmen verstellbar ist, ohne daß zu diesem Zweck das Gelenkband des Flügels aus dem Gelenkbolzen des Lagerbocks ausgehängt werden muß. Das Gehäuse erhöht zwar die Tragfähigkeit des Ecklagers, kann jedoch nicht auf den Rahmen aufgeschraubt, sondern muß in die durch Ausfräsung hergestellte Ausnehmung eingelassen werden. Daher ist dieses bekannte Ecklager für ein aus Kunststoff-Hohlprofilen bestehendes Fenster ungeeignet (Spalte 2, Zeilen 2 bis 29 der EP-B-6440).

Diesen Nachteil weist das aus der DE-U- 1 783 611 bekannte verstellbare Ecklager nicht auf. Dieses Lager kann an einem feststehenden Rahmen unabhängig von dem zu dessen Herstellung verwendeten Werkstoff und dessen Bauart problemlos angeschlagen werden, da sein Lagerbock an einer Stützplatte angeordnet ist, die an dem feststehenden Rahmen angeschraubt wird. Der Lagerbock ist über einen Gewindezapfen relativ zur Stützplatte und quer zur Ebene des feststehenden Rahmens verstellbar. Eine Verstellung kann aber nur vorgenommen werden, nachdem zuvor das Gelenkband des Flügels mit dem vom Lagerbock kippbar getragenen Gelenkbolzen außer Eingriff gebracht worden ist (Spalte 1, Zeile 47 bis Spalte 2, Zeile 1 der EP-B-6440).

4. Die Erfindung befaßt sich mit einem solchen Ecklager, das an dem feststehenden Rahmen angeschraubt wird. Ihr liegt die Aufgabe zugrunde, das aus der DE-U-1 783 611 bekannte Ecklager so auszubilden, daß es sich auch bei hoher Tragfähigkeit problemlos an jedem feststehenden Rahmen anschlagen läßt, zugleich aber eine Nachstellung der Dichtungslage ermöglicht, ohne daß hierzu das Gelenkband des Flügels aus dem kippbaren Gelenkbolzen ausgehängt werden muß (Spalte 2, Zeile 43 bis 58 und Spalte 6, Zeile 43 bis 51 der EP-B-6440).

Diese Aufgabe ist gegenüber der DE-U-1 783 611 zutreffend formuliert. Aus dieser Formulierung geht klar hervor, daß es entgegen der Auffassung der Einsprechenden nicht um die Lösung von drei isoliert nebeneinanderstehenden Teilaufgaben -problemloses Anschlagen eines Ecklagers an einem feststehenden Rahmen, Erhöhung der Tragfähigkeit des Ecklagers und Nachstellen der Dichtungsanlage zwischen Flügel und feststehendem Rahmen - geht, sondern daß ein an jedem feststehenden Rahmen problemlos anzuschlagendes Ecklager geschaffen werden soll, das in der Lage ist, auch große Kräfte aufzunehmen, zugleich aber einfacher verstellbar ist als das bekannte Lager. Die Aufgabe ist daher nicht zu beanstanden.

5. Die obige Aufgabe wird durch die Lehre des Patentanspruchs 1 bzw. 2 gelöst. Die sich aus dem Gewicht des Flügels ergebende und über den Gelenkbolzen in den Lagerbock eingeleitete Kraft wird einerseits von dem Gewindeglied über die Bohrung im feststehenden Rahmen direkt und andererseits über die bzw. den mit dem Lagerbock in formschlüssiger Verbindung stehenden Führungsnocken der an dem feststehenden Rahmen anschraubbaren Stützplatte indirekt in den feststehenden Rahmen weitergeleitet, und der Lagerblock kann praktisch stufenlos verstellt werden, ohne daß das Gelenkband außer Eingriff gebracht zu werden braucht.

6. Verstellbare Ecklager nach den geltenden Patentansprüchen 1 und 2 sind durch keines der vorliegenden Dokumente bekanntgeworden. Da die Einsprechenden die Neuheit des Gegenstandes dieser Patentansprüche nicht bestritten haben, erübrigt sich insoweit eine Begründung.

7. Zur Frage, ob der vorliegende Stand der Technik diese Lehre nahelegen konnte, ist folgendes auszuführen:

7.1. Wie schon im obigen Abschnitt 3 erwähnt, betrifft die DE-A-2 527 348 ein Ecklager für Dreh-Kippflügel, das auch unter hoher Krafteinwirkung stufenlos verstellbar ist. Bei diesem Ecklager wird die aus dem Gewicht des Flügelsresultierende Kraft über ein als Lagerblock dienendes Schaftteil in das in eine Ausnehmung im Rahmen eingesetzte Gehäuse und von diesem in den feststehenden Rahmen übertragen, wogegen die Verstellung des Schaftteils quer zur Rahmenebene durch ein Schraubenglied erfolgt, das achsparallel zu dem Schaftteil im Gehäuse gelagert ist und über einen segmentartigen Umfangsteil mit einem Gewindebereich des Schaftteils - nach Art eines Schneckentriebs - in Dauereingriff steht. Diese Lehre, nämlich das Schaftteil nur zur Kraftübertragung auf das Gehäuse und den feststehenden Rahmen zu verwenden, für das Verstellen des Lagerbocks dagegen ein besonderes Verstellglied vorzusehen, ist an das in den feststehenden Rahmen einsetzbare Gehäuse gebunden. Es führt daher von der Lehre der Erfindung weg, gemäß der die auf das Ecklager einwirkende Kraft so aufgeteilt wird, daß das Gewindeglied soweit entlastet wird, daß es seiner Verstellfunktion klemmfrei nachzukommen vermag, ohne daß auf die an dem feststehendem Rahmen anschraubbare Stützplatte verzichtet werden muß.

7.2. Die DE-U-7 504 333 betrifft Türbänder, die jeweils mit einem in einem Halteelement gelagerten Gewindebolzen an einem feststehenden Türrahmen befestigbar sind. Die Türbänder sind mit Hilfe des Gewindebolzens quer zur Ebene des Türrahmens verstellbar. Des weiteren können nach den Figuren 1 und 7 parallel zum Gewindebolzen verlaufende Zapfen vorgesehen sein, die in eine entsprechende Bohrung des Türrahmens oder des Rahmenteils der Türbänder hineinragen. Sie dienen der winkelrichtigen Ausrichtung dieser Türbänder.

Abgesehen davon, daß Türbänder mindestens paarweise verwendet werden, nimmt bei diesen bekannten Türbändern der Gewindebolzen allein die Last des Türflügels auf und leitet demzufolge die daraus resultierende Kraft allein in den Türrahmen ein. Die Ausrichtzapfen sind hieran nicht beteiligt. Der der alleinigen Kraftübertragung und zugleich der Verstellung des Türbands dienende Gewindebolzen unterliegt daher großen Reibungskräften. Ein derartiges Türband kann daher keine Anregung geben, bei einem Ecklager gemäß der DE-U-1 783 611 die vom Lagerbock aufzunehmenden Kräfte so aufzuteilen und weiterzuleiten, daß eine klemmfreie Verstellung des Gewindeglieds jederzeit gegeben ist.

7.3. Der Prospekt "Jet 77 G.U. - Drehkippbeschlag" zeigt auf Blatt 3 ein Ecklager für Dreh-Kippflügel für Fenster und Türen, dessen Flügelandruck in eingebautem Zustand regulierbar ist. Auch bei diesem Ecklager wird die vom Lagerbock aufgenommene Kraft allein durch das Gewindeglied auf die mit glatten Einbohrzapfen an einem feststehenden Rahmen befestigbare Stützplatte übertragen. Weitere Anregungen sind diesem Dokument nicht zu entnehmen.

7.4. Der Inhalt der übrigen Entgegenhaltungen, kommt dem Ecklager nach Patentanspruch 1 bzw. 2 nicht näher als das, was der Fachmann den in den Abschnitten 7.1 bis 7.3 erörterten Dokumenten entnimmt.

7.5. Aus dem Vorstehenden ergibt sich ferner, daß auch eine Zusammenfassung der dem Stand der Technik zu entnehmenden Lehren dem Fachmann keine Anregung geben konnte, aufgrund deren er ohne erfinderische Tätigkeit zu einem Ecklager gemäß der Lehre des Patentanspruchs 1 und des Patentanspruchs 2 gelangt.

7.6. Das Ecklager nach den geltenden unabhängigen Patentansprüchen 1 und 2 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

8. Das Patent kann daher mit den geänderten Patentansprüchen 1 und 2, den Patentansprüchen 3 bis 9, die besondere Ausführungsformen der unabhängigen Patentansprüche betreffen, und der geänderten Beschreibung aufrechterhalten werden.

9. Vom Erlaß einer Mitteilung nach Regel 58 (4) EPÜ an die Beteiligten hat die Kammer abgesehen. Nach gefestigter Rechtsprechung ist diese Mitteilung im Einspruchsbeschwerdeverfahren nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung nur dann erforderlich, wenn den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung eine abschließende sachliche Stellungnahme zu der Änderung des europäischen Patents nicht zuzumuten ist (vgl. Entscheidungen T 219/83 -ABl EPA 1986, 211 und T 185/84 - ABl EPA 1986, 373). Diese Sachlage war im vorliegenden Fall nicht gegeben. Bei den Änderungen handelt es sich nur um eine Verdeutlichung der durch die unabhängigen Patentansprüche vermittelten Lehre bzw. um eine diese Änderungen berücksichtigende Anpassung der Beschreibung. Die Vertreter der Einsprechenden haben in der Verhandlung auch nicht zu erkennen gegeben, daß sie zur Prüfung eine längere Bedenkzeit benötigen.

Gründe für eine Mitteilung nach Regel 58 (4) EPÜ waren für die Kammer mithin nicht ersichtlich. Auf die Zustellung dieser Mitteilung konnte daher verzichtet werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückverwiesen, das europäische Patent 6440 mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

Patentansprüche 1 - 9, überreicht in der mündlichen Verhandlung,

drei Beschreibungsteile als Ersatz für Spalte 1, Zeilen 2 - 15, Spalte 2, Zeilen 59 - 62 und Spalte 3, Zeilen 6 - 29 der Beschreibung, im übrigen mit den erteilten Unterlagen.

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