T 0085/84 () of 14.1.1986

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1986:T008584.19860114
Datum der Entscheidung: 14 Januar 1986
Aktenzeichen: T 0085/84
Anmeldenummer: 79101542.3
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Betrieb einer Druck-Wechsel- Adsorption-Anlage
Name des Anmelders: Bayer Antwerpen
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 104
European Patent Convention 1973 R 63(1)
Schlagwörter: Kostenverteilung/nicht durchgeführte mündl.Verhandlung
award of costs/oral proceedings not taken place
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0695/89
T 0399/92
T 0432/92
T 0772/95
T 0086/10
T 0695/18

Sachverhalt und Anträge

I. Der gegen das europäische Patent Nr. 6138 (Anmeldenummer 79 101 542.3) eingelegte Einspruch wurde mit Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts vom 31. Januar 1984 zurückgewiesen.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende zulässig Beschwerde eingelegt. Beide Parteien haben hilfsweise mündliche Verhandlung beantragt. Mit Verfügung vom 22. März 1985 wurden die Parteien zu einer mündlichen Verhandlung, die am 23. Mai 1985, 9.00 Uhr, stattfinden sollte, geladen. Eine Mitteilung der technischen Beschwerdekammer 3.4.1 gemäß Artikel 11 (2) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern war beigefügt.

III. Mit Telex vom 21. Mai 1985, 14.58 Uhr, teilte die Beschwerdeführerin der Beschwerdekammer mit, daß sie die Beschwerde zurückziehe. Die Bestätigung dieses Telex ist am 22. Mai 1985 eingegangen. Nach dem Wortlaut des Telex hat die Beschwerdeführerin am 21. Mai 1985 mit gleichlaufendem Fernschreiben den Vertreter der Beschwerdegegnerinnen entsprechend informiert. Die Geschäftsstelle der Beschwerdekammer hat mit Telex vom 21. Mai 1985, 16.17 Uhr, den Vertreter der Beschwerdegegnerinnen benachrichtigt, daß die mündliche Verhandlung aufgehoben sei, nachdem die Beschwerdeführerin die Beschwerde zurückgezogen habe.

IV. Mit Schreiben vom 29. Juli 1985 beantragte der Vertreter der Beschwerdegegnerinnen eine Kostenfestsetzung gemäß Artikel 104 EPÜ mit der Begründung, daß er am 22. Mai 1985 morgens von Leverkusen nach München gereist sei, um die Verhandlung mit der zweiten Patentinhaberin, der Fa. Linde, vorzubereiten. Das Fernschreiben der Geschäftsstelle der Beschwerdekammern sei bei der Fernschreibstelle der Bayer AG am 21. Mai 1985 um 16.20 Uhr eingegangen und ebenso wie das Fernschreiben der Beschwerdeführerin nicht mehr an die Patentabteilung weitergeleitet worden. Von der Zurücknahme der Beschwerde habe er erst am Morgen des 22. Mai 1985 in München erfahren. Eine frühere Mitteilung über die Zurücknahme der Beschwerde hätte die im Zusammenhang mit der vorgesehenen mündlichen Verhandlung erwachsenen Kosten vermieden. Er halte es auch für ein unverständliches (und damit schuldhaftes Verhalten), daß der Vertreter der Beschwerdeführerin es unterlassen habe, ihn telefonisch über die Zurücknahme der Beschwerde zu informieren.

V. In seiner Erwiderung trägt der Vertreter der Beschwerdeführerin vor, daß die Diskussion mit der Einsprechenden - eine US-Firma - über die Mitteilung der technischen Beschwerdekammer eine nicht unerhebliche Zeit in Anspruch genommen habe. Er habe die Beschwerdekammer und den Vertreter der Beschwerdegegnerinnen, letzteren jedenfalls vor 16.13 Uhr, am 21. Mai 1985 mittels Fernschreiben (Kopie des Fernschreibens an die Beschwerdegegnerinnen wurde vorgelegt) über die Zurücknahme der Beschwerde informiert. Wenn das Fernschreiben innerhalb der Fa. Bayer AG sofort an den Vertreter der Beschwerdegegnerinnen weitergeleitet worden wäre, hätten die Fahrtkosten ohne weiteres vermieden werden können. Es bestehe daher keine Veranlassung zu einer Kostenauferlegung.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig. Die Zurückziehung der Beschwerde hat zur Folge, daß die Entscheidung der Einspruchsabteilung rechtskräftig geworden ist.

2. Die Beschwerdekammer hat daher nur noch eine Entscheidung über die Verteilung der Kosten zu treffen, welche durch die Anberaumung der von beiden Parteien beantragten mündlichen Verhandlung den Patentinhabern erwachsen sind.

3. Die Kostenverteilung regelt Artikel 104 in Verbindung mit Regel 63 (1) EPÜ. Es kann dahingestellt bleiben, ob im vorliegenden Fall Artikel 104 EPÜ überhaupt anwendbar ist, da unter (1) dieses Artikels nur von Kosten die Rede ist, die durch eine mündliche Verhandlung verursacht worden sind. Eine solche hat jedoch nicht stattgefunden, so daß es fraglich erscheint, ob die notwendigen Voraussetzungen für eine Kostenentscheidung, nämlich eine mündliche Verhandlung, überhaupt gegeben sind.

4. Selbst bei Anwendung des Artikels 104 EPÜ sieht die Kammer keinen Anlaß, die im Zusammenhang mit der anberaumten mündlichen Verhandlung den Beschwerdegegnerinnen entstandenen Kosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen. Artikel 104 (1) EPÜ legt fest, daß im Einspruchsverfahren jeder Beteiligte, die ihm erwachsenen Kosten selbst trägt. Ein Abweichen von diesem Grundsatz bedarf besonderer Umstände, die eine einseitige Kostenauferlegung billig erscheinen lassen (vgl. T170/83 JO 20.12.1984, S. 605 - 613). Bei einer Zeitspanne von ca. 2 Monaten zwischen der Zustellung der Ladungsverfügung und dem Verhandlungstermin ist zwar die Zurücknahme der Beschwerde weniger als 48 Stunden vor dem Verhandlungstermin als äußerst kurzfristig anzusehen, selbst unter dem Aspekt, daß die der Ladungsverfügung beigegebene Mitteilung des Berichterstatters eine eingehende Erörterung der Sachlage zwischen der Einsprechenden und ihrem Vertreter ausgelöst hat. Selbst wenn man unterstellt, daß das von der Beschwerdeführerin an die Beschwerdegegnerinnen gerichtete Fernschreiben nicht vor dem Fernschreiben der Geschäftsstelle der Beschwerdekammern, d. h. nicht vor 16.17 Uhr, am 21. Mai 1985 bei der Beschwerdegegnerin in Leverkusen angekommen ist, wäre noch eine ausreichende Zeitspanne verblieben, um in Anbetracht der Wichtigkeit und Dringlichkeit des Inhalts des Fernschreibens eine Kommunikationsmöglichkeit zwischen der Fernschreibstelle der Fa. Bayer AG und dem dortigen Vertreter am 21. Mai 1985 zu eröffnen, z. B. über einen telefonischen Anruf in seiner Privatwohnung. Ausweislich der Ausführungen der Beschwerdegegnerinnen wurden aber nicht einmal die Fernschreiben der Geschäftsstelle und der Beschwerdeführerin am 21. Mai 1985 an die Patentabteilung der Fa. Bayer AG weitergeleitet. Zudem konnte der Vertreter der Beschwerdefüherin nicht wissen, daß der Vertreter der Beschwerdegegnerinnen bereits am Morgen des 22. Mai 1985 von Leverkusen nach München abgereist war, um sich dort mit der Mitpatentinhaberin auf die mündliche Verhandlung vorzubereiten. Es war vielmehr damit zu rechnen, daß der Vertreter der Beschwerdegegnerinnen zumindestens noch im Verlaufe des Vormittags des 22. Mai 1985 in Leverkusen erreichbar ist, da, welches Verkehrsmittel man auch immer benutzt, die Zurücklegung des Reiseweges von Leverkusen nach München einen früheren Aufbruch nicht nötig gemacht hätte.

Schließlich hält es die Beschwerdekammer nicht für einen Verstoß, daß der Vertreter der Beschwerdeführerin den Vertreter der Beschwerdegegnerinnen nicht fernmündlich von der Zurücknahme der Beschwerde verständigt hat. Ein Telex ist ein ebenso schnelles und sicheres Kommunikationsmittel wie ein Telefonanruf.

Demnach rechtfertigt das Verhalten der Beschwerdeführerin noch nicht den Vorwurf, daß sie den Beschwerdegegnerinnen in fahrlässiger und leichtfertiger Weise überflüssige Kosten verursacht hat.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:

Der Antrag, die aus der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung den Beschwerdegegnerinnen erwachsenen Kosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen, wird abgelehnt.

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