T 0032/84 (Neudefinition einer Erfindung) of 6.8.1985

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1985:T003284.19850806
Datum der Entscheidung: 06 August 1985
Aktenzeichen: T 0032/84
Anmeldenummer: 80400098.2
IPC-Klasse: G05F 3/20
Verfahrenssprache: FR
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Fassungen: OJ
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: Commissariat à l'Engergie Atomique
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.01
Leitsatz: 1. Dass einige für das Funktionieren einer Erfindung unbedingt erforderliche Bestandteile weder im Text der Ansprüche noch in der die beanspruchte Erfindung wiedergebenden Zeichnung, noch in dem darauf bezüglichen Teil der Beschreibung ausdrücklich enthalten sind, bedeutet nicht unbedingt, dass die Erfindung nicht gemäss Artikel 83 EPÜ so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann.
2. Der Fachmann kann die Erfindung anhand eines in der Beschreibung dargelegten Prinzips, das die Notwendigkeit eines zwar nicht in der Abbildung der beanspruchten Erfindung sondern in einer anderen Abbildung der Anmeldung dargestellten Bestandteils zeigt, nachbauen; Voraussetzung ist allerdings, dass er dazu kein zusätzlichen Angaben benötigt und nicht erfinderisch tätig werden muss. In diesem Fall kommt Artikel 123(2) EPÜ nicht zur Anwendung.
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 83
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
Schlagwörter: Offenbarung der Erfindung
Vorliegen eines unbedingt erforderlichen Bestandteils
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0568/89
T 0391/91
T 0830/02
T 1124/02
T 0730/03
T 0025/09
T 1487/14
T 0983/18
T 1195/22

Sachverhalt und Anträge

I. Die am 22. Januar 1980 eingereichte und unter der Nummer 0 014 149 veröffentlichte europäische Patentanmeldung Nr. 80 400 098.2, die die Priorität einer Voranmeldung vom 26. Januar 1979 in Anspruch nimmt, wurde mit Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 26. September 1983 zurückgewiesen. Der Entscheidung lagen die mit Schreiben vom 6. Oktober 1982 eingereichten Patentansprüche 1 bis 5 zugrunde.

II. Die Prüfungsabteilung begründete ihre Entscheidung damit daß die Erfindung in den Unterlagen der Anmeldung nicht so beschrieben sei, daß ein Fachmann sie ausführen könne, wie es im Artikel 83 EPÜ gefordert wird.

III. Der Anmelder legte gegen diese Entscheidung am 18. November 1983 Beschwerde ein und reichte eine Begründung nach, die am 16. Januar 1984 beim Amt einging.

IV. Er hält seine Anmeldung unverändert in der von der Prüfungsabteilung beurteilten Fassung mit den mit Schreiben vom 6. Oktober 1982 eingereichten Patentansprüchen 1 bis 5 aufrecht.

Die Kammer ist von folgenden Unterlagen ausgegangen:

- den ursprünglich eingereichten Seiten 2 bis 13 und der mit Schreiben vom 6. Oktober 1982 eingereichten Seite 1 der Beschreibung,

- den mit Schreiben vom 6. Oktober 1982 eingereichten Patentansprüchen 1 bis 5,

- den ursprünglich eingereichten Zeichnungsblättern 1/3 bis 3/3. Die Patentansprüche lauten wie folgt:

1. Referenzspannungsgenerator mit zwei MOS-Transistoren T' und T'2 auf demselben Substrat, dadurch gekennzeichnet, daß die Kanäle dieser Transistoren die Länge L1 bzw. L2 und die Breite Z1 bzw. Z2 haben, der eine Transistor T'2 einen Kanal aufweist, bei dem die eine Abmessung größenordnungsmäßig der entsprechenden Ausdehnung der bei Betrieb des Transistors um die Source (S'2) und die Drain (D'2) auftretenden Raumladungszone, bezogen auf die Source und die Drain des Transistors, entspricht und die andere Abmessung im Vergleich zur entsprechenden Ausdehnung der Raumladungszone groß ist, während der andere Transistor T'1 einen Kanal aufweist, dessen Abmessungen beide im Vergleich zur entsprechenden Ausdehnung der Raumladungszone groß sind, sowie dadurch, daß er Mittel zum Festlegen der gemeinsamen Source-Substrat-Spannung (VBS) der Transistoren T'1 und T'2, deren Sources (S2, S'2) an einem gemeinsamen Punkt (s) verbunden sind, sowie Mittel aufweist, mit denen die Differenz zwischen den Schwellspannungen der Transistoren T'1 und T'2 durch Messen der Gate-Source-Spannungen der Transistoren T'1 und T'2 erzeugt wird, wobei diese Mittel einen Kondensator (C') aufweisen, dessen beide Klemmen mittels zweier Schalter zur Steuerung der Ladung und Entladung (I3, I'3) mit dem gemeinsamen Punkt (D') des Gate (T'2) und der Drain (D'2) des Transistors (T'2) bzw. mit dem gemeinsamen Punkt (D") des Gate (T'1) und der Drain (D'1) des Transistors T'1 verbunden sind, wobei der erste und der zweite gemeinsame Punkt (D', D") mittels zweier Schalter zum Anlegen der Spannung (I'1 bzw. I"1) so an eine kontinuierliche Spannungsquelle (V'1) angeschlossen sind, daß sich, wenn die beiden Schalter zur Steuerung der Ladung und Entladung (I3, I'3) und die beiden Schalter zum Anlegen der Spannung (I'1 und I"1) geschlossen sind, jede Platte des Kondensators (C') auf das Potential der Spannungsquelle (V'1) auflädt, und wenn die Schalter zum Anlegen der Spannung (I'1 und I"1) geöffnet und die Schalter zur Steuerung der Ladung und Entladung (I3, I'3) geschlossen sind, die Platten des Kondensators in die Transistoren T'2 und T'1 entladen, bis die Potentialdifferenz an den Klemmen des Kondensators (C') genauso groß ist wie die Schwellspannungsdifferenz der Transistoren T'1 und T'2, wobei die Schwellspannungsdifferenz der Transistoren T'2 und T'1 an den Klemmen des Kondensators (C') durch die beiden Ausgangsschalter (I2, I'2) abgreifbar ist, die nach dem Öffnen der Schalter zur Steuerung der Ladung und Entladung (I3, I'3) geschlossen werden, wenn die Potentialdifferenz an den Klemmen des Kondensators (C') genauso groß ist wie die Schwellspannungsdifferenz der Transistoren T'2 und T'1.

2. Referenzspannungsgenerator nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Schalter zur Steuerung der Ladung und Entladung (I3, I'3), die Schalter zum Anlegen der Spannung (I'1, I"1) und die Ausgangsschalter (I2 und I'2) MOS-Transistoren sind, deren Gates mit Mitteln zum Steuern (03) verbunden sind, um die Transistoren zur Steuerung der Ladung und Entladung (I3 und I'3) und die Transistoren zum Anlegen der Spannung (I'1, I"1) so lange leitend zu machen, bis die Platten des Kondensators (C') auf das Potential der Source (V'1) aufgeladen sind, um anschließend die Transistoren zum Anlegen der Spannung (I'1, I"1) zu sperren, damit sich die Platten des Kondensators (C') in die Transistoren T'2 und T'1 entladen, bis die Potentialdifferenz an den Kondensatorklemmen gleich der Schwellspannungsdifferenz der Transistoren T'2 und T'1 ist, und dann die Ausgangstransistoren (I2, I'2) leitend zu machen, wenn diese Schwellspannungsdifferenz erreicht ist, wobei diese Spannung zwischen den Sources dieser Ausgangstransistoren (I2, I'2) abgreifbar ist, deren Drains an die Klemmen des Kondensators (C') angeschlossen sind, während die Drains der Transistoren T'2 und T'1 mit den Drains der Transistoren zur Steuerung der Ladung und Entladung (I3, I'3) verbunden sind, deren Sources wiederum an die kontinuierliche Spannungsquelle (V'1) angeschlossen sind.

3. Referenzspannungsgenerator nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Source des einen Ausgangstransistors (I'2) mit Mitteln verbunden ist, die sie auf ein bestimmtes Polarisationspotential (Vo), bezogen auf das Substratpotential der Transistoren T'2 und T'1, bringen.

4. Referenzspannungsgenerator nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Länge L1 von T'1 größer als 30 und die Länge L2 oder die Breite Z2 des Kanals von T'2 kleiner als 5 ist.

5. Referenzspannungsgenerator nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß der Kondensator (C') und die MOS-Transistoren in Form einer integrierten Schaltung auf Substrat ausgeführt sind."

V. In der Beschwerdeschrift macht der Beschwerdeführer geltend, daß die Erfindung in der Anmeldung so deutlich und vollständig offenbart sei, daß ein Fachmann sie ausführen könne.

VI. Im folgenden wird der Hergang vor der Prüfungsabteilung näher erläutert: Zum Zeitpunkt der Einreichung enthielt die Anmeldung die Patentansprüche 1 bis 9. In seinem ersten Bescheid vom 12.8.1982 machte der Prüfer unter anderem folgende Bemerkung (s. S. 2, Abs. 3):

"Es scheint, daß die in Abbildung 1 dargestellte Schaltung nicht so funktioniert, wie auf Seite 12, Zeilen 16 bis 24 beschrieben. Wenn nämlich die Schalter I'1, I"2, I3 und I'3 geschlossen sind, haben die Klemmen des Kondensators dasselbe Potential, so daß keine Ladung stattfinden kann." In seiner Erwiderung vom 6. Oktober 1982 legte der Beschwerdeführer eine Neufassung der Seite 1 sowie neue, mit 1 bis 5 numerierte Patentansprüche als Ersatz für die ursprünglichen Ansprüche vor. In seinem Bescheid vom 12. Januar 1983 wiederholte der Prüfer seinen Einwand, daß die in Abbildung 5 dargestellte Schaltung unmöglich funktionieren könne, und fügte erläuternd hinzu:

"In dem Bescheid vom 12. August 1982 (S. 2, Abs. 3) wurde bereits dargelegt, daß die in Abbildung 5 wiedergegebene Schaltung, die jetzt Gegenstand des Anspruchs 1 ist, nicht funktioniert. Aus diesem Grunde genügt die in Anspruch 1 definierte Erfindung den Artikeln 52 und 57 nicht."

In seiner Erwiderung vom 20. Januar 1983 bestritt der Beschwerdeführer dies und behauptete, daß "die Transistoren T'1 und T'2 verschiedene Schwellspannungen aufweisen, so daß sich der Kondensator aufladen kann, und daß gerade diese unterschiedlichen Schwellspannungen und die Aufladung des Kondensators C' die wesentlichen Merkmale des Generators der Erfindung darstellen".

In seinem Bescheid vom 16. Juni 1983 ging der Prüfer nochmals eingehend auf die Funktionsweise der in Abbildung 5 der Anmeldung dargestellten Schaltung ein. Er behauptete, diese Schaltung könne keinesfalls ohne zusätzliche Kondensatoren in der beschriebenen Weise funktionieren; in der Abbildung sei außerdem keine andere Kapazität als der Kondensator C' angegeben. Er schließe daraus, daß der Gegenstand der Anmeldung, nämlich die Erzeugung einer Referenzspannung, mit der vorgeschlagenen Schaltung nicht realisiert werden könne und die Erfindung somit in den Anmeldungsunterlagen nicht so hinreichend offenbart sei, daß ein Fachmann sie ausführen könne, wie in Artikel 83 EPÜ gefordert. In seiner Erwiderung vom 8. Juli 1983 erläuterte der Anmelder die Funktionsweise der betreffenden Schaltung und ging dabei besonders auf die zeitliche Reihenfolge des Öffnens und Schließens der Schalttransistoren unter der Einwirkung der Steuersignale O1, O2 und O3 ein.

Am 26. September 1983 wies die Prüfungsabteilung die Anmeldung einzig mit der Begründung zurück, daß die Schaltung nach Abbildung 5 nicht funktioniere, und wies ferner darauf hin, daß im Text außer C' keine andere Kapazität erwähnt sei.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ.

2. Die Prüfungsabteilung hat die Auffassung vertreten, daß sich mit der Schaltung, die Gegenstand der Anmeldung sei, keine Referenzspannung erzielen lasse, und deshalb die Zurückweisungsentscheidung getroffen, die sich allein auf Artikel 83 EPÜ stützt (S. 4, letzter Absatz). Sie hat sich eigentlich nur mit dem angeblichen Nichtfunktionieren der in der Abbildung 5 der Anmeldung beschriebenen Schaltung befaßt und sich zu den Ansprüchen selbst nicht geäußert. Der Beschwerdeführer verlangt die Erteilung eines Patents auf der Grundlage der derzeitigen Fassung der Ansprüche (S. 1, Zeilen 2 und 3 der Beschwerdeschrift). Bei Durchsicht des Patentanspruchs 1 wird deutlich, daß der auf Artikel 83 EPÜ gestützte Einwand in der Zurückweisungsentscheidung ausschlaggebend ist. Um in dieser Sache eine Entscheidung treffen zu können, hält es die Beschwerdekammer für erforderlich, nochmals zu prüfen, ob die Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung im Sinne des Artikels 83 dem Fachmann genügend Anhaltspunkte liefert, um die Erfindung ausführen zu können.

3. Zu diesem Zweck müssen die Funktionsweise der Schaltung nach Abbildung 5 sowie die Beschreibung in der eingereichten Fassung geprüft werden. Diese Schaltung und ihre Funktionsweise sind Gegenstand des derzeitigen Patentanspruchs 1. Auf den Seiten 12 und 13 der Beschreibung heißt es, daß in der Schaltung nach Abbildung 5 eine Referenzspannung erzeugt wird, wenn man die Schaltsignale 0'1, 02 und 03 in drei aufeinanderfolgenden Stufen anwendet. Diese Stufen werden nachstehend unter a, b und c unter Verwendung der Terminologie der Anmeldung kurz beschrieben:

a) Erste Stufe: Die Schalter I', I", I3 und I'3 sind geschlossen. Die Schalter I2 und I'2 sind geöffnet, während gleichzeitig die Schalter I'1, I"1, I3 und I'3 geschlossen sind. Dadurch, daß diese Schalter geschlossen sind, können sich die Platten des Kondensators C' auf das Potential V'1 der Spannungsquelle aufladen.

b) Zweite Stufe: Die Schalter I3 und I'3 bleiben geschlossen, während die Schalter I'1, I"1, I2 und I'2 geöffnet werden. Infolgedessen entlädt sich der Kondensator C' über die Transistoren T'2 und T'1, und zwar so lange, bis die Spannung VD'1-VS zwischen dem Gate und der Source des Transistors T'1 dessen Schwellspannung VT'1 und die Spannung VD'2-VS zwischen dem Gate und der Source des Transistors T'2 dessen Schwellspannung VT'2 entspricht. Daraus ergibt sich, daß die Potentialdifferenz VD'1-VD'2 zwischen den Gates und den Drains der Transistoren T'1 und T'2 gleich der Differenz der Schwellspannungen VT'1-VT'2 der beiden Transistoren T'1 und T'2 ist.

c) Dritte Stufe: Die Schalter I'1, I"1, I3 und I'3 sind geöffnet, während die Schalter I2 und I'2 geschlossen sind. Zwischen den Klemmen S' und S" tritt der Schwellspannungsunterschied VT'1-VT'2 auf.

Die Kammer bezweifelt, daß die beiden Elektroden des Kondensators (C') in der Stufe a dasselbe Potential aufweisen. Beim Schließen der Schalter I' und I" erzielt man nämlich eine Parallelschaltung zwischen der Klemme mit dem Potential V'1 und der Klemme S, wobei im ersten Zweig die beiden Transistoren I'1 und T'2 und im zweiten Zweig die Transistoren I'1 und T'2 jeweils im leitenden Zustand in Serie geschaltet sind. Da diese Transistoren unterschiedliche Eigenschaften und Schwellspannungen aufweisen, müßten in den beiden Zweigen unterschiedliche Ströme fließen. Da also die Zweige von verschiedenen Strömen durchflossene Spannungstrenner darstellen, müssen auch die Potentiale an den Punkten D' und D" unterschiedlich sein. Die Kammer ist der Auffassung, daß das wesentliche Merkmal der Funktionsweise der Schaltung darin besteht, daß in Stufe b die Schalter I'1 und I"1 geschlossen, die Schalter I3 und I'3 hingegen geöffnet sind.

Unter diesen Umständen könnte sich der Kondensator C', wenn er durch den Potentialunterschied von ungleich Null zwischen den Punkten D' und D" aufgeladen worden ist, in die aus I3, T'2, T'1 und I'3 bestehende Reihenschaltung entladen.

Da die Transistoren T'1 und T'2 verschiedene Schwellspannungen haben, würde einer (nämlich der mit der höheren Schwellspannung, z. B. T'1) vor dem anderen gesperrt.

In diesem Augenblick gäbe es keinen Kontakt mehr in der Reihenschaltung, der Kondensator C' würde sich nicht mehr entladen und die Spannung und der Source-Drain-Strom wären gleich Null.

In diesem Fall bestünde am Ende der zweiten Stufe b eine Potentialdifferenz zwischen den beiden Elektroden des Kondensators C', die der höheren der beiden Schwellspannungen der Transistoren T'1 und T'2 entspricht.

Es ist also unmöglich, auf diese Weise eine Referenzspannung VT'1 und VT'2 an den Klemmen des Kondensators C' zu erzielen. Diese Schlußfolgerung rechtfertigt die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die befand, daß die betreffende Schaltung erst wie vorgesehen funktioniere, wenn weitere Mittel, z.B. zusätzliche Kapazitäten, hinzukommen, mit denen die Gate-Source-Spannungen der Transistoren T'1 und T'2 auf ihrem Schwellenwert gehalten werden können.

Es ist anscheinend wichtig, daß in der ersten Stufe a durch das Schließen der Schalter I'1 und I" die Transistoren T'1 und T'2 mit Gate-Source-Spannungen leitend gemacht werden, die über ihrem Schwellenwert liegen, und daß in der zweiten Stufe b durch das Öffnen der Schalter I'1 und I" die Gate-Source-Spannungen der Transistoren T'1 und T'2 und damit auch ihr Gate-Source-Strom bis zu ihrer jeweiligen Sperrung abfällt, die wahrscheinlich nicht gleichzeitig eintritt.

Damit diese Schaltung funktioniert, muß die Gate-Source-Spannung der beiden Transistoren, die gleich der Schwellspannung ist, so lange konstant bleiben, bis sich das Potential jeder Elektrode des Kondensators (C') an das des Gate des Transistors angeglichen hat, mit dem diese Elektrode durch den Schalter I3 oder I'3 verbunden ist.

Dank der Erfindung erhält man somit eine Referenzspannung, die der Differenz zwischen den wahren Schwellspannungen der beiden Transistoren T'1 und T'2 entspricht. Dieses Prinzip findet sich in keinem der im Recherchenbericht genannten Dokumente.

4. Der Gedanke, die wahre Schwellspannung eines Transistors zu verwenden, ist in dem Text der Anmeldung, der sich auf die Abbildung 4 bezieht, offenbart. Dort ist eine ausführliche Erläuterung zu finden, die auch für die Abbildung 5 gilt, der zufolge der Schalter I1 nur während einer relativ kurzen Zeitspannet geschlossen ist und dann geöffnet wird, so daß nach einer gewissen Zeit die Schwellspannung von T2 als Referenzspannung benutzt werden kann.

Es ist ferner offensichtlich, daß der Kondensator (c) für diese Schaltung unerläßlich ist, weil er bewirkt, daß nach dem Öffnen des Schalters I1 eine Spannung zwischen dem Gate oder der Drain, d. h. Punkt A, einerseits und der Source, d. h. Punkt E des Transistors T2, andererseits entsteht; da diese Spannung zum Zeitpunkt des Öffnens des Schalters I1 höher ist als die Schwellspannung des Transistors T2, entlädt sich der Kondensator (c), bis seine Spannung der Schwellspannung des Transistors T1 entspricht.

Die als Referenzspannung abgreifbare Potentialdifferenz an den Klemmen des Kondensators (c) ist wiederum gleich der Schwellspannung des Transistors T2.

5. In der eingereichten Fassung der Beschreibung wird der Zweck der Erfindung auf Seite 2, Zeilen 13 bis 21 dargelegt und der Erfindungsgegenstand auf Seite 2, Zeile 22 bis Seite 3, Zeile 5 definiert. Aus dem letzteren Abschnitt geht eindeutig hervor, daß die Erfindung auf Mittel "zur Herstellung einer Differenz zwischen den Schwellspannungen der Transistoren T'1 und T'2" gerichtet ist und daß "diese Schwellspannungsdifferenz die genannte Referenzspannung darstellt", wie es in der ursprünglich eingereichten Fassung des Patentanspruchs 1 heißt.

i) Dies beweist, daß die Anmeldung in der ursprünglichen Fassung die Erzeugung einer Referenzspannung zum Gegenstand hatte, die gleich der mehr als Null betragenden Differenz zwischen den hierfür besonders ausgewählten Schwellspannungen von zwei Transistoren ist.

Da der Anmelder bei der Offenbarung des Gegenstands der Anmeldung auf den Seiten 2 und 3 die Bezeichnungen T'1 und T'2 verwendet hat, liegt es auf der Hand, daß die Abbildung 5 der Anmeldung, die als einzige die Symbole T'1 und T'2 enthält, den Anmeldungsgegenstand darstellt.

ii) Bei der Erläuterung der Funktionsweise dieser Schaltung, mit der die Schwellspannungen von zwei Transistoren (T'1 und T'2) erzeugt werden, beginnt der Anmelder mit der Erzeugung der Schwellspannung eines Transistors (T1 in Abbildung 4). Bei dieser Schaltung ist der Kondensator (c) unbedingt erforderlich, wie aus der Beschreibung und den vorhergehenden Erläuterungen hervorgeht. Bei weiterer Durchsicht der Anmeldung stößt man auf Seite 11, Zeilen 33 bis 37 auf folgende Bemerkung:

"Die Wirkungsweise des in Abbildung 5 dargestellten Referenzspannungsgenerators wird anhand der folgenden Erläuterungen besser verständlich. Dieser Generator setzt die beiden Stromkreise zur Messung der Schwellspannungen in Betrieb, die oben im Zusammenhang mit den Abbildungen 4a und 4b beschrieben sind."

So wie die Schaltung des Transistors T'1 in Abbildung 5 eine der Kapazität (c) der Abbildung 4a entsprechende zusätzliche Kapazität aufweist, so muß nach Auffassung der Kammer auch die Schaltung des Transistors T'2 eine eigene, C entsprechende Kapazität aufweisen.

iii) Der Fachmann dürfte bei Durchsicht der Anmeldung und insbesondere der Seite 11, Zeilen 33 bis 37 zwar zunächst überrascht sein, daß in Abbildung 5 nicht, wie in Abbildung 4a, noch weitere Kapazitäten vorhanden sind. Er wird dann jedoch feststellen, daß die Schaltung nach Abbildung 5 nur funktionieren kann, wenn er die oben zitierte Bemerkung von Seite 11, Zeilen 33 bis 37 heranzieht, aus der hervorgeht, daß weitere, der Kapazität C in Abbildung 4a entsprechende Kapazitäten vorhanden sind.

iv) In Anbetracht dessen ist die Kammer der Auffassung, daß die Anmeldung genügend Hinweise enthält, so daß der Fachmann sich ein umfassendes Bild von der Erfindung machen und sie ausführen kann.

v) Der Umstand, daß der Anmelder die zusätzlichen Kapazitäten in der Beschreibung und in der Abbildung 5 nicht erwähnt hat, darf nicht gegen ihn ausgelegt werden, da die in der Anmeldung enthaltene Lehre für den Fachmann zweifelsfrei ist.

6. Unter Nummer 3 bis 5 hat die Kammer geprüft, ob die Anmeldung in der ursprünglichen Fassung Artikel 83 EPÜ entspricht. Sie hat dabei das Vorbringen und die Erläuterungen des Prüfers und des Anmelders nicht berücksichtigt. Sie hält die Erfüllung des Artikels 83 EPÜ für gegeben, da die Anmeldung, wie oben dargelegt, genügend Angaben enthält, damit die Erfindung ausgeführt werden kann. Sie braucht sich daher nicht mit der Frage zu befassen, ob Artikel 123 (2) EPÜ zum Tragen kommt.

7. Die zusätzlichen Kapazitäten, um die es geht, sind z. B. die in einer integrierten Schaltung vorliegenden und ihr inhärenten Streukapazitäten. Dem Fachmann ist dies durchaus geläufig und er weiß im übrigen, daß man diese Kapazitäten bei der Herstellung von Schaltungen auf einen ganz bestimmten Wert einstellen kann. Er macht sich diese Erkenntnis bei der Konstruktion derartiger Schaltungen zunutze. Näheres hierzu findet sich auf Seite 30 und 31 des vom Beschwerdeführer angegebenen Werkes von H. Lilen "Principes et applications des circuits intégrés" (1972), wo diese Kapazitäten als "Strukturkapazitäten" bezeichnet werden. Die Anmeldung enthält eine diesbezügliche Angabe in der Erläuterung auf Seite 9, Zeilen 31 bis 33, wo es heißt, daß "der Transistor T2 mit kleiner Geometrie, der MOS-Transistor I1 sowie der Kondensator C als integrierte Schaltung auf Halbleitersubstrat angeordnet werden können".

8. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Text Ungereimtheiten enthält, für die sich erst nach aufmerksamer Betrachtung eine Lösung findet. Hier sei nur folgendes Beispiel genannt:

Auf Seite 12, Zeilen 20 bis 24 der Beschreibung heißt es,

daß sich die Platten des Kondensators C' in der ersten Stufe auf das Potential V'1 der Spannungsquelle aufladen;

drei Zeilen weiter wird jedoch in den Zeilen 27 bis 29 hinzugefügt, daß

sich der Kondensator C' in der zweiten Stufe über die Transistoren T'2 und T'1 entlädt.

Der erste Satz bedeutet, daß die beiden Klemmen des Kondensators C' dasselbe Potential aufweisen, die Ladung dieses Kondensators C' somit Null ist. C' kann sich also nicht über die Transistoren T'1 und T'2 entladen, wie im zweiten Satz behauptet wird. Dieser Fehler des Verfassers der Anmeldung erklärt, wie die Prüfungsabteilung zu dem Schluß gekommen ist, daß die Schaltung nach Abbildung 5 nicht wie vorgesehen funktionieren könne.

Es sei darauf hingewiesen, daß diese zusätzlichen Kapazitäten entweder zwischen Gate und Source des Transistors (s. Abb. 4a), zwischen Gate und Substrat oder, da das Gate an die Drain angeschlossen ist, zwischen Drain und Source oder zwischen Drain und Substrat gegeben sind.

Die Kapazität zwischen Drain und Substrat kann bei der Schaltung nach Abbildung 5 durch die Kapazität zwischen einer Elektrode des Kondensators C' und dem Substrat ersetzt werden, ohne daß dies die Funktionsweise beeinträchtigt. Das ist deshalb möglich, weil die Schalter I3 und I'3 während des Entladens dieser Kapazität bis zur Schwellspannung des betreffenden Transistors geschlossen sind.

9. Die Zurückweisungsentscheidung der Prüfungsabteilung stützt sich darauf, daß die Anmeldung Artikel 83 EPÜ nicht entspricht. Da diese Begründung ausreicht, hat die Prüfungsabteilung die übrigen Voraussetzungen für die Patentierbarkeit (Neuheit und erfinderische Tätigkeit) nicht weiter geprüft. Der Hinweis auf die Artikel 52 und 57 EPÜ im zweiten Bescheid vom 12.1.1983 bedeutet nicht, daß die Anmeldung auch auf andere Kriterien als die nach Artikel 83 EPÜ vorgeschriebenen geprüft worden ist.

Da

- die auf Artikel 83 EPÜ gestützte Begründung der Zurückweisung für unrichtig befunden worden ist,

- die Anmeldung bisher nur auf das Kriterium nach Artikel 83, aber noch nicht auf die anderen Kriterien der Patentierbarkeit hin geprüft worden ist,

- der Anmelder zu Recht eine angemessene Behandlung verlangen kann,

verweist die Beschwerdekammer die Anmeldung gemäß Artikel 111 (1) EPÜ an die Vorinstanz zurück.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung mit der Auflage zurückverwiesen, die Prüfung der Anmeldung fortzusetzen.

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