European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1984:T015682.19840109 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 09 Januar 1984 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0156/82 | ||||||||
Anmeldenummer: | 80810192.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | - | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Diglycidyläther von di-sekundären Alkoholen, ihre Herste und Verwendung | ||||||||
Name des Anmelders: | Ciba-Geigy | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.3.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Deutlichkeit der Ansprüche Clarity of claims |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die am 11. Juni 1980 eingegangene und am 7. Januar 1981 unter Nr. 0 022 073 veröffentlichte europäische Patentanmeldung 80 810 192.7, für welche eine Priorität vom 15. Juni 1979 in Anspruch genommen wird, wurde durch Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 9. Juni 1982 zurückgewiesen.
Der Zurückweisungsbeschluß bezieht sich auf die Fassung des Anspruchs 5, die der ursprünglichen Fassung entspricht.
Dieser Anspruch hat folgenden Wortlaut:
5. Diglycidyläther gemäß Anspruch 1 der Verbindungen
2,2 Bis (p (3 butoxy 2 glycidyloxypropyloxy) phenyl propan, 2,2 Bis (p (3 methoxy 2 glycidyloxypropyloxy) phenyl) propan, 2,2 Bis (p (3 äthoxy 2 glycidyloxypropyloxy) phenyl) propan, 2,2 Bis (p (3 dodecyloxy 2 glycidyloxypropyloxy) phenyl) propan, 2,2 Bis (p (3 tetradecyloxy 2 glycidyloxypropyloxy) phenyl) propan, 2,2 Bis (p (3 benzyloxy 2 glycidyloxypropyloxy) phenyl) propan, Bis (p (3 butoxy 2 glycidyloxypropyloxy) phenyl) methan, 1,3 Bis (3 phenoxy 2 glycidyloxypropyloxy) benzol, Bis (p (3 butoxy 2 glycidyloxypropyloxy) phenyl) sulfon, 2,2 Bis (p (3 cyclohexyloxy 2 glycidyloxypropyloxy) phenyl) propan, 2,2 Bis (4 (3 butoxy 2 glycidyloxypropyloxy) 3,5 dibromphenyl) propan, 2,2 Bis (p (3 allyloxy 2 glycidylpropyloxy) phenyl) propan und 2,2 Bis (p (3 phenoxy 2 glycidyloxypropyloxy) phenyl) propan.
II. Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß die Fassung des Anspruchs 5 den Erfordernissen des EPÜ nicht genüge. Nach Artikel 84 EPÜ müßten die Ansprüche deutlich und knapp gefaßt sein. Diesem Erfordernis habe die Anmelderin nicht Rechnung getragen, weil Anspruch 5 dreizehn verschiedene Ausführungsbeispiele zu Anspruch 1 enthält, die keine ausreichenden chemischen Gemeinsamkeiten aufweisen. Nach Regel 29 (4) EPÜ seien alle abhängigen Ansprüche, die sich auf einen oder mehrere vorangehende Patentansprüche beziehen, so weit wie möglich und auf die zweckmäßigste Weise zusammenzufassen. Dies stehe in Einklang mit der Regel 29 (3) EPÜ. Nur jene Gruppen von Verbindungen, die aufgrund ihrer chemischen Struktur durch zusätzliche Merkmale weitere Gemeinsamkeiten aufweisen, könnten in einem Unteranspruch zusammengefaßt werden. Diese Auffassung werde auch duch die Gebührenpflicht für mehr als zehn Patentansprüche bestätigt (gemeint ist Regel 31 (1) EPÜ).
III. Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin am 14. Juli 1982 unter Zahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde erhoben. Die Begründung der Beschwerde wurde am 6. Oktober 1982 nachgereicht.
Die Beschwerdeführerin beantragt, die Entscheidung der Prüfungsabteilung aufzuheben und ein Patent in der am 24. März 1982 beantragten Fassung (die übereinstimmt mit der jetzt geltenden Fassung) zu erteilen. Hilfsweise wird beantragt, den Anspruch 5 durch die von der Prüfungsabteilung im Zurückweisungsbeschluß vorgeschlagenen fünf Ansprüche zu ersetzen.
IV. in der Beschwerdebegründung wird ausgeführt, daß Regel 29 (3) EPÜ mehrere besondere Ausführungsformen in einem abhängigen Anspruch zulasse. Der Begriff "besondere Ausführungsformen" sei so auszulegen, daß darunter eine spezifischere Offenbarung der Erfindung als im Hauptanspruch zu verstehen sei. Der vorliegende Anspruch 5 erfülle auch alle Erfordernisse des Art. 84 EPÜ, denn er sei deutlich, knapp gefaßt und von der Beschreibung gestützt. Der Anspruch 5 trage dazu bei, die Anzahl der Ansprüche in vertretbaren Grenzen zu halten (Regel 29 (5) EPÜ) und verfolge daher auch den von der Gebührenpflicht gemäß Regel 31 (1) anvisierten Zweck. Regel 29 (4) EPÜ befasse sich mit der zweckmäßigsten Anordnung der Patentansprüche und nicht mit der Frage, ob der Inhalt eines Patentanspruchs zweckmäßig zusammengefaßt ist.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Erfordernissen der Artikel 106 bis 108 und der Regel 64 EPÜ und ist daher zulässig.
2. Der Gegenstand von Anspruch 5 wird von der Beschreibung der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung gestützt. Die dreizehn Einzelverbindungen sind auf Seite 5, zweiter Absatz, alle genannt. Die Herstellung der Verbindungen ist den Beispielen zu entnehmen.
3. In der Begründung der Zurückweisung wurden Art. 84, Regel 29 (3) und (4) und Regel 31 (1) EPÜ herangezogen. Nur Art. 84 und Regel 29 (3) EPÜ beziehen sich aber auf Erfordernisse für Einzelansprüche. Die Regeln 29 (4) und 31 (1) EPÜ stellen Bestimmungen dar, die sich in erster Linie auf die Totalität der Ansprüche beziehen. Regel 29 (4) EPÜ enthält eine Anweisung für die Übersichtlichkeit der ganzen Gruppe von Ansprüchen und trifft hier nicht zu. Regel 31 (1) EPÜ hat in erster Linie eine administrative Bedeutung und gewährleistet dem Europäischen Patentamt einen Schutz gegen unverhältnismäßig hohe Kosten als Folge der Einreichung von zu vielen Ansprüchen. Eine Umgehung dieser Regel dürfte nicht ohne weiteres anzunehmen sein, wenn es sich um die ursprünglichen Ansprüche handelt.
4. Regel 29 (3) EPÜ ist nicht zu entnehmen, daß die Aufzählung mehrerer besonderer Ausführungsformen in einem Anspruch jeweils zu beanstanden ist. Hieraus ergibt sich, daß diese Regel auch im vorliegenden Fall nicht zutreffen kann. Wäre das Gegenteil der Fall, dann müßte das Zusammenfassen jeder Zahl von Ausführungsformen beanstandet werden. Die Art der Ausführungsformen (d.h. in diesem Fall die Tatsache, daß es sich um Einzelverbindungen handelt) dürfte außer Betracht bleiben.
5. Art. 84 EPÜ enthält drei deutliche Erfordernisse für Einzelansprüche, die der Deutlichkeit, Knappheit und Stützung durch die Beschreibung. Das letzte Erfordernis ist eindeutig gewährleistet. Die Deutlichkeit ist auch nicht zu beanstanden, da die Namen der Verbindungen nomenklaturgemäß sind.
Der Knappheit wegen verstößt der Anspruch 5 auch nicht gegen Art. 84 EPÜ. Dies bedeutet nicht, daß eine Beanstandung aufgrund dieses Erfordernisse, zum Beispiel wenn die Übersichtlichkeit nicht mehr gewährleistet wäre, in ähnlichen Fällen niemals gerechtfertigt wäre.
6. Aus dem Vorstehenden folgt, daß in diesem konkreten Fall Anspruch 5 in seiner geltenden Fassung gewährbar ist. Die Prüfung des Hilfsantrags kann daher unterbleiben.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden
1. Die Entscheidung der Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamtes vom 9. Juni 1982 wird aufgehoben.
2. Die Sache wird zur Weiterbehandlung an die Vorinstanz zurückverwiesen mit der Auflage, Anspruch 5 nicht aus den in dieser Entscheidung behandelten Gründen zu beanstanden.